Am 17.Juni stimmte die Studierendenschaft auf der Vollversammlung dafür, dass ihre Universität den Namen „Ernst Moritz Arndt“ ablegt (wir berichteten). Seitdem wurde das Thema in verschiedenen Medien diskutiert.
Vielfach kritisiert wurde der Umgang der Ostseezeitung mit dem Thema. Am 23. Juni, wenige Tage nach der Vollversammlung, erschien ein Artikel in dem der eremitierte Professor Karl-Ewald Tietz den Namenspatron in Schutz nahm. Dass dieser einer der Vorsitzenden der Ernst-Moritz-Arndt-Gesellschaft ist, verschwieg man den Lesern großzügig. Diese Tatsache aber könnte Sätze wie: „Die Gesellschaft stehe für einen kritischen Umgang mit Arndt, der dabei immer „sein Fett weg bekomme“,sagt Tietz.“ in einen ganz anderen Kontext rücken.
Doch auch in vielen Leserbriefen wurde der Beschluss aufgegriffen – überwiegend ablehnend. So sorgte einer der Briefe für Wirbel, in dem sich zwei Leser aus Püttelkow gegen die Namensänderung aussprechen und vor Linksextremismus in unserer Gesellschaft warnen. Der Brief wies erhebliche Ähnlichkeiten zu der Berichterstattung auf der Website „Altermedia“ auf, die der rechtsextremistischen Szene zugeordnet wird (wir berichteten). Eine Aufklärung über den Hintergrund des Autoren erschien erst einige Tage später, erneut per Leserbrief.
Gegner der Umbennenung: Vor allem drei Argumente
Doch auch viele andere Leser sprechen sich gegen die Namensumbenennung aus. Hier dominieren vor allem drei Argumente: Zum einen kritisieren viele, dass die Studierenden über den Namen der Universität abgestimmt haben, obwohl diese meist nicht mal hier gemeldet sind, geschweige denn geboren. Diese Leser sehen das Recht über eine Namensabstimmung bei den Greifswalder Bürgern, die schon Jahrzehnte in der Stadt wohnen.
Das zweite Argument ist eigentlich kein Argument, sondern ein Vergleich: Wenn Ernst Moritz Arndt verurteilt wird, warum nicht gleich auch Luther oder Goethe?
Doch das Hauptargument lautet, dass man die Aussagen Ernst Moritz Arndts im Zusammenhang der Zeit betrachten solle, und dass Aussagen wie diese damals nachvollziehbar, wenn nicht sogar normal gewesen seien. Arndt-Gegner halten dagegen und fragen, wofür Arndt stehe um würdig zu sein, einer Universität seinen Namen zu geben und verweisen darauf, dass eben gerade Fremdenhass gegen Juden und Franzosen seine Hauptwerke seien.
Nachdem die Ostseezeitung dann ein Interview mit dem Romanisten Reinhard Bach abdruckte meldeten sich viele empörte Stimmen. Bachs Argumentation sei irreführend und seine Behauptung Arndt sei kein Antisemit gewesen geradezu absurd. Professor Bach hatte im Interview Arndt gegen Antisemitismusvorwürfe verteidigt.
Bach: Arndt ist entschieden kein Antisemit. Dafür stehen ganz andere Namen im 19. Jahrhundert. Es ist aber typisch für ihn, wenn er in der Schrift „Der Rhein. Deutschlands Strom, aber nicht Deutschlands Grenze“ schreibt: „Verflucht aber sei die Humanität und der Kosmopolitismus, womit ihr prahlet! jener allerweltliche Judensinn, den ihr uns preist als den höchsten Gipfel menschlicher Bildung! O verzeihet mein Ungestüm, ihr Kinder Abrahams! Ihr, obgleich über die Welt zerstreuet, seid durch hartnäckige Liebe und Verteidigung des Eurigen ein ehrwürdiges Volk. Mögten wir Teutsche euch darin gleichen. so werden unsre Kosmopoliten uns nicht zerstreuen.“ Dabei muss man wissen, dass die zeitgenössische Kritik an Liberalismus und Kosmopolitismus vor allem auf die Juden zielte, denen man Geldwirtschaft und Zweckmoral anlastete. Das finden wir auch bei Marx. (Ostseezeitung 27.6.2008)
Auch in der rechtsextremistischen Szene wird das Thema mehrfach auf online-Portalen aufgegriffen. In einem Beitrag der Nationalzeitung auf dem Portal „news4press“ wird Arndt als „großer Patriot mit seinen Schriften und Liedern zur Zeit der verzweifelten Erhebung gegen die Fremdherrschaft Napoleons“ bezeichnet. Dieses vergäßen die Studierenden: „Dafür reicht’s im Kopf einfach nicht“ lautet das Fazit des Autors. Der Blog „Voice of Europe“ kritisiert, dass die in der Debatte verwendete Zitate des Schriftstellers aus dem Zusammenhang gerissen seien.
Widerhall auch in der Blogosphäre
Und natürlich ist die Namensumbenennung auch in den lokalen Blogs ein Thema. Auch hier finden sich Gegner einer Umbenennung. Der ostsee-zeitungs-blog kritisiert beispielsweise, dass der Namenspatron, verglichen mit anderen Herausforderungen, ein eher kleineres Problem der Universität sei und wundert sich über die Aufregung.
