Eine Rezension von Jessica Reimann

Die Idee, ein Kochbuch speziell für Studenten herauszubringen, ist nicht neu. Hartnäckig hält sich das mehr oder weniger berechtigte Klischee, diese „Spezies Mensch“ würde ohne Mensa, McDonalds und Fertiggerichte aus dem Kühlregal verhungern. Selbst für die Zubereitung einfachster Gerichte suche sie Rat bei Mutti. Hinzu kommen ein schmales Budget, eine begrenzte Küchenausstattung und neben dem Unistress zu wenig Zeit und Lust, lang in der Küche zu stehen. Denkbar schlechte Bedingungen, um sich und andere mit etwas Selbstgekochtem zu überraschen.

Aber ist es auch unmöglich? Genau an diesem Punkt setzen Studentenkochbücher an. Mit idiotensicheren Schritt-für-Schritt-Anweisungen, einfachen Zutaten und bunten Bildern versuchen Autoren ihre Zielgruppe zu motivieren und Hilfestellung zu geben.

„Die Welt der Studis ist voller Backideen.“


Studierende backen gerne - wie zum Beispiel Popcorn Baisers.

Einer von diesen selbsternannten „Rettern“ ist Professor Thomas Hoeren. Als Professor für Informationsrecht und Rechtsinformatik an der Uni Münster und Richter am Oberlandesgericht Düsseldorf mag er nicht prädestiniert dafür zu sein, ein Kochbuch herauszugeben, aber seine Idee war auch eine etwas andere: Nicht selbst wollte er die Rezepte entwickeln und auch keine professionellen Köche zu Rate ziehen. Bei seiner täglichen Arbeit an der Universität stellte er fest, dass es durchaus Hochschüler gibt, die kreative und gleichzeitig simple Kochvorschläge zu bieten haben und außerdem bereit sind, diese an weniger erfahrene Kommilitonen weiterzugeben. Hoeren sammelte diese Vorschläge und veröffentlichte die besten unter dem Titel „Satt durch alle Semester“. Trotz hoher Verkaufszahlen stellte er nach eigenen Aussagen fest, „dass wir als Herausgeber eine Welt studentischer Essenskultur zu wenig berücksichtigt hatten: das Backen. […] sie backen, mit Leidenschaft und Genuss, die Welt der Studis ist voller Backideen.“ Als Ergebnis dieser Erkenntnis entstand die Fortsetzung „Satt durch alle Semester 2. Alles aus dem Ofen“, erschienen im Hölker Verlag für 9,95 Euro.

„Schlagen Sie nun bitte alle das rote Kapitel im Heft auf. Es geht um Torten.“

Aus dem Ofen: Hackfleisch-Schafskäse-Auflauf.

Rein optisch kann das Werk überzeugen. Das Design ist, der Zielgruppe entsprechend, dem eines Collegeblocks nachempfunden. Es enthält 70 Gerichte, unterteilt in verschiedene Kategorien von süß bis herzhaft, die alle im Ofen zubereitet werden. Neben Partyhappen, die wohl in keinem typischen Studentenkochbuch fehlen dürfen, sind auch Torten- und sogar mehrere Brotrezepte vertreten. Außerdem noch Kuchen, Muffins, Kekse, Pizza, Quiche und Auflauf. Zur besseren Orientierung sind die einzelnen Kategorien farblich voneinander abgehoben.

Eingeleitet werden die Kapitel mit allgemeinen Hinweisen, damit das Backen gelingt. So wird beispielsweise erklärt, wie die Garprobe funktioniert oder ermahnt, den Brotteig ja nicht zu kurz zu kneten. Die Rezepte werden in leicht verständlicher Schritt-für-Schritt-Anweisung beschrieben. Neben bewährten Klassikern wie Zwiebelkuchen und Blaubeermuffins, motivieren interessante Namen wie Bierbrot oder Fantakuchen zum Ausprobieren. Die angegebenen Portionenzahlen variiert zwar stark, sind aber bei allen Gerichten in sinnvoller Weise angegeben. Entweder in Personen, Stücken, großen oder kleinen Laibe.

Ein Backbuch, das Einiges mitmacht

Leckerer "Lenes Frischkäsekuchen" - nur eins der siebzig Rezepte aus "Satt durch alle Semester 2".

Illustriert ist das zunächst eher schlicht gehaltene Buch ansprechend und vielfältig mit Zutaten, handgeschriebenen Rezeptausschnitten und Sofortbildkamerafotos. Dies wirkt zwar sehr kreativ, hat aber den Nachteil, dass nicht immer eine Abbildung des fertigen Produktes vorhanden ist. Auch wenn Nudelauflauf mit Thunfisch sicher optisch nicht viel hermacht, verleitet ein appetitlich angerichteter Teller dessen doch eher zum Nachkochen, als die Abbildung einer handvoll Nudeln und einer Konservendose.

Einen weiteren Pluspunkt, der nicht unerheblich ist, stellt die unkomplizierte Handhabung des Buches dar. Die Seiten sind stabil und abwischbar, sodass Krümel und Spritzer leicht entfernt werden können. Die Ringbindung ist ebenfalls von großem Vorteil, denn so kann während des Kochens keine Seite verschlagen und wer möchte, kann das Buch, mit dem Lieblingsrezept nach außen, ins Regal stellen. Schön sind auch die drei Buttons, die es beim Kauf dazu gibt.

Wer auf besonders ausgewogene und gesunde Ernährung achtet, wird jedoch nicht sehr zufrieden sein mit diesem Kochbuch. Fett- und Zuckermengen orientieren sich eindeutig am Geschmack und nicht an empfohlenen Tagesmengen. Zudem werden der Einfachheit halber oft Fertigprodukte wie Butterkekse, Ferrero Rocher oder Orangenlimonade verwendet. Wer sich daran nicht stört, der erkennt jedoch, wie clever der Einsatz solcher Produkte ist.

Von der Theorie zur Praxis

Beim Nachkochen der Rezepte fällt als zuerst auf, dass der Titel „Alles aus dem Ofen“ nicht automatisch bedeutet, dass man komplett ohne Herd auskommt. Dank der detaillierten Step-by-Step-Arbeitsanweisungen gibt es im Allgemeinen keine Probleme bei der Zubereitung. Von kleinen Unklarheiten durch fehlende Angaben zur Einstellung des Backofen (Umluft oder Ober- und Unterhitze?) und unrealistische Mengenangaben (300 Gramm Crème fraîche zur Garnitur eines Käsekuchens?) einmal abgesehen.

Solche Fehler erinnern daran, dass es sich bei den Rezepten um Einsendungen von Laien handelt, und lassen den Eindruck entstehen, die Vorschläge wurden nicht genau überprüft. Eindeutig ein Qualitätsmangel, der jedoch nicht die Regel darstellt.

Insgesamt gesehen ist „Satt durch alle Semester 2“ trotz der Studenten-helfen-Studenten-Idee nicht sonderlich innovativ. Allerdings werden die Gütekriterien eines Studentenkochbuchs, nämlich Kreativität und Einfachheit der Gerichte sowie ein junges und alternatives Design, perfektioniert. Es enthält keine kulinarischen Highlights, aber als Everyday-Kochbuch und für die Party am Wochenende ist es genau richtig.

Fotos: Jessica Reimann, Hölker Verlag (Aufmacher)