Greifswald will mit dem Kreisnamen „Vorpommern Greifswald“ in die Verhandlungen mit den Nachbarkreisen gehen. Damit fand ein Antrag von Grünen und FDP nach heftiger Debatte eine  Mehrheit. Nicht nur darüber wurde auf der Bürgerschaftssitzung am vergangenen Montagabend vier Stunden heftig diskutiert, sondern auch ein Antrag über den Prüfungsauftrag „Atomstromfreie Stadtwerke Greifswald GmbH.“ Insbesondere letzterer spaltete die Fraktionen der Bürgerschaft ganz klassisch auf dem politischen links-rechts Spektrum, fand aber eine knappe Mehrheit.

Fast einstimmig angenommen wurde die vorläufige Hauptsatzung für den künftigen Großkreis. Im Rahmen der Kreisgebietsreform wird dieser aus der Hansestadt Greifswald und den Landkreisen Ostvorpommern und Uecker-Randow sowie einem Teil des heutigen Kreises Demmin entstehen. Die Hoffnung und Bitte von Oberbürgermeister Arthur König (CDU) an die Bürgerschaft auf eine kurze Debatte, wurde nicht erfüllt. Einige Fraktionen brachten massive Kritik und Änderungsvorschläge hervor.

Einer der Hauptstreitpunkte war der Namensvorschlag für den neuen Kreis. Zur Zeit kursiert noch der vorläufige Arbeitstitel „Südvorpommern“. Neben der Greifswalder Bürgerschaft bekam auch jeder Kreistag der betreffenden Kreise den Auftrag, gemeinsam einen Namensvorschlag zu entwickeln. Die einzelnen Fraktionen der Greifswalder Bürgerschaft entwickelten zuvor intern eigene Namensvorschläge, die sie auf der Sitzung präsentierten.

Diskussion um Kreisnamen

„Die Namenswahl ist nicht unwichtig. Der zukünftige Name soll Integrität ausdrücken. Daher müssen wir einen Namen finden, in dem sich alle Bürger wiederfinden – auch wir Greifswalder“, verdeutlichte Bürgerschaftspräsident Egbert Liskow (CDU) den Ernst der Lage. Für reichlich Verwirrung sorgten rechtliche Bestimmungen. Während Liskow fest davon überzeugt war, dem künftigen Namen müsse der Begriff „Landkreis“ vorgeschoben werden, waren einige Fraktionen anderer Auffassung. So kamen sowohl Vorschläge mit dem Zusatz, als auch ohne zustande. Später erreichte die Information, das Gesetz fordere den Begriff Landkreis vor dem eigentlichen Namen des Kreises nicht explizit, die Sitzung.

Sebastian Ratjen (FDP) plädierte für die Erwähnung Greifswalds im Gemeinschaftsnamen.

Christian Kruse (CDU) stellte für seine Fraktion die Idee „Pommernkreis Greifswald“ vor. Bei seiner Bemerkung, die Linke habe sicherlich ein Problem mit dem Begriff Pommern, dennoch sei es wichtig „über die Grenzen hinaus“ zu gehen, ging lautstarker Protest durch die Reihen der Linken. Sofort brachte Gerhard Bartels den Gegenvorschlag „Ostseekreis Greifswald“ hervor. „Herr Kruse hat soeben bewiesen, dass der Begriff ‚Pommern‘ völlig ungeeignet ist für den Namen des neuen Großkreises“, argumentierte er. Ähnliche Ideen hatte auch die SPD. Sie schlugen „Ostseekreis Vorpommern“ vor. Dabei hätten sie bewusst auf die Verwendung Greifswalds verzichtet, da der neue Kreis schließlich auch aus Ostvorpommern und Uecker-Randow bestehen wird, dessen Bürger sich sonst übergangen fühlen könnten, äußerte SPD-Fraktionsvorsitzende Dr. Andreas Kerath: „Schließlich solle er Name identitätsstiftend für alle wirken.“ Die SPD entschied sich also, die Ostsee als Aushängeschild zu benutzen und so alle Begriffe, die in irgendeiner Weise in die Kritik geraten könnten zu vermeiden.

