Am vergangenen Freitag fand im Rahmen der Entwicklungspolitischen Tage MV im Kulturzentrum St. Spiritus eine ganz besondere Veranstaltung statt: Die „Lange Nacht der Stadtgeschichten“ verband Kino mit Workshop, Kunst mit Gesellschaftskritik und Zeitgeschichte mit Livemusik.
Den rund 50 Gästen wurde ein abwechslungsreiches und buntes Programm geboten. Zu Beginn gab es erst einmal viele Gesprächsgruppen, die sich um den großen Tisch drängten, auf dem eines der zentralen Elemente des Abends lag: Eine fast sechs Meter lange Papierbahn, auf der die Gäste mitgebrachte Fotos aufkleben konnten, um so ihre Ansichten zum Thema „Stadt“ zu präsentieren. Erweitert wurde diese Collage durch bunte Zeichnungen, die entweder die Bilder weiterführten oder sie in einen Kontext setzen. Ergänzt wurde das Kunstwerk durch eine Holzeisenbahn und viele Figuren, die die flache Collage in eine fast lebendige Landschaft verwandelten.
Genau wie die mitgebrachten Fotos stellten auch die im Verlauf des Abends gezeigten Kurzfilme einen Querschnitt durch Stadt- und auch Zeitgeschichte dar. Von Lobeshymen auf das wunderschöne Stadtleben im Ostberlin der 1970er, über amüsant-verrückte Konflikte zwischen Taxifahrern und Touristen bis hin zur wahnsinnig machenden Monotonie des modernen Stadt- und Büroalltages wurden viele Themen schlaglichtartig beleuchtet. Genau dies war auch die Intention der Organisatoren: Ein kurzweiliges Programm schaffen, dass das unglaublich umfassende Thema „Stadt“ skizziert und halbwegs begreiflich macht.
Dabei verließ man sich nicht nur auf Filme, sondern lockerte das Programm vielfältig auf. So brachte die Greenpeacegruppe Greifswald-Stralsund einen amüsanten und auch kritischen Sketch über unsere heutige gestresste Konsumgesellschaft auf die Bühne. Direkt im Anschluss vertonte Beatboxer Phil aus Berlin Stadtentwicklung und –konflikte neu, eine sehr interessante Herangehensweise an die vielfältigen Probleme der heutigen Städte.
Das Konzept der Organisatoren ging auf, denn die Gäste waren begeistert. So wurden vor allem die „vielen interessante Beiträge“ gelobt, aber auch die Druckwerkstatt für Postkarten wurde gut angenommen.
Einer der nachdenklicheren Beiträge war eine kurze Lesung aus dem Tagebuch einer El Salvador-Reise, welche die Probleme von Städten und ihren Bewohnern in ärmeren Ländern aufzeigte. Bevor es dann in den letzten Kurzfilmblock ging, zeigte die BUNDjugend Greifswald noch in Standbildern, wie sie das vergangene Jahr in der Stadt wahrgenommen hatten.
Zum Abschluss, welcher leider sehr abrupt kam, stand noch einmal Phil auf der Bühne und demonstrierte sein musikalisches Können, indem er nicht nur „klassische“ Beatbox machte, sondern auch Titel aus anderen Musikrichtungen coverte, unter anderem Prodigy und die White Stripes.
Insgesamt fehlte der Veranstaltung ein bisschen Tiefgang. So schilderte unter anderem der Gast Bene seine Eindrücke von der Veranstaltung als „bunt, vielseitig und unterhaltsam“, vermisste gleichzeitig aber „die Botschaft“. Andererseits sei die Veranstaltung wohl auch eher ein Rahmen, „eine gute Plattform für den Austausch der Gäste untereinander“.
Sehr schade, dass der Kreis der Teilnehmer nicht weit über die „üblichen Verdächtigen“ hinausging, denn das Programm war sehenswert und unterhaltsam. Trotzdem waren die Organisatoren sehr zufrieden mit der Resonanz. Alles in allem war die „lange Nacht der Stadtgeschichten“ ein Format, das es in Greifwald gerne öfter geben könnte.
Fotos: Erik Lohmann