„Dem Ruf unsres Landes dem werden wir folgen, wir werden uns erheben für ein Chile des Volkes. Wir werden uns befreien, den Faschismus zerschlagen. Männer Frauen schließt die Reihen, die Yankees verjagen. Denn heute geht es nicht mehr um die Wahl des Präsidenten, denn allein das Volk von Chile hält das Schicksal in seinen Händen…“ – heißt es im chilenischen Lied der Volksmacht.
Anlass und Hintergrund dieses Liedes war der Sturz des demokratisch gewählten chilenischen Präsidenten Salvador Allende durch den Putsch Augusto Pinochets, der am 11. September 1973 vollzogen wurde. Kommenden Mittwoch jährt sich dieses Datum zum 40. Mal. Die Greifswalder Jusos laden aus diesem Grund am Mittwoch, 11. September, zum Filmabend „Die letzten Tage des Salvador Allende“ um 20 Uhr in die Brasserie Hermann ein. „Viele Zeitzeugen bezeichnen die Zeit als ihre schönste und glücklichste Zeit in Chile“, heißt es in der Ankündigung. Doch wer war Salvador Allende, der uns seit Monaten am blauen Haus neben dem IKuWo anschaut?
Die Wahl Salvador Allendes
Am 4. September 1970 wurde Allende als Kandidat der Unidad Popular mit 36,3 Prozent der Stimmen gewählt. Sein Konkurrent Jorge Allesandri lag unmittelbar hinter Allende und erhielt 34,9 Prozent. Da keiner der beiden Kandidaten die absolute Mehrheit errang, oblag die Wahl des Präsidenten dem chilenischen Parlament. Nach Verhandlungen zwischen der Unidad Popular und den Christdemokraten stimmten die chilenischen Christdemokraten schließlich dafür, die Wahl Allendes zu unterstützen.
Bereits zwischen Wahl und Amtseinführung wurde ein Mordanschlag auf ihn verübt, der Botschafter der USA nannte die politischen Gegner Allendes „dämlich, schlecht organisiert und naiv“, während zugleich die bundesdeutschen Christdemokraten die Unterstützung des Sozialisten kritisierten.
Die Wahl Salvador Allendes stand insbesondere der US-Amerikanischen geostrategischen Politik im Wege. Das Wirtschaftsprogramm des Präsidenten beinhaltete eine entschädigungslose Enteignung der Bodenschätze, die Enteignung ausländischer Großunternehmen, Banken sowie die umfassende Enteignung des Großgrundbesitzes. Auf dem sozialpolitischen Gebiet wurde eine staatliche Mietpreisregulierung festgelegt und das Bildungssystem für alle Menschen des Landes kostenfrei. Darüber hinaus kam es zu einem Wachstum der Reallöhne und damit verbunden zu einem Anwachsen des Bruttoinlandsproduktes um neun Prozent.
Die Sanktionen der USA
Ziel der Regierung war vor allem eine größtmögliche wirtschaftliche Unabhängigkeit von den USA. Mit Zustimmung aller Parlamentsparteien kam es bereits 1970 zu einer Enteignung der noch im Privatbesitz befindlichen, überwiegend US-amerikanischen, Anteile im Kupferbergbau. Den USA drohte, nicht einmal zwanzig Jahre nach der Pleite in Kuba, ein gewichtiger Träger ihres „Hinterhofes“, als welcher Lateinamerika in der Beziehung zu den USA über lange Zeit hinweg bezeichnet wird, wegzubrechen.
Die Vereinigten Staaten reagierten auf diese Politik mit einem internationalem Handels- und Kreditembargo, das wiederum die Republik in eine schwere Wirtschaftskrise trieb. 1973 fanden erneut Wahlen in Chile statt. Da die Regierung Allende das Wahlrecht auf deutlich breitere Bevölkerungsgruppen ausweitete, lag die Wahlbeteiligung bei insgesamt 81 Prozent. Trotz vorhandener Probleme gelang es der Unidad Popular, ihr Ergebnis zu verbessern und sie kam auf insgesamt 44 Prozent der Stimmen. Während der Krisenzeit haben sich die Christdemokraten inzwischen von Allende abgewandt und mit Konservativen Kräften ein eigenes Bündnis geschmiedet. Dieses war wiederum zu schwach, um Allende abwählen zu können, sodass es im Parlament zu einer Patt-Situation kam.
Der Putsch Pinochets
Am 11. September 1973 putschte schließlich das Militär. Augusto Pinochet, Oberbefehlshaber der chilenischen Streitkräfte gab sich um 8:00 Uhr als Putschist zu erkennen und verlas einen Aufruf, wonach Allende zurücktreten solle und im Gegenzug die Erlaubnis erhielt, mit seiner Familie das Land verlassen zu dürfen. Allende verweigerte sich dieser Aufforderung und verlas seine letzten Worte an das chilenische Volk:
„Mit Sicherheit ist dies die letzte Gelegenheit, mich an Sie zu wenden. (…) Mir bleibt nichts anderes, als den Arbeitern zu sagen: Ich werde nicht aufgeben! In diesem historischen Moment werde ich die Treue zum Volk mit meinem Leben bezahlen. (…) Sie haben die Macht, sie können uns überwältigen, aber sie können die gesellschaftlichen Prozesse nicht durch Verbrechen und nicht durch Gewalt aufhalten. Die Geschichte gehört uns und sie wird durch die Völker geschrieben. Arbeiter meiner Heimat: Ich möchte Ihnen für Ihre Treue danken. (…) Es lebe Chile! Es lebe das Volk! Es leben die Arbeiter! Dies sind meine letzten Worte und ich bin sicher, dass mein Opfer nicht umsonst sein wird, ich bin sicher, dass es wenigstens ein symbolisches Zeichen ist gegen den Betrug, die Feigheit und den Verrat.“
Als das Militär den Präsidentenpalast erstürmte, fanden sie Allende nur noch mit einer Schusswunde vor. Es folgten fast zwei Jahrzehnte faschistischer Diktatur, die sich durch ein durch Terrorismus und Folter geprägtes Staatskonzept auszeichneten. Als 1989 zur Volksabstimmung stand, ob neben Pinochet noch weitere Kandidaten zur Wahl antreten dürften, wurde dies positiv bewertet. Im Falle einer Abstimmungsniederlage sollte ein weiterer Putsch erfolgen, der jedoch nicht zustande kam. 1990 löste Patricio Aylwin Pinochet als Präsident ab, während der Dikator noch bis 1998 Oberbefehlshaber des Heeres bleiben sollte. Bis zu seinem Tod wurde Pinochet für die während seiner Amtszeit geschehenen Verbrechen nicht veurteilt.
Während der Herrschaft Pinochets ist auch das oben zitierte Lied entstanden (hier als spanische Originalversion veröffentlicht):
Foto: Marco Wagner (Allende-Plakat in der Goethestraße)