Einmal die Gegenwart vergessen und in ein ganz anderes Zeitalter reisen. Für viele ein wunderbarer Gedanke. Das große Idol kennenlernen, ganz egal ob Maler, Schriftsteller oder Musiker. Aber gleich alle Größen der Zwanziger Jahre treffen, das scheint doch wirklich nur ein Traum. Ganz egal ob nur die Vorstellungskraft den Wunsch von Gil (Owen Wilson) erfüllt oder es Wirklichkeit ist, aber in dem Film „Midnight in Paris“ erlebt er nächtliche Reisen in das Paris der Zwanziger.
Der erfolgreiche Hollywood-Drehbuchautor Gil hat die Nase voll von dem eintönigen Schreiben und probiert sich das erste Mal mit einem Roman. Ein Selbstbeweis, auch literarische Werke schaffen zu können. Dabei hat er aber größte Zweifel und freut sich auf die Tage in Paris mit seiner verlobten Inez (Rachel McAdams) – am liebsten möchte er gleich nach der Hochzeit Amerika verlassen und in die europäische Künstlerstadt ziehen.
Eines Abends kapselt er sich nach einer Weinprobe leicht beschwippst von seiner Verlobten und den Freunden ab und wandelt durch die Straßen von Paris. Als die Uhr Mitternacht schlägt, hält ein Taxi der Zwanziger vor ihm und die Insassen überzeugen ihn sie zu begleiten. Gil wird ins Paris vor neunzig Jahren versetzt und er kann gar nicht fassen, welche Begegnungen er dort alles macht. Er trifft F. Scott Fitzgerald (Tom Hiddleston), Ernest Hemingway (Corey Stoll) und weitere Zeitgenossen der beiden. Am liebsten möchte Gil von Hemingway gleich eine Einschätzung zu seinem Roman haben. Fortan tritt er jede Nacht die Reise in die vergangene Welt an. Ein Treffen nach dem anderen mit seinen großen Idolen. Dadurch entfremdet er sich von der Gegenwart und vor allem von seiner Verlobten. Doch Gil ist nicht der einzige, der sich nach der Vergangenheit sehnt.
Woody Allen ist es gelungen eine bezaubernde Geschichte zu erzählen. Aber anders als sonst bei ihm üblich wird der Zuschauer nicht von einem Erzähler durch diese geführt, sondern nur durch die Geschichte selbst. Gleich zu Beginn zieht Allen durch wundervolle Aufnahmen der französischen Hauptstadt den Zuschauer in den Bann der Stadt. In eben diesem befindet sich auch Gil. Vielleicht wirkt es etwas sehr kitschig, wie leer die Straßen bei diesen Aufnahmen sind, aber das ist egal. Es passt einfach.
Ganz typisch ist dafür die musikalische Begleitung. Ein immer wiederkehrendes Instrumentalstück wird nur selten abgewechselt durch zeitgemäße Musik aus den Zwanziger Jahren. Auch die Kostüme sind authentisch und lassen Gil teilweise unwirklich in seinen nächtlichen Ausflügen dastehen. Er gehört eben doch nicht so recht in die Zeit, auch wenn er sich sehr wohl fühlt und ihm die Reisen einige Antworten für sein wahres Leben bringen. Die Kulisse ist traumhaft und dürfte jeden Nostalgiker schwer begeistern. Neben den wundervollen Aufnahmen des heutigen Paris stehen die des vergangenen und die Tanzlokale der Zwanziger. Einfach eine perfekte Gestaltung.
Leider bietet die DVD keine zusätzlichen Features oder sonst irgendeine Besonderheit. Zu sehen sind nur noch der deutsche und der originale Kinotrailer. Als Sprachen stehen nur Deutsch und Englisch zur Auswahl. Alle, die nach dem Kinofilm noch auf kleine extra Schmankerl gewartet haben, werden somit leider enttäuscht.
Der Film allein reißt einen aber 90 Minuten aus dem Leben und entführt einen in eine andere Welt, ohne die hiesige wirklich zu verlassen. Allen bringt Leichtigkeit in den Film und gestaltet ihn liebevoll bis ins kleinste Detail. Mit Wilson in der Hauptrolle hat er einen perfekten Schauspieler für den Charakter des Gil gefunden – verträumt, liebevoll und voller Gedanken. Auch die vielen Nebenrollen, ganz gleich ob in der Gegenwart oder der Vergangenheit, werden bezaubernd gespielt und vervollständigen den Charme von „Midnight in Paris“. Ein wunderschöner Film und nach „Ich sehe den Mann deiner Träume“ wieder etwas ganz anderes und doch ein typischer Allen.
Bilder: Concorde Filmverleih, keine CC-Lizenz