Ein Gastbeitrag von Christopher Denda
Wie funktioniert unsere Demokratie? – Diese und viele weitere Fragen haben sich die etwa 80 Teilnehmer des Beteiligungsprojektes „Jugend im Landtag 2010“, welches in Kooperation des Landesjugendringes Mecklenburg-Vorpommern und des Landtages Mecklenburg-Vorpommern durchgeführt wurde, gestellt. Zum insgesamt elften Mal fand „Jugend im Landtag“ mittlerweile statt. In den fünf Tagen kam man mit Fachpolitikern ins Gespräch und formulierte Forderungen an die demokratischen Fraktionen des Landtages.
Mit 20 Jahren gehörte ich schon zu den ältesten Teilnehmern bei „JiL10“. Die meisten waren zwischen 16 und 18 Jahre alt und gingen noch zur Schule. Ein Großteil kam erwartungsgemäß aus dem Raum Schwerin, Rostock und Wismar, da es für Vorpommern ziemlich umständlich ist nach Schwerin zu kommen, immerhin liegt eine etwa zweistündige Autofahrt dazwischen.
Jugend im Landtag: Politik zum Anfassen
Am Sonntag stand das gegenseitige Kennenlernen dann im Vordergrund. In verschiedenen Spielen sollte man möglichst viele der anderen Teilnehmer kennenlernen. Montags ging es dann das erste Mal zum Landtag. Um sich dann in den kommenden Tagen nicht ständig in dem Schloss zu verlaufen, starteten wir nach der offiziellen Eröffnung durch die Landtagspräsidentin Sylvia Brettschneider (SPD) und Katharina Bluhm für den Vorstand des Landesjugendringes in eine Landtagsrallye, die neben den Fraktionsräumen der demokratischen Parteien auch beispielsweise das Büro der Landtagspräsidentin, den Plenarsaal und die Aussichtkuppel des Schlosses enthielt. Nachmittags stand dann ein Planspiel „Landtag“ auf dem Programm. Dabei ging es darum, anhand eines von der FDP-Fraktion im Landtag gestellten Antrages den Weg eines Gesetzes nachzuvollziehen. Dazu wurden die vier an die real existierenden Parteien angelehnten Wählergruppen gebildet; LiPa (Liberale Partei), PUC (Partei Unabhängiger Christen), SoPi (Sozialdemokratische Parteiinitiative) und PaMoS (Partei des modernen Sozialismus). Außerdem gab es mit den Fischern und den Anglern jeweils eine Umweltorganisation sowie die „Bürgerinitiative der Anwohner“.
Dann wurde in den Fraktionen diskutiert, um zuerst eine eigene Position und einen Lösungsansatz zu dem Thema zu finden. Im Anschluss fand dann die öffentliche Anhörung im simulierten Ausschuss statt, woraufhin die verschiedenen Gruppen Kompromisse zu finden versuchten, um sich so parlamentarische Mehrheiten zu sichern. Nach gut zwei Stunden war es dann so weit. Die Debatte im Plenarsaal des Landtages begann. Aus jeder der vier „Fraktionen“ durfte jemand zum Antrag reden und so die Meinung der Fraktion deutlich machen. Für PaMoS durfte ich diese Aufgabe übernehmen, wobei es spannend war, da ich aufgrund der knappen Zeit keine Rede im Vorfeld mehr vorbereiten konnte, sondern lediglich während der Debatte mir einige Punkte aufgeschrieben hatte. Für die Rede bekam ich viel Lob aus den Reihen der Sozialdemokraten und Sozialisten.
November: „Schicksalstag der Deutschen“
Die Debatte war auf jeden Fall ziemlich gut und die von meiner Fraktion eingebrachten Änderungsanträge wurden größtenteils übernommen. So das dem Entwurf letztlich zu gestimmt werden konnte. Der Dienstag begann mit einem spielerischen Einstieg, bei dem ein Ball durch die Reihen geworfen wurde und jeder der ihn gefangen hatte, musste einen Fakt wiedergeben, der ihm zum 9. November, der auch als „Schicksalstag der Deutschen“ bekannt ist, einfällt. Nach dieser Einführung und der Vorstellung des Projektes „Zeitensprünge“ des Landesjugendringes stand die Arbeit in den verschiedenen Gruppen auf dem Plan. Ich selbst hatte mich für den Workshop „Freizeit“ entschieden. Dort beschäftigten wir uns zuerst mit dem Thema „Was ist Freizeit überhaupt?“ und versuchten eine Definition zu finden. Im Anschluss hatten wir dann verschiedenste Fachreferentinnen eingeladen; so stellt Katja Stephan von der camino-werkstatt aus Berlin ein Projekt vor, bei dem das Freizeitverhalten von Jugendlichen in den Landkreisen Parchim und Müritz untersucht wurde um im Anschluss konkrete Punkte benennen zu können um die Situation vor Ort zu verbessern. Wobei es zahlreiche spannende Nachfragen vor allem zu den konkreten Projekten, wie Jugendforen und Beteiligungswerkstätten die initiiert wurden, gab.
