Am Montagabend spielte im Café Koeppen der Singer und Songwriter Tom Lüneburger. Zwischen Soundcheck und Konzert nahm sich der Berliner Zeit für ein Interview. Der Auftritt fand im Rahmen seiner Tour „Lights“ zum gleichnamigen Album statt. Als Support begleitete ihn der Brite Lee MacDougall.
Wie lange bist du aktuell auf Tour?
Wir sind jetzt ziemlich genau vier Wochen unterwegs und noch bis Ende Februar. Dann ist erstmal ein wenig Pause angesagt. Anschließend folgen dann noch einzelne Konzerte.
Hast du zwischendurch Heimweh?
Ja, natürlich. Wir haben zwischendurch auch mal ein paar Tage Pause gehabt und da waren wir dann zu Hause.
Ist es jetzt in kleiner Runde ein großer Unterschied zu deiner Tourzeit mit der Band Myballoon?
Es ist ein riesiger Unterschied. Du hast nicht mehr die ganze Logistik zu bewältigen und auch nicht den gesamten Technikkrempel dabei. Das heißt, du musst dich nicht morgens um zehn Uhr am Proberaum treffen, um Tonnen von Equipment in den Bus zu laden. Das ist schon sehr angenehm, aber ich würde nicht sagen, dass eins von beiden besser oder schlechter ist. Es ist vollkommen unterschiedlich. Jetzt ist es spannend, sich alleine mit einer Akustikgitarre vor die Leute zu stellen und auf die Reaktionen zu warten.
Du sagst ja, dass keins von beiden besser oder schlechter sei. Möchtest du jetzt eher bei deiner Richtung bleiben oder noch mal ein Bandalbum aufnehmen?
Für mich ist es toll, dass ich überhaupt eine zweite Platte gemacht habe und das ich damit unterwegs bin. Das ist der Knaller. Und auch die Planungen für die dritte Platte laufen schon auf Hochtouren. Da ist auch schon geplant noch ein bisschen mehr Farbe und Abwechslung reinzubringen und auch mehr Bandsound zu integrieren. Aber so wild wie früher – alles verzerren und alles auf die Zwölf – muss nicht mehr sein. Das ist nicht mehr mein Ding.
http://youtu.be/tYhvT94Osz0
Wirst du in jedem Interview auf den Flugzeugabsturz mit deiner alten Band angesprochen?
Ja auf jeden Fall. Ich habe keine Flugangst mehr. Aber oft sind das so Klischees, dass sich die Band das nur ausgedacht hat und das steht jetzt bei Wikipedia drin, um sich wichtig zu machen.
Wir sollten an dem Tag auf zwei Festivals spielen. Eins im Norden und das andere im Süden. Das ging nur mit einer kleinen Maschine und die war wirklich sehr klein. Da ist dann irgendwie der Motor ausgefallen und Unwetter mit Donner und Blitz zog auf. Das war ziemlich fies. Aber es ist letztendlich ja gut ausgegangen. Das zweite Konzert haben wir sogar noch gespielt. Es war aber eher mechanisch, denn vom Kopf hat es gar nicht funktioniert.
Wie kam es zu dem Duett mit Stefanie Kloß von Silbermond? Hast du eine bestimmte Verbindung zu der Band?
Sie ist ja jetzt die Chefin meiner Plattenfirma, von daher besteht die Verbindung nun. Aber eigentlich ist das ziemlich lustig, wie es dazu kam.
Damals hat Silbermond bei Myballoon ab und zu Support gemacht. Da war das noch eine ganz junge Teenieband und nicht so ein riesen Ding wie jetzt. Danach haben wir uns ziemlich lange aus den Augen verloren und irgendwann habe ich angefangen viele Gigs in winzigen Berliner Clubs zu spielen. Die sind dann regelmäßig komplett aufgetaucht und haben sich in die erste Reihe gesetzt. Ein Raunen ging dann immer durch die paar Leute, die da waren. Nach irgendeinem dieser Konzerte sind wir dann Backstage hängen geblieben.
Wir haben gemerkt, dass eine Sympathie da ist und es Spaß macht miteinander zu quatschen oder ein Bierchen zu trinken oder was man sonst so macht. Dann haben wir angefangen uns ein paar Songideen per MP3 hin und her zu schicken und irgendwann saß ich dann mit Stefanie in ihrer Küche im Studio. Ich hatte die Gitarre dabei und wir haben einfach ein paar Songs gespielt, um zu gucken, wie die Stimmen zusammen passen. Hätte ja auch sein können, dass es zum kotzen klingt wie bei Christina Aguilera und Ricky Martin oder keine Ahnung, ich weiß es nicht. (lacht)
Dann haben wir zwei Songs produziert und „We Are One“ haben wir dann zu Single auserkoren. Ich finde es jetzt sehr lustig, dass so nette Leute meine Plattenchefs sind und dadurch im Musikgeschäft auch ein wenig wieder Struktur zu haben.
Wie ist der Unterschied beim Publikum? Vorher mit der Rockband auf den großen Bühnen und jetzt vor eher kleinerem Publikum.
Es ist sehr unterschiedlich. Gestern zum Beispiel war der Laden gerammelt voll und die Leute sind gestanden. Heute ist es eher ziemlich klein und bestuhlt. Dann kann man sich schon von vornherein denken, dass es eher etwas ruhiger und kultureller zugeht. Ich finde es ziemlich angenehm, dass man die Möglichkeit hat, die Aufmerksamkeit von den Leuten uneingeschränkt zu bekommen. Man muss sie sich natürlich auch verdienen. Wenn du da oben stehst und in dich reinheulst, drei verstimmte Akkorde die ganze Zeit spielst, dann hört keiner mehr zu. Man muss sich immer wieder Mühe geben.
