Dass ein Internet-Zugang für Studenten des 21. Jahrhunderts beinahe so fest zum täglichen Leben gehört wie fließendes Wasser und elektrischer Strom, liegt auf der Hand: Das Internet liefert die neuesten Infos zum Studium, macht so manchen Bibliotheks-Besuch überflüssig und ist überdies im Privatleben ein unverzichtbarer Faktor geworden. Die Ressource eines Internetzugangs im Wohnheim stellt das Studentenwerk seinen Bewohnern in der Wilhelm-Holtz-Straße 4 seit Ende Mai allerdings nicht mehr zu Verfügung. Seitdem sitzen die 76 Studierenden ohne Netz in ihren Wohnheimzimmern – von dort aus können sie den Kontakt zur Außenwelt nur noch per Handy oder Festnetz-Telefon halten. Wer ins Internet will, muss zum Hotspot oder in einen der PC-Pools der Uni.
Auch vor der andauernden Störung des Internets war der Internet-Zugang aus den Wohnheimen in der Wilhelm-Holtz-Straße und im Thälmann-Ring eine schwierige Angelegenheit: Der Zugang erfolgt über das Rechenzentrum, die Verbindung dorthin wird über Funk hergestellt. Die Verbindung mit je zwei 11-MBit-Leitungen, die bereits im Jahr 2001 eingerichtet wurde, war schon immer holprig und fiel häufiger für unbestimmte Zeit aus. So ist das auch bis jetzt noch im Wohnheim am Thälmann-Ring. Die anderen Wohnheime des Studentenwerks sind über ein Kabel ans Rechenzentrum angeschlossen. Diese Verbindung ist deutlich weniger störanfällig, auch wenn es selbst bei dieser Technik immer mal wieder zu Problemen kommt, die dann allerdings meist an übermäßiger Nutzung liegen oder ihre Ursache im Rechenzentrum haben.
Fehlersuche erfolglos
Warum nun aber die Funkverbindung aus der Wilhelm-Holtz-Straße zum Rechenzentrum, das etwa 4 Kilometer Luftlinie entfernt liegt, Ende Mai dauerhaft zusammenbrach, konnte das Studentenwerk bis heute nicht klären. Fakt ist: Seit Ende Mai kann das Funkgerät, das über den herkömmlichen WLAN-Frequenzbereich funkt, keine Verbindung mehr zum Gegenstück am Rechenzentrum herstellen. Das dortige Gerät ist am Bettenhaus des Klinikums befestigt.
Als die Verwaltung des Studentenwerks Anfang Juni Kenntnis über das ausgefallene Internet erlangt habe, habe man unverzüglich mit der Fehlersuche begonnen, sagt Stephan Vogelsang, der beim Studentenwerk für die Wohnheime zuständig ist. Die Funkgeräte seien zur Wartung beim Rechenzentrum gewesen und einige Wochen später wieder montiert worden. Die Montage sei jedes Mal schwierig und erfordere den Einsatz einer externen Firma. Auch er selbst sei allerdings in dieser Mission schon auf dem Dach herumgeklettert.
Nach der Montage habe die Verbindung für etwa 20 Minuten tadellos funktioniert und sei dann wieder zusammengebrochen – Ursache unklar. Ob es an der seit 2001 stark zugenommenen Verwendung der WLAN-Technik im Heimbereich liegt oder ob ein Neubau entlang der Luftlinie die Wellen stört, ließ sich nicht abschließend klären. Nur einen Hardwaredefekt können die Techniker inzwischen ausschließen.
Trotzdem: Es bleibt beim Funk
Nach weiteren Wochen der erfolglosen Fehlersuche hat das Studentenwerk nun entschieden: Eine weitere Versorgung mit der alten WLAN-Technik ist nicht mehr möglich. An Alternativen mangelt es allerdings, denn die Herstellung einer Kabelverbindung zum Rechenzentrum kann Vogelsang für die Wohnheime in der Wilhelm-Holtz-Straße und am Thälmann-Ring kategorisch ausschließen. Die sei einfach zu teuer. Aus dem selben Grund komme auch die Anbindung über das herkömmliche Breitband-Netz der Telekom oder Internet via TV-Kabel nicht in Betracht. Stattdessen entschied man sich beim Studentenwerk, auch weiterhin auf Funktechnik zu setzen, wenn auch auf ein anderes Band. Vogelsang: „Die Verbindung wird zukünfitg per Richtfunktechnik auf einer Frequenz hergestellt, der nur uns zur Verfügung steht.“ Dazu sei bei der Bundesnetzangentur eine Lizenz beantragt worden.
Bis der Antrag von der Netzagentur zurückkommt und die neue Technik angeschafft und installiert ist, werden aber noch viele Wochen ins Land gehen. Vogelsang zeigt sich aber optimistisch, dass die Studierenden zu Semesterbeginn wieder surfen können.
