Ein Kommentar von Gabriel Kords
Zugegeben: Das Leben kann ganz schön frustrierend sein. Zum Beispiel für die Greifswalder Grünen. Da macht man tagein tagaus halbwegs engagiert Oppositionspolitik, während die Schwarzen, Gelben und Roten im Rathaus vor sich hin klüngeln – und am Ende lässt einen der Souverän trotzdem nicht mitregieren. Da kann man dann natürlich schon mal drüber nachdenken, ob man eigentlich die richtige Strategie hat oder es vielleicht besser mal mit einer anderen probiert. Zum Beispiel mit der der Gegner, denn die sind ja immerhin gewählt worden.
Irgend so etwas müssen sich Greifswalds Grüne wohl gedacht haben, denn sie vollziehen gerade einen Strategie-Wechsel: Denn auch, wenn sie schon immer laut und unfein herumkrakeelt haben, hatten die meisten ihrer Vorhaben doch einen inhaltlich wahren Kern. Nun aber präsentiert man einen Vorschlag, der auch aus der Populismus-Mottenkiste des Axel Hochschild und des Egbert Liskow stammen könnte: Die grünen Männer (und Frauen) hätten gerne eine Abgabe für Google StreetView.
Damit wollen sie auf einen Zug aufspringen, der schon seit Langem abgefahren ist, und zwar aufs Abstellgleis. Denn wer jetzt Stimmung gegen das Projekt macht, muss sich erstens fragen lassen, warum er diese Idee nicht schon vor ein, zwei Jahren hatte (so lange wird für das Projekt in Deutschland schon sichtbar fotografiert) und zweitens, was er damit eigentlich bewirken will.
Wer Probleme mit Google StreetView hat, hat in den Augen des Verfassers zwar ein paar grundlegende Dinge nicht verstanden, sollte dann aber wenigstens versuchen, den Dienst an der Wurzel zu bekämpfen, vulgo: zu verbieten. Allen Ernstes eine Abgabe zu fordern, die dann irgendwelche Haushaltslöcher stopft, ist hochgradig inkonsequent. Denn käme die Abgabe, ständen die Inhalte eben nicht mehr frei zur Verfügung, sondern nur noch zahlenden Kunden offen, also etwa Adresshändlern. Dann wäre es tatsächlich gelungen, alle Schwachstellen des Dienstes zu erhalten und nur seine Stärken auszuschalten.
Chapeau, liebe Grüne, das habt ihr ja fein hinbekommen! Bleibt als schwacher Trost, dass die geforderte Abgabe juristisch ohnehin nicht zu realisieren sein dürfte, aber mal im Ernst: Das interessiert doch sowieso keinen!
Und die Moral von der Geschicht‘? Entweder, die Grünen kommen jetzt ganz schnell wieder auf den Teppich oder sie klopfen mal im Rathaus an. Vielleicht wollen Arthur, Ecki und Axel ja jetzt mit ihnen kuscheln, wo sie doch plötzlich alle dieselbe Sprache sprechen…
Bilder: Grüne: web-Moritz Archiv, StreetView-Fahrzeug: user „mynetx“ via Flickr (CC-BY-NA)
Seit langem mal wieder ein Beitrag von Gabriel, und dann auch noch ein witziger Kommentar. Toll! 😀
Die Kritik ist ja nicht einfach an den Haaren herbeigezogen:
hier Auszüge aus einem NDR Bericht http://www.ndr.de/nachrichten/googlestreetview122… :
"Der Dienst Street View ist seit Monaten heftig umstritten. Nach Ansicht von Datenschützern greift der Dienst stark in die Privatsphäre der Menschen ein, da er viele Einzelheiten aus Wohnumgebungen dokumentiert. Bürger fürchten, dass das Angebot missbraucht werden könnte, zum Beispiel, um Einbrüche vorzubereiten. Außerdem geriet Google massiv in die Kritik, nachdem im Mai bekannt geworden war, dass bei den Kamerafahrten für die Aufnahmen auch private Daten aus ungesicherten WLAN-Netzen erfasst und von Google gespeichert wurden."
FDP-Kollege Erik Schweickert: "Das Recht auf informelle Selbstbestimmung muss gewahrt bleiben."
Claudia Roth, Grüne: "Es darf nicht Aufgabe von Privatpersonen sein, täglich das Internet zu durchforsten, um gegen Eingriffe in die Privatsphäre vorgehen zu können."
Das ist jetzt vermutlich politisch unkorrekt, aber teilweise finde ich die Debatte um Google-Street-View etwas seltsam. Selbst bin ich auch kein Freund von der Firma Google und nutze, mal abgesehen von Google Earth, im Gegensatz zu manch anderen Studenten keinen ihrer Dienste.
Dennoch will sich mir nicht erschließen, warum Menschen etwas dagegen haben, dass andere wiederum ihr Haus über Google Earth sehen können. Es ist doch eigentlich dasselbe, als wenn jemand von draußen dein Haus fotografiert oder eine Videoaufnahme der Gegend macht. Würde man der Argumentation folgen, müsste man das Fotografieren oder Filmen dann auch verbieten. Und das wäre erst mal unrealistisch.
Und dieses Geschwafel von Einbrüchen. Als wenn Verbrecher über Google Earth sich ein Haus aussuchen würden, wo doch die Aufnahmen derzeit von 2006 stammen.
Wie gesagt, ich nutze fast kein Google-Produkt und sehe den laxen Umgang der Menschen mit ihren eigenen Daten in sogenannten "sozialen Netzwerken" (studiVZ, facebook usw.) als viel gravierenderes Problem als die Debatte um dieses Street-View, welche meist nur heiße Luft enthält.
Ein Bekannter von mir hat neulich den zentralen Kritikpunkt genannt: Die Kameras sind zu hoch positioniert und zeigen damit mehr, als der gewöhnliche Passant sieht.
Desweiteren sei Sascha Lobo zitiert, der richtig ausführte, das die Privatsphäre eben nicht am Rinnstein sondern erst an der Haustür anfängt…