Zwei Parteifreunde: Erwin Sellering (links) und Erik von Malottki (rechts)

Ziemlich überraschend kam es am Freitag, dem 16. Juli, am Rande des Fischerfestes zu einem Treffen zwischen dem neuen Stupa-Präsidenten Erik von Malottki und dem Ministerpräsidenten Erwin Sellering (beide SPD). Thema des Gespräches war die Zukunft der Lehramtsstudiengänge an der Ernst-Moritz-Arndt Universität Greifswald.

Während des Gespräches stellte sich heraus, dass der Ministerpräsident einer vollständigen Konzentration der Lehrerausbildung in Rostock ablehnend gegenüber steht. „Es gab einmal die Verabredung, dass wir in Rostock die Lehrerausbildung und in Greifswald Jura konzentrieren wollen. Die Verabredung lautete aber nicht, dass Greifswald überhaupt nichts mehr mit der Lehrerausbildung zu tun haben soll“, erklärte Sellering. „Es war geplant, dass die Lehrerausbildung in Greifswald bis zum Bachelor mitlaufen soll. Wir haben nun aber eine neue Lage, da es bei der grundständigen Lehramtsausbildung bleibt. Daher müssen wir sehen, dass wir eine vernünftige Lösung finden – auch für Greifswald.“ Die derzeitige Datenlage für eine endgültige Entscheidung sieht Sellering jedoch nicht als ausreichend an. „Ich habe daher die Ausweitung der Lehrerbedarfsplanung bis 2030 veranlasst. Definitive Entscheidungen sind nur auf dieser Grundlage möglich“, erläutert der Ministerpräsident weiter.

Der Entwurf des Konsenspapiers der Rostocker und Greifswalder Studierenden, das in den letzten Wochen erarbeitet wurde, bewertete Sellering als Diskussionsbeitrag positiv, da er „es nicht richtig“ finde, „wenn die Universitäten auf einander los gehen “, erklärte Sellering gegenüber dem StuPa-Präsidenten und dem webMoritz. Er wünsche sich das Zustandekommen einer Runde, in welcher man sich auf einen Konsens zwischen allen streitenden Parteien einigen könnte. „Ich finde gut, wie konstruktiv und beharrlich zugleich sich die Studierenden einbringen. Und eines kann ich heute schon sagen: Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Land seinen Lehrerbedarf langfristig mit einem einzigen Standort decken kann.“ Mit diesen Worten nahm das Treffen zwischen Erik von Malottki und Erwin Sellering sein Ende.

Der Ministerpräsident bewertet den Entwurf des Konsenspapiers als wichtigen Diskussionsbeitrag

Infobox Entwurf des Konsenspapiers

Am Dienstag dem 6. Juli kam es zu einem Treffen zwischen Vertretern der Studierendenschaften in Rostock und Greifswald, nachdem zwischen beiden ein Streit bezüglich der Lehrerausbildung entbrannte. Während dieses Treffens einigten sie sich auf einen Kompromiss, welcher noch vom Studierendenparlament der Universität Greifswald und dem Studierendenrat der Universität Rostock bestätigt werden muss, um gültig zu werden.

Sollte dieser Konsens zwischen beiden Studierendenschaften zustande kommen, würden beide künftig gemeinsam im Streit um die Lehrerausbildung der Landesregierung gegenüber treten.

Der Konsensentwurf sieht für Greifswald vor, dass „…in Greifswald das Staatsexamen für Lehramt an Gymnasien und Lehramt an Haupt- und Realschulen angeboten“ wird. In Rostock werde an den bestehenden Schularten festgehalten und in den bereits vorgehaltenen Fächern ausgebildet. Neue Fächer sollen in Rostock nicht mehr eröffnet werden. Es sieht zudem weiterhin eine Beschränkung des Fächerangebotes an der Universität Greifswald vor.  So sollen an diesem Standort neben den Unikatfächern (skandinavische Sprachen, Geografie, Kunst und Gestaltung, Russisch und Polnisch) noch Deutsch, Englisch, Evangelische Religion vorgehalten werden. Latein soll dem Konsensentwurf zufolge bis mindestens 2020 gelehrt werden. Wieder eröffnet werden sollen die Fächer Physik und Mathematik und neu eröffnet werden soll das Fach Sozialkunde.