Andere plädieren für die Umbenennung. So zum Beispiel auf dem Blog der Greifswalder Bündnisgrünen, auf dem darauf hingewiesen wird, dass diese Umbenennung gerade in Mecklenburg Vorpommern eine Rolle spielen sollte, wo immer noch gegen das ‚braune Image‘ gekämpft wird. Weiterhin fragen auch sie nach den Verdiensten, die Arndt dazu auszeichnen würden der Universität seinen Namen zu geben.
Die Studierendenschaft hat sich auf der Vollversammlung gegen den Namen Ernst Moritz Arndt ausgesprochen und auch das Studierendenparlament hat sich dazu entschieden den Namen nicht mehr zu verwenden. Die Initiative Uni ohne Arndt, die mitlerweile als Arbeitsgruppe des Studierendenparlaments organisiert ist, kämpft nun für eine Urabstimmung unter allen Studenten, die im Januar 2010 stattfinden soll.
Update 10.7., 11:30: Zwei neue Beiträge
von Gabriel Kords
Am heutigen Tag gibt es zwei neue Beiträge zur Arndt-Debatte. Im Lokalzeitung der Ostsee-Zeitung wurde heute ein Interview mit dem Greifswalder Historiker Profesor Dr. Thomas Stamm-Kuhlmann veröffentlicht. Stamm-Kuhlmann hat auch an einem Informationstext über Ernst-Moritz Arndt mitgewirkt, der bereits seit Jahren auf der Uni-Homepage veröffentlicht werden soll. Das Rektorat hatte vor Kurzem verkündet, dass das nun in den nächsten Tagen auch tatäschlich passieren solle.
In dem Interview, dass derzeit auch kostenlos in der Online-Ausgabe gelesen werden kann, äußert sich Stamm-Kuhlmann relativierend zu den Fragen, ob Arndt Antisemit gewesen sei, ob er Demokrat gewesen sei und ob nun eine Umbennenung forciert werden sollte. Stamm-Kuhlmanns Fazit: „Es gibt wichtigeres.“
Außerdem haben die Arndt-Aktivisten „Uni ohne Arndt“ heute ihre neue Website freigegeben. Die Website war schon länger im Internet zu finden, der webMoritz war aber gebeten worden, auf diese zunächst noch nicht hinzuweisen.
Update 14.7., 8:00: „Pro-Arndt“-Interview in der Ostsee-Zeitung
In der heutigen Ausgabe der Greifswalder Ostsee-Zeitung ist ein weiteres Interview zum Thema erschienen. Der Kirchenhistoriker Dr. Irmfried Garbe äußert sich unter dem Titel „Pro Arndt als Uni-Patron“ (Print-Ausgabe) und bezieht klar Stellung für eine Beibehaltung des Uni-Namens. Die Ostsee-Zeitung verzichtet darauf, zu bennen, dass Garbe von Hause aus Theologe ist und am Lehrstuhl für Kirchengeschichte der Theologischen Fakultät arbeitet.In ihrer Online-Ausgabe nennt sie ihn lediglich ausweichend einen „Experten“.
Garbe wird unter anderem zu dem Positionen des Historikers Prof. Thomas Stamm-Kuhlmann befragt, der vorige Woche in einem Interview gesagt hatte, Arndt sei Antisemit gewesen. Garbe relativiert diese Aussage: Zum einen hätten Juden-Bilder „in Arndts stattlicher Publizistik nur eine marginale Rolle“ gespielt. Außerdem: „Dass er sich mit der staatsbürgerlichen Gleichstellung der jüdischen Bevölkerung in seinen mittleren Jahren schwer tat, macht ihn nicht sympathisch, ist aber in dieser Zeit für viele christliche Intellektuelle typisch. Ihn deswegen als Antisemiten hinzustellen, überstrapaziert die greifbaren Aussagen.“ Außerdem bemerkt Garbe, Arndt habe „sich in seinem Begriff der Nation nicht gegen die Idee des Weltbürgerseins ausgesprochen.“ Desweiteren gibt er zu bedenken, Arndt habe seine Meinungen zu bestimmten Themen (konkret zur „Propagandabegleitung der Befreiungskriege“) im Laufe seines Lebens geändert.
Scharfe Kritik übt Garbe an den Aktivisten, die Initiative im Vorfeld der Vollversammlung neu angefacht haben. Auf die Frage, worauf die Forderung der Studenten beruhe, den Namen abzugelegen, antwortet er:
„Sicher bin ich mir, worauf sie nicht beruht: auf gründlicher Kenntnis seines Lebens und Werkes. Mich befremdet deshalb der Mangel an intellektueller Neugier, der sich in der Kampagne und ihrer schon länger laufenden Studentenpressebegleitung zeigt. Ich bin nicht sicher, ob die mo- ralisch aufgemachte Ent- rüstung echte Moral ist. Die Abstimmung gegen den Namen Arndts im Unititel beurteilten Studenten, die ich nach ihren persönlichen Eindrücken dazu befragte, als inszenierte Demagogie.“
Für alle OZ-Abonennten hier noch einige weiter Links:
Artikel u.a. mit Zitaten von Professor Tietz (Vorsitzender der Ernst-Moritz-Arndt-Gesellschaft)
Stupist und Arndt-Aktivist Peter Madjarov kritisiert das Bach-Interview
Bilder:
Ernst Moritz Arndt – Gemeingut
Vollversammlung – Luisa Wetzel
Startseite – Zeitungen – Hermann Radeloff via jugendfotos.de
Eine schöne Zusammenfassung. Hier noch meine Ergänzungen:
1.) Die bisherige Debatte in der Ostsee-Zeitung hat gezeigt,
1a) dass es keine haltbaren Argumente "für" Arndt gibt.
