Jürgen Trittin-Artikelbild-Anne GrießingEtwa 100 Menschen kamen am Sonntagnachmittag zum Museumshafen, als der grüne Spitzenkandidat Jürgen Trittin eine Wahlkampfrede hielt. Danach hatte der webMoritz die Möglichkeit für Interview, in dem es um die Hochschulfinanzierung, das Bafög und Minijobs ging.

webMoritz: Warum sollte ein Student die Grünen wählen? Was wollen die Grünen für die Universitäten tun? Die Greifswalder Universität hat in den Jahren 2014 und 2015 jeweils ein Millionendefizit, welches nur teilweise vom Land ausgeglichen wird.

Jürgen Trittin: Erstens wollen wir die Länder ein Stück von ihrer Finanznot erleichtern, indem wir durch konsequenten Subventionsabbau, die Streichung unnützer Aufgaben und durch moderate Steuererhöhungen für Besserverdiener die Länder um insgesamt elf Milliarden Euro stärken. Wir wollen insgesamt zehn Milliarden Euro in Bildung und Kinderbetreuung investieren. Dazu gehört für uns ein Programm, welches mindestens eine Milliarde Euro für die Schaffung zusätzlicher Studienplätze vorsieht und das der Bund finanziert. Die Studienbedingungen sind gerade vor dem Hintergrund doppelter Abiturjahrgänge mittlerweile unzumutbar geworden.

Eine Sache, bei der Bund in der Bildung direkt mitbestimmen kann, ist das Bafög. Was haben die Grünen dort für Pläne?

Wir wollen die Möglichkeiten, Bafög zu bekommen, verbreitern, sodass mehr Studierende Zugang zu Bafög haben. Zudem wollen wir das Bafög anheben. Das ist für uns von zentraler Bedeutung. Zusätzlich wollen wir ein Erwachsenen-Bafög einführen und zwar für Menschen, die schon mal eine Berufsausbildung gemacht haben, und später entscheiden, sich noch einmal weiterzuqualifizieren. Das ist ein völlig neuer Zweig der Studierendenförderung und damit für die Menschen, die bisher keinen Zugang zu den Universitäten hatten.

Meinen Sie damit elternunabhängiges Bafög?

Jürgen Trittin hielt am Museumshafen eine Wahlkampfrede.

Jürgen Trittin hielt am Museumshafen eine Wahlkampfrede.

Wir wollen einen Einstieg in die Elternunabhängigkeit, aber wir werden das nicht von heute auf morgen realisieren können, weil wir viele familienpolitische Maßnahmen umbauen müssen. Wir streben beispielsweise die Einführung einer Kindergrundsicherung in Deutschland an. Diese müsste dann damit harmonisiert und synchronisiert werden. Deswegen ist der jetzige Schritt für uns sehr wichtig, mehr für die Studierenden zu tun in der Frage. Wir wollen, dass mehr Menschen mehr Anspruch auf Bafög bekommen und wir dieses erhöhen.

Können Sie die Höhe quantifizieren, also zehn Prozent mehr oder 20 Prozent?

Wir können seriös eine Erhöhung um 300 Millionen Euro finanzieren. Davon wird ein Teil für die Ausweitung des Bafög-Anspruchs verwendet. Die Sätze werden wir um mindestens fünf Prozent erhöhen können.

Viele Studenten müssen sich während ihres Studiums etwas dazuverdienen. Die Beschäftigung erfolgt meist in Minijobs, die für jeden Studenten steuer- und abgabenfrei sind, also der Bruttoverdienst netto ausgezahlt wird. Die Grünen wollen Minijobs abschaffen. Wollen Sie damit, dass Studenten fürs gleiche Geld länger arbeiten müssen?

Wir wollen, dass diejenigen, die arbeiten, am Ende auch sozialversichert sind (Kranken-, Rentenversicherung und ähnliches). Das ist der Grund, warum wir prekäre Beschäftigung einschränken wollen. Minijobs, gerade für Nichtstudierende, sind im Drogerie- und Einzelhandelsbereich vielfach missbraucht worden, um reguläre Arbeitsplätze zu verdrängen. Das wichtigste Instrument zur Einschränkung der Minijobs – und das wird die Studierenden freuen – ist die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns. Wenn es den gibt, dann müsste man, um den Minijob voll zu erfüllen, maximal 13 Stunden arbeiten.

StuPa-Präsident Milos Rodatos übergab Jürgen Trittin die Petition "Bildung braucht ..."

StuPa-Präsident Milos Rodatos übergab Jürgen Trittin die Petition „Bildung braucht ...“

Welche Höhe planen die Grünen für einen Mindestlohn?

Dieser Mindestlohn soll durch Verhandlungen zwischen den Gewerkschaften und den Arbeitgebern festgelegt werden, aber er darf nicht unter 8,50 Euro liegen. 8,50 Euro ist das Mindestmaß pro Stunde, um am Ende die Zahl derjenigen, die als Aufstocker tätig sind, deutlich zu reduzieren. Das ist auch eine Maßnahme zum Schutz der öffentlichen Kassen. Es kann übrigens sein – wenn das umgesetzt wird, wie wir das vorgeschlagen haben, was letztendlich dem britischen Lohnmodell entspricht – der Mindestlohn sogar höher liegt als bei 8,50 Euro.

Fotos: Anne Grießing, David Vössing