Inmitten über fünfhundert Jahre alter Exkremente sind Archäologen bei Ausgrabungen an der Alten Post auf einen Münzfund gestoßen. Dieser besteht aus mehr als 1.950 so genannten „Finkenaugen“ und entspricht einem halben Kilo Silber. Das wäre nach aktuellem Silberkurs etwa 450 € wert, der ideele Wert des Fundes liegt freilich deutlich höher. Die Münzen lagen einzeln in den Schächten auf dem Gelände der alten Post, die derzeit umgebaut und daher archäologisch Untersucht wird.
Die Grabungsleiter Peter Kaute und Gianina Schindler gehen nicht davon aus, dass es sich um eine Kriegskasse handelt. Das hatte der Greifswalder Historiker Dr. Joachim Krüger heute in der Ostsee-Zeitung vermutet. „Ich würde eine unbeabsichtigte Entsorgung präferieren“, sagte der Landesarchäologe Kaute in Bezug auf den Fundort des Schatzes. Das Auffinden dieser Münzen sei relativ kompliziert gewesen, da sie in den Fäkalien nicht zu sehen gewesen seien. Es ist daher durchaus möglich, dass noch weitere Finkenaugen aus den Exkrementen zu Tage befördert werden. Sämtliche Münzen stammen aus der Mitte des 14. Jahrhunderts.
Wegen des regen Interesses einiger Journalisten gingen die Grabungsleiter außerdem noch auf die Beschaffenheit der Fäkalien ein: „Das fasst sich so an, das riecht so, das ist pure Gewohnheit“ meint Kaute zu diesem Thema trocken.
Petschaften der Ratsherren Lange entdeckt
Von besonderen stadthistorischen Wert ist auch der Fund zweier Petschaften, die aufgrund des auf selbigen abgebildeten Fahnensymbols der Ratsherrenfamilie Lange zugeordnet werden können. Welche der beiden Petschaften zu Arnold, dem ersten, und welche Arnold dem zweiten, gehört, können die Bodendenkmalpfleger jedoch nicht mehr feststellen. Beide Siegel können nach Angaben der Archäologen ziemlich präzise auf das Jahr 1370 datiert werden.
Da man diese Siegel unbeschädigt in dem Latrinenschacht vorfand, ist zu vermuten, dass sie nach dem Tod der beiden Ratsherren vernichtet wurden. Petschaften vernichtete man immer dann, wenn sie beschädigt waren oder überflüssig wurden. Unter Vernichtung von Dokumenten, Petschaften und anderen Gegenständen verstand man im Mittelalter, diese Dinge den Latrinenschächten zuzuführen, so der Grabungsleiter. Es komme nicht häufig vor, dass geborgene Petschaften zweifelsfrei einer Person oder einem Personenkreis zugeordnet werden können.
Neben diesen Funden wurden noch mehrere Gefäße, Holzschalen sowie eine alte Holzlaterne, die vermutlich beim Gang zum Donnerbalken verloren gegangen ist, gefunden. In einem der Gefäße befanden sich darüber hinaus noch zwei unbeschädigte Hühnereier.
Greifswalds Oberbürgermeister Dr. Arthur König war bei der Vorstellung der Fundstücke mit von der Partie und offensichtlich etwas bedrückt über den Fundort: „Ich finde es erstaunlich, dass Latrinen die Fundorte sind, wo man so was findet“, stellte er fest.
Fundamente aus der Gründungszeit Greifswalds freigelegt
Doch auch das Grabungsfeld ist stadtgeschichtlich beachtenswert. So stammen die Fundamente aus Feldsteinen der ehemaligen Markthäuser 11 und 12 aus der Zeit um 1270, der Gründungszeit der Stadt Greifswald. Die darüber befindlichen Mauern sind hingegen zumeist deutlich jüngeren Datums und stammen von den Häusern, welche die erwähnten Ratsherren bewohnten. Die Bürgerhäuser wurden erst 1895 im Zusammenhang mit dem Neubau der Post am Markt abgerissen. Insgesamt wurden im Untersuchungsbereich sechs Latrinenschächte und ein Brunnenschacht während der Umbauarbeiten der Alten Post zum zukünftigen Stadthaus freigelegt.
Die freigelegten Häuser wurden ausschließlich von den reichsten Bürgern der Stadt bewohnt. „Hier wurde Geld verbaut“ illustrierten die Archäologen. Offensichtlich wurde es nicht nur verbaut, sondern auch entsorgt. Der Oberbürgermeister bedauert, dass dies heute nicht mehr auf Greifswald zutrifft… König hob außerdem hervor, dass sich die Stadt darum bemühen werde, die Funde im Foyer des neuen Stadthauses der Öffentlichkeit zu zeigen.
Da sowohl die Mauern als auch die Münzen und Gefäße unter der Aufsicht des Landesamtes für Kultur und Denkmalpflege stehen, also nicht in den Besitz der Stadt Greifswald, sondern in Landesbesitz überführt werden, kann die Entscheidung, ob die Gegenstände und Münzen ausgestellt werden, nicht alleine von der Bürgerschaft gefällt werden.
Bilder: Textautor
Scheiße stinkt 700 Jahre lang oder was? Ich dachte, das kompostiert sich…
König kann halt doch aus Scheisse Gold äh Silber machen 😉 Aber verwundert mich auch, dass sich der Zustand der Scheisse nicht groß verändert haben soll
Die Exkremente sind über die Jahrhunderte hinweg nur fester geworden. So fest wie Torf. Herr Kaute lud die an der Fekalie besonders interessierten Journalisten dazu ein, eine Bodenprobe zu entnehmen und daran zu riechen. Allerdings hatte niemand dieses Angebot angenommen. Ist ja schließlich nicht für jeden "pure Gewohnheit" in den Abfallprodukten anderer Menschen herum zu wühlen. 😉
Hatte mich übrigens auch überrascht, dass das auch nach mehreren Jahrhunderten noch stinkt…
Die haben damals ja auch ganz andere Sachen gegessen..