Trümmer auf den Wegen, Straßen ohne festen Belag oder mit Schlaglöchern, an vielen Gebäuden fehlt der Putz, zersplitterte Fenster und fehlende Pfannen, die Regen in die offenen Dächer lassen. So lassen sich die Fotographien beschreiben, die der damals junge Fotograph Robert Conrad (geb. 1962) in den 1980er Jahren in der Greifswalder Innenstadt aufgenommen hat. Seine Ausstellung im Pommerschen Landesmuseum wurde bis zum 3. März verlängert, denn bisher haben schon 15.000 Menschen „Heimatkunde – Greifswald in den 1980er Jahren.“ besucht.

Greifswald nach dem Zweiten Weltkrieg: Im Vergleich zu vielen anderen Orten wurde die Stadt nicht beschädigt, sodass die historische Bausubstanz noch vorhanden war. Im real existierenden Sozialismus wurde sie aber vernachlässigt und verfiel, denn Neubauten sollten her. Die Folgen des Verfalls zeigen Conrads Fotos auf eine beeindruckende, aber doch bedrückende Weise. Heute, 30 Jahre später, wurde viel saniert, sodass sich inzwischen die Lage auch dort deutlich verbessert hat, wo keine Neubauten mehr entstanden sind.

Die Ausstellung beginnt mit einem Modellbild, wie Greifswald einmal aussehen sollte. In den 1960er Jahren blühte die Industrie, sodass die Stadt 1965/1966 etwa 48.000 Einwohner hatte. Für 1989 ging man von 80.000 aus, im Jahr 2000 sollten es 150.000 Menschen sein. 1974 ergab eine Analyse der Bausubstanz, dass mehr als die Hälfte aller Gebäude vor 1870 entstanden seien. Die meisten wurden als baufällig eingestuft, so wurde der Abriss der Greifswalder Innenstadt geplant. Der Denkmalschutz hatte das Nachsehen, denn es gab das „Experiment Greifswald“ mit industriellem Wohnungsbau, also in Plattenbauweise.

Planungen aus den 1960er Jahren: So sollte die Greifswalder Innenstadt einmal aussehen.

„DDR ließ Greifswald verfallen. Das ist ein Albtraum.“

Weiter geht es durch die helle Museumsstraße. An den Wände sind Zitate von mehr oder weniger bekannten Menschen über Greifswald in den 1980er Jahren zu sehen. „Ich fand Greifswald bedrückend, beklemmend. Nun kommt hinzu, dass man in der DDR diese Stadt verfallen ließ. Sie ist an sich schon bedrückend. Sie ist ein Albtraum (…) und jetzt sind alle Häuser im Verfall“, beschrieb der Schriftsteller Wolfgang Koeppen die Lage. Wie schlimm es wirklich vor 30 Jahren in Greifswald aussah, zeigen dann auf zwei Etagen 140 überwiegend schwarzweiße Fotographien von Robert Conrad. Gleichzeitig gibt es noch einen zwanzigminütigen Film des Künstlers über das verlorene Stadtbild.

Ein anderer Film wurde im letzten Jahr vom NDR produziert. Hier spricht der Fotograf über Greifswald und sagt auch, dass er heute nicht mehr gerne in die Stadt kommt:

Das moritz-Magazin berichtete bereits in der Oktober-Ausgabe 2012 von der Ausstellung. Wer sich nun etwas Ablenkung vom Lernen verschaffen und sehen will, wie Greifswald vor 30 Jahren aussah, hat dazu noch bis zum 3. März die Gelegenheit. Dienstags bis Sonntags jeweils von 10 bis 17 Uhr hat die Ausstellung „Heimatkunde – Greifswald in den 1980er Jahren“ geöffnet. Studenten zahlen vier Euro Eintritt, der volle Preis beträgt sechs Euro. Außerdem bietet das Pommersche Landesmuseum Sonntagsführungen an, die nächsten Termine sind der 10., 17. und 24. Februar sowie der 3. März jeweils um 11 Uhr. Hierfür werden weitere zwei Euro verlangt.

Fotos:  Robert Conrad (keine CC-Lizenz), David Vössing (Artikelbild, Modellbild)