Ein Gastbeitrag von Elena Vogt

Am vergangenen Wochenende reisten Umweltaktivisten aus der Region nach Kopenhagen, um am Rande des Umweltgipfels unter anderem gegen die Baupläne für ein Kohlekraftwerk in Lubmin zu protestieren. Schon auf der Hinfahrt stand dann plötzlich fest: Das Kraftwerk wird nicht gebaut. Unsere Gastautorin Elena Vogt war bei der Fahrt dabei und porträtiert einen der zahlreichen Kämpfer gegen das Steinkohlekraftwerk.

Auf dem Weg zum Klimagipfel nach Kopenhagen erhält am 11. Dezember 2009 eine Gruppe von rund 100 Umweltaktivisten, vorwiegend aus Norddeutschland kommend, die Nachricht, dass sich DONG- Energy von seinen Plänen für den Bau eines Kohlekraftwerks in Lubmin verabschiedet hat. Erst wenige Minuten auf dänischen Straßen unterwegs, bedeutet dies für alle ein enormen Gewinn für den Klimaschutz. Für viele aber auch das Ende eines langen kräftezehrenden Weges.

Peter Freygang erzählt, wie es ist, für die eigenen Ideale zu kämpfen und wie es sich anfühlt, wenn man ein jahrelang verfolgtes Ziel gerade erreicht hat. Er ist einer der Gründungsmitglieder der Bürgerinitiative Usedom gegen das Steinkohlekraftwerk.

Weihnachtsbitte an die Dänen

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Peter Freygang passt nicht unbedingt zum Klischee eines Umweltaktivisten

Unter den vorwiegend jungen Erwachsenen fällt Peter Freygang auf. Statt Dreadlocks oder Seitenscheitel ist sein Haar kurz und vor allem grau. Lachend bekennt er, er sei wohl einer der „Oldies“ in den zwei Bussen, die in drei Tagen von Rostock nach Kopenhagen und wieder zurück fahren. Seit zwei Jahren und acht Monaten hat er sich in der Bürgerinitiative, seiner Heimat gegen das geplante Kraftwerk, engagiert. In seinem Gepäck befinden sich 5000 Flugblätter mit dem Titel „Weihnachtsbitte an die Dänen“. Diese wollte er mit den anderen Aktivisten an die dänischen Bürger verteilen, denn die meisten wüssten nichts von den Machenschaften des zu 75 Prozent staatseigenen Konzerns auf der anderen Seite der Ostsee.

Doch trotz legerer Weste habe er auch schon an anderen „Fronten“ gekämpft, erzhält Freygang. Im Schatten der Nachkriegsjahre prägten ihn die politischen Entwicklungen der Bonner Republik- es fallen Worte wie ’68er und Vietnamkrieg. Auch für die Rechte von Obdachlosen habe er sich eingesetzt und er sei in die FDP eingetreten. Die politische (Streit-)Kultur der alten Bundesländer brachte er dann nach der Wende in die vorpommersche Provinz.

Fragt man Menschen nach den Gründen für ihr gesellschaftliches Engagement und den Einsatz für ihre Vorstellung von einer Welt, in der sie Leben möchten, so trifft man in der Regel auf die Antwort, sie handelten aus Verantwortungs- und Gerechtigkeitsgefühl. So häufig diese Sätze auch fallen mögen, ebenso ungenau sind sie. Das Wahrnehmen einer Ungerechtigkeit lässt den einen meckern und den anderen aktiv werden.
Peter Freygang stand aus seinem bequemen Sessel auf, als er sich persönlich betroffen fühlte.

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Diese dänischen Flyer sollten verteilt werden. (Quelle: BUND)

Für den Erhalt der vorpommerschen Boddenlandschaft und alternative „saubere“ Energien machte er sich in einer Allianz, bestehend aus den Bürgerinitiativen Greifswald, Lubmin, Usedom und Rügen, sowie den Umweltverbänden BUND und WWF, stark. Dies bedeutete vor allem das Einarbeiten in Fachtermini wie „Kraft-Wärme-Kopplung“ sowie Anträge stellen und verteidigen bei einem der vielen Anhörungsverfahren zwischen DONG, dem Staatlichen Amt für Umwelt- und Naturschutz (StAUN) und der Seite der Umweltschützer. Es hieß aber auch, vor Ort zu sein: Norddeutsche Fischer davon zu überzeugen, dass ein erhöhter Quecksilbergehalt in ihren Fischen schlecht fürs Geschäft sei, erforderte häufig mehr Energien als ein Treffen mit dem „Feind“ persönlich, dem Projektleiter und Vizepräsidenten von DONG- Energy, Peter Gedbjerg.

Gegen die Dänen im Allgemeinen habe er persönlich nie einen Groll empfunden. Bei einem persönlichen Treffen mit Gedbjerg habe Freygang die nordischen Nachbarn willkommen geheißen und erklärt „wir lieben die Dänen!“ und Gedbjerg habe zwinkernd erwidert „nur ohne Kohle!“.

Auf dem Klimagipfel, der 15. „Conference of the Parties“ (auch COP 15), wolle Peter Freygang trotz des bereits erreichten Zieles die auf dänisch geschriebenen Flyer verteilen. Denn auch wenn er lange einen Traum verfolgt habe, so sei er doch Realist geblieben und habe mit einer gewissen Vorahnung die vielen Papierstapel verstaut. Als er seine Tasche für den Klimagipfel packte, habe er zu seiner Frau gesagt: „Wenn DONG nicht in den nächsten Tagen fällt..!“. Der Druck durch den Klimagipfel sowie andere politische Vorzeichen hätten die nun bestätigte Richtung schon seit einer Weile vorgegeben.

Es gibt noch Projekte

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Protest in Kopenhagen

Das Hoffen wurde bestimmter und fand mit der verstreichenden Zeit wachsende Berechtigung. Des Weiteren erklärt Freygang, habe es sich zwar auch für das Klima gelohnt, Widerstand zu üben und seinen Idealen entsprechend zu handeln. Aber was bleibe, sei neben dem persönlichen Stolz oder dem Gefühl, auf der richtigen Seite der lokalen Klimaschlacht gefochten zu haben, ein starkes und fassbares Gefühl von Gemeinschaft und Demokratie, so Freygang.

Wenn man ihm zuhört, bekommt man den Eindruck, dass es sich hin und wieder doch noch lohnt, die häufig so rau scheinende Wirklichkeit in Frage zu stellen und sich aufzuraffen. Das tut gut, vor Weihnachten aber auch als Optimismuspuffer für das nächste Jahr, denn „es gibt viel zu tun!“, wie Freygang sagt. Zum Beispiel wurde sich noch nicht hinreichend mit dem Zwischenlager Nord und der oberirdischen Lagerung von Atommüll auseinander gesetzt.
Das wäre doch mal was.

Fotos: privat (Freygang), Arndt Müller/BUND M-V (sonstige). Alle Bilder in diesem Artikel stehen nicht unter CC-Lizenz!