Für viele Geschichtsstudenten stellt das Latinum eine große Hürde in ihrer Studienlaufbahn dar. Nun soll künftigen Studenten der Einstieg in die lateinische Sprache mit einem Propädeutikum erleichtert werden.
Ende des letzten Sommersemesters riefen die Lehrenden am Historischen Institut eine Kommission ins Leben, die Möglichkeiten prüfen sollte, wie den Studierenden der Weg zum Latinum erleichtert werden könne. Ihr gehörten neben dem Fachschaftsrat Geschichte auch Professor Thomas Stamm-Kuhlmann, Direktor des Historischen Instituts, Dr. Bernard van Wickevoort Crommelin vom Lehrstuhl für Alte Geschichte, sowie Dr. Lars Deile vom Arbeitsbereich Fachdidaktik und Jens Metz an, der als Lateindozent tätig ist und auch die Latinumsprüfung abnimmt. Metz schätzt die Zusammenarbeit als harmonisch und fruchtbar ein: „Es gab aus meiner Sicht keine großartigen Meinungsverschiedenheiten. Soweit ich das einschätzen kann, sieht der aktuelle Fachschaftsrat – eher als der vorige – die Notwendigkeit des Lateins bzw. Latinums für Historiker.“ Den Wünschen vieler betroffener Studenten, lediglich Lateinkenntnisse zu verlangen, konnte jedoch nicht entsprochen werden. Eine derartige Änderung der bestehenden Regelungen obliegt allein dem Kultusministerium in Schwerin.
Um den Studenten dennoch entgegenzukommen, beschloss die Kommission die Einführung eines Propädeutikum oder Tutorium. In ihm sollen insbesondere die Kenntnisse der Studenten zu grammatikalischen Grundbegrifflichkeiten auf einen einheitlichen Stand gebracht werden. Professor Stamm-Kuhlmann hat bereits die Finanzierung dieses Propädeutikums beantragt. Bis diese allerdings bewilligt ist, kann noch einige Zeit vergehen. Die Lehrveranstaltung wird frühestens im Sommersemester 2011 angeboten werden.
Eine Regelung, dass das Latinum bis zum Ende des Grundstudiums abzulegen sei, wie es einige Lehrkräfte sich wünschen, wird es jedoch in den nächsten Semestern nicht geben. „Hierfür wäre nach Auskunft des Historischen Instituts eine Änderung der Studienordnung notwendig, womit ein sehr hoher administrativer Aufwand einherginge. Dennoch wäre eine derartige Regelung aus meiner und auf lange Sicht wünschenswert.“, so Metz. Ob eine solche Bestimmung jemals eingeführt wird, steht aber weiterhin in den Sternen.
Hintergrund:
Wer Geschichte auf Lehramt studiert, benötigt für das Staatsexamen das Latinum. Dies stellt viele Studenten, die das Latinum nicht bereits in der Schule abgelegt haben, vor ungeheure Schwierigkeiten. Die Arbeitsbelastung gleicht nicht nur der eines zusätzlichen Studienfachs. Wer die Latinumsprüfung dreimal nicht besteht, darf bundesweit keinen Abschluss machen. Näheres zu bestehenden Regelungen und den daraus resultierenden Problemen gibt es hier.
Bild: eisenbahner via flickr (Lateintext)
Man sollte aber auch bedenken, dass viele Studenten das Latein ansich nicht ernst nehmen. Beginnt man im 1.Semester mit einem Kurs und arbeitet mit, stehen die Chancen gut, es auch nach dem 4. in der Tasche zu haben. So ging es mir und vielen anderen auch.
Fast alle Tutoren raten deswegen auch immer, sofort damit zu beginnen!
Man soll die zarten Anfänge nicht verurteilen, aber mehr als ein solcher ist die Einführung des Propädeutikums wirklich nicht. Damit wird den Studenten zwar der lange und steinige Weg zum Latinum ein ganz kleines bisschen geebnet, aber mehr eben auch nicht: Das strukturelle Problem, dass Studierende im zehnten Semester durch das Latinum an ihrem gesamten Studium scheitern, existiert weiter und wird auch weiter seine Opfer fordern.
Was ich wirklich ungeheuerlich finde (wenn es sich tatsächlich so zugetragen hat, wie im Artikel beschrieben): Dass das Institut zwar eine Änderung der PO zur Verknüpfung des Latinums mit der Zwischenprüfung in Erwägung gezogen hat, sie dann aber nicht umgesetzt hat, weil es zu viel administrativen Aufwand macht. Wo kämen wir denn da hin, wenn ab sofort alle Verantwortlichen auf Strukturmaßnahmen verzichteten, weil es ihnen zu viel Arbeit macht?!?
Was man übrigens auch sagen muss: Das Latinum-Problem ist letztlich ein selbstgemachtes Problem der Studenten. Wer halbwegs intelligent ist, weiß, dass er das Latinum so früh wie möglich im Sack haben muss. Insofern muss die Institutsleitung hier nur mal wieder den Kindergärnter für unmündige (Lehramts)-Studenten spielen.
Sehr geehrter Herr Kords,
als einer der Beteiligten an diesem Prozess darf ich Ihnen mitteilen, dass die Aussage zur PO im Artikel unglücklicherweise vermutlich mehrdeutig ausgelegt werden kann. Es ist aber mitnichten so, dass das Historische Institut die Veränderung der PO in Erwägung gezogen hat, sondern- ganz im Gegenteil- weiterhin auf der aktuellen Regelung beharrt, dass man das Latinum bis zum Ende aufschieben kann. Die Anregungen und Überlegungen einiger haben aber noch nicht auf der Beschluss fassenden Ebene gefruchtet, wobei es in ganz MV so zu sein scheint, dass das Latinum bis zum genannten Termin aufgeschoben werden kann. Insofern obliegt es der Politik, ergo nicht einmal dem Historischen Institut, hier tätig zu werden.
Sehr geehrter jw73,
vielen Dank für die Klarstellung! Eine gewisse Skepsis am Sachverhalt hatte ich in meiner Aussage ja bereits anklingen lassen…