Die Luft wurde in den letzten Wochen gewaltig dünn für Egbert Liskow (CDU). Die Vorwürfe, er habe im Fall „Technisches Rathaus“ vorsätzlich nicht die Wahrheit gesagt, wiegen schwer gegen den Präsidenten der Greifswalder Bürgerschaft. Während Oberbürgermeister Arthur König seine Fehler bereits eingestanden hat, beteuerte Liskow, er habe nicht gewusst, dass beim Bau des neuen Behördenzentrums im Gebäude der Alten Post Mehrkosten in Höhe von 4,4 Millionen Euro entstehen würden. Am Dienstagabend nahm der Bürgerschaftspräsident in einer Sondersitzung des Untersuchungsausschuss „Technisches Rathaus“ zu den Anschuldigungen Stellung.
„Es handelte sich um ein Konzept, daher waren die Kosten nicht endgültig festgelegt. Es war daraus nicht ersichtlich, dass Unkosten in dieser Höhe entstehen würden. Ich konnte doch nicht wissen, dass so etwas passieren würde“, beteuerte Bürgerschaftspräsident Liskow seine Unschuld vor dem Untersuchungsausschuss Technisches Rathaus. Ihm wurde vorgeworfen, er habe um die zusätzlichen 4,4 Millionen gewusst und bewusst geschwiegen. Die Bürgerschaft hatte 2007 die bekannten Kosten von 8,6 Millionen genehmigt. So war es ein kommunalpolitischer Schock, als im Februar 2010 bekannt wurde, dass die tatsächlichen Kosten für den Bau des Technischen Rathauses weitaus mehr, nämlich 12,9 Millionen Euro betragen würden. Die Folge war ein Baustopp. Zwar gab Liskow zu, dass über mögliche zusätzliche Kosten gesprochen wurde, jedoch habe es sich dabei seinen Aussagen nach lediglich um eine zehnprozentige Kostensteigerung gehandelt. Diese seien durch den Umstieg auf ökologisches Bauen (für Solaranlagen und Ähnliches), das explizit von der Bürgerschaft gefordert worden sei, zustande gekommen.
Liskow bezeichnete sich selbst im Planungsprozess als „Türöffner.“ Als dieser sei er in seiner Funktion als Bürgerschaftspräsident anwesend, aber nicht aktiv in das Verfahren eingebunden gewesen. „Ich habe dem Ausschuss beigewohnt und das Thema am nächsten Tag als abgehakt und somit nicht mehr relevant für mich betrachtet.“ Genau diese Haltung missfiel Dr. Gerhard Bartels, dem Fraktionsvorsitzenden der Linken. In Bartels‘ Augen decken sich die Aussagen Liskows nicht mit denen des ehemaligen städtischen Baudezernenten Reinhard Ahrenskrieger und des Finanzministers. „Was sind sie überhaupt für ein Bürgerschaftspräsident?“, kritisierte Dr. Ulrich Rose (Bündnis 90/ Die Grünen) Liskow scharf. Als Präsident der Bürgerschaft hätte Liskow Roses Meinung nach schon bei einer möglichen Kostensteigerung von 100.000 Euro einschreiten müssen; als intelligenter Mensch hätte er aufgrund der Informationen, die ihm vorlagen, vorraussehen müssen, dass die Kosten diese Marke sprengen würden. Auch Marion Heinrich (DIE LINKE) bekräftigte ihren Fraktionskollegen Bartels und erklärte, sie habe das Vertrauen in Liskow verloren.
Bei den Greifswalder Bürgern scheint Egbert Liskow ebenfalls an Rückhalt zu verlieren. Dies wurde im öffentlichen Teil der Ausschusssitzung deutlich, als ein aufgebrachter Bürger versuchte, das Wort an Herrn Liskow zu wenden. „Das ist ein Skandal“, rief der ältere Herr, als er vom Ausschussvorsitzenden Professor Frank Hardtke des Saales verwiesen wurde. Als Reaktion auf die Kritik Gerhard Bartels, Liskow sei primär als Bürgerschaftspräsident und nicht als Landtagsmitglied beteiligt gewesen, murmelte ein weiterer Bürger: „Als was anderes brauchen wir dich auch nicht.“
Zwar hält Liskow seine Abwahl sowie seinen freiwilligen Rücktritt für abwegig, da er als Mitglied des Bauauschusses und nicht als Präsident der Bürgerschaft involviert war. Auch für das Stellen der Vertrauensfrage in der Bürgerschaft sehe er keinen Grund. Dennoch stand ihm die Anspannung deutlich ins Gesicht geschrieben. Er verließ beinahe fluchtartig den Raum, sehr darauf bedacht, der Presse nicht zu nahe zu kommen und versuchte, jegliche Fragen von Kollegen und Bürgern abzuwimmeln. Ob Liskow weiterhin Bürgerschaftspräsident bleibt oder ob er seinen Stuhl räumen muss, konnte auf dem Untersuchungsausschuss nicht geklärt werden. Somit bleibt abzuwarten, wie die Bürgerschaft in diesem Fall entscheiden wird.
Fotos: Susanne Große , Gabriel Kords (Aufmacher Liskow), David Vössing (Gerhard Bartels)
Mal als unkommentierte Ergänzung, man könnte es auch Realsatire nennen:
„… Die CDU-Fraktion ist entsetzt und enttäuscht, dass die SPD mit blinder Gefolgschaft der Grünen die öffentliche Bühne des Untersuchungsausschusses dazu benutzt, um hier zum Nachteil Greifswalds Wahlkampf zu betreiben und durch die versuchte Beschädigung des Spitzenkandidaten der CDU für die Landtagswahl ihrem eigenen Kandidaten Herrn Sellering einen unlauteren Vorteil zu verschaffen.
Text: Christian Weller; CDU-Fraktion in der Bürgerschaft der Universitäts- und Hansestadt Greifswald“ http://www.greifswald-tv.de/index.php/Details/231…
Schade,dass sich die Grünen und Linkspartei dafür einspannen lassen für den Sellering Wahlkampf zu machen…
Ich würde das nicht auf Wahlkampf reduzieren, sondern hege die Hoffnung, dass tatsächlich was in Bewegung kommt. Der Untersuchungsausschuss hat unter einem CDU-Vorsitzenden gute Arbeit geleistet und die anwesenden CDUler haben es schlicht und ergreifend verpennt bzw. den Ausschuss nicht ernst genommen.
Die PM der CDU ist einfach nur peinlich, angesichts ihrer Vorgeschichte zum Ausschuss.
Mehr Hintergründe darüber, wie Frank Hardke (CDU) vor 6 Wochen von den eigenen Parteifreunden abgewatscht wurde, wie Axel Hochschild vor einigen Monaten über den Ausschuss dachte und den Entwurf zum umgebauten Technischen Rathaus gibts hier: http://blog.17vier.de/2011/05/26/time-to-say-good…
Liskow war doch schon immer ein windiger Strippenzieher, der auf den persönlichen Vorteil bedacht ist. Es mag ja sein, dass er hier in diesem Fall keine eigenen Vorteile erzielt, außer sich wieder mal Lieb-Kind bei Parteifreunden zu machen, aber erwischte Lügner gehören einfach nicht in die Politik, Also weg mit dem Mann.
P.S. Mit dem Klebeband auf seinem Tisch sollte man ihm den Mund verschließen. Ist für Greifswald sicher besser.