Die Greifswalder Bürgerschaft stand in der vergangenen Woche am Scheideweg: Sollen die Gymnasien und Regionalschulen zurückgeholt werden, oder doch lieber beim Kreis verbleiben? Stadtkämmerer Dietger Wille stellte zu Beginn der Debatte heraus, dass der Kreis durch die Rückübertragung einen Vermögensausgleich sparen würde, den er an die Stadt zahlen müsste. Zugleich würde die Rückübertragung jedoch Geld kosten, was einschneidende Auswirkungen auf den Haushalt hätte. „Was ist uns wichtiger: Sollen wir für Pflichtaufgaben des Kreises Geld in die Hand nehmen, was am Ende zu Lasten freiwilliger Aufgaben geht, oder sollen wir doch eher das Geld für freiwillige Ausgaben ausgeben?“, fragte Wille die Bürgerschaft. Es ginge hierbei um eine Frage der Schwerpunktsetzung. Entscheidet sich die Bürgerschaft für eine Rückholung, würde der Stadt ein Teil des Handlungsspielraumes verloren gehen. „Als Kämmerer würde ich sagen: Das ist viel zu teuer und wir können diese Pflichtaufgabe des Kreises nicht übernehmen“, plädierte Wille für einen Verbleib der Schulen beim Kreis.

CDU-Fraktion gespaltener Meinung

Axel Hochschild (CDU) wollte die Schulen lieber in der Verantwortung des Kreises sehen.

Auch Axel Hochschild (CDU) sprach sich zu Beginn der Debatte für einen Verbleib aus, überließ es jedoch seiner Fraktion, ob sie für oder gegen die Rückholung stimmen würden. „Wir sind gar nicht mehr so in der Verantwortung. Wir vergeben uns auch nichts, wenn wir die Schulen beim Kreis belassen. Außerdem würde Greifswald den Zinsvorteil verlieren, den sie an alle Schulen weiter geben könnte“, erklärte Hochschild der Bürgerschaft.

Peter Multhauf (Die Linke.) sieht das hingegen anders. „Wir haben beschlossen: Wir wollen die Schulen halten. Es geht hier um Verantwortung. Und ich möchte die Verantwortung für die Schulen haben. Wer sagt, 18 bis 28 Millionen Euro holen wir mit der Beibehaltung der Schulen im Kreis wieder rein, glaubt das doch selbst nicht, was er sagt“, kritisierte Multhauf. Zuvor erklärte Hochschild, dass man 18 bis 28 Millionen Euro mehr erhalten könnte, wenn die Schulen bei der Stadt blieben. Christian Pegel (SPD) wies derweil auf den Umstand hin, dass es nur ein ganz kleines Zeitfenster gäbe: „Jetzt oder nie. Alles andere ist tinnef.“ Der Vorteil einer Rückholung bestünde darin, dass die Verwaltungswege kürzer wären und die Wahrscheinlichkeit eines zukünftigen Zusammenhalts der Greifswalder Schullandschaft deutlich größer wäre. Zudem zeige sich der Kreisfinanzausschuss bereit, die Schulen zurück zu übertragen.

„Es geht um Verantwortung“

Auch Torsten Hoebel (FDP) hob in der Debatte hervor, sich für eine Rückholung aussprechen zu wollen. Ulf Burmeister (Bürgerliste Greifswald) betonte den Aspekt der Verantwortung der Stadt gegenüber den Greifswalder Schulen. „Natürlich: Es würde uns was kosten. Aber es geht um mehr. Es geht um Verantwortung. Eine Stadt wie Greifswald ist natürlich in der Lage, die Schulen zu tragen. Wenn wir die Schulen aus unserer Trägerschaft entlassen, muss der Kreis uns in Bezug auf die Schulplanung nicht einmal anhören“, zählte Burmeister die Gründe für eine Rückholung auf. Bleiben die Schulen in Greifswalder Trägerschaft, hätte die Stadt nach wie vor Einfluss auf die Planung der Schullandschaft.

Der Tagungsort der Bürgerschaft: das Rathaus am Marktplatz

Multhauf schien im Verlauf der Debatte vor allem die von einigen Vertretern durchscheinende Tendenz, dass es ausschließlich um das Wohl Greifswalds gehe, erheblich zu stören. „Wir müssen uns endlich davon verabschieden, zu sagen: Hauptsache Greifswald geht es gut und was mit dem Kreis ist, ist uns egal“, mahnte der Abgeordnete der Linksfraktion abschließend. Kreisvertreter Dennis Gutgesell erklärte, nachdem ihm das Rederecht zugesprochen wurde, dass die Rückholung von beiden Seiten bisher immer gewollt gewesen sei. Zudem habe Greifswald günstigere finanzielle Rahmenbedingungen als der Kreis, sodass die Schulen daher auch in der Hansestadt besser aufgehoben wären. Eine Mehrheit von 28 Bürgerschafts-Vertretern fasste abschließend folgenden Beschluss:

„Die Bürgerschaft der Universitäts- und Hansestadt strebt weiterhin die Rückholung der Schulträgerschaft der Gymnasien, einschließlich Abendgymnasium und der integrierten Gesamtschule zu den in Anlage 1  genannten finanziellen Bedingungen an.“

Anlage eins besagt, dass die Stadt Greifswald im Fall der Rückholung auf eine Vermögensübertragung und damit einen Wertausgleich bezüglich der betreffenden Schulen verzichten würde. Die Schulträgerschaft selbst soll jedoch durch den Landkreis finanziert werden, da die Stadt sich andernfalls eine Rückholung nicht leisten könnte.  Der Stadt Greifswald würde die Rückholung maximal 1,4 Millionen Euro kosten. Nachdem sich die Bürgerschaft entschieden hat, muss nun noch der Kreistag der Rückholung zustimmen, um die betreffenden Schulen wieder in die Verantwortung der Stadt übergeben zu können.

Fotos: Megafutzi/ jugendfotos.de, Gabriel Kords/ webMoritz-Archiv