Oleg Maximov (23) studiert in Greifswald Kunstgeschichte und Wirtschaft auf B.A. Er arbeitet seit 2008 vor und hinter der Kamera bei MoritzTV. Nebenbei interessiert er sich für jegliche (pop-)kulturelle Bereiche und das Feiern.

Was machen die meisten Studenten in ihrer Freizeit in einer so kleinen Stadt wie Greifswald gemeinsam? Außer Partys oder Kneipenbesuche. Filme gucken! Egal ob Kino oder im Wohnzimmer. Blockbuster oder Arthaus-Film. Ich bin für alles zu haben. Doch seit einiger Zeit kollidiert meine Vorstellung vom Filmschauen mit dem Rest der Welt.

Nehmen wir da das Kino. Ab und zu gibt es ja Filme, die unbedingt auf der großen Leinwand angesehen werden müssen. Vor ein paar Monaten war es „Black Swan“ von Darren Aronofsky. Eine gute Freundin und ich wollten diesen unbedingt sehen, Aronofski ist schließlich ein verdammtes Genie und es ist ein Wunder, dass hier in der pommerschen Provinz überhaupt solche Filme laufen.

Wir gingen an einem Werktag zur Spätvorstellung, um sicher vor Idioten zu sein. Doch uns erwarteten stereotypische Situationen, wie aus einem Lehrbuch. Direkt hinter uns saßen laut rülpsende und popcornraschelnde Vollhonks, die nur auf Natalie Portmans Lesben-Szene gespannt waren. Ich ignorierte sie. Die Kinobetreiber verkaufen Popcorn und daher muss man mit Geraschel rechnen. Irgendwann hat jeder Prolet den Wanst voll mit dem klebrigen Zeug und hört auf, es in sich hinein zu schaufeln.

Jetzt kamen erst einmal 20 Minuten Werbung und dann endlich der Film. Nach fünf Minuten Laufzeit stolperten vier angeschwipste Damen, alle um die 50, in den Saal hinein und nahmen ganz vorne Platz. Sie zischten ihre Biere, prosteten sich zu, lachten lautstark und achteten weder auf den Film noch auf das restliche Publikum. Eine rannte mindestens drei Mal raus aus dem Kinosaal, sodass ihre hässliche Kurzhaarfrisur ständig das gesehene Bild zerstörte. Nur um dann wiederzukommen und wie ein nerviges Balg nachzufragen „Was ist passiert?“ und „Wer ist der Böse?“. Um die Situation abzurunden, klingelte das Handy von einer dieser Quallen. Sie ging natürlich ran und brabbelte erst einmal, bevor sie es an eine andere weitereichte. Meine Freundin und ich konnten es nicht fassen. Irgendwo muss eine versteckte Kamera sein. Das ist doch ein Witz?

Einfach mal die Fresse halten. Auch zu Hause.

Doch auch die Grazien haben irgendwann die Schnauze gehalten. Denn egal, ob Dumpfbacke ohne Manieren oder Cineast: Ein guter Film, bleibt ein guter Film und bringt jeden dazu, still zu sein. Am liebsten hätte ich den Damen einen Tipp gegeben: Ihr wollt laut rülpsend und unaufmerksam einen Film schauen? Geht in einen Blockbuster a la „Transformers 3“ oder „The Fast and the Furious X“. Für die anderen gilt, haltet die Fresse, kauft euch kein Popcorn und genießt den Film.

Natürlich ist es besser mit Freunden im Heimkino eine DVD zu gucken. Doch auch da gibt es Probleme. Denn dort gelten die Kinoregeln erst recht nicht. Da muss an einer Stelle an der alle Fragen aufgelöst werden, unbedingt erzählt weden, wie das neue Kleid aussieht. Oder jemand anderes schmatzt schon seit über einer Stunde an einer XXL-Pizza rum, die er ganz alleine schaffen will. Ich bin auch manchmal lauter, doch es geht darum, wann man redet und wann nicht. Ein gewisses Gespür für Dramaturgie. Vielleicht sollte ich mal die Fresse halten und alleine in meinem Zimmer einen Film gucken. Ich glaube das mache ich jetzt.

Fotos: Gabriel Kords (Porträt), Oleg Maximov; Grafik: Jakob Pallus

Dieser Text ist Teil des webMoritz-Projekts „fünf x fünf – Die Kolumne“. Vom 20. Juni bis 22. Juli schreiben werktags fünf Autoren an je einem festen Tag eine Kolumne für den webMoritz. Weitere Infos gibt es hier. Montag ist an der Reihe: Christine Fratzke.