Mit teils deutlicher Mehrheit lehnte der Verwaltungsrat Franz-Robert Liskow und seinen Stellvertreter Franz Küntzel (beide CDU und JU) als Kandidaten der Stadt Greifswald für den Vorstand des Studentenwerkes ab. „Wir können keine Vertreter in den Vorstand wählen, die die verfasste Studierendenschaft abschaffen wollen“, gab Alexander Schmidt die Meinung einiger Verwaltungsratsmitglieder wieder. 

Grund unter anderem: Kritik der JU an der Verfassten Studierendenschaft

Bei der Wahl entfielen vier Ja-Stimmen und acht Gegenstimmen bei einer Enthaltung auf Franz-Robert Liskow. „Es gab sehr gute Gründe für die Nichtwahl“, äußerte sich der Verwaltungsratsvorsitzender Erik von Malottki. Im Focus der Diskussion stand die Forderung der Jungen Union, die verfasste Studierendenschaft abzuschaffen oder zumindest schwächen zu wollen. Das Solidarmodell ist mit dem Austrittsmodell nicht vereinbar, so Erik. Mit dem Austrittsmodell möchte die JU es jedem Studenten freistellen, Mitglied in der studentischen Selbstverwaltung zu werden oder nicht. Aktuell zahlen alle Studenten für die Selbstverwaltung (StuPa, AStA, Moritz-Medien, Fachschaften) acht Euro im Semester. „Das Studentenwerk und die verfasste Studierendenschaft sind Partner und aufeinander angewiesen. Für das Studentenwerk ist es nicht tragbar, jemanden, der sich gegen die verfasste Studierendenschaft positioniert, in den Vorstand zu wählen“, ergänzte Erik. Als weiteren Grund gegen Franz-Robert nannte Erik unter anderem, dass jener in der Bürgerschaft für eine Abschaffung der Wohnsitzprämie (150 Euro Umzugsgeld für jeden neuen Studenten in Greifswald) gestimmt habe, obwohl das Studierendenparlament die studentischen Vertreter um eine Beibehaltung gebeten habe.

Franz-Robert Liskow sieht in der Ablehnung eine Generalabrechnung mit der Jungen Union.

Nach der Sitzung sagte Franz-Robert dem webMoritz: „Die Abstimmung im Verwaltungsrat hat mich nach der Debatte während der Sitzung nicht mehr überrascht. Leider wurde die Sitzung für eine Generalabrechnung mit der Jungen Union genutzt, was sich leider bereits im Vorfeld abgezeichnet hat. Es ist schade, dass einzelne hier nicht zwischen meiner Arbeit als Kommunalvertreter und meiner Funktion als JU-Landesvorsitzender trennen können.“ Er widersprach auch Eriks Vorwurf, für die Abschaffung der Wohnsitzprämie gestimmt zu haben. Die Stadtverwaltung habe die Prämie aufgrund sinkender Schlüsselzuweisungen vom Land aus dem letzten Haushaltsentwurf gestrichen.  „Unter allen Fraktionen gab es hierbei Konsens diese Prämie auszusetzen um zu sehen, wie die Auswirkungen bei den Ummeldungen sein werden. Von daher gab es keine Abstimmung, bei der ich für die Abschaffung hätte stimmen können, und man sollte hier bei der Wahrheit bleiben und nicht mit falschen Behauptungen auftrumpfen.“

Wilde: „So jemand ist nicht tragbar“

Franz Küntzel wurde deutlicher als Franz-Robert abgelehnt. Auf ihn entfiel nur eine Ja-Stimme bei einer Enthaltung und zehn Gegenstimmen. Franz Küntzel sei von einer Abschaffung der studentischen Selbstverwaltung auf eine Prüfung ohne Denkverbote zurückgerudert, wie Harald Wilde, stellvertrender Verwaltungsratsvorsitzender dem webMoritz sagte. Es könne trotzdem nicht sein, dass ein Vorstandsmitglied sich dagegen ausspreche, dass sich Allgemeine Studierendenausschüsse (Asten) an Antifa-Demonstrationen beteiligen, weil Asten solche Demos nichts angehen würden. „So jemand ist nicht tragbar“, begründete Wille die deutliche Ablehnung.