1b) dass die Kritik an Arndt (Antisemitismus / Rassismus / völkischer Nationalismus / Franzosenhass) nicht aus dem Weg geräumt werden konnte.
1c) dass die Uni und auch die Stadt noch immer nicht sagen kann, worfür Arndt uns heute ein Vorbild sein soll.
1d) dass die Stadt noch immer viel aufzuarbeiten hat was die Vergangenheit betrifft.
Die Tatsache, dass die Ostsee-Zeitung die Debatte mit einem Leserbrief eines früheren NPD-Kreisvorsitzenden eröffnet, der wegen versuchten Mordes (Brandstiftung in einem Aslybewerberheim) verurteilt worden ist, spricht sowohl für die Debatte als auch für die Ostsee-Zeitung.
Noch mehr spricht aber für die Ostsee-Zeitung, dass die Zeitung ihre Leser von sich aus bis heute _nicht_ über diese Tatsache aufgeklärt hat, noch sich bei Ihren Lesern für die Verbreitung eines de facto offenen Briefes der NPD entschuldigt hat.
Das dann auch noch Leserbriefe, in denen der rechtsextremen Hintergrund des Leserbriefschreibers hingewiesen wird, zunächst gekürzt werden, spricht für sich.
Weiterhin muss noch ergänzt werden, dass der renommierte Professor Werner Buchholz in einem Artikel diffamiert wurde, als ein "Professor den man in Greifswald selten sieht". Das Herr Buchholz in Wirklichkeit in Greifswald lebt und hier ein Haus hat, wird verschwiegen. Das die Information darüberhinaus völlig egal ist, für die Bewertung, auch. Außerdem wurde ihm unterstellt, er hätte behauptet er sei "gegen Differenzierung". Genau das Gegenteil war seine Aussage auf der Vollversammlung. Aber die Ostsee-Zeitung schein all zu offene Arndt-Gegner lieber bekämpfen zu wollen…
"Studenten die ein Problem mit Arndt haben, können ja die Stadt verlassen", titelt (!!) die Ostsee-Zeitung in ihren Leserbriefen. Zwar kann man auch so absurde Leserbriefe abdrucken, ihnen aber die Überschrift zu schenken ist eine Auszeichnung, die ich für falsch halte.
Doch der eigentliche Höhepunkt war und ist das Interview mit Prof. Bach. Die Behauptung das Ernst Moritz Arndt kein Antisemit sei (Begründung: In seiner Zeit gäbe es schließlich auch andere Menschen, die antisemitischen seien, da fiele Arndt nicht weiter auf), ist abendteuerlich. Dies auch noch in die Überschrift zu schreiben, ist tendenziös.
Es ist auch tendenziös, dass die Ostsee-Zeitung den eigentlichen Initiatoren der Arndt-Aktion bis heute keine Möglichkeit der Stellungnahme eingeräumt hat. Die Argumente der Initiatoren konnten lediglich in Leserbriefen dargestellt werden, und dort auch nur als Abwehr gegen die Verbreitung der Falschmeldungen.
Es ist auffällig, dass neben der Ostsee-Zeitung nur die rechtsextreme Szene eine ähnliche Tendenz hat. Greifswald TV, Deutschland-Funk, die moritz Medien, NDR 1 Radio MV, die Greifswalder Blogs – haben ale entsprechend neutrale oder Arndt-Kritische Beiträge geliefert… Einzig die Leser der Ostsee-Zeitung (leider immer noch die einzige Tageszeitung der Stadt), müssen den Eindruck haben, dass Arndt ein toller Kerl war…
Hier noch mal meine Antwort auf Prof. Bach:
Die Behauptung Arndt sei kein Antisemit gewesen, halte ich bei allem Respekt für skandalös. Der Antisemitismus setzt dort ein, wo Deutsche jüdischen Glaubens (Vor dem Holocaust die drittgrößten Konfession in Deutschland) nicht mehr als Deutsche begriffen werden, sondern als Rasse betrachtet werden. Arndt hielt „Deutsche“, „Polen“ und „Juden“ als drei von einander unabhängige Völker. Selbst wenn man von seinen unerträglichen Tier- und Ungeziefer-Metaphern absähe: Arndt warnte davor, dass die Deutschen „verbastardisiert“ würden, wenn sie ihr Blut mit dem der Juden „vermischten“. Wie würden Sie sich fühlen, wenn Sie als Lutheraner, Reformierte oder Katholiken nicht als Glaubensgemeinschaft, sondern als Rasse bezeichnet und dann schmutzig diffamiert werden würden?
.
Die wissenschaftlichen Veröffentlichungen aber sprechen seit Jahren ganz klar von Arndt als einem modernen Antisemiten. Wenn die Universität und die Stadt sich nicht mal das eingestehen kann, ist das Problem wahrlich größer, als ich bisher angenommen hatte.
