Ein Beitrag von Christopher Denda
Gegen Ende des Nordischen Klangs gab es am vergangenen Freitag noch einmal ein richtiges Highlight im Cinestar Greifswald zu bestaunen. Der in Norwegen überaus beliebte und sogar als bester Nicht-englischsprachiger Film für den Oskar vorgeschlagene Film „Max Manus“ wurde in zwei Vorstellungen in Originalsprache mit deutschen Untertiteln gezeigt.
Die Handlung des Films basiert auf zwei autobiografischen Büchern des im zweiten Weltkrieg als Untergrundkämpfer und Saboteur tätigen Max Manus und nähert sich der Figur zunächst auf einer Handlungsebene: Max Manus (gespielt von Aksel Hennie) ist ein Mann, der nicht durch besondere Eigenschaften hervorsticht. Sein Handeln ist gezeichnet vom grundfesten Glauben an die Richtigkeit seines Tuns. Egal, ob er als Freiwilliger im Sowjetisch-Finnischen Winterkrieg 1939 teilnimmt oder als jugendlicher Kämpfer zu den Ersten im norwegischen Untergrund gehört, der sich aus der Ohnmacht um die Kapitulation Norwegens im Juni 1940 eher als spontane Gegenreaktion bildet.
Im Folgenden verfolgt der Film die linearen biografischen Stationen, wie der Flucht in den Untergrund, der militärischer Ausbildung in Schottland bei den Special Forces der Alliierten und Sabotageaktionen in der besetzten Heimat. Dabei wird die Figur zunächst auf geradezu propagandistische Höhe gehoben – ein geradliniger, königstreuer und patriotischer Kämpfer. Er wird geradewegs zum Saubermann hochstilisiert. Dabei handelt es sich um ein notwendiges dramaturgisches Mittel, um eine Fallhöhe für den sich allmählichen anbahnenden Perspektivwechsel zu schaffen.
Der Gegenspieler zu Max Manus ist der brutale Gestapo-Chef Siegfried Fehmer (Ken Duken; bekannt aus Zweiohrküken und Inglourious Basterds); ein skrupellos kalkulierendes und erschreckend jugendliches Antlitz: Er betreibt die Ausrottung des Widerstandes mit einer geradezu besessenen Passion. Und je mehr Freunde und Kameraden fallen, desto enger wird der Fokus auf den zunehmend verbitterten Max…
Dessen großer innerer Konflikt fußt auf der Selbstbeschuldigung, den Tod der Freunde und Kameraden verschuldet zu haben. Als Max im sicheren Schweden tatenlos zusehen muss, wie Fehmer die im Land verbliebenen Freunde praktisch völlig vernichtet, bricht er auf der Stelle auf, um weitere Rettungs- und Sabotageaktionen zu starten. Antrieb ist nun seine Verzweiflung getreu dem Motto: „Lieber im Kampf sterben, als nichts tun.“ Kameramann Geir Hartly Andreassen visualisiert das Zerbrechen der rissigen Heldenfassade eindringlich, indem er unmerklich von Hochglanztableaus zur Handkamera wechselt.
Diese eigentliche Tragik treibt der Film auf die Spitze, als Max nach Kriegsende den inhaftierten Fehmer in der Zelle aufsucht. Fehmer reicht Max die Hand, um dem Sieger den Respekt zu bezeugen. Manus nimmt an und degradiert sich somit zum bloßen systemischen Antagonisten. Gegen Ende des Films wird Max Manus selbst klar, dass er, der zur Selbstaufopferung bereite Kämpfer bloß ein glücklicher Überlebender im zynischen Mechanismus des Kriegsspiels gewesen ist. Das Bewusstsein, nichts anderes zu können, als zu kämpfen, führt folgerichtig mit Kriegsende auch zum Wegfall des Existenzzwecks und zur schweren Identitätskrise.
Auffällig ist, dass sich die Figur nie vollständig öffnet, vielmehr bleiben die Einblicke in die Innenwelt nur bruchstückchenhaft. Diese letztendlich verunsichernde Undurchsichtigkeit verstärkt die Ambivalenz des Protagonisten und zeichnet ihn weniger in heroischem Format denn als normalen Menschen. Die relativierende Destruktion des Kämpfers durch den Mechanismus des Krieges vorzuführen ist denn auch die eigentliche Leistung von Max Manus.
Trailer
Bilder: Filmplakat, John Erling Blad via wikimedia (Dreharbeiten).