Wie bereits Franz-Robert hatte auch Franz Küntzel den Eindruck, dass die Mitgliedes des Verwaltungsrates schon vorher ihre Meinung gefasst hatten. „Des Weiteren hatte ich das Gefühl, dass es sich nur um Hochschulpolitik zu drehen scheint und dabei die Mitglieder des Verwaltungsrates völlig außer Acht gelassen haben, dass es sich bei den Bewerbern um kommunale Vertreter handelt“, zeigte sich Franz gegenüber dem webMoritz enttäuscht. Es sei für ihn befremdlich, „wie der Verwaltungsrat und die Geschäftsführerin mit Vertretern der Universitäts- und Hansestadt“ umgehe. Damit habe „das Studentenwerk erneut unterstrichen, dass es kein Interesse daran hat mit den Städten Greifswald, Neubrandenburg und Stralsund zusammenzuarbeiten.“

Flieger: „Nichtwahl unglücklich“

Franz Küntzel: Verwaltungsrat hatte vorher schon eine Meinung.

Uni-Kanzler Dr. Wolfgang Flieger, der dem Vorstand vorsitzt, nannte die Nichtwahl „unglücklich“. Es sei unklug die Wahl von Vorstandsmitgliedern an ihren Positionen zur Verfassten Studierendenschaft festzumachen oder sie aus parteipolitischen Gründen abzulehnen. Damit spielte Flieger auf die SPD-Mitgliedschaft von Erik an. Flieger warnte, dass diese Entscheidung nicht zu Anspannungen zwischen Stadt und Studentenwerk führen solle.  Diese Gefahr sieht Erik nicht, ebenso wenig die parteipolitischen Gründe. Im Verwaltungsrat sitzen neben ihm noch FDP-Mitglied Alexander Schmidt und CDU-Mitglied Hendrik Hauschild.

Damit geht der Ball wieder zurück an die Bürgerschaft. Nachdem die Bürgerschaft im Juni Franz-Robert Liskow und Franz Küntzel als Stellvertreter für den Vorstand des Studentenwerkes nominiert haben, bat der Verwaltungsrat in seiner letzten Sitzung die Bürgerschaft um einen erneuten Beschluss, weil der im Juni überstürzt auf den Verwaltungsrat wirkte. Die Bürgerschaft lehnte einen neuen Vorschlag ab und damit blieben Liskow und Küntzel Kandidaten der Bürgerschaft. Nun muss die Bürgerschaft wirklich nach der Ablehnung einen neuen Beschluss fassen. Wegen der Ablehnung bleibt daher weiterhin Christian Meier aus Stralsund im Vorstand vertreten, dessen reguläre Amtszeit schon ausgelaufen ist. Er ist Pressesprecher seiner CDU-Fraktion in der Stralsunder Bürgerschaft und wurde damals einstimmig in den Vorstand gewählt.

Weitere Nachrichten aus der Sitzung

Mieterhöhung beschlossen

Einstimmig wurde vom Verwaltungsrat hingegen eine Mieterhöhung beschlossen, die auf der letzten Sitzung vorgestellt wurde. Damit steigt die monatliche Miete um durchschnittlich 11,50 Euro ab April 2013 in den Wohnheimen des Studentenwerks. Die Mieten steigen jedoch nicht überall gleich. Grund sei, nach Angaben von Geschäftsführerin Dr. Cornelia Wolf-Körnert, der jeweilige örtliche Mietspiegel sowie die Befürchtung, dass bei einer zu starken Steigerung in einigen Wohnheimen die Nachfrage zurückgehe. Milos Rodatos bat das Studentenwerk darum, die Mieterhöhung auf der anstehenden Vollversammlung am 6. Dezember zu erläutern.

Studentenwerk erlitt 2011 Verlust

Für 2011 erwirtschaftete das Studentenwerk Greifswald ein negatives Jahresergebnis von 49.000 Euro. 2010 gab es noch ein positives Ergebnis von 117.000 Euro. Grund für die Differenz sind unter anderem Zinszahlungen für einen aufgenommen Kredit für die Neuerrichtung von zwei Studentenwohnheimen in der Fleischerwiese. Ohne diese Zinszahlungen erzielte das Studentenwerk noch ein positives Betriebsergebnis von 89.000 Euro. Die Erträge und Aufwendungen des Studentenwerks beliefen sich auf etwa 10 Millionen Euro. Zum Ende des Jahres verfügte das Studentenwerk über knapp 9 Millionen Euro Eigenkapital und über liquide Mittel von etwa 3,8 Millionen Euro.

Fotos: David Vössing, Simon Voigt