P.S.:
Heute ein sehr beachtenswertes Interview in der Ostsee-Zeitung mit Geschichtsprofessor Dr. Thomas Stamm-Kuhlmann. Darin sag Stamm-Kuhlmann:
– Arndt war Antisemit (wenn es auch nicht sein Hauptwerk war)
– Arndt war Rassist (warnte vor Vermischung des Blutes)
– Arndt war kein Demokrat (gegen Bürgerrechte, Monarchist, Paulskirchen-Anerkennung eher für Lieder)
– Arndts größte Leistung war seine Propaganda. "Er hat nichts geleistet"
Lieber Seb Jab,
diese Zusammenfassung des Interviews stellt natürlich auch eine gewisse Glättung dar (beim Demokratiebegriff wird beispielsweise zwischen einem zeitgenössischen Demokratenbegriff "im weitesten Sinne" und dem heute allgemein verwendeten unterschieden, das Zitat "Da hat Arndt nichts geleistet" bezieht sich ausschließlich auf Arndts nicht erfolgte wissenschaftliche Leistung als Quelleneditor, etc.).
Es wäre vielleicht hilfreich, wenn der Webmoritz in diesem Artikel vielleicht noch Auszüge aus dem Interview Stamm-Kuhlmanns bringt, bzw. dieses ebenfalls verlinkt.
DM
Weiß jemand, wie die Wasserprawda(OZ) in der heutigen Ausgabe darauf kommt, jemand wolle die Uni in Napoleon-Universität umbenennen?
Macht keinen Sinn, ausser, das der ein "Gegen-Arndt" wäre, oder?
Die Einteilung der Menschen in Rassen war im 19. Jahrhundert vollkommen üblich. Deshalb kann man daraus keinen Vorwurf gegen Arndt stricken. Arndt war weder Nationalsozialist, noch der Wegbereiter irgend eines Genozids.
Soweit ich weiß war es das damalige Selbstverständnis vieler Menschen einer Rasse anzugehören, dieser Gedanke war auch bei den Juden weit verbreitet.
Ähm…es gibt auch keine Argumente "gegen" Arndt…außer diesen zusammengeschusterten ewig gleichen Vorwürfen.
Der Wasserprwada (großartige Bezeichnung!) zu unterstellen sie sei tendenziös ist sicher nicht aus der Luft gegriffen, verliert aber an Bedeutung da der Webmoritz auch tendenziös ist. Von Herrn Jabbuschs einseitiger Darstellung vieler Dinge mal ganz abgesehen.
Danke für die verschiedenen Beiträge! Habe jetzt auch eure neue Homepage verlinkt 😉
Was du in das Stamm-Kuhlmann-Interview hineininterpretierst, finde ich allerdings haarsträubend:
* Antisemit: Das sagt er zwar so, aber er relativiert es auch nicht unerheblich.
* Rassist: Auch das wird relativiert
* Demokrat: Das hast du einigermaßen richtig wiedergegeben 😉
* "Er hat nichts geleistet" – Das hat Stamm-Kuhlmann nicht gesagt! Das dann auch noch in Anführungszeichen zu setzen, finde ich ziemlich daneben.
Was du indes nicht erwähnst, ist Stamm-Kuhlmanns Satz: "Es gibt wichtigeres" in Bezug auf die Namensdebatte…
Da fände ich ja (um im französischen Kontext zu bleiben) Marat-Universität sinnreicher, im deutschen Kontext wäre eine Robert-Blum-Universität sicher ein Name, mit dem alle Spektren an der Uni gut leben könnten.
Ist denn jetzt schon die Namensfindung eröffnet? – Erst einmal muß doch dafür gesorgt werden, daß der Name Arndt als Namenspatron entsorgt wird. Die Auseinandersetzung darum hat ja gerade erst begonnen (siehe OZ).
OZ: Was unterscheidet Arndt von anderen „nationalen Predigern“ wie Fichte?
Stamm-Kuhlmann: Nichts, aber das ist nicht die Frage, auch die Hierarchie der Rasen gehörte damals zu den üblichen Denkmustern. Wichtiger ist, dass es andere Denker wie Herder und die Humboldts gab, die diese Rassenhierarchie ablehnten und den Wandel vom Kosmopolitischen zum Nationalpolitischen nicht mitmachten. Er hatte eine Wahl.
OZ: Sie plädieren also für die Ablegung des Namens?
Stamm-Kuhlmann: Die Universität, die ja weltoffen sein will, muss sich fragen, ob sie so einen Patron will. Die andere Frage ist, wie schlimm so ein Name wirklich ist.
OZ: Müssten denn alle ArndtSCHULEN, -STRAßEN und PLÄTZE umbenannt werden?
Stamm—Kuhlmann: In Kiel, wo ich herkomme, gibt es als Namensgeber z. B. Tirpitz und Hindenburg. Beides sind Totengräber der Demokratie genau wie der im Osten hoch verehrte Thälmann. Es gibt wichtigeres.
OZ: Was halten Sie denn von dem Vorschlag, dass bei Ablegung des Namens Arndt die Umbenennung in Napoleon-Universität erfolgen muss?
Stamm-Kuhlmann: Das ist die Logik des „Wer nicht für mich ist, ist wider mich“, die wir an George W. Bush so abgelehnt haben. Aus 200 Jahren Abstand können und dürfen wir die Gewaltsamkeiten im Denken Arndts und die reale Gewaltherrschaft Napoleons gleichermaßen verurteilen.
Ja, danke, ist jetzt auch passiert. Die ursprüngliche Version des Artikels ist kurz vor Publikation des Interviews erschienen…
Lob für die Schnelligkeit der Redaktion!
