Bekannt als Moderator beim „Wetter im Ersten“ hielt Wetterexperter Sven Plöger am Mittwochabend einen lockeren Festvortrag zur Eröffnung der dritten Klimakonferenz des Klimaschutzbündnisses Greifswald 2020, welches noch bis Freitag geht. Plöger plädierte für einen Ausbau der Erneuerbaren Energien, mehr Energieeffizienz und Energieeinsparungen, räumt aber ein, dass der Weg dahin nicht einfach sei.

Wie wird der Winter? „Es wird wechselhaft mit sonnigen und bewölkten Abschnitten mit Regen, Schnee und Wind- oder Sturmböen aus unterschiedlichen Richtungen. Die Temperaturen liegen zwischen -5 und +18 Grad, nur am 3. Februar gibt es auch mal -17 Grad“, begann Plöger selbstironisch seinen humorvollen Vortrag, bei dem die über 100 Zuhörer in der Aula der Universität einiges zu lachen hatten. Mit dem Humor ging es auch gleich weiter, doch ernst wurde Plöger auch: „Wir verbrauchen momentan die Ressourcen von 1,4 Erden. Wir haben aber nur eine. Würden wir so weiter machen, bräuchten wir 2050 2,3 Erden mit 9,5 Milliarden Einwohnern. Das klappt nicht.“

Unterschied zwischen Wetter und Klima

Wetterexperte Sven Plöger warb für Effizienz, Erneuerbare Energien und Energieeinsparungen.

Bevor Plöger zum Klimawandel kam, machte er zuerst den Unterschied zwischen Wetter und Klima deutlich. Wetter könne man fühlen und finde an einem Ort zu einem bestimmten Zeitpunkt statt. Klima hingegen mittele die Gesamtheit der Wettererscheinungen an einem Ort innerhalb einer Zeitspanne. „Das ist Statistik.“ Er nannte verschiedene Wetterextreme wie den Schneewinter 1978/1979: „In Berlin waren es minus 18 Grad, in München plus 9.“ Auf einem Bild waren Schneeverwehungen zu sehen, bei denen sich die Jüngeren an den Winter 2009/2010 erinnerten. „Da würde ich selbst mit einem großen Auto nicht durchfahren. Das gibt es schnelle Bremsung mit Airbag, den man eigentlich ungern beim Autofahren nutzt“, brachte Plöger mit seiner lockeren Art die Zuschauer wieder zum Lachen.

Er sieht den Klimawandel positiv, nicht als Katastrophe, sondern als Frühwarnsystem unseres Planeten. „Wir müssen uns nahe Ziele setzen, die wir erreichen können“, forderte er. „Es wird wärmer“, verstärkte er seine Forderung auch mit Verweis auf den zwischen 2007 und 2011 abgeschmolzenen Rhonegletscher. Auch das arktische Eis erfahre derzeit eine drastische Abnahme, „Der Nordpol wäre dann im Sommer eisfrei.“ In den letzten 100 Jahren stieg die mittlere Temperatur um 0,8 Grad, seit der letzten Eiszeit um vier bis 4,5 Grad. „In den nächsten 100 Jahren zeigen Klimaprojektionen eine Spannweite von zwei bis vier Grad.“ Er räumte aber ein, dass es Unsicherheiten über die genaue Höhe gebe, weil Bevölkerungszahlen und Energieverbrauch für 2050 samt Emissionen nur geschätzt werden kann.

Plöger ging auch auf natürliche Klimaschwankungen ein, beispielsweise durch eine geänderte Sonnenaktivität. So sei das Klima in der Vergangenheit viel extremer gewesen: „Zu Zeiten der Dinosaurier gab es kein Eis und der Meeresspiegel war 120 Meter höher. Der Erde ist der Klimawandel egal, aber wir sind betroffen.“ Nicht zum Klimawandel würden Wetterschwankungen zählen: Wenn es beispielsweise innerhalb weniger Tage heiß und wieder kalt werde.

Klimawandel geht zur Hälfte auf Menschheit zurück

Über 100 Zuhörer waren in die Aula der Universität gekommen.

Doch welchen Anteil hat der Mensch am Klimawandel? Zunächst sei dieser vorwiegend durch das Treibhausgas Kohlenstoffdioxid (CO2) verursacht, welches aber auch Pflanzen zur Photosynthese bräuchten, um Sauerstoff zu erzeugen. „Natur und Mensch ändern das Klima zusammen“, sprach er von der Verantwortung der Gesellschaft. Rechnerisch (siehe Infobox) erläuterte er, dass der Mensch zur Hälfte zum Klimawandel beitrage. CO2 ist unsichtbar und geruchlos in unserer durchsichtigen Atmosphäre. „Wäre es schwarz, wir würden mit Masken herumlaufen und könnten die Sonne nicht sehen, dann gäbe es eine schnellere Lösung“, bemängelte er fehlenden Handlungswillen.