Auch „Pommernkreis Greifswald“ oder „Ostseekreis Vorpommern“ in der Debatte

Die Grünen-Fraktion warfen den Namen „Landkreis Vorpommern Greifswald“ in den Ring. „Im Gegensatz zu den Kollegen von der Linken haben wir kein Problem mit Pommern. Der Begriff stammt aus dem Slawischen und bedeutet ‚Land am Meer‘. Er hat als nichts mit dem Nationalsozialismus zu tun“, erklärte Stefan Fassbinder. Außerdem kritisierte er den Bürgerschaftsvorsitz, dass er die Frage, ob nun Landkreis vor dem neuen Namen stehen müsse oder nicht, nach zwei Monaten immer noch nicht geklärt sei. FDP-Fraktionsmitglied Sebastian Ratjen stellte überrascht fest, dass seine Partei mit den Grünen einer Meinung sei. Allerdings grenzten die Liberalen sich ganz klar von dem Begriff „Landkreis“ ab. „Wenn wir nirgendwo anecken wollen, dann wird das nichts mit der Identität. Greifswald ist schließlich der größte Teil des zukünftigen Kreises.“ griff Ratjen die Defensivpolitik der SPD an.

Die Fraktionen auf der linken Seite sprachen sich gegen Atomkraft aus.

Auf Namensvorschläge verzichteten die Bürgerliste-Fraktion und die Verwaltung, die jedoch fragte, ob die Nachbarkreise „Greifswald“ im Gemeinschaftsnamen akzeptieren würden. Die Erwähnung der Universitäts- und Hansestadt könne den anderen ein Dorn im Auge sein. Bei der offenen Abstimmung schließlich setzte sich der Vorschlag „Vorpommern Greifswald“ der Grünen beziehungsweise der FDP letztendlich gegen die anderen Ideen durch. Nachdem die anderen Kreise ihrerseits jeweils ebenfalls einen Namensvorschlag festgelegt haben, wird in einer gemeinsamen Tagung ein oder mehrere Namensvorschläge endgültig festgelegt, über die der Bürger dann neben den Wahlen zum Landtag und neuen Kreistag entscheiden kann.

Prüfauftrag für atomstromfreie Stadtwerke

Hoch her ging es nicht nur bei der Diskussion um den Kreisnamen, sondern auch um einen Antrag der Grünen zur Einleitung einer Prüfung, ob die Stadtwerke atomstromfrei werden können. Ulrike Berger (Grüne), die Kernenergiebeirätin des Landes Mecklenburg-Vorpommern ist, wies auf den dringenden Umbau des Energiekonzepts hin. Die Stadtwerke Greifswald seien dabei als Vorantreiber ein wichtiger Partner. „Zwar verfügt Greifswald schon über Photovoltaikanlagen sowie Windparks, allerdings sind sechs Prozent Kernenergie sechs Prozent zu viel.“ betonte Berger. Greifswald sollte schnellstmöglich zu 100 Prozent auf erneuerbare Energien zurückgreifen und diese auch selbst erzeugen.

Ulrike Berger plädierte für ein Greifswald ohne Atomstrom

Kritik kam von der CDU. So äußerte Jürgen Lietke: „Es kann nicht sein, dass Deutschland abschaltet und den Atomstrom dann von anderen Ländern an der Börse einkauft. Wir stehen mit unserer Entscheidung allein in Europa.“ Seiner Meinung nach sei die Idee, gänzlich auf Strom aus dem Kernkraftwerk zu verzichten, nicht umsetzbar. Christian Radicke (Bürgerliste), der außerdem Mitglied im Aufsichtsrat der Stadtwerke Greifswald ist, erörterte die Lage aus der Sicht der Stadtwerke: „Jeder Bürger ist natürlich frei, seinen Stromanbieter frei zu wählen. Wenn die Stadtwerke ausschließlich den kostenintensiveren Öko-Strom anbieten, verlieren wir eine wichtige Einnahmequelle.“ Zur Zeit gehören die Stadtwerke Greifswald in puncto Öko-Strom noch zu den günstigsten regionalen Anbietern. Da der Stromverbrauch in der gesamten Bundesrepublik Deutschland und so auch in Greifswald kontinuierlich ansteigt, entscheidet sich die Mehrheit der Bürger gegen die teurere Stromvariante.

