Nach dem Ende der DDR wurde vor zwanzig Jahren erstmals wieder eine Greifswalder Bürgerschaft demokratisch gewählt. Durchaus ein Grund zum Feiern für das städtische Parlament. Die Stadt verkündete gestern in einer Pressemitteilung, dass rund 100 derzeitige und ehemalige Abgeordnete am heutigen Freitag in das Lokal „Golden Goal“ eingeladen sind.

Egbert Liskow (CDU)

Bürgerschaftspräsident Egbert Liskow (CDU) erklärte gegenüber dem webMoritz, das Jubiläum „sei Ausdruck einer erfolgreichen Arbeit aller Fraktionen und Abgeordneten in den letzten zwanzig Jahren. “

Feier im „Golden Goal“ – bei Wilhelm Schelsky

Die Auswahl des Veranstaltungsortes lässt sich jedoch mit eher negativen Vorgängen innerhalb der Greifswalder Lokalpolitik verknüpfen. Mit der Gaststätte nahe des Volksstadions ist der wohl größte Skandal verknüpft, den die Hansestadt in den letzten zwanzig Jahren erlebt hat. Mehrere Quellen bestätigten dem webMoritz, dass das Lokal de facto von Wilhelm Schelsky betrieben wird, auch wenn er nicht Inhaber der Gaststätte ist. Auf telefonische Nachfrage erklärte Wilhelm Schelsky gegenüber dem webMoritz, dass er zwar nicht Inhaber sei, aber im Betrieb mitmische.

Das "Golden Goal" war heute Nachmittag bereits auf den Besuch der Stadtväter vorbereitet.

Schelsky hatte in den 80er Jahren die Führung der Arbeitsgemeinschaft Unabhängiger Betriebsangehöriger (AUB) übernommen und diese im Auftrage und finanziert von Siemens zu einer Scheingewerkschaft ausgebaut. Schelsky, der nach der Wende aus den alten Bundesländern nach Lubmin bei Greifswald zog, hatte mit dem Geld des Konzerns seinen eigenen und den Einfluss der AUB in der Region durch Sponsoring und Parteispenden stetig gemehrt. Im Jahr 2007 wurde er in Untersuchungshaft genommen. Wegen Beihilfe zur Untreue mit Betrug und der Beihilfe zur Steuerhinterziehung ist er mittlerweile verurteilt. Der Haftbefehl ist jedoch außer Vollzug.

Spenden für Sportverein und CDU

Unter anderem hatte Schelsky den Greifswalder SC (heute GSV) unterstützt und dem damaligen Greifswalder Bundestagsabgeordneten Ulrich Adam mit nicht deklarierten Spenden in insgesamt sechsstelliger Höhe unterstützt. Auch Greifswalds Oberbürgermeister Arthur König hatte im Wahlkampf von Schelskys Großzügigkeit profitiert.

Logo der Inhaberfirma des "Golden Goal"

Offiziell läuft das  „Golden Goal“  auf die Firma „Hanse Job Servie GmbH“. Auf der spärlichen Internetseite der Zeitarbeitsfirma wird als Ansprechpartnerin Margrit Schuldt angegeben. Sie wiederum war nach ihrer Tätigkeit bei Siemens auch als Ansprechpartnerin der AUB in Mecklenburg-Vorpommern tätig. Ihr Büro befindet sich übrigens „Am Markt 4“ – genau wie die örtliche CDU-Zentrale. Ein Gebäude, das wiederum dem Bürgerschaftspräsidenten Egbert Liskow gehört.

Dieser erklärte gegenüber dem webMoritz, die Verknüpfungen mit der Person Schelskys seien „reiner Zufall“. Wie auch die organisierende Bürgerschaftskanzlei selbst verwies Liskow jedoch darauf, man habe ursprünglich im soziokulturellen Zentrum St. Spiritus zu einer Grillfeier einladen wollen. Da der entsprechende Termin jedoch ausgebucht gewesen sei, habe man sich entschlossen, den gastronomischen Service im „Golden Goal“ in Anspruch zu nehmen. Die städtische Pressestelle ergänzte, das Lokal sei ausgewählt worden, um Kosten zu sparen. Die Stadt selbst ist Eigentümerin des Grundstücks und verpachtet es an die „Hanse Job Service GmbH“. Weshalb hierdurch Kosten gespart werden, sei dahingestellt. Auch Wilhelm Schelsky war nicht bekannt, dass für die Stadt andere Konditionen gelten als für andere.

St. Spiritus ist heute nicht ausgebucht

Im Gegensatz zu den Aussagen Liskows und der städtischen Pressestelle wusste man beim Zentrum St. Spiritus nichts von einer Abendveranstaltung am heutigen Freitag. Lediglich einige Räume würden bis in den Nachmittag durch Workshops des Students Festival („GrIStuF“) genutzt. Der Vorsitzende der Bündnisgrünen in der Bürgerschaft , Dr. Ulrich Bittner, kritisiert: „Der Veranstaltungsort birgt ein gewisses Geschmäckle. Mir wäre es lieber gewesen, eine solche Veranstaltung würde an einem neutralen, unbelasteten Ort stattfinden.“

Zur Verpflegung der Gäste, so Wilhelm Schelsky, gebe es ein umfangreiches Grillbuffet, außerdem spendiere der Bürgerschaftspräsident Egbert Liskow ein Fass Bier.

Bilder:

Fotos Egbert Liskow, Golden Goal und Bürgerschaft (Startseite) – Gabriel Kords

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