Die Slawistik-Studenten der Universität Greifswald werden am kommenden Sonntag, den 29. Januar zum zweiten Mal ihr Theaterstück Terrorismus von den Brüdern Oleg und Wladimir Presnjakov im Koeppenhaus vorführen. In ihrer tiefschwarzen Komödie erzählen sie, dass der Terror gar nicht so weit von uns wegzudenken ist, wie wir glauben. In jedem von uns steckt ein klein wenig Terrorismus: In der Sekretärin, die vom Chef gepiesackt wird; im Ehemann, der von seiner Frau betrogen wird oder in der Oma, die den ungeliebten Schwiegersohn beseitigen will. In sechs verschiedenen Szenen stellen die Studenten die Aggressionen des Alltags vor. Situationen, in denen das Abnorme zur Norm geworden ist. Das Besondere daran: es wird ausschließlich in russischer Sprache aufgeführt.
Drei der Darsteller standen dem webMoritz am Mittwochabend Rede und Antwort.
webMoritz: Guten Abend Slata Raschal, Vladimir Arifulin und Angelika Peters. Könnt ihr als erstes mit wenigen Worten erklären, wie euer Theaterprojekt entstanden ist?
Slata: Wir hatten vor einiger Zeit in Russisch ein Seminar, namens Lektüre. Dort haben wir das Stück Terrorismus von den Brüdern Presnjakov behandelt. Wir fanden es ganz interessant und haben unserer Dozentin vorgeschlagen, daraus eine Aufführung zu machen.
Vladimir: Ich habe an dem Stück nicht von Anfang an teilgenommen. Ich bin erst später dazu gekommen.
Angelika:Ich bin auch erst später dazu gekommen. Damals habe ich einen Aushang in der Slawistik gesehen. Anfangs dachte ich, dass mein Russisch wahrscheinlich noch nicht gut genug ist. Als mich Slata dann aber fragte, ob ich nicht mitmachen möchte, habe ich mir gedacht, probier‘ es einfach mal aus.
webMoritz: Also hat ein Seminar das Projekt ins Leben gerufen?
Slata: Ja, das kann man so sagen.
webMoritz: Und wie viele wirken am Theaterprojekt mit?
Slata: Insgesamt sind wir zwölf Studenten und unsere Regisseurin Frau Manlinski.
Vladimir: Viele von uns studieren Slawistik, aber nicht alle. Einige belegen auch andere Lehrgänge, wie zum Beispiel ich. Ich studiere Sprache und Kommunikation, aber da ich aus Russland komme und mich sehr für die russische Sprache und Kultur interessiere, habe ich mich entschlossen an dem Projekt teilzunehmen.
webMoritz: Also muss man nicht Student der Slawistik sein?
Slata: Nein. Aber man muss einige Grundkenntnisse in Russisch haben.
Angelika: Der Text steht nur in kyrillischer Schrift. So sollte man wenigstens des Lesens in russischer Sprache mächtig sein. Aber es wird auch viel geübt. Mit mir zum Beispiel. Russisch ist nicht meine Muttersprache und so lange lerne ich es auch noch nicht.
Vladimir: Aber ich würde sagen, wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.
webMoritz: Wie lange arbeitet ihr schon zusammen?
Vladimir: Das ist ein ganz neues Projekt, für viele von uns. Wir haben erst vor kurzem angefangen. Ungefähr im Herbst. Also so lange bin ich jedenfalls da.
Slata: Man kann vielleicht nicht die Zäsur setzen, wann das Projekt angefangen hat, weil wir zuerst das Stück gelesen und analysiert haben. Erst allmählich kamen immer mehr Interessierte dazu. Irgendwann stand dann fest, dass es ein Theaterprojekt wird.
webMoritz: Und wie oft probt ihr in der Woche?
Slata: Also nicht jede Woche. Nein, nein.
Vladimir: Da wir auch nur Studenten sind, machen wir das nur so nebenbei. Aber wir möchten das Projekt auf jeden Fall weiter entwickeln, mit mehr Interessenten. Im Moment proben wir nicht so regelmäßig. Aber wir versuchen das im nächsten Semester zu ändern.
webMoritz: Könnt ihr als nächstes in kurzen Sätzen beschreiben, wer die Brüder Presnjakov sind? Warum habt ihr dieses Stück ausgewählt?
Slata: Das ist ein sehr populäres Schriftstellerpaar aus Russland. Wir haben es ausgewählt, um zeitgenössische Literatur zu behandeln und nicht immer Klassik. Interessant war vor allem die moderne Sprache, die hier benutzt wird.
Angelika: Es ist natürlich keine Hochsprache. Hier werden auch Schimpfwörter verwendet und umgangssprachlich gesprochen.
Vladimir: Das Interessante daran ist, dass die Brüder Presnjakov die Wirklichkeit zeigen, in der wir leben. Nur können wir sie manchmal nicht so detailliert beschreiben. Diesem Paar aber ist es gelungen.
Slata: Und obwohl ich eigentlich Muttersprachlerin bin, waren viele Wendungen und Ausdrücke auch für mich neu. Wenn man nicht mehr in Russland lebt und diese lebendige Sprache benutzt, bekommt man nicht mehr alles mit.
webMoritz: Ihr habt eben angesprochen, dass jeder am Theaterprojekt teilhaben kann. Ist es Voraussetzung die Russische Sprache zu sprechen?
Slata: Ja natürlich. Wer Interesse hat, soll dazu kommen. Die russische Sprache muss man aber nicht perfekt beherrschen. Es reicht, wenn man eine Ahnung hat, worum es geht und einigermaßen kyrillisch entziffern kann.
Vladimir: Selbstverständlich. Ich würde sagen, das wichtigste ist der Wunsch.
Angelika: Das würde ich auch sagen. Ich beherrsche die russische Sprache ja auch noch nicht gut.
webMoritz: Wann und wo findet das Theaterstück genau statt?
Slata: An diesem Sonntag, um 18 Uhr, im Koeppenhaus, in der ersten Etage.
webMoritz: Ist Terrorismus auch für Nicht-Russisch-Sprechende zu verstehen?
Slata: Wenn man überhaupt keine Ahnung von Russisch hat, wird es schwer alles nachzuvollziehen. Aber, wenn man weiß worum es geht, kann man sich schon ein Bild erstellen. Gestik und Mimik, das Schauspiel an sich, spielt ja auch eine große Rolle.
Vadimir: Wir versuchen auf jeden Fall unser bestes zu geben. Aber es wird nach jeder Szene eine Zusammenfassung auf Deutsch geben.
webMoritz: Vielen Dank für das Gespräch und toi toi toi am Sonntag.
Das Interview führte Anne Becker.
Foto: Anne Becker
Plakat: Veranstalter