Ich glaube, der Napoleon-Vorschlag ist höchstens halbernst gemeint. Ich find' ihn jedenfalls ziemlich gaga…
Arndt ist ja u.a. für sein Eintreten gegen die französische Aufklärung bekannt geworden.
Gerade diese bürgerliche Aufklärung steht für die Losung "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit", also gegen Rassismen und anderen Müll.
Arndt jedoch war gegen die bürgerliche Aufklärung in diesem Sinne und für einen völkischen Nationenbegriff.
Daß Arndt "Wegbereiter des Nationalsozialismus" gewesen sei, hat niemand aus dem Uni-ohne-Arndt-Kreis behauptet; das wäre auch völliger Mumpitz. Was hingegen gesagt wurde, war, daß Arndt als Vordenker im völkisch-deutschen Nationenkonstrukt gehört und selbiges auch vom deutschen Faschismus zur Untermauerung ihrer Ideologie gerne herangezogen wurde. Ich finde es ziemlich daneben, daß von den Arndt-BefürworterInnen klapprige Potemkin'sche Dörfer errichtet werden, statt sich mit der realen Kritik argumentativ auseinanderzusetzen.
Was die Juden in Deutschland anbelangt: Erst durch den Code Civil Napoleons sind die Juden in Deutschland rechtlich gleichgestellt worden. Das war Reaktionären wie Arndt immer ein Dorn im Auge, was auch Hintergrund für seine demagogische Hetze gegen Juden und Jüdinnen sowie gegen die französische Nation war.
Nach der Niederlage Frankreichs wurde diese Emanzipation (also Gleichstellung) der Juden und Jüdinnen von der deutschen Reaktion umgehend wieder zurückgeschraubt und die jüdische Bevölkerung wieder in die weitgehende Rechtlosigkeit und Willkür zurückversetzt. Mich wundert, daß dieser Aspekt in der bisherigen Diskussion um Arndt und seine "Ideen" bisher kaum diskutiert wurde.
Der "Rassegedanken" spiele in der jüdischen Bewegung nie eine wirkliche Rolle. In Deutschland war eher eine Bewegung der schrittweise Assimilation zu sehen, wo gerade Bürgerliche jüdischer Herkunft bewußt national und staatstreu auftraten, um auf diesem Wege die rechtliche Gleichstellung zu erreichen. Auch Theodor Hertzl, der Begründer der jüdischen Nationalbewegung (Zionismus) hatte anfangs auf Assimiliationsstrategie gesetzt. Der grassierende Rassismus und Antisemitismus in Deutschland und Österreich, insb. in Wien, führte dann aber dazu, daß er in den 1890ern die Idee einer bürgerlichen jüdischen Nationalbewegung entwickelte. 1896 erschien sein Buch "Der Judenstaat" und 1902 sein Buch "Altneuland" (letzteres gibt es in einer Neuauflage von HaGalil, sehr lesenswert). 1899 gründeten Hertzl und MitstreiterInnen den „Jewish Colonial Trust“, um damit Land in Palästina (damals noch Gebiet des Osmanischen Reiches) zu kaufen und dort Siedlungsprojekte zu beginnen. – Damit wurde ein erster Grundstein gelegt, der 1948 endlich zur Gründung des Staates Israel führte.
Der Zionismus ist also ideengeschichtlich eindeutig eine Reaktion auf deutschen Rassismus und Antisemitismus.
Was soll denn daran "zusammengeschustert" sein? Die Kritik an Arndt ist (seitens der AG Uni ohne Arndt) mehrfach geäußert und durch Quellenangabe und historischen Kontext belegt worden. Von der Pro-Arndt-Seite hingegen kommen nur polemische Einwürfe. Eine echte Auseinandersetzung (z.B. Anhand der Texte und Quellen) vermisse ich dort. Allein nationalistische Entrüstung und reaktionärer Pathos ersetzt noch keine wissenschaftliche Auseinandersetzung!
"Daß Arndt "Wegbereiter des Nationalsozialismus" gewesen sei, hat niemand aus dem Uni-ohne-Arndt-Kreis behauptet; das wäre auch völliger Mumpitz."
Naja, auf der Homepage der Arndt-Aktivisten ist zu lesen: "Arndt hat aber – und das ist richtig – schon im frühen 19 Jhd. das fanatische Gedankengut entwickelt, aus dem die Nazis sich dann berufen konnten." (Quelle: http://jabbusch.tose.de/uniohnearndt/2009/07/flyi…
Da kommt das Wort "Wegbereiter" zwar nicht drin vor, aber inhaltlich ist sich das ziemlich nahe, oder?
Es ist
"Daß Arndt "Wegbereiter des Nationalsozialismus" gewesen sei, hat niemand aus dem Uni-ohne-Arndt-Kreis behauptet; das wäre auch völliger Mumpitz."
Naja, auf der Homepage der Arndt-Aktivisten ist zu lesen: "Arndt hat aber – und das ist richtig – schon im frühen 19 Jhd. das fanatische Gedankengut entwickelt, aus dem die Nazis sich dann berufen konnten." (Quelle: http://jabbusch.tose.de/uniohnearndt/2009/07/flyi…
Da kommt das Wort "Wegbereiter" zwar nicht drin vor, aber inhaltlich ist sich das ziemlich nahe, oder?
Es ist
"Daß Arndt "Wegbereiter des Nationalsozialismus" gewesen sei, hat niemand aus dem Uni-ohne-Arndt-Kreis behauptet; das wäre auch völliger Mumpitz."