Bei der Abstimmung über den Prüfantrag bot sich ein klassisches Bild. Während die Vertreter der CDU und FDP auf der rechten Seite den Antrag nahezu geschlossen ablehnten, stimmten die Fraktionen auf der linken lediglich mit einigen Enthaltungen dafür. So kam es dazu, dass dem Antrag mit einer knappen Mehrheit stattgegeben wurde.

Der Beschluss der Bürgerschaft sieht vor, dass der Oberbürgermeister folgende Fragen hinsichtlich atomstromfreier Stadtwerke zu prüfen:

  1. Bis zu welchem Termin ist es möglich den Einkauf von Strom auf zertifizierten Ökostrom umzustellen (z.B. nach VdTÜV-Basisrichtlinie Ökostromprodukte), um so auf die Nutzung von Atomstrom zu verzichten?
  2. Welche möglichen Konsequenzen hätte das auf die Entwicklung des Strompreises(in Cent pro kw/h)?Woraus ergeben sich eventuelle zusätzliche Kosten?
  3. In welchem Umfang wollen die Stadtwerke Greifswald GmbH in Anlagen zur Energieerzeugung, insbesondere in Anlagen, die auf Erneuerbaren Energien basieren, investieren?
  4. In welchem Umfang können die Erträge aus den E.E.-Anlagen zur Senkung der Strompreise beitragen?
  5. Wie begründen sich Mehrkosten gegenüber den vier anerkannten Ökostrom-Anbietern Schönau, Greenpeace Energy, Lichtblick  und Naturstrom?
  6. Existieren im Bereich der Stadtwerke Sozialtarife für Strom und Wärme?Wenn ja, wie viele EinwohnerInnen machen davon Gebrauch?Wenn nein, ist an die Einführung von Sozialtarifen gedacht worden?

Zu Beginn der Sitzung setzte sich in geheimer Wahl der 43-jährige Bengt Jacobs, der seit 1999 als Sozialpädagoge im Kinder- und Jugendhaus „Labyrinth“Greifswald tätig ist, gegen eine Mitbewerberin als neuer Kinderbeauftragter durch.  „Greifswald steht durch die Kreisgebietsreform vor großen Herausforderungen. Jedoch werde ich mich dafür einsetzen, dass nicht bei der Kinder- und Jugendpflege gespart wird“, erläuterte der frisch gewählte Jacobs in Bezug auf seine Pläne.

Stadt beteiligt sich an Projekt gegen Alkohol

Oberbürgermeister Dr. Arthur König

OB König stellte ein Projekt vor, dass seiner Meinung nach eine große Bedeutung für die Stadt hat. In der Woche vom 23. bis 29. Mai beteiligt sich Greifswald an einer Aktion gegen Alkohol. Zu hoher Alkoholkonsum sei ein ernstes Thema, besonders in Mecklenburg-Vorpommern ist der Konsum im Durchschnitt zu hoch. Daher werden in diesem Zeitraum unter anderem Workshops und Lesungen angeboten, die Jugendliche und Erwachsene über die Gefahr von Alkohol aufklären sollen. Im Foyer des Rathauses liegen bereits seit geraumer Zeit Informationsmaterialien aus. Kostenlose alkoholfreie Getränke stehen dort ebenfalls zum Verzehr bereit und sollen den Greifswaldern die Anti-alkoholische Woche schmackhaft machen.

Fotos: Susanne Große, Archiv (König)