Sophie Lagies (22) schreibt seit über zwei Jahren für das moritz-Magazin, und leitet dort seit Ende letzten Jahres das Ressort "Feuilleton". Die Wahl ihrer Studienfächer Musikwissenschaft & Anglistik/Amerikanistik zeigt ihr Interesse an Kultur und Sprache. Bis 2008 lebte sie im Provinzstädtchen Wittenburg bei Hamburg.

„Und was machst du so?“, „Na wie gehts?“, „Ganz schön voll hier, ne?“ – Fragen dieser Art finde ich unfassbar öde, und die Antworten dazu interessieren mich auch äußerst selten. Richtig geraten: Small Talk ist wohl eher nicht so mein Ding, um es mal gelinde zu formulieren. Der Sinn dieses Phrasendreschens erschließt sich mir einfach nicht. Wer hat bitte diese grauenhafte Idee in der Gesellschaft verbreitet, derlei Fragen seien der richtige Gesprächseinstieg? Wer auch immer das ist, er gehört verhauen und ins Kämmerchen gesperrt!

Tatsächlich findet man im Internet Tipps für die „gelungene Plauderei nebenbei“, demnach soll man als Vorzeige-Small Talker doch unbedingt folgende Themen beplaudern: die Situation, den Ort, das Gegenüber und sich selbst. Unbedingt vermeiden soll man aber doch bitte Religion, Politik, die finanzielle Situation, persönliche Probleme. Geht’s noch? Was sind das denn für bizarre Lebensweisheiten, die da durch die Gesprächswelt wandern?

Ich bin niemand, der sich zu Hause verschanzt und Kontakt zur Außenwelt tunlichst vermeidet. Ich schätze die Greifswalder Kultur, besuche Konzerte, gehe in Bars und setze mich an den Hafen. Tatsächlich schätze ich die Gesellschaft anderer Menschen sogar und führe gerne stundenlange Gespräche bei Wein und Schummerlicht. Aber diese Gespräche sollen doch bitte von Inhalten und Erkenntnissen geprägt sein anstatt von oberflächlichem Geseiere und hirnlosen Witzen.

In letzter Zeit begegnen mir die Zeitverschwender und Small Talk-Spezialisten immer häufiger, mir scheint gar, als habe sich da ein Komplott gegen mich gebildet. Diese Gesprächsspezies hat es sich zum Ziel gesetzt, mit möglichst viel Menschen möglichst wenig Persönlichkeit auszutauschen. Bei mir sind dies hauptsächlich Männer, die eine Unterhaltung als Synonym fürs „sich präsentieren und gut darstellen“ verstehen. Nicht aber als Möglichkeit, sein Gegenüber ernsthaft kennenzulernen, mehr als die 425ste Facebookbekanntschaft zu ergattern.

Versteht mich nicht falsch, selbstverständlich möchte ich nicht essentiell über das Schlechte im Leben reden, mich hauptsächlich mit meinen eigenen Problemen und denen der anderen beschäftigen. Gleichwohl mir Themen dieser Sparte noch immer tausend Mal lieber sind, als die permanenten Selbstdarstellungsversuche des Anderen.

„Na, wie geht’s dir?“ – „Ich fühle mich heute schlecht, weil…“ Das wäre doch immens ehrlicher als dieses übliche, sinnbefreite Gebrabbel. Ein Schritt vorwärts wäre es, die Maske des „Ich bin so toll, ich habe einen guten Musikgeschmack, du musst mich einfach mögen“ abzulegen, Themen zu finden, die einen de facto beschäftigen und das Gegenüber von Zeit zu Zeit auch zu fordern.

Es gibt so viele Mister und Misses Dünnschiss auf dieser Welt, die nur reden um zu reden. Werdet bitte nicht auch zu derartigen Wesen! Wenn es nichts zu sagen gibt, kann man auch mal schweigen. Wenn man jemanden kennenlernen möchte, kann man das auch schaffen, indem man gewichtige Themen bespricht. Vor allem kann euer Gegenüber euch damit viel tiefgründiger kennenlernen, als durch beständiges Gepose und Gelache.

Foto: Gabriel Kords (Porträt) Jakob Pallus (Grafik)

Dieser Text ist Teil des webMoritz-Projekts „fünf x fünf – Die Kolumne“. Vom 20. Juni bis 22. Juli schreiben werktags fünf Autoren an je einem festen Tag eine Kolumne für den webMoritz. Weitere Infos gibt es hier. Morgen ist an der Reihe: Oliver Wunder.