Naja, auf der Homepage der Arndt-Aktivisten ist zu lesen: "Arndt hat aber – und das ist richtig – schon im frühen 19 Jhd. das fanatische Gedankengut entwickelt, aus dem die Nazis sich dann berufen konnten." (Quelle: http://jabbusch.tose.de/uniohnearndt/2009/07/flyi…
Da kommt das Wort "Wegbereiter" zwar nicht drin vor, aber inhaltlich ist sich das ziemlich nahe, oder?
Es ist
"Daß Arndt "Wegbereiter des Nationalsozialismus" gewesen sei, hat niemand aus dem Uni-ohne-Arndt-Kreis behauptet; das wäre auch völliger Mumpitz."
Naja, auf der Homepage der Arndt-Aktivisten ist zu lesen: "Arndt hat aber – und das ist richtig – schon im frühen 19 Jhd. das fanatische Gedankengut entwickelt, aus dem die Nazis sich dann berufen konnten." (Quelle: http://jabbusch.tose.de/uniohnearndt/2009/07/flyi…
Da kommt das Wort "Wegbereiter" zwar nicht drin vor, aber inhaltlich ist sich das ziemlich nahe, oder?
"Allein nationalistische Entrüstung und reaktionärer Pathos ersetzt noch keine wissenschaftliche Auseinandersetzung! "
Stimmt! Aber Pawlowsche Reflexe bei gezielt herausgesuchten Arndt Zitaten auch nicht.
Gerade an dem von dir angeführten Thema Napoleon läßt sich doch eine Vielschichtigkeit bei Persönlichkeiten und ihrem Wirken verdeutlichen. Napoleon hat die Emanzipation der Juden gefördert und durchgesetzt, das mag man ihm ja vielleicht positiv anrechnen, gleichzeitig hat er aber Europa mit Kriegen überzogen, in deren Folge Millionen Menschen ihr Leben verloren. Wie ihn also bewerten? Rein positiv weil er sich für Juden einsetzte oder rein negativ weil er ein herrschsüchtiger Kriegstreiber war? Oder sollte man versuchen der Komplexität gerecht zu werden und ein differenziertes Bild entwerfen?
Ähnlich verhält es sich bei Arndt. Mit reinen Schwarz-Weiss Malereien kommt man nicht weit.
Ich denke man sollte gänzlich auf einen Namenspatron verzichten. Für die Identität einer Universität ist ein Name doch vollkommen unerheblich – oder hat sich irgendjemand bei seiner Studienbewerbung dafür interessiert wie eine Universität heißt?
Es gibt nur wenige Ausnahmen, wie zum Beispiel die Humboldt-Uni in Berlin, aber das liegt daran, dass es in Berlin drei Unis gibt und man eine Abgrenzung braucht.
Ansonsten ist der Uniname in einer Stadt mit einer Uni doch vollkommen belanglos. Er ist im allerbesten Fall Dekoration. Eine Deko die wirklich keiner braucht.
Schon gar nicht sollte man sich mit Namen schmücken, die überhaupt keinen Bezug zur Uni oder zur Region haben. Casper David Friedrich würde den Ansprüchen der Dekoration natürlich vollkommen genügen, aber warum soll man eine Universität mit der Bandbreite der EMAU nach einem Maler benennen?
Universität Greifswald reicht vollkommen aus, jeder weiß doch sofort worum es geht. Zumal es doch sowieso alltäglich ist, dass man Unis bei dem Namen ihrer Stadt nennt – oder sagt und kennt ihr die Namen der Unis in Leipzig, Jena, Bonn oder sonstwo (sofern sie denn welche haben)?
Höchstens über andere Regionalbezeichnungen, wie Uni Vorpommern könnte man noch nachdenken, aber auch das halte ich für überflüssig.
Lasst uns das Ganze einfach so schnell wie möglich hinter uns bringen – wie Prof. Stamm-Kuhlmann schon sagt: "Es gibt wichtigeres."
Im Übrigen finde ich es schon rührend, wie Sebastian in den ersten Kommentaren hier die OZ angreift und dann selbst die Aussagen von Stamm-Kuhlmann so hinbiegt, wie er sie braucht. Herzzerreißend. Man sollte andere nicht für etwas kritisieren, wovon man selbst befallen ist!
Die Kriege wurden übrigens 1792 ff. von den monarchistischen Nachbarn Frankreichs angefangen und weiterbetrieben. Nicht Frankreich hat den europäischen Staaten den Krieg erklärt, sondern diese dem revolutionären Frankreich.
Vielleicht solltest Du Deine Argumentationen mal ein bißchen in den geschichtlichen Kontext betten.
Nein – es gibt einen Unterschied: das eine ist die Behauptung, Arndt hätte das dritte Reich vorhergesehen oder darauf hingearbeitet (aktiv). Das andere – was wir sagen – ist das sich das dritte Reich auf Arndt Ideologie berufen konnte. Das ist eine passive Rolle.
In beiden Fallen ist der Name aber für eine Universität untragbar!
Hey Gabriel,
Du musst gucken, woher wir kommen! Letze Woche hieß es in der Ostsee-Zeitung noch, dass Arndt "kein" Antisemit sei! Außerdem wurde behauptet er sei Demokrat gewesen und ähliches…
Hier hat Stamm-Kuhlmann doch eines richtig gestellt!!