Man kommt auch viel mehr ins Gespräch und es gibt die skurrilsten Feedbacks, die man sich abholen kann. (lacht) Ganz tolle Sachen und auch andere Geschichten. Ich mag das auch sehr. Es ist ein angenehmer Moment, wenn man noch ein Bier trinkt und das Lampenfieber abfällt. Die Leute bleiben noch und man quatscht mit denen. Das ist eigentlich das Schönste.
Du bist mit deinem ersten Soloalbum viel in ganz Europa umher getourt. Gab es ein Gig, der komplett hängen geblieben ist?
Da waren so viele irre und verrückte Sachen dabei. Highlights waren natürlich schon die Auftritte in den riesigen Städten wie Paris und London. In Paris wusste ich gar nicht, wie die Reaktionen sein würden, wenn du als Deutscher mit dazu noch einem sehr deutschen Namen ankommst. Es war ein ziemlich kleiner Club, der voll war und die Leute haben wahnsinnig viele CDs gekauft. Es hat sie in dem Moment überhaupt nicht interessiert wo du herkommst, sondern nur was in eben dem Moment von der Bühne runter kommt. Du merkst, ob es die Leute berührt oder nicht. Und das fand ich total klasse.
Auch in London war es genial. Es war natürlich typisch englisch. Drei Sekunden Soundcheck, kein Backstageraum, kein gar nix. Aber einfach geil. Die Leute haben zugehört und drauf reagiert. Manchmal hat man ja etwas Angst im Ausland als Deutscher Musik zu machen, weil man denkt, dass die alles scheiße finden, was man macht. Das ist aber gar nicht unbedingt so. Kann schon Spaß machen.
http://youtu.be/I8UWOLCvorw
Hattest du auf der Tour jetzt schon ein ganz skurriles Erlebnis?
Eigentlich ist bisher alles glatt und rund gelaufen. Ich bin mit meinem Pianisten auf Tour und wir sind eine ziemlich eingespielte Truppe. Es gibt aber immer ein paar Besonderheiten. Vorgestern haben wir in Freiburg – meiner zweiten Heimat – gespielt. Da kommen natürlich viele alte Freunde und meine Eltern wohnen dort. Das war super spannend. Mein kleiner Bruder hat den Ton gemacht für uns, mein Vater hat ein Querflötensolo gespielt. Das war mal ein richtiger Familienabend und es war sehr gut besucht. Das war ein Highlight.
Wie ist das Publikum bisher auf der Tour?
Es ist jeden Abend verschieden und eine Überraschung. Aber bisher hat es immer funktioniert. Bei keinem Konzert sind die Leute nach drei Songs aufgestanden und haben lauthals angefangen zu schnacken. Wir haben die Leute immer erreicht und das ist die größte Herausforderung jeden Abend. Alle möglichst von Anfang bis Ende bei Laune zu halten.
In deinen Songs geht es viel um die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Was interessiert dich am meisten davon?
Ich hänge da immer zwischen den Extremen. Vergangenheit ist bei mir immer nur relativ, da ich so ein schlechtes Gedächtnis habe. Aber ich habe ziemlich lange gehadert mit dieser und fand, dass es nicht so richtig funktioniert hat, was ich gemacht habe. Jetzt habe ich seit einigen Jahren wieder etwas was mir richtig Spaß macht und funktioniert. Ich bin immer hin und her gerissen. Vergangenheit abschließen und nicht mehr zurück gucken. Aber es ist auch ungewiss was kommt und wie es als Musiker weitergeht. Es geht immer in den „Ups and Downs“. Manchmal ist es total toll und manchmal unglaublich kompliziert. Aber im Großen und Ganzen würde ich es nie anders machen wollen.
Wie kommst du auf deine Songtexte? Gibt es ein bestimmtes Ritual?
Die Ideen sind eigentlich spontan. Es gibt aber schon bestimmte Situationen. Zum Beispiel, wenn man sich ziemlich wach fühlt und die Energie durch einen durchströmt. Es ist nicht so, dass du morgens mit zerzausten Haaren an die Kaffeemaschine schleichst und sofort durchfährt dich der Geistesblitz. Das ist Blödsinn. Es sind spezielle Momente oder Inspirationen, wie Gespräche, Reklame mit einem Satz, Fotos oder Songfetzen im Radio.
Hast du einen Künstler, der dich begleitet oder auch inspiriert?
Auf jeden Fall. Ich gehe allen anderen schon wahnsinnig auf den Keks damit. Es ist David Gray. Er ist aus Irland, ich habe jede Platte von ihm und gehe zu jedem Konzert. Die Musik läuft vor meinen Auftritten und auf den Autofahrten. Das skurrile ist, als wir heute in Greifswald etwas essen waren in der Brasserie kam aus dem CD-Player David Gray. Das war schräg.
Hast du eine bestimmte Zielgruppe, die du erreichen möchtest mit deiner Musik?
Meine Mutter hört die Musik zum Beispiel sehr gerne und auch der Sohn von meiner kleinen Schwester. Das witzige ist, dass es auf dem Konzert oft sehr weibliches Publikum ist, aber oft auch ältere Leute da. Oft kommen Leute und fragen, ob ich das für ihre Tochter oder Sohn unterschreiben könne. Da denke ich manchmal schon woher das kommt. Vielleicht wiederum durch Stefanie. Das weiß ich nicht. Es ist wirklich weit gestreut. Und das freut mich immer wieder.