Seit Wochen, seit Monaten wird über ihn gesprochen: Der Euro. Griechenland ist in den Mittelpunkt der Euro-Krise gerückt. Der einheilige Tenor der überregionalen Presse war zunächst, dass die Griechen zu verschwenderisch seien und somit selbst die Schuld an der Krise zu tragen hätten.

Eine andere Sicht auf den Euro und die Krise dieser Währung bekamen die rund 50 Besucher, die an der von der Hochschulgruppe Die Linke.SDS/ linksjugend [’solid] organisierten Veranstaltung „Was ist uns der Euro Wert? Sozialstaatsabbau in Zeiten der Krise“ teilnahmen. Die Greifswalder Ortsgruppe hat hierzu am 7. Juli um 19 Uhr in den Hörsaal der Medigreif-Kliniken geladen. Als Referentin ist die Parteivorsitzende der Linken, Gesine Lötzsch, nach Greifswald gereist.

Lötzsch fordert einheitliche Wirtschafts-Steuer- und Lohnpolitik

Der Euro wurde nicht eingeführt, damit die Einwohner der Europäischen Union bequemer reisen können. Das Hauptziel war, mit dem Euro eine starke Währung als Gegengewicht zum Dollar zu erschaffen, erklärte die Parteivorsitzende dem anwesenden Publikum. Die damalige PDS stand der Einführung dieser Währung ablehnend gegenüber, da sie der Auffassung war, dass zunächst eine einheitliche Wirtschafts-, Steuer- und Lohnpolitik erforderlich sei, bevor man eine einheitliche Währung einführen könne.

Doch nicht nur in dem Vorausgreifen der Einführung einer Währung für Europa sieht Lötzsch die Ursachen für die Euro-Krise. Besonders hohem Stellenwert rechnet die Vorsitzende der Partei Die Linke. dem deutschen Lohndumping zu und forderte als Konsequenz die Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohnes.

Bundesregierungen unterwarfen sich den Kräften des Marktes

StuPa-Präsident und SDS-ler Marian Wurm

Im Rahmen der sozialpolitischen Forderungen der Linken kritisierte die Vorsitzende, dass sich die „Bundesregierungen der letzten 20 Jahre nur den Kräften des Marktes unterworfen“ hätten. Als Beispiel führte sie das Verhalten des Bundesfinanzministers Wolfgang Schäuble in Bezug auf die Einführung einer Finanztransaktionssteuer an. Nachdem der Finanzminister errechnete, dass eine solche Steuer zu Einnahmen in Höhe von zwei Milliarden Euro einbringen könnte, schlugen die Banken im Gegenzug eine Beteiligung am Rettunspaket für Griechenland vor, um sich so der Steuer entziehen zu können. Kurz darauf, erklärte Lötzsch weiter, sei die Transaktionssteuer der Bundesregierung vom Tisch gewesen.

Doch nicht nur Schäuble, auch der kürzlich nach Greifswald gereiste ehemalige Finanzminister Peer Steinbrück wurde von Lötzsch angegriffen: “Steinbrück war damals fassungslos und heute stellt er sich als Experte hin. Peer Steinbrück wird in der Veranstaltung bestimmt gesagt haben, die Finanzkrise viel vom Himmel und wir haben getan, was wir konnten”

Steinbrück einst gegen Konjunkturpaket

Er durfte sich von Lötzsch kritisieren lassen: Peer Steinbrück

Bei dieser Gelegenheit ließ sie es sich nicht nehmen, ein wenig aus ihrer Zeit, in der sie mit Steinbrück im Finanzausschuss saß, zu plaudern. So erzählte sie beispielsweise, dass Steinbrück damals einem Konjunkturpaket ablehnend gegenüber stand, es jetzt allerdings in den höchsten Tönen lobe.

Insgesamt glich ihr Referat einem Plädoyer für eine soziale und politische Erneuerung der Europäischen Union: Die flächendeckende (Wieder-) Vergesellschaftung öffentlichen Eigentums, ein europäisches Investitionsprogramm zur Stärkung der Wirtschaft sowie die Beschränkung privaten Reichtums und Besteuerung desselben. Hinsichtlich der politischen Ziele rückte sie damit zum Teil sehr in die Nähe der Forderungen der SPD. Allerdings sagte sie auch vor allem gegen Steinbrück gerichtet: „Wie würden sich die Leute verhalten, würden sie jetzt in der Regierung sitzen? Das ist nämlich noch einmal eine andere Frage.“

Staatskasse aus Geiselhaft der Banken befreien

„Ziel muss es sein, die Staatskasse aus der Geiselhaft der Banken zu befreien“, forderte die Bundesvorsitzende der Linken weiter. Aus diesem Grund müsse es auch zu einer Regulierung des Bankenwesens kommen. Ferner forderte Lötzsch, dass eine europäische Gemeinschaftsbank in öffentlicher Hand errichtet werden müsse.