Prof. Stamm-Kuhlmann in der OZ auf die Frage, ob es eine Linie von Luther über Arndt zu Hitler gibt: "Ja, aber die Geschichte kennt viele Weggabelungen, es gibt auch eine Linie von Luther über Arndt zu Friedrich Ebert."
Das trifft es meiner Meinung nach sehr gut: Man darf Zusammenhänge weder übersehen noch überbewerten.
Hallo Gabriel,
wenn du uns Arndt-Gegner immer so zur Präzision ermunterst, bitte auch selbst präzise sein:
Dass Fazit "Es gibt Wichtigeres" bezieht sich auf die Frage, ob sämtliche Arndtschulen, -Straßen etc. umbenannt werden sollen.
Bezogen auf die Uni sagt er: "Die Universität, die ja weltoffen sein will, muss sich fragen, ob sie so einen Patron will. Die andere Frage ist, wie schlimm so ein Name wirklich ist." Denn eine Uni mit internationaler Ausrichtung und hohen Bildungsidealen ist eben nicht gleich einer Straße mit Ausrichtung von der Burg- zur Goethestraße!
Er lässt offen, ob das wirklich so schlimm ist, aber selbst wenn man zu dem Schluss kommt, es sei nicht so schlimm, kann man sich ja doch fragen, ob man ein bisschen Mist mit sich rum tragen will.
Man kann übrigens auch das Fazit ziehen: "Bei Arndt überwiegt das Negative". Denn Stamm-Kuhlmann schätzt einzig Arndts Sprachgewalt, ind selbst die wird stark relativiert!
und du mal aufhören dir alles so hinzudrehen wie es dir passt………..
Ähm… sicher haben die Kriege 1792 angefangen aber alle napoleonischen Kriege darauf zurückzuführen verdeutlicht nur dein beschränktes Geschichtswissen. Komisch sonst überall Angriffkriege und deren Folgen verurteilen aber hier wieder Ausnahmen machen. Also hatte Russland 1812 selbst Schuld das es angegriffen wurde oder was?
Deine Argumentation erinnert an gewisse "rechte" Kreise die auch gerne behaupten die von der Wehrmacht angegriffenen Länder hätten selber Schuld, da sie vorher dem "freien revolutionären" Dritten Reich den Kampf aufgezwungen. Das ist vom Denkschema eine Sparte…
Fakten, Fakten, Fakten.
… oder beim Thema französische Revolution im Unterricht der Oberstufe geschlafen?
Fakten, Fakten, Fakten.
… oder beim Thema französische Revolution in der Oberstufe geschlafen?
Seit heute online:
Die Aktion mit der alles begann…
[youtube ts5Bs_RNQYs http://www.youtube.com/watch?v=ts5Bs_RNQYs youtube]
Wie kann man nur so selbstverliebt sein? Seb Jab der Schwarm aller Schwiegermütter.
Wir sollten Sebastian Jabbusch ein Denkmal bauen.
Irgendwie werde ich den Gedanken nicht los, dass Sebastian und Ernst-Moritz im tiefsten inneren seelenverwandt sind.
🙂
wahrscheinlich auch sind die zwei auch noch Verwandte…………..
Und Jab ist das schwarze Schaf in der Familie!
Dann würde ich den Antrag stellen, das Denkmal umzubenennen, da es nicht für alle Studenten steht; was hat Sebastian Jabbusch denn für die Uni getan? Er hat mit Vehemenz gegen seine Gegner gewettert und sich für die Freiheit Seinesgleichen starkgemacht, aber zugute halten könnte man ihm höchstens sein Redetalent, aber das reichte bei Arndt ja auch nicht *ggg*
Desweiteren sollte er auf dem Denkmal in seinem größten Moment festgehalten werden – im großen Arndt-Wichs!
Aber Jabbusch-Bashing wird noch schneller öde als Arndt-Bashing, lassen wirs..
Nö, Du hast Recht, JBush hat nichts geleistet, eher hat er mit Mitteln gekämpft, die dem wissenschaftlichen diskurs abträglich sind. Traurig!
Das was der Herr J Bush trägt hat wohl wenig mit dem zu tun, was die Leute in der Zeit damals getragen haben. Wichs?
Arndt "Bashing" ist doch voll im Trend, der Zeitgeist deckt das vollkommen ab!
*hüst* Mein Beitrag war ein spiegelbildlich zur Arndt-Kritik formulierter satirisch gemeinter.
Ich würde Sebastian (nicht zuletzt) schon deshalb nicht wegen seiner Person angreifen, weil das meine Kritik an seinem Verhalten diskreditieren würde.
Hehe, ist da jemand neidisch? Zum Glück hat Sebastian keine Minderwertigkeitskomplexe, sonst würde Greifswald noch 20 weitere Jahre schlafen. 😉
[polldaddy 1776736 http://answers.polldaddy.com/poll/1776736/ polldaddy]
🙂
Leider auch falsch 😉
Es bezieht sich überhaupt nicht mehr auf Arndt, sondern auf die Namensgebung im Allgemeinen. Namen sind nämlich Schall und Rauch.
Und der Angriff der monarchistischen Nachbarn legitimiert jetzt also, dass Napoleon einfach mal bis Moskau zog?
Zumal Napoleon sich zu keinem Zeitpunkt als Vertreter der Revolution gesehen hat.
Er hat selbst gesagt, dass der Code Civil von ihm vor allem zu dem Zweck eingeführt wurde, um das Bürgertum fügig zu machen und besser manipulieren zu können.
