Wer nicht vollkommen geistesabwesend durch die Uni läuft, sollte in den letzten Tagen schon das ein oder andere Wahlplakat gesichtet haben. Viele Ziele, Versprechen und Forderungen politischer Hochschulgruppen prasseln auf die Studierenden ein. Eine kommentierte Zusammenfassung.
Den größten Radau veranstaltete bisher der Greifswalder Hochschulgruppen-Ableger der Partei, DIE PARTEI. Die Satiriker inszinieren sich in großem Stil selbst und haben die ganze Front der Mensa am Schießwall großflächig mit den Gesichtern ihrer Kandidaten plakatiert. Einzigartig macht sie auch der Einsatz von Wahlwerbespots, die eine bemerkenswerte, fast schon an moritzTV erinnernde, Qualität auszeichnet. Ihr Wahlkampfstart war viel früher als bei den Mitbewerbern bereits im November, als sie mit der Aktion DPSDSKFSPDAGUNBFWK (Die PARTEI sucht den SuperKandidaten für’s StuPa, der auch gerne unser neuer bester Freund werden kann) begannen, die eigne Kandidatenschaft zu rekrutieren.
Mit Zielen wie dem Verkauf von Erotikkalendern, Product-Placement und das Anheben der (nichtvorhandenen) Schuldengrenze gegen das Haushaltsdefizit oder die Errichtung einer Schwebebahn über die Europakreuzung driften sie zwar teilweise stark ins illusorische ab und dringen in Bereiche vor, die nicht im geringsten von den Uni-Gremien beeinflusst werden können. Dennoch versprach der Vorsitzende Björn Wieland, „dass wir jeden Punkt aus unserem grandiosen Programm einbringen werden.“ Bleibt es beim bisherigen Tatendrang, sollte dies zumindest ernst genommen werden.
Rache bei Nichtwahl?
Neu in diesem Jahr ist auch der Name des konservativen Lagers für den Senat. Die frühere Bürgerliche Liste und jene der Jungen Union haben sich zusammengeschlossen und wollen sich anscheinend für die konsequente Geringschätzung der Wählerschaft der vergangenen Jahre rächen. Zumindest so demokratisch wie das irgendwie möglich ist, denn sie sind die „Democratic Avengers“. Was nach neuen Superhelden klingt, die das ganze letzte Jahr in ihrem Geheimversteck im Keller des Restaurants „Zum Friedrich“ für diesen Rachefeldzug trainiert haben, konnte schon für reichlich Internet-Wirbel sorgen. Inhaltlich bieten RCDS und Junge Union aber nichts neues. Die Ziele der Merkel-Jugend sind eins zu eins vom letzten Jahr kopiert, offensiv wird hier Muttis Stillstand in die Hochschulpolitik getragen. Aber nicht ins StuPa, denn hier verzichtet man in diesem Jahr auf eine Kandidatur. Auch bei den anderen wiederholen sich viele Forderungen immer wieder, so transparent ist das allerdings noch niemandem gelungen!
Beim RCDS hat man sich entschieden, die Plakate gleich komplett von störenden Inhalten zu befreien. Hier wird sinngemäß ein Fazit der letzten StuPa-Legislatur gezogen, denn Akzente setzten sie überhaupt nicht. Mit sieben Kandidaten traten sie an, nach und nach bekamen drei die Gelegenheit des Mandats, genutzt hat es aber niemend oder gleich ignoriert. Da ist es wirklich bitter, dass gerade der Wahlkampf des RCDS mit gefälschten Flyern manipuliert wird. Auf den ersten Blick weiß zunächst nur die „Streichung des Universitätsnamenszusatzes“ zu verwirren, bei genauer Betrachtung kommen dann aber doch Zweifel auf.
Von hilflosen Bürgern ist darauf zu lesen, die verunsichert sind ob des Banküberfalls und der Messerstechereien am Weihnachtsmarkt und in einer Privatwohnung im vergangenen Jahr. Von Tätern, die in der Anonymität der Stadt untertauchen, um womöglich wieder zuzuschlagen. Konsequenz: „Wir fordern daher den Ausruf eines Gefahrengebietes in Greifswald nach Hamburger Vorbild!“ Ob es sich wirklich um eine Fälschung handelt konnte bis Redaktionsschluss nicht ergründet werden. Entsprechende Anfragen beim Ring Christdemokratischer Studenten blieben unbeantwortet. [Update 17:40 Uhr] Wie uns Friederike Schmidt, Vorstandsmitglied des RCDS informiert, handelt es sich bei dem Flyer tatsächlich um eine Fälschung. Logo und die angegebenen Ziele (bis auf das letzte) sind echt, alles weitere nicht. „Wir können uns nicht erklären, wer uns da etwas unterschieben wollte und hoffen, dass soetwas nicht wieder vorkommt“, erklärt sie weiter.
Ein drängendes Problem scheint die Forderung nach bezahlbarem studentischem Wohnraum zu sein, dieser Punkt taucht bei jeder Gruppe auf. Familienfreundlichkeit, Tierversuche, Bologna, Erhalt der Volluniversität und studentische Kultur sind ebenfalls beliebte Themen, um bei bei der Wählerschaft zu punkten. Technische Innovotionen will die JU voranbringen, aber wie gesagt, dasselbe haben sie schon vor einem Jahr versprochen. Bei den Piraten steht neben der Nyan Cat auch Edward Snowden auf der Flagge, vielleicht gibt es auch hier neue Impulse für die Arndt-Debatte. Der SDS positioniert sich revolutionär wie eh‘ und jeh, tatsächlich gibt es aber sogar eine wirkliche Neuerung in diesem Jahr: endlich mal wieder ist auch eine Frau dabei. Piraten und JU sind da die einzigen, die nur mit männlichen Vertretern auskommen.
In Vergangenheit war dies aber die Regel. So wird das aktuelle StuPa durch die „Progressiven“ dominiert, einem Block aus Jusos, SDS-Mitgliedern, Hochschulpiraten, PARTEI und weiteren Sympathisanten. Zunächst ist das noch unproblematisch, kann aber mitunter zu übergroßen Scheuklappen führen. Zu einem wirklichen Defizit wurde dies zuletzt erst dann, wenn die interne Positionierung schon vorab erfolgte und Mehrheiten gesichert wurden, sodass eine wirkliche Debatte im Plenum nicht mehr stattfand.
Durch die Listenwahl ist dies im Senat zwar anders, dort sitzen letztendlich alle studentischen Vertreter den anderen Statusgruppen gegenüber. Namentlich sind das die wissenschaftlichen und sonstigen Mitarbeiter sowie die Professoren und genauso auch das Rektorat. Wer lieber nach den individuellen Zielen der einzelnen Kandidaten entscheiden will und auch auf bloße Gruppenzugehörigkeit verzichten kann, findet die nötigen Informationen entweder im Wahlheft des AStA oder im webMoritz-Wahlportal.
Endlich progressive Politik im StUpA. Volle Fahrt voraus nach Vorne Richtung Fortschritt in die Zukunft. Find ich jut!