„Fukushima ist überall“ war das Motto von bundesweit über 450 Mahnwachen und spontanen Versammlungen, zu denen Vertreter der Anti-Atom-Bewegung aufgerufen hatten. Auch in Greifswald fand eine Mahnwache unter diesem Motto statt. Zwischen 150 und 200 Teilnehmer versammelten sich auf dem Marktplatz und gedachten „eine Minute, nicht in Trauer, sondern in Liebe“ den Opfern der mit dem Erdbeben in Japan einhergehenden Zerstörungen im Kernkraftwerk in Fukushima.
Explosionen und Brände im Kraftwerk
Nach Angaben der ARD fanden in drei von sechs Reaktoren des Kernkraftwerkes in Fukushima Explosionen statt, die jüngste ereignete sich am 15. März im Block zwei. In allen von Explosionen betroffenen Reaktorblöcken wird eine Kernschmelze befürchtet. Wie die Nachrichtenagentur dapd berichtet, liegen in den betroffenen Einheiten die Kernbrennstäbe zum Teil frei, in Reaktor 1 sind 70 Prozent der Brennstäbe beschädigt. Sebastian Pflugbeil, Präsident der Gesellschaft für Strahlenschutz teilte in der Tagesschau mit, dass von einer Kernschmelze ausgegangen werden müsse. Die zuletzt 50 verbliebenen Techniker haben inzwischen das Kraftwerk aus Sicherheitsgründen verlassen.
Während Bundeskanzlerin Angela Merkel vor zwei Tagen noch vor „Panikmache“ warnte und zu beschwichtigen versuchte, reagiert sie mittlerweile auf die jüngsten Mahnungen und Proteste der Anti-Atom-Bewegung. Auf einer Pressekonferenz sagte die Bundeskanzlerin, dass die Regierung „angesichts der Lage eine Sicherheitsüberprüfung aller Kernkraftwerke“ durchführen wolle. „Und zwar dergestalt, dass die Kernkraftwerke, die vor 1980 in Betrieb gegangen sind, für die Zeit des Moratoriums außer Betrieb sind“, so Merkel weiter. Zudem wolle man das Moratorium nutzen, die Energiewende zu beschleunigen. Außenminister Guido Westerwelle wollte bis vor einigen Tagen eine Abschaltung der ältesten Deutschen Reaktoren Biblis A und B nicht ausschließen.
„Bundesregierung spielt auf Zeit“
Florian Geyder von der Grünen Hochschulgruppe Greifswalds begegnet den Äußerungen der Bundesregierung mit Skepsis. „Die Regierungsparteien spielen mit dem Moratorium nur auf Zeit und wollen sich damit über die Landtagswahlen retten. Wenn Sicherheit oberste Priorität hätte, wie es Angela Merkel sagt, dann würden die Kernkraftwerke nicht mehr am Netz sein“, meinte Geyder gegenüber dem webMoritz.
„Sie müssen handeln, werden aber nur minimal einlenken, um Luft raus zu nehmen“, bewertet der Hochschulpolitiker das Verhalten der Bundesregierung. „Mit dieser Regierung wird es keine großen Veränderungen in diesem Bereich geben“, erklärte Geyder abschließend.
Merkel will Frage der Endlagerung erneut diskutieren
Zudem wolle die Regierung, so Merkel, im Rahmen des Moratoriums auch die Frage der Endlagerung neu diskutieren. Bereits im Dezember vergangenen Jahres sowie im Februar demonstrierten in Greifswald, Lubmin und Umgebung mehrere hundert Menschen gegen die Einlagerung von Castoren im Zwischenlager Lubmin. Als Grund wurden Sicherheitsbedenken sowie eine Befürwortung des Ausstiegs aus der Atomenergie genannt. In einem im Februar mit Stefanie Lemke (Bundesgeschäftsführerin von Bündnis 90/ Die Grünen) geführtem Interview erklärte sie: „Was wir brauchen ist eine ehrliche und offene Suche nach einem Endlager, dass allein wird schon schwierig genug. Vielleicht muss man auch noch hinterfragen, ob der Begriff Endlager überhaupt verwendbar oder nutzbar ist, weil keine Bundesregierung und keine Partei, keine öffentliche Institution wirklich Verantwortung dafür übernehmen kann, dass dieser Müll für Millionen von Jahren sicher gelagert werden kann. Von daher muss man generell eher sagen, dass der Müll eher zwischengelagert wird.“
Endgültige Abschaltung der Atommeiler gefordert
Jochen Stay vom Aktionsbündnis .ausgestrahlt-Gemeinsam gegen Atomenergie hält die dreimonatige Pause in einer Pressemitteilung für Wählertäuschung. „Wir verlangen von der Bundesregierung noch vor den Landtagswahlen die endgültige Stilllegung der Atomkraftwerke. Alles andere ist unglaubwürdig. Angesichts der Ereignisse in Japan ist es nicht nachvollziehbar, wieso nur sieben Reaktoren abgeschaltet werden. Auch die anderen Kraftwerke sind 25 bis 30 Jahre alt und nicht geschützt vor einer Kernschmelze“, erläutert der Pressesprecher der Kampagne. Zudem werden weitere Proteste für die sofortige Abschaltung von Atommeilern am 26. März in Köln, Hamburg und Berlin angekündigt.
