Philosophische-Fakultät-Gabriel KordsNeben einer Professur am Caspar-David-Friedrich-Institut ist nun auch eine Stelle am Bereich Deutsch als Fremdsprache (DaF) gefährdet. Dort endet am 31. März der befristete Arbeitsvertrag von Anna Salgo, die seit April 2012 als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig ist. Damit sehen einige die Handlungsfähigkeit des gesamten DaF-Arbeitsbereichs bedroht. Eine Unterschriftensammlung der Studierendenschaft soll für den Erhalt mobilisieren. Zudem spricht sich der Mittelbau in einer Solidaritätsadresse für Anna Salgo aus. Das Dekanat der Philosophischen Fakultät lehnt allerdings eine Verlängerung ab.

Seminare sind gefährdet

„Die Handlungsfähigkeit des Arbeitsbereichs ist bedroht, wenn die Stelle nicht besetzt wird“, beklagte Madeleine Baumgart, AStA-Referentin für Internationales, der eine Neuausschreibung der Stelle bislang nicht bekannt ist. Ob dies mit dem Haushaltsdefizit der Universität zusammenhängt, ist unklar. Laut AStA-Vorsitzender Johanna Ehlers wird der befristete Arbeitsvertrag von Anna Salgo nicht verlängert, obwohl dies ursprünglich geplant gewesen sei. Wird die Stelle nicht wieder besetzt, seien Seminare gefährdet und damit die Handlungsfähigkeit des Arbeitsbereichs Deutsch als Fremdsprache (DaF). Das wesentliche Problem einer Neubesetzung sei auch, sagte Madeleine auf der AStA-Sitzung am Montagabend, dass eine Nachfolger(in) sich nicht in so kurzer Zeit einarbeiten könne. Als Protest läuft nun eine Unterschriftensammlung von den Studenten, die der AStA unterstützt. „Allerdings fühlt sich der Fachschaftsrat Deutsche Philologie nicht für DaF zuständig“, beschreibt Tino Reuter, Referent für Studium und Lehre die schwierige Zusammenarbeit.

Anna Salgo: „Äußerst ungünstig für Studierende und mich“

Die Betroffene selbst ist enttäuscht und verärgert: „Für mich ist es nur schwer nachvollziehbar, dass die Stelle zwar wieder neu besetzt werden soll, aber eben nicht mit mir, und das, obwohl ich mich in den letzten vier Semestern außerordentlich engagiert habe. Zudem ist es unmöglich, so kurzfristig eine neue Stelle zu finden. Hätte ich gewusst, dass meine Stelle nun doch nicht verlängert wird, so hätte ich andere Stellenangebote angenommen.“ Sie habe sich aber voll und ganz auf die mündliche Zusage zur Stellenverlängerung verlassen. Auch für die Studierenden sei die Nicht-Verlängerung ungünstig, denn „viele von ihnen hatten sich bereits darauf eingestellt, in den kommenden Semestern meine Seminare zu besuchen, Prüfungen bei mir abzulegen und Haus- und Abschlussarbeiten bei mir zu schreiben.“ Ihr Kollege Karl-Heinz Borchardt ist betroffen vom möglichen Weggang von Anna Salgo. Selbst wenn die Stelle mit Schwerpunkt in der Lehre (sechs verschiedene Seminare) zum 1. April besetzt wird, „ist es praktisch unmöglich, sich dort schnell einzuarbeiten“, konkretisierte Borchardt.

Foto: Gabriel Kords

Prof. Alexander Wöll, Dekan der Philosophischen Fakultät

Dekanat lehnt Verlängerung ab

Die einfachste Lösung scheint auf den ersten Blick zu sein, die Stelle von Anna Salgo zu verlängern. Dies wird aber vom Dekanat der Philosophischen Fakultät abgelehnt. „Ich schätze die Arbeit von Frau Salgo sehr“, räumt Dekan Prof. Alexander Wöll gegenüber dem webMoritz ein. „Allerdings ist eine weitere Befristung ihres Vertrages nicht möglich, da wir sie sonst auf einer Dauerstelle bis zur Rente beschäftigen müssten. Solche Dauerstellen sind für den Bereich nicht vorgesehen“, weist Wöll eine Verlängerung für Anna Salgo zurück und ergänzte: „Auch wenn ihre Situation menschlich nachvollziehbar ist, wusste sie, dass sie einen befristeten Arbeitsvertrag hat.“ Der Arbeitsbereich DaF sei durch eine Neubesetzung der Stelle nicht gefährdet, machte Wöll deutlich. Nach deutschen Arbeitsrecht dürfen Arbeitnehmer grundsätzlich nur zwei Jahre befristet (ohne Sachgrund) angestellt werden. Danach müssen sie entweder ihre Arbeitsstelle verlassen oder der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis überführen. Würde Anna Salgo einfach einen neuen befristeten Vertrag bekommen, wäre dieser eigentlich nichtig, da sie dann Anspruch auf einen unbefristeten Vertrag hätte.

Solidaritätsandresse an Anna Salgo

Es gibt aber nicht nur eine Unterschriftenliste, sondern auch eine Initiative des Mittelbaus. Er hat eine Solidaritätsadresse mit Anna Salgo gestartet, die wie folgt lautet:

Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Mitglieder des Fakultätsrats und der Fakultätsleitung, sehr geehrter Dekan,

mit Erschrecken haben wir, die unterzeichnenden Glieder des Mittelbaus der Philosophischen Fakultät und der gesamten Universität, die kurzfristige Rücknahme einer bereits mündlich zugesagten Vertragsverlängerung für unsere Kollegin Anna Salgo zur Kenntnis genommen.

