Etwa 50 Menschen demonstrierten am Samstagmittag auf dem Greifswalder Fischmarkt gegen einen Schiffstransport mit Anlagenteilen vom stillgelegten AKW Obrigheim ins Zwischenlager Nord (ZLN) nach Lubmin. „Alle Teile sind radioaktiv belastet, betonte Kay Karpinsky vom Anti-Atom-Bündnis Nordost, welches zu der Demonstration aufgerufen hatte.
Er kritisierte, wie der Transport „nicht aussehen darf“, dessen Begleitumstände jeder Beschreibung spotteten. „Wir erleben hier Schlamperei, Desinformation, Verantwortungslosigkeit und Zynismus.“, so Karpinsky. Die Energiewerke Nord (EWN) bestätigen zwar den Transport, widersprechen aber dem Transportgegnern. „Kein ‚Atommüll‘ auf dem Weg nach Lubmin“ ist eine EWN-Pressemitteilung überschrieben.
Insbesondere kritisierte Karpinsky, dass die Sicherheit auf der Strecke bleibe. „Der Transport ist nicht einmal als Gefahrengut gekennzeichnet“, was ein klarer Verstoß gegen Vorschriften sei. Er warf den Verantwortlichen zudem Spielereien mit Grenzwerten sowie „Schlamperei statt Sicherheit“ vor, weil weder die anliegenden Städte, noch die Bewohner über das Schiff, „das herumstrahlt“, informiert worden seien. Die EWN beschuldigte er „unabhängig von der sie störenden Sicherheit, an allen erdenklichen Aufträgen interessiert“ zu sein. Mit dem Transport aus Obrigheim würden sie das ZLN erweitern wollen. Abschließend forderte er ein verantwortungsvolles Konzept zur Entsorgung der Abfälle des atomaren Zeitalters, ohne dass die billigste Variante gewählt werde.
Energiewerke Nord erhielten Zuschlag für Entsorgungsauftrag
Laut EWN handele es sich bei den zu verschrottenden Anlageteilen um zwei Dampferzeuer und zwei große Motoren aus dem AKW Obrigheim. Den Auftrag hatten die EWN durch eine europaweite Ausschreibung bekommen. Er enthalte die „Zerlegung von Großkomponenten, die Reinigung, die Bearbeitung und die Freimessung zur Freigabe und die anschließende Entsorgung“ und erfolge innerhalb gültiger Genehmigungen. Allerdings waren die EWN nicht zur Annahme des Auftrags verpflichtet. Die freigegebenen Materialien würden konventionell entsorgt werden. Die restlichen, radioaktiven Materialien würden zurück nach Obrigheim und von dort aus in das Endlager Konrad gebracht werden. „Es verbleiben keine radioaktive Abfälle in Lubmin“, betonte EWN-Geschäftsführer Henry Cordes.
Blockaden entlang der Schiffsroute
Am 24. Mai begann der Schiffstransport von Obrigheim in Baden-Württemberg nach Mecklenburg- Vorpommern. Die Energiewerke Nord erwarten die Ankunft im Lubminer Industriehafen am kommenden Montag. Am Dienstag solle dann der Transport in das Zwischenlager erfolgen. Bevor das Schiff allerdings in Lubmin ankommt, hatte es entlang von Flüssen schon weitere Proteste gegeben. Es gab Aktionen an mehr an 20 Orten, berichtete Heinz Wittner vom Anti-Atom-Bündnis Nordost, so beispielsweise in Köln und Duisburg. Heute Vormittag habe der Transport das nördlich von Berlin liegende Oranienburg erreicht, so Wittner weiter. Laut lubmin-nixda wurde er vorher in Münster sechs Stunden durch eine Brückenblockade gestoppt und ebenso durch Schwimmer im Elbe-Havel-Kanal bei Magdeburg.
Fotos: Heike Jordan via lubmin-nixda.de (Artikelbild), David Vössing