Vollversammlung des FSR Physik begrüßt Wiedereröffnung des Lehramtes

In einer ebenfalls am vergangenen Freitag dem 16. Juli stattfindenden beschlussfähigen Vollversammlung des FSR Physik positionierte sich die Mehrheit der Anwesenden für eine Wiedereröffnung des Lehramtsstudienganges Physik. In dem entsprechenden Beschluss heißt es, dass die Vollversammlung der Fachschaft Physik es „begrüßt“, dass „in Zukunft Lehramt Physik  am Institut für Physik“ ausgebildet werden soll. Dies stehe unter der Bedingung, dass keine bestehende Stelle am Institut für Physik zu diesem Zweck umgewidmet werde.Des weiteren sprechen sich beide Vertreterinnen der Studierendenschaften neben der Forderung nach der Eröffnung von drei neuen Studiengängen dafür aus, dass bestimmte Fächerkombinationen in Zukunft ausgeschlossen werden sollen.

Fächerkombinationen sollen eingeschränkt werden

Speziell betrifft das die Kombination Mathematik/ Deutsch und Deutsch/ evangelische Religion. Zudem soll es neben einer Absenkung der Studierendenzahlen an beiden Standorten zu einem Aufbau von Fachdidaktik-Kapazitäten an den neu eröffneten Fächern in Greifswald kommen. Beide Studierendenschaften einigten sich darauf, gemeinsam „intensiv im Zentrum für Lehrerbildung und Bildungswissenschaften in Rostock zusammenarbeiten zu wollen.“

Ein Ausbau der Erziehungswissenschaften würde demnach in Greifswald nicht erfolgen. Der bisherige status quo der Erziehungswissenschaft solle vielmehr mit ihren bisherigen Stellen aufrecht erhalten werden. Somit würde es nach dem entworfenem Konsenspapier zu einer Konzentration der Lehrerausbildung an der Universität Rostock kommen, ohne dass Greifswald auf die Ausbildung verzichten, oder diese auf einen minimalen Rumpf zurück fahren müsste.

Der webMoritz war mit dabei: Rechts im Bild der Autor Marco Wagner.

Kommentar von Marco Wagner

Eine komplette Verlagerung der Lehramtsstudiengänge kann sich der Ministerpräsident nicht vorstellen. Das ist zumindest ein klares Bekenntnis für den Erhalt von Lehramtsstudiengängen in Greifswald. In welchem Umfang diese jedoch schlussendlich erhalten werden, dazu wollte er sich nicht äußern.

Wenngleich sich andeutet, dass die Landesregierung damit auf die Universität Greifswald zugeht, heißt das noch lange nicht, dass der Druck auf Schwerin nachlassen sollte. Im Entwurf des Konsenspapiers wurden der Regierung bereits viele Zugeständnisse gemacht. Weitere Kompromisse dürfen die Vertreter der Greifswalder Studierendenschaft nicht mehr eingehen. Würden sie das machen, so bedeutete es nichts weiter, als dass man den Prozess der Abschaffung der Lehramtsstudiengänge in Greifswald verlangsame. Ein wirklicher Erhalt könnte dann nicht mehr gewährleistet werden.

Problematisch für die Greifswalder Studierendenschaft ist aber noch ein anderer Punkt: Die Untätigkeit des Rektorats in diesem Streit. Der Einzige, der sich regelmäßig zum Erhalt der Lehramtsstudiengänge bekannt hat, ist Prorektor Michael Herbst. Rektor Rainer Westermann äußert sich öffentlich – wenn überhaupt –  ausgesprochen selten zu diesem Thema. Ein konsequenteres, eindeutigeres Bekenntnis für den Erhalt der Lehramtsstudiengänge, das nicht nur von einem der Prorektoren kommt, wäre daher mehr als wünschenswert.

Eines darf jedoch auch nicht vergessen werden: So positiv es sich auch anhört, was Sellering gesagt hat, so muss man diesem nach wie vor mit einem gesunden Maß Vorsicht begegnen. Sellering sitzt an einem anderen Hebel. Er ist nach wie vor unser Kontrahent. Mit diesem darf und soll man verhandeln – aber man muss aufpassen, dass man sich am Ende nicht durch zu viele salbungsvolle Worte über den Tisch ziehen lässt.

Fotos: Christine Fratzke