Solidarität mit der Französischen Revolution hin oder her. Napoleon war eine Folge der Revolution, aber weder Kind noch Vertreter derselben
"…durch Quellenangabe und historischen Kontext belegt worden.."
Durch Quellenangabe schon. Aber historischer Kontext? Historischer Kontext heißt, dass ich Erscheinungen und Personen in der Zeit sehe, in der sie gelebt haben und sie nicht aus dem historischen Kontext reiße. Das ist im Fall Arndt eher nicht geschehen.
Der einzige, der Arndt in den historischen Kontext eingebettet hat, war Herr Professor Stamm-Kuhlmann. Auch wenn Professor Bachs Aussage "Arndt war kein Antisemit" sehr starker Tobak und mE eine gezielte Provokation und Reaktion auf den VV Beschluss war, so hat auch er Arndt in den historischen Kontext gesetzt, was Prof. Buchholz übrigens zumindest zur VV zu keinem einzigen Zeitpunkt getan hat.
Denn zum historischen Kontext gehört es, gerade für Wissenschaftler, auch dazu, die gesellschaftlichen Verhältnisse/Brüche/Umbrüche zu analysieren und Vergleiche zu anderen Philosophen, Theologen, Politikern… und deren Weltbildern zu ziehen um dann seriös urteilen zu können, ob zB Arndt eine unumstritten negative Sonderrolle spielt, oder aber er mit seiner Negativrolle nur einer von vielen ist.
Am Anfang der Artikel werden 3 Argumente genannt die gegen eine Namensablegung sprechen oder die für Arndt sprechen.
Neben diesen Gründen gibt es noch weitere, die auch unter Studenten diskutiert wurden.
Diese sind hier aufgezählt:
– Man sei nicht genug darüber informiert, um sich jetzt schon eine Meinung zu machen
– Das Vorgehen der Arndt Gegner sei sehr einseitig und man bekommt den Eindruck es gäbe keine
andere Wahl als gegen Arndt zu sein
– Arndts Ansichten werden in verschiedenen historischen Zeiten anders interpretiert
(Nach dem 2WK hat auch die Anti-Hilter Koalition Arndt für sich genutzt / Auch die Politiker in der DDR
haben ihn für ihre Zwecke genutzt.)
– Die politische Realität einer Umbenennung ist zu nicht gegeben
– Die Studenten identifizieren sich kaum mit dem Namensgeber, auch wenn es ein anderer wäre
– Die Kosten einer Umbenennung sind zu hoch
Dank Dir für die Ausführungen, Paul!
Die angeführten Bedenken und Sorgen können ja behoben werden:
1. Mehr Infos, dazu ja auch die Kampagne zur Urabstimmung.
2. Beswußt die PRO-Arndt-Argumente benennen und widerlegen – was u.a. hier in der Debatte regelmäßig passiert (mit Zitaten, Quellenverweisen, Einordnung in den historischen Kontext etc. pp); offenbar reicht aber das Medium Webmoritz dafür nicht aus, weil hier nur ein Bruchteil der Studierenden (und wahrscheinlich nicht unbedingt diejenigen, die obige Bedenken äußern) mitliest; also andere Möglichkeiten der Aufklärung suchen (z.B. eine Arndt-Broschüre).
3. Vielleicht sollte dann genauer dargestellt, warum und v.a. wer Arndt ge- bzw. benutzt hat. Zweifelsohne waren die Intentionen beim Nationalkomitee Freies Deutschland andere als bei der NS-Propagandaabteilung.
4. Klar aufzeigen, daß sich nur etwas ändern wird, wenn die Studierenden selber aus dem Quark kommen. Zuschauerdemokratie gibt es nicht. – Und gegen Apathie und Nihilismus helfen immer noch (kleine) Erfolge, also z.B. eine hohe Beteiligung bei der Urabstimmung (die kommen wird!).
5. Deutlicher aufzeigen, daß sich aber Leute von außerhalb durchaus mit Arndt auseinandersetzen (müssen), genannt seien hier u.a. mal Erasmus-Studierende aus Frankreich oder Austauschstudierende aus Israel. Es ist halt kein Namensproblem, das beim Verlassen des Campus endet, sondern weitreichender ist. (Siehe auch die OZ-Polemiken gegen die studentische Kritik an Arndt.)
6. Vielleicht müssen wir noch deutlicher, als auf der VV geschehen, klarstellen, daß die Kosten für eine Umbenennung bei den studentischen Greminen = Null liegen, bei der Uni als Institution relativ überschaubar bleiben. Zumal, das sagten Peter und Sebastian auf der VV schon, der Akt der Auswechslung von Institutsschildern in einem Zeitraum von 10 Jahren passieren kann; bis dahin werden die Schild eh turnusmäßig ausgewechselt.
Du kannst für keine Umbenennung einen "Übergangszeitraum" festlegen.
Wenn eine Institution plötzlich nur noch "Universität Greifswald" heißt und nicht mehr "Ernst-Moritz-Arndt Universität Greifswald", so sind das zwei verschiedene Institutionen, vom Namen her gesehen.
So weit ich weiß, ist es auch rechtlich nicht möglich einen Übergangszeitraum zu schaffen.
Denn der Briefkopf "E-M-A Universität" muss mit dem Beschluss der Umbenennung schon ausgetauscht werden. Ist ja logisch. Denn wenn die Institution nicht mehr so heißt