Besonders durch die Castor-Transporte der letzten Zeit und das verheerende Unglück von Fukushima ist die Frage nach der Sicherheit von kerntechnischen Anlagen wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt. Und zu diesen Anlagen gehören neben den Kernkraftwerken selbst auch Lagerstätten wie in Lubmin bei Greifswald. Wie sieht es hier mit der Sicherheit aus?

Einige der bei der Uranspaltung entstehenden radioaktiven Elemente strahlen über immens lange Zeiträume hinweg. Iod 129 beispielsweise hat eine Halbwertszeit von 15,7 Millionen Jahren. Wann ein Endlager gefunden wird, das über solche Zeiträume hinweg geologische Stabilität verspricht, ist trotz umfassender Suche nicht abzusehen. Dementsprechend muss der radioaktive Müll, der bei der Erzeugung von Strom aus der Uranspaltung nun einmal anfällt, irgendwo zwischengelagert werden – und das möglichst sicher.

Das Atomgesetz sieht in §6 Absatz 2, Nummer 2 und 4 vor, dass bei der Lagerung „die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge gegen Schäden durch die Aufbewahrung von Kernbrennstoffen getroffen“ und „der erforderliche Schutz gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter gewährleistet“ ist. Aber was bedeutet diese recht weit gefasste Formulierung in der Realität?

Castoren – Qualität und Sicherheit?

Das Zwischenlager bei Lubmin: Hier lagert Atommüll. (Foto: G. Kords)

Das 1996 in Betrieb genommene Zwischenlager Nord bei Lubmin ist eines der zwölf dezentralen Zwischenlager, die in unmittelbarer Kraftwerksnähe errichtet wurden. Neben diesen gibt es in Deutschland noch die beiden zentralen Zwischenlager Gorleben und Ahaus. Die etwa 20.000 Quadratmeter nutzbarer Fläche des 200 Meter langen, 140 Meter breiten und 18 Meter hohen Zwischenlagers Nord sind in acht Hallen aufgeteilt. In den Hallen eins bis sieben befindet sich schwach und mittel radioaktiver Abfall, unter anderem aus dem Rückbau des Kernkraftwerks Greifswald. In Halle acht stehen die Behälter, deren Transport stets viel Widerstand hervorruft – die Castoren, in denen stark radioaktiver Abfall eingeschlossen ist. Diese Behälter werden ausnahmslos von der Gesellschaft für Nuklear-Service mbH (GNS) gefertigt. Burghard Rosen, Pressesprecher der GNS in Ahaus, erklärt: „Die Castoren sind unser Markenzeichen“. Auch wenn die Vorstellungen, die man mit diesen Containern verbindet, nicht unbedingt positiv seien, so stünden sie doch für Qualität und Sicherheit. Die GNS stellt in ihrer Internetpräsentation die verschiedenen Tests vor, mit denen sie ihre Produkte prüft, etwa Fall- und Explosionsexperimente.

Allerdings testet nicht nur die GNS selbst die Stabilität ihrer Behältnisse. Auch die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) unterzieht als Gutachter des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) die Castoren einer Prüfung. Dr. Anton Erhard, Leiter der Abteilung Gefahrgutumschließung, meint dazu: „Bei jedem der Behälter findet eine zerstörungsfreie Prüfung auf Materialfehler statt. Desweiteren unternehmen wir beispielsweise Fallversuche aus neun Metern Höhe auf das Bodenmaterial des jeweiligen Lagers, um zu simulieren, was bei einem Unfall beim Handling der Behälter passieren würde“. Jeder Castor sei mit einem Messsystem zur Überprüfung der Dichtheit der vier Dichtungen des Doppeldeckelsystems ausgestattet. Auch würde kontinuierlich die gesamte Halle überwacht.

„Ich habe mich sicher gefühlt“

Der Transportzug durchquert den Greifswalder Bahnhof. (Foto: Gabriel Kords)

Der Transportzug durchquerte im Februar den Greifswalder Bahnhof. (Foto: Gabriel Kords)

Die Castor-Behälter werden unter Wasser beladen. Hier gibt es von verschiedenen Seiten Bedenken, dass das Wasser die doppelte Metalldichtung, mit der der Deckel des jeweiligen Gefäßes gesichert ist, angreifen und korrodieren könne. Nach Dr. Erhards Meinung verbleibt maximal ein wenig Restfeuchte zurück: „Die Trocknung ist relativ gut. Es ist dann mehr oder weniger alles raus.“ Zudem würde der für die Zersetzung des Metalls notwendige Sauerstoff fehlen und die Castoren zudem kontinuierlich auf Korrosion von außen überprüft. Neben einem gefüllten Castor-Behälter wäre dem BAM-Mitarbeiter nicht unwohl, teilte er mit: „Ich habe auch schon im Kernkraftwerk gearbeitet und mich sicher gefühlt“.