Die Verlängerung ihres Vertrags lag seit dem Frühsommer der Verwaltung vor und wurde von Juniorprofessorin Dr. Antje Heine eingereicht und unterstützt.

Frau Salgo hat dann Anfang Dezember erfahren, dass die mündlich bereits zugesagte und von der Personalabteilung bewilligte Verlängerung ihres Vertrags als wissenschaftliche Mitarbeiterin mit Schwerpunkt in der Lehre am Arbeitsbereich Deutsch als Fremdsprache vom Dekanat zurückgenommen wurde. Ihr jetziger Vertrag läuft Ende März 2014 aus.

Dieser Vorgang ist aus unserer Sicht unverantwortlich gegenüber Frau Salgo, gegenüber den Studierenden, gegenüber dem Arbeitsbereich Deutsch als Fremdsprache (DaF), gegenüber dem gesamten Mittelbau der Fakultät und gegenüber der gesamten Fakultät.

Unverantwortlich gegenüber Frau Salgo ist der Vorgang, weil Bewerbungszeiträume

deutlich länger angelegt sind und sie deshalb selbst als die exzellente Wissenschaftlerin und Dozentin, die sie ist, innerhalb einer so kurzen Zeit keine Anschlussstelle finden kann. Potentielle Stellenangebote schlug sie zugunsten ihrer Greifswalder Stelle aus. Für die Gestaltung eines wissenschaftlichen Lebenslaufs ist die rechtzeitige Kenntnis von Übergangsphasen und also die rechtzeitige Mitteilung von Kündigungen oder Nicht-Verlängerungen unabdingbar.

Unverantwortlich ist dieser Schritt auch im Hinblick auf die von Frau Salgo betreuten Studierenden. Und dies betrifft alle Studierenden im Arbeitsbereich DaF, insbesondere diejenigen, die mit Frau Salgo bereits die Planung ihrer Abschlussarbeiten begonnen haben. Es handelt sich beim Bereich DaF zudem um eine tragende Säule des anlaufenden Masterstudiengangs Kultur – Interkulturalität – Literatur, der den Studienstandort Greifswald stärken sollte. Angesichts sinkender Studierendenzahlen im Bachelor und der stets gefährdeten Lehramtsstudiengänge ist eine solche Schwächung eines interdisziplinären Masterprogramms der Philosophischen Fakultät wenig wünschenswert.

Unverantwortlich gegenüber dem Mittelbau der Philosophischen Fakultät ist der Vorgang, weil hier an einer Kollegin vorgeführt wird, was potenziell allen Kolleginnen und Kollegen blüht, die sich nicht rechtzeitig (und das heißt wohl leider: von Anfang an) darum bemühen, anderweitig bessere Beschäftigungsverhältnisse zu finden. Befristete Stellen im Mittelbau sind in der Regel Sprungbretter, von denen aus wir uns weiter bewegen müssen und wollen. Für die Dauer der Stelle aber stehen wir unserer Universität uneingeschränkt zur Verfügung. Wir schenken mündlichen Zusagen über Bleibeaussichten Glauben. Wir arbeiten für unser eigenes Wohl und für das der Universität. Damit versuchen wir auch den Ansprüchen guten wissenschaftlichen Arbeitens gerecht zu werden und den Universitätsstandort Greifswald zu stärken. Es sind dies Ansprüche, die von den höheren Statusgruppen gefordert und die auch an die Studierenden herangetragen werden. Es entsteht nun, durch das Missverhältnis zwischen den Forderungen nach Identifikation mit dem Standort und der sukzessiven Verbesserung der dortigen Bedingungen und dem tatsächlichen Umgang mit den befristeten Beschäftigten, an die diese Forderungen herangetragen werden, ein Glaubwürdigkeitsproblem und eine reale Schädigung der Standortattraktivität.

Denn exzellente und nachhaltige wissenschaftliche Arbeit ist auf eine gegenseitig gewährte Planungssicherheit angewiesen. Mit dem oben beschriebenen Vorgang stellt die Fakultät dieses partnerschaftliche Versprechen in Frage. Da ein solcher Umgang mit dem Mittelbau aber ein Signal ist, das sowohl innerhalb der Universität als auch an anderen Akademien gehört wird, leidet der Ruf der Fakultät: Wer exzellente Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nach Greifswald holen und in Greifswald halten möchte, muss sich als verantwortungsvoller Partner zeigen.

Der Mittelbau trägt in Form persönlicher Unsicherheit die Lasten der strukturellen Unterfinanzierung der Universitäten. Wissenschaftszeitvertragsgesetz und Kettenvertragsthematik tragen dazu bei. In Kenntnis der prekären Umstände, in der sich Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler befinden, gilt es, diese nicht noch zusätzlich durch nicht-valide Aussagen und verspätete Informationen zu belasten.

Es gilt, die Solidarität zwischen WissenschaftlerInnen zu stärken. Als eine solche Stärkung verstehen wir diese Solidaritätsadresse mit Anna Salgo.

Unterzeichnet von (Stand: 14. Januar 2014):

Birte Arendt, Eva Blome, Karl-Heinz Borchardt, Karin Cieslik, Michael Czolkoß, Philipp Dreesen, Aza Gleichmann, Michael Gratz, Mascha Hansen, Mirjam Herklotz, Grit Jarmer, Antje Kempe, Elias Kreuzmair, Doerte Lehrkamp, Katharina Lüring, Elisabetta Mengaldo, Florian Meusel, Frank Möller, Helge Perplies, Tilman Plath, Peter Pohl, Hedwig Richter, Pavla Schäfer, Claus-Michael Schlesinger, Cathrin Scheuring, Hania Siebenpfeiffer, Anja Sieger, Klavdia Smola, Heide Volkening, Jörg Weber, Gudrun Weiland

Fotos: Gabriel Kords (Archiv)