Bewohner: Schlechte Kommunikation
Mehrere Bewohner des Wohnheims äußerten gegenüber dem webMoritz nicht nur ihren Ärger über die lange Ausfallzeit, sondern beklagen sich vor allem über schlechte Kommunikationspolitik seitens des Studentenwerks. Dort zeigte man sich zumindest gegenüber dem webMoritz eloquent und auskunftsfreudig. Fakt ist: Am 28.5. und 4.6. wurden die Bewohner per Aushang über die Probleme informiert und darüber, das die Behebung der Störung „sich mehrere Wochen hinziehen“ könne.
Anschließend informierte das Studentenwerk erst wieder vor wenigen Tagen (am 21.7.), nachdem es Anfang der Woche eine Beschwerdeliste mit Unterschriften nahezu aller Bewohner erthielt, die die zügige Wiedereinrichtung ihres Internet-Zugangs forderte. In den letzten Tagen bekamen nun alle Bewohner per Post eine Antwort, in der sie darüber informiert werden, dass die neue Richtfunk-Anlage bestellt worden sei. Die Lieferfrist betrage allerdings sechs Wochen.
Dass es dazwischen für fast zwei Monate keine Informationen vom Studentenwerk gab, erklärt Vogelsang mit der Tatsache, dass es in diesem Zeitraum faktisch keine neuen Erkenntnisse gegeben habe. Die Studenten ärgern sich außerdem darüber, dass der Hausmeister im Wohnheim nicht nur schlecht erreichbar sei, sondern in den vergangenen Wochen stets unhöflich und ausfallend auf Anfragen zum Thema Internet reagiert habe.
Mit der Umstellung auf Richtfunktechnik wird die Banbreite auf 100 MBit ausgebaut. Auch das Wohnheim am Thälmann-Ring wird die neue Technik und damit hoffentlich eine bessere Geschwindigkeit und höhere Ausfallsicherheit erhalten. Ob die neue Technik funktioniert, wird sich erst nach dem Einbau sicher sagen lassen. Bleibt zu hoffen, dass keine bösen Überraschungen wie bei der WLAN-Technik auf das Studentenwerk und die Mieter warten.
Bilder: Gabriel Kords
Das ist ja wie in Guantanamo! Ich wünsche allen abgenabelten Netizens eine baldige Rückkehr ins Kollektiv ^^
1.) Super das der webMoritz drüber berichtet! Schöner Artikel!
2.) Mein tiefes (ehrliches!) Beileid allen Betroffenen. Schon ein Tag ohne Internet fände ich sowohl sozial als auch politisch und wirtschaftlich eine Zumutung!
3.) Erste Nothilfe: Internetsticks von diversen Firma (z.B. O2) für 20 Euro im Monat. Rechnung ans Studentenwerk schicken oder direkt von der Miete abziehen (Mietminderung ist imho berechtigt – egal wer dran Schuld ist. Studentenwerk wird argumentieren, dass die Versorgung mit Internet nicht Teil des Vertrages ist, hier einfach auf frühere Verträge verweisen, wo dies noch der Fall war, oder auf die Werbung des Studentenwerks, welches dort durchaus mit kostenloser Internetversorgung wirbt!) Wenn alle kollektiv die Mietminderung durchsetzen, könnte das Wirkung zeigen. Unbedingt im Haus eine gemeinsame Aktionsgruppe gründen und kollektiv vorgehen!
4.) Das Studentenwerk kämpft wie richtig genannt wurde seit 2001 mit seinen Uralt-Richtfunkstrecken. Vor einigen Jahren, als ich noch im Ernst-Thälmann-Ring wohnte, kam es ebenfalls zu einem Totalausfall. Grund war damals ein großer Baukrahn für das Uniklinikum (Faradayscher Käfig! http://de.wikipedia.org/wiki/Faradayscher_Kä… ). Auch dort hatte man erst nach massivem Druck u.a. durch Unterschriftenlisten und durch Mietminderungen und nach Wochen reagiert! (Danach wurde übrigens dann die "Verfügbarkeit von Internet" aus den Mietverträgen (nicht aber aus der Werbung!) gestrichen…). Lösung war damals, dass die Richtfunkantenne quasi vor den Krahn verlegt wurde.