Zur Bekämpfung des Klimawandels forderte er regenerative Kombikraftwerke, die beispielsweise Wind und Sonne gemeinsam nutzen. So erzeuge die Sonne das 5810-fache an Energie, wie die Menschheit 2007 benötigt habe. Durch Schwellenländer wie China oder Brasilien werde der Energieverbrauch steigen. Deswegen sei eine Entkoppelung von Energieverbrauch und Emissionen notwendig.

In Kernkraftwerken sieht er kein Mittel zur Bekämpfung des Klimawandels, da beispielsweise der Umgang mit dem anfallenden Müll nicht geklärt sein. Der Kernfusion, wie sie beispielsweise mit Wendelstein 7-X am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik gerade erforscht wird, traute er mittelfristig noch keine ernsthafte Energiegewinnung zu.

Die Suche nach Erdöl werde immer teurer und schwieriger, äußerte Plöger mit Blick auf die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko (Deepwater Horizon). Eine Lösung gelinge eher mit einer höheren Energieeffizienz, die aber eher den Verbrauch senke, anstatt die Leistung zu erhöhen, machte er anhand eines Vergleichs zwischen einem VW Golf von 1974 und heute deutlich. Beide bräuchten etwa 6,3 bis 6,4 Liter auf 100 Kilometer, nur habe der heutige Golf mehr Leistung.

Plöger: „Nicht der schmutzigste darf am meisten verdienen“

Bausenator Jörg Hochheim eröffnete die Klimakonferenz.

Zum Abschluss seiner Rede machte Plöger deutlich, was nicht sein könne: „In einer Welt, die wir sauber halten wollen, darf es nicht sein, dass der, der die Umwelt am meisten verschmutzt, am meisten Geld verdient.“ Die Politik habe es aber auch schwer. Mache ein Politiker einen Vorschlag, bekomme er viele Gegner. Ändere er seinen Vorschlag, würden neue Gegner auftauchen. Einen mehrheitsfähigen Weg zu finden, sei da nicht einfach. Abschließend forderte er, dass Verschmutzung global Geld kosten muss und betonte, dass lokales Handeln zu globalem Erfolg führe.

Beim lokalen Handeln möchte auch Greifswald ansetzen. So verwies Greifswalds Bausenator Jörg Hochheim auf ein integriertes Klimaschutzkonzept zwischen vielen der Beteiligten am Greifswalder Klimaschutzbündnis 2020. Aber nach der Kreisgebietsreform fehlten Greifswald Steuerungsmöglichkeiten, um den CO2-Ausstoß zu mindern. So sei der Kreis jetzt für den öffentlichen Nahverkehr zuständig, der in Kombination mit Radwegen Autofahrer zum Umstieg bewegen solle. Ein weiterer Schwerpunkt der Klimakonferenz ist das Bauen, beispielsweise hinsichtlich energetischer Gebäudesanierungen. Mitglied im Klimaschutzbündnis ist auch die Universität, die bis 2015 CO2-neutral werden wolle, wie Dr. Peter Rief, zweiter stellvertretender Uni-Kanzler betonte. Die Universität gebe jährlich einen zweistelligen Millionenbetrag für Strom, Wasser und Energie für ihre Gebäude aus.

Rechnung für Klimawandel:

von Erik Lohmann

Wie klimawirksam ist Kohlenstoffdioxid (CO2) eigentlich? Sein Anteil an der Atmosphäre beträgt nur 0,038 Prozent. Das Bisschen kann doch keinen großen Effekt haben, denkt sich jetzt der Skeptiker. Falsch gedacht. Denn 99,9 Prozent der Atmosphäre (Stickstoff, Sauerstoff, Argon) tragen nicht zum Treibhauseffekt bei. Somit steigt der Anteil von CO2 am Treibhauseffekt auf 38 Prozent, was bei einer Erderwärmung um 33°C aufgrund des gesamten Treibhauseffektes immerhin 7°C entspricht. Sehr vorsichtig geschätzt sind etwa 5 Prozent des CO2-Gehalts der Atmosphäre menschengemacht. 5 Prozent von 7°C Erwärmung entspricht 0,35°C, was wiederum etwa die Hälfte des Temperaturanstieges des vergangenen Jahrhunderts ausmacht.

Fotos: Erik Lohmann, Artikelbild: davipt via Flickr CC-BY-NC-SA