Marlies Philipp, Pressesprecherin der Energiewerke Nord GmbH (EWN), erläutert, dass in den Hallen des Zwischenlagers keine offenen radioaktiven Stoffe erlaubt seien. Auch schwach- und mitelradioaktiver Abfall werde deshalb in Containern verpackt oder, wenn die Strahlenbelastung einen bestimmten Wert überschreitet, mit einer Abschirmung versehen. Die Hallen eins bis sieben sind mit Lüftungen ausgestattet, die Halle acht mit Schlitzen im Dach. Dies dient insbesondere in der Halle acht der Kühlung, da die radioaktiven Abfälle in den Behältern weiter zerfallen und dabei Wärme frei wird. „Die Castoren strahlen zwar, es befinden sich aber keine radioaktiven Teilchen in der Luft, die nach außen dringen könnten“, so die EWN-Pressesprecherin. Würde einer der Castoren Leck schlagen, kann aber nichts sofort austreten, da die insgesamt vier Dichtungen dies verhindern. Dank der kontinuierlichen Überwachung könne man außerdem rechtzeitig reagieren. Das kaputte Behältnis würde dann in die Bearbeitungsstation des Zwischenlagers gerbracht. Die Dichtungen sind austauschbar, im Notfall würde ein weiterer Deckel aufgeschweißt. „Das war bis jetzt weltweit noch nicht nötig“, erklärt Philipp. In den Bearbeitungsstationen befänden sich zudem Lüftungen und ein Unterdrucksystem, damit nichts von den radioaktiven Stoffen, mit denen hier offen umgegangen werden, nach außen dringt.

Und bei einem terroristischen Anschlag?

Der Castor wenige Meter vor seinem Ziel in Lubmin. (Foto: Marco Wagner)

Die Castoren wären auch bei einem Absturz eines Großraumflugzeugs sicher. (Foto: Marco Wagner)

Die Castor-Behälter würden laut Philipp auch die Sicherheit beispielsweise bei einem terroristischen Angriff garantieren. Das Gebäude selbst würde diesem, trotz Wandstärken von 70 Zentimeter und einem 55 Zentimeter dicken Dach, nicht standhalten. Einer Stellungnahme der Reaktor-Sicherheitskommission (RSK) vom 11. Juli 2002 zufolge bleiben die Behälter auch bei einem gezielten Absturz eines Großraumflugzeuges dicht. Selbst wenn radioaktive Stoffe freigesetzt würden, würde dies kein Eingreifen des Katastrophenschutzes erforderlich machen.

Marlies Philipp führt regelmäßig Besucher durch das Zwischenlager. „Gerade letzte Woche waren 40 Leute von der Internationalen Atomenergie-Organisation da. Ich habe sie auch alle heil wieder rausgebracht. Man muss, wenn man zum Beispiel etwas erzählen will, nur wissen, wo man sich hinstellen darf.“

 

Sind Zwischenlager nun sicher? Ein Kommentar von Tjorven Hinzke

Zwischenlager sind, so lange kein Endlager gefunden ist und weiter Strom aus Kernbrennstoffen erzeugt wird, ein notwendiges Übel. Wenn man sich damit auseinandersetzt, wie sicher diese Lagerstätten sind, mag verwundern, dass dies etwa damit kommentiert wird, dass man nur wissen müsse, wo man sich hinzustellen habe. Und dies in einem Raum, der direkt mit der Außenwelt verbunden ist – wobei bedacht werden muss, dass man sich offenkundig auch häufig und über längere Zeit hier aufhalten kann, ohne Schäden davonzutragen.
Das Vertrauen in die Sicherheit der Zwischenlager stützt sich primär auf die Widerstandsfähigkeit der Castoren. Sollte dieses einmal allen Tests und aller Wahrscheinlichkeit zum Trotz nicht gerechtfertigt sein, helfen auch dickste Betonwände nicht weiter, wenn die Belüftungsschlitze geöffnet sind.
Auch die unabhängigen Behörden sind sehr von der Sicherheit aller Zwischenlager überzeugt – schließlich wurden sie nach den geltenden, durchaus sehr strengen Richtlinien genehmigt und werden regelmäßig überprüft. Allerdings gilt Gleiches unter anderem auch für den Pannenreaktor Krümmel.

Fotos: Torsten Heil (Aufmacher) via webMoritz-Archiv, Gabriel Kords via webMoritz-Archiv, Marco Wagner via webMoritz-Archiv