5.) Richtfunk ist eine Uralttechnologie (zumindest die, die das Studentenwerk verwendet!)! Die 11mbit Antennen wären selbst dann eine Zumutung, wenn sie noch funktionieren. Die Bewohner des Ernst-Thälmann-Ringes (ich bin ja da aus u.a. diesem Grund nich mehr!) werden mir zustimmen können. Dort sollen 2 Antennen je 11 mbit für ca. 200 Bewohner reichen! Zum Vergleich: Ein (!) moderner DSL-Anschluss hat heute für eine (!) Person bis zu 16 mbit zur Verfügung. Empfehlungen des Studentenwerks wie "Laden Sie keine Musik herunter und hören Sie kein Internetradio" sind ein Ohrfeige für all diejenigen, die das Internet ganz normal nutzen wollen. Und sei es nur um der Arndt-Debatte vorgestern im Ikuwo über den Internetlivestream von radio 98eins zu folgen… 😉
6.) Ein Glasfaserkabel kann wahrscheinlich weder zum Ernst-Thälmann-Ring noch zur Holzstraße gelegt werden. Das ist klar. Trotzdem scheint es mir unwahrscheinlich, dass hier "keine" Lösungen geben soll. Ich bin kein T-Systems Experte, das vorweg, aber der einfachste Vorschlag wäre doch, dass das Studentenwerk einen "ganz einfache" DSL Anschluss für die betroffene Wohnheime kauft. Die wären nicht nur stabiler als eine Funkanbindung (schon mal versucht bei Regen oder Sturm zur Surfen?!?), sondern sie wären sogar fast 50 % schneller. Und das, wenn man nur einen einzigen DSL Anschluss für das ganze Haus näme (16 mbit vs. 11 mbit). Es sind übrigens demnächst DSL-Leitungen mit bis zu 50mbit geplant! In Großstädten gibt es das bereits und nennt sich "V-DSL". Das wäre die fünffache Anbindung – mit nur _einer_ Telefonleitung!
Wenn man nun aber einfach statt _einer_ DSL Leitung einfach zwei oder drei DSL-Anschlüsse buchen würde, könnte man sehr flexibel die Kapazität hochschrauben. Wenn man es professionell machen möchte, kann man natürlich auch ne "richtige" Standleitung von der Telekom oder anderen Anbietern legen lassen. Hier sind von 50 mbit bis 300 g(iga)bit alles möglich. Die Preise dort sind ebenfalls mächtig gefallen. Und für das Studentenwerk rückt die örtliche T-Com sicher noch mal nen Rabatt raus (man bedenke die Werbeaktion letztens in der Mensa mit den T-Com "Chefköchen"!!)…
ABER: Weder damals noch (scheinbar) heute will man andere Optionen als mufflige und kostspielige (!!!) Funkverbindungen (die Antennen müssen ständig repariert werden etc.) überhaupt überlegen. Mir hat das Studentenwerk damals klar gesagt, dass man _nicht_ _mal_ _überlegt_, ein kommerzielles Angebot – selbst wenn es für alle Mieter im Haus zusammen (!) nur 50 Euro kosten würde – zu prüfen. Grund: Man sei exklusiv mit dem Rechenzentrum verbunden. Das wiederum ist totaler Humbug und ökonomischer Blödsinn! Übrigens auch für das Rechenzentrum, die wahrscheinlich bessere Aufgaben haben, als sich um die Sorgen von sieben Studentenwohnheimen zu kümmern…
WAHRSCHEINLICHER ist, dass die Leitung des Studentenwerks (gemeint ist die Abteilung "Studentisches Wohnen") einfach nur zu träge ist, ernsthaft Alternativen zu prüfen. Vielleicht sollte man dort einmal bescheid sagen, dass "dieses Internet" inzwischen recht billig geworden ist… Wir sind nicht mehr anno 1998 !
(Dieser Text wurde aus einem Studentewohnheim des Studentenwerks geschrieben. Dort liegt nach intensivem Protest der Anwohner inzwischen eine Glasfasterleitung! Erst seitdem läuft die Leitung stabil… – Dafür ist bei uns übrigens seit über einem Jahr die Haustür-Klingel kaputt… Wer reinwill, muss auf Handy anrufen… *g*)
ja, selbsttätige mietminderungen ohne vorher mit nem anwalt oder dem mieterverein geredet zu haben sind immer ne top idee!
EDIT Moderator: Bitte keine Beleidigungen in den webMoritz-Kommentaren!
Testkommentar.
Mein_Ernst fordert: Internet für alle!
@ GK. Guter Artikel…
Das Recht kann kein Internetfreier Raum sein!
:p
lol geil !
Danke Gabriel für den Artikel. Es ist echt mal höchste Zeit, das darauf aufmerksam gemacht wird. Ich hoffe jetzt passiert endlich mal was 🙂
Lieber nicht hoffen, sondern selbst aktiv werden! Dem Studentenwerk ist so ein Artikel leider erst mal egal 🙁
Ich drück euch – den Betroffenen – trotzdem solidarisch die Daumen. Ich erinnere mich noch wie doof das damals war… Aber Du scheinst ja grad (23.49 Uhr) Internet zu haben, oder biste in der UB?
Ich bin in der Heimat 🙂 und koste das Internet restlos aus. Endlich mal wieder seit langer Zeit 😀
Danke für deine Anteilnahme Sebastian =)