Im Spiegel der Politik
Nach der Mittagspause kam dann die Sozialministerin und stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende, Manuela Schwesig, um sich den Fragen und Vorschlägen der Teilnehmer zu stellen. Wir bemerkten schnell, dass die eingeplante halbe Stunde im Prinzip viel zu wenig war. Schwesig äußerte sich unter anderem zu Hartz-IV, der finanziellen Förderung von Jugendarbeit und zur Struktur der Jugendclubs und wollte von den Teilnehmern selbst auch Verbesserungsvorschläge hören. Als letzte Referentin an diesem Tag war Susanne Kortas vom Institut für Bildungswissenschaften der Universität Greifswald da. Sie stellte die Shell-Jugendstudie vor. Leider war auch hier die Zeit viel zu knapp, so dass sie ihren Vortrag stark kürzen musste. Und wiederum gab es zahlreiche Nachfragen aus dem Plenum.
Zwischen 17 und 18 Uhr war dann noch eine Gesprächsrunde mit Fachpolitikern angesetzt. Daran teil nahmen Martina Tegtmeier, Sprecherin der SPD Landtagsfraktion für Kinder- und Jugendpolitik, Frank Grabow, Sprecher für Soziales der FDP Landtagsfraktion, Beate Schlupp, Mitglied im Vorstand der CDU Fraktion und zuständig für den Bereich Frauen und Gleichstellung, sowie die Landessozialministerin a.D., Marianne Linke, welche bei der Fraktion der Linken für Kinder- und Jugendpolitik zuständig ist. Nach dem Abendessen im Rathaus gab es anschließend noch verschiedene Stadtführungen, wobei ich mich für die konsumkritische Stadtführung entschied. Diese wollte uns unter Anleitung zweier Mitarbeiterinnen der BUNDjugend M-V dazu anregen zukünftig kritisch zu hinterfragen, woher alltägliche Produkte wie Kaffee oder Schuhe und T-Shirts kommen und wie die Arbeitsbedingungen vor Ort sind.
Forderung der Jugendlichen an die Landespolitiker
Der Mittwoch stand dann im Zeichen der Ausarbeitung unser Forderungen sowie einem Treffen mit Politikern der verschiedenen Fachausschüsse. Ich selbst entschied mich dem Verkehrsausschuss einen Besuch abzustatten, da aus meiner Sicht beim Thema Freizeit die Mobilitätsproblematik zentral ist. Da unsere Treffen mit den Ausschüssen jedoch vor den eigentlichen Ausschusssitzungen lagen waren nicht alle Politiker der verschiedenen Fraktionen anwesend. Für die SPD war Norbert Baunach anwesend, für die CDU der Ausschussvorsitzende Egbert Liskow, für die FDP der Fraktionsvorsitzende Michael Roolf und für die Linke Birgit Schwebs. Die NPD verzichtete auf ihr Recht ebenfalls an dem Gespräch teilzunehmen. Am Nachmittag ging es nun darum die Forderungen an die demokratischen Fraktionen im Landtag auszuarbeiten. Wir im Workshop Freizeit haben zusätzlich zu den Forderungen noch verschiedene Projekte erarbeitet mit welchen man die Forderungen zumindest teilweise umsetzten kann.
Das war dann auch der entscheidende Punkt für den Donnerstag. Die verschiedenen Ergebnisse wurden von den Workshopgruppen vorgestellt. Im Anschluss überreichten die Teilnehmer die Forderungen in Form von Blumensträußen an die Landtagspräsidentin sowie an die Vertreter der verschiedenen demokratischen Fraktionen. Im Fazit waren es sehr spannende Tage und die von mir formulierte Ausgangsfrage „Wie funktioniert unsere Demokratie?“ ist allen Teilnehmenden ein Stück weit klarer geworden.
Fotos: Marco Herzog via jugendfotos.de (Landtagssaal), Manos Radisoglou via jugendfoto.de (Fernsehkamera), Pressefoto Schwesig, Erik Jalowy via jugendfotos.de (Schloss)
Guter Artikel. Zeigt mal wieder eindringlich, wo in unserer Gesellschaft hapert, wenn sich Mitglieder von Parteien und Jugendorgs erstmal erklären lassen müssen was so im Landesparlament passiert! Arme Demokratie…