Wie von Sara Schlühr, Mitorganisatorin der Mahnwache, zu erfahren war, soll eine weitere am kommenden Montag, den 21. März um 18 Uhr auf dem Marktplatz stattfinden. Sie hebt dem webMoritz gegenüber hervor, dass die Mahnwachen nicht benutzt werden sollten, „um die schrecklichen Ereignisse in Japan für die eigene Atompolitik zu instrumentalisieren. Die Mahnwachen sollten immer im Zeichen des Gedenkens an die Katastrophe stattfinden.“ Damit widerspricht sie den Vorwürfen von Kritikern der Mahnwache, die im Kommentarbereich des webMoritz den Organisatoren Eigennutz unterstellten. Angesichts der derzeitigen Ereignisse in Japan soll nun jeden Montag eine Mahnwache auf dem Greifswalder Marktplatz stattfinden.
Fotos: Christine Fratzke (Kinder mit Kerzen), Florian Geyder (Florian Geyder), KEI/ ja.wikipedia (Kraftwerk Fukushima)
das verpixelte T-Shirt ist echt der Knaller… =)
Ich glaube nicht, dass Frau Merkel auf die Mahnungen und Proteste der Anti-Atom-Bewegung reagiert. Vermutlich macht sie sich Sorgen, dass ihre eigene Klientel allmählich aufwacht.
Wenn die Bundeskanzlerin nämlich auf die Mahnungen und Proteste der Anti-Atom-Bewegung reagieren würde und z.B. tatsächlich vorhätte, auch die Endlagerfrage neu zu diskutieren, dann müsste sie eigentlich eingestehen, dass man das (alles) nicht in 3 Monaten klären bzw. erledigen kann.
Gruß, Klaus
Ich finde es spannend, dass unser studentisches Medium jetzt schon über Bundespolitik schreibt und, laut Überschrift, bewertet. Webmoritz – immer nah dran!
"Die zuletzt 50 verbliebenen Techniker haben inzwischen das Kraftwerk aus Sicherheitsgründen verlassen."
Sorry Redaktion, aber wenn die Manpower fehlt sollte man sich an solche Themen nicht wagen. Zeigt Eure Anteilnahme vielleicht mit nem kurzen Artikel und verweist auf aktuelle Medien…
Die Geschehnisse sind zu aktuell und komplex, außerdem ändert sich die Lage weiterhin…
Die 50 Leute wagen sich meines Wissens aktuell in den sicheren Tod…
Kann mich meinen Vorkommentatoren nur anschließen: Was hat das Thema hier zu suchen? Nicht nur, dass hier seit Wochen/Monaten gar nichts mehr oder nur noch Halbherziges läuft, jetzt wird auch noch völlig unnötig ein Thema aufgemacht, an dem sogar professionelle Medien mit entsprechendem Personal vor Ort schwer zu knabbern haben. Bitte lieber webMoritz, nehmt die Sache wieder ernster, oder ihr werdet nach und nach in Bedeutungslosigkeit versinken, genau wie moritzTV.
"dass hier seit Wochen/Monaten gar nichts mehr oder nur noch Halbherziges läuft"
na das stimmt ja so nicht. da war wahlwerbung für kuentzel und malottki in der stupawahlwoche und der legislaturrueckblick nach der wahl mit interessanten erkenntnissen (z. b. arbeitsverweigerung bei stupisten von sds und ghg). und noch so einige andere politisch eindeutige themen. der webmoritz erfuellt doch voll seine funktion als zentralorgan der studierendenschaft.
Was soll das? Anhand der Mahnwache wird doch wohl deutlich, dass das Thema Studierende interessiert! Und bei dem unausgegorenem Schwachsinn, den Angie Merkel und Co da gerade fabrizieren, ist es nur gut, dass das breit in die Öffentlichkeit findet! Schwarz und Gelb sind nicht umsonst die Warnfarben vor atomarer Strahlung!
Und was gibt es gegen die Artikel auszusetzen? Erik und Franz engagieren sich ehrenamtlich und mit viel Zeit in der Hochschulpolitik, ja, sie riskieren sogar ihre Studienergebnisse, um die Studierendschaft, d. h. uns alle, voran zu bringen. Insbesondere Franz, der für einen Konservativen sehr progressiv ist, hat sich für uns Lehrämter und auch beim Landeshochschulgesetz massiv eingesetzt. Er hat dafür sogar seinen Studiengang geopfert. Das würde von diesen liberalen und konservativen Karrieriesten sonst keiner bringen. Dafür Respekt!
Und ich habe lieber ein paar sds- und GHGler da sitzen, die durch gewissenhafte Stimmabgabe auffallen, als gewisse konservative und reaktionäre Studierende.
Nach dieser Logik fehlen dann allerdings nicht bearbeitete Themen der Vergangenheit…
Ich bin mir z.B. sicher, dass das Thema Guttenberg auch Studierende interessiert hat.
Und wenn man weiter sucht wird man sicher noch mehr Themen finden, die zwar interessant wären aber nicht erschienen sind.
Ich bleib dabei, diese Artikel zeigt deutliche Spuren eines von Aktionismus gefüllten Autoren, der ob der dramatischen Nachrichtenlage in ARD und ZDF das Gefühl verspürte etwas tun zu müssen.
So heiß diskutiert wie jegliche Kernenergiethemen hier regelmäßig werden, scheint es nicht abwegig, diesen Artikel zu veröffentlichen. Bevor man der Redaktion reinredet, kann man auch einfach den Artikel ignorieren.
Eine Überschrift mit dem Wort „Mahnwache“ darin hätte diese Animositäten leicht umschifft.^^
Ich bin überzeugt, dass Ernst-Moritz Arndt seine Finger bei der Entwicklung der Kernenergie mit im Spiel hatte. Wegbereiter war er allemal.
Nee, der hat doch die pommerschen Wälder gerettet! Eigentlich DER Wegbereiter des Umweltschutzbewegung, da kommt Kernenergie nicht so gut an. Umweltschutz ist Heimatschutz und so…