Die Greifswalder Stadtverwaltung wünscht sich die BauBeCon als Sanierungsträger für das Technische Rathaus zurück. Zu diesem Ergebnis kam das Stadtbauamt im Anschluss einer Untersuchung, wie die Bürgerschaft nach der Kündigung der Verträge mit der BauBeCon verfahren könnte. In der vergangenen Bürgerschaftssitzung stellte Stadtbauamtsleiter Thilo Kaiser drei Varianten vor.Die erste Variante beinhaltet eine Neuausschreibung und Neuvergabe, wobei eine Übergangsregelung geschaffen werden müsste, um die notwendigen Aufgaben durchführen zu können. Kaiser zu Folge käme die Verwaltung aufgrund fehlenden Personals vorübergehend nicht in Frage. Eine Alternative hierzu wäre eine Regelung mit der BauBeCon.
Der zweite Vorschlag beinhaltet die Übernahme dieser Aufgabe durch die Stadtverwaltung, während in der dritten Variante eine neue Gesellschaft als Sanierungsträger gegründet würde, bei der die Stadt mehrheitlich beteiligt wäre. Für letztgenannte Varianten müssten jeweils sechs neue Mitarbeiter eingestellt werden, da eine Akteneinsicht in das BauBeCon- Material nur mit geschultem Personal möglich sei. Es wird bezweifelt, dass dieses mit der notwendigen Qualifikation auf dem Arbeitsmarkt vorhanden wäre.
Bauverzögerungen wären Folge
Nach Kaiser käme es in allen drei Varianten zu Bauverzögerungen. Somit könnten Fördermittel aus Städtebauprogrammen nicht fristgerecht ausgegeben werden, zumal fraglich sei, ob das Land weitere Gelder zur Verfügung stellen würde. Der Grund: Bereits jetzt seien Zuweisungen in Höhe von 10 Millionen Euro bis 2011 und von rund 7 Millionen Euro für 2012 aufgelaufen. Zudem hätten sich die Rahmenbedingungen im Hinblick auf die künftige finanzielle Förderung deutlich gewandelt, werden doch die Gelder für die Förderprogramme „Soziale Stadt“, „Stadtumbau Ost“ und die der Städtebauförderung deutlich gekürzt.
Finanzielle Folgen durch die Umsetzung einer der drei Varianten seien nicht vorhersehbar. „Daher ist es aus unserer Sicht die beste Lösung, mit dem bisherigen Sanierungsträger weiter zu machen“, betonte Kaiser abschließend. In Folge der Kostenexplosion beim Bau des Technischen Rathauses wurde im vergangenen Jahr ein Untersuchungsausschuss eingesetzt. Dieser stellte fest, dass bei einer der zahlreichen Baugenehmigungen, die der BauBeCon erteilt wurden, ein Mitarbeiter des Unternehmens die Unterschrift von Oberbürgermeister Dr. Arthur König fälschte. Der Stadt entstand dadurch ein finanzieller Schaden in Höhe von fast einer halben Million Euro. Es folgte die Kündigung sämtlicher Verträge mit der BauBeCon.
Bürgerschaftspräsident Egbert Liskow und Arthur König wurden mit in die Verantwortung gezogen, schließlich hatten sie die Bürgerschaft nicht über die Kostenexplosion informiert. Ein von der Fraktion der Grünen und der Linksfraktion eingeleiteter Abwahlantrag beider Amtsträger scheiterte. Ob die Greifswalder Bürgerschaft sich unter Beachtung der Vorgeschichte dafür entscheidet, der Empfehlung des Bauamtes zu folgen, bleibt abzuwarten.
Eine Frage des Vertrauens
Ein Kommentar von Marco Wagner
Es überrascht, dass die Stadtverwaltung sich die BauBeCon als Sanierungsträger zurückwünscht. Zu hinterfragen ist, dass in der von Bauamtsleiter Kaiser präsentierten Tabelle ausschließlich Nachteile, jedoch keine Vorteile aufgelistet werden. Zudem blieb in der Argumentation Kaisers vollkommen unberücksichtigt, dass die BauBeCon Mitschuld an der Kostenexplosion trägt. Das Vertrauen zwischen der Stadt und der BauBeCon wurde durch die von der BauBeCon gefälschte Unterschrift zerstört. Daran lässt sich nichts mehr ändern. Fast scheint es, als wolle das Stadtbauamt die Bürgerschaft dazu drängen, die BauBeCon wieder einzusetzen. Die präsentierte Tabelle gibt faktisch keinen Spielraum zur Abwägung zwischen Vor- und Nachteilen. Angesichts der zwangsläufigen Verknüpfung zwischen Stadtbauamt und BauBeCon ist zu hinterfragen, inwiefern die präsentierten Schlussfolgerungen wertfrei, objektiv und ohne jegliches politisches Kalkül gezogen worden sind. Egbert Liskow ist bereits mit zwei blauen Augen davon gekommen. Nun soll also auch die BauBeCon rehabilitiert werden. Anstelle eines gründlichen Neuanfangs, eines Wechsels hin zu einem vertrauenswürdigen Sanierungsträger, soll alles beim Alten bleiben. Was in diesem Fall mit Sicherheit auch bleiben würde, wäre ein fader Beigeschmack.
Fotos: Michael Sander (Rathaus)/ wikimedia commons, Torsten Heil (Modell technisches Rathaus)/ webMoritz-Archiv
Warum nicht einfach mal in die direkte Nachbarschaft nach Stralsund schauen?
Dort funktioniert das so:
„ Die Hansestadt Stralsund wurde zusammen mit vier anderen Städten der DDR Anfang 1990 in das Förderprogramm für „Modellvorhaben der Stadterneuerung“ aufgenommen. Zur Umsetzung dieses Programms wurde am 2. Mai 1990 die Stadterneuerungsgesellschaft Stralsund mbH (SES) gegründet. Gesellschafter zu jeweils 50% sind seitdem die Hansestadt Stralsund und die BIG-STÄDTEBAU GmbH. …“ http://www.ses-stralsund.de/about.php
Vielleicht könnte Stralsund sogar das angeblich sinkende Sanierungsvolumen der Städtebauförderung für Greifswald mit managen.
kreativer Vorschlag… leider setzt er auf eines, was in dieser Region leider als Mangelware gelten muß, regionale Kooperation
Die Entscheidung, einen neuen Bauträger zu verpflichten, sollte vertrauensvoll in die Hände von Herrn Liskow gelegt werden. Von der Akquise bestimmter Firmen versteht er sicher am meisten.
🙂