Von einem Ausstieg Griechenlands aus der Euro-Zone hält Gesine Lötzsch hingegen nichts: „Schwächere Länder würden dann mit Schulden in ihre alte Währung zurück kehren.“ Aus wirtschaftlicher Sicht brächte das Griechenland kaum Gewinn. Als Alternative forderte sie daher eine einheitliche und unter den europäischen Staaten abgestimmte Steuer- und Sozialpolitik.

Banken wichtiger als Allgemeinwohl

„Das Hemd unserer Banken ist uns näher, als das Allgemeinwohl“, kritisierte Lötzsch, als Mignon Schwenke (Die Linke.) in der anschließenden Diskussion fragte, weshalb man in Bezug auf Griechenland so viel riskiere. Schließlich würden die beschlossenen Sparmaßnahmen die griechische Wirtschaft mehr schwächen, als stärken. In diesem Zusammenhang verwies Lötzsch noch auf einen weiteren Zusammenhang: Für jeden Staatsbetrieb, den Griechenland nun verkaufen soll, gäbe es bereits Deutsche Unternehmer, die Interesse an dem Betrieb angemeldet hätten. „Es ist vor allem ein Machtspiel“, erklärte die Bundesvorsitzende der Linken abschließend.

In der anschließenden Diskussion wurde nicht alleine die Euro-Krise thematisiert. Es wurde zum Teil sehr weit ausgeholt. Mignon Schwenke sprach die Schuldenbremse, die sich das Land Mecklenburg-Vorpommern selbst setzte an. Lötzsch bewertete dieses Verhalten der Regierungsparteien CDU und SPD als „reine Provokation.“ Ein anderer Besucher beklagte sich über die ständig gesunkenen Löhne, die schlechteren Arbeitsverhältnisse, seitdem der Euro eingeführt wurde. Der Bürgerschaftsabgeordnete Peter Multhauf lobte den Vortrag Lötzsch.

Kommunistische Partei Griechenlands und Die Linke.

Auf die Frage Marvin Hopfs fand Gesine Lötzsch keine Antwort.

Auf alle Fragen konnte die Bundestagsabgeordnete hingegen doch nicht eingehen. Marvin Hopf warf beispielsweise in der Diskussion das Problem auf, dass die KKE, die Kommunistische Partei Griechenlands, der Europäischen Union ablehnend gegenüber stehe, weil es sich hierbei um ein Machtinstrument des Imperialismus handele. Ferner merkte er an, dass die KKE in letzter Zeit immer mehr Auftrieb erfahre. „Wie positioniert sich Die Linke. zu den Forderungen der KKE?“ – diese Frage hat Lötzsch unauffällig unter den Tisch fallen lassen. Den Abschluss der Veranstaltung bildete schließlich das Einschärfen der potentiellen Wählerinnen und Wähler, am 4. September in Mecklenburg-Vorpommern das Kreuz „an der richtigen Stelle zu machen.“

Die Veranstalter zeigten sich insgesamt zufrieden. „Für die erste größere Veranstaltung des SDS war das eine gute Sache. Frau Lötzsch war zwar sehr diplomatisch und nicht gerade kämpferisch, ansonsten hat sie aber linke Positionen vertreten“, erklärte Marian Wurm, stellvertretender Sprecher der Hochschulgruppe. Er findet es jedoch schade, dass so wenig Studierende  und hauptsächlich Parteiangehörige kamen. „Ich hätte gerne den politischen Gegner gesehen. Es wäre interessant gewesen, zu sehen, was die dazu sagen“, erklärte Wurm abschließend.

Fotos: Sebastian/ jugendfotos.de (Artikelbild), Martin Hackbarth (Marian Wurm), David Vössing (Peer Steinbrück), Johannes Köpcke (Marvin Hopf)

Der Verfasser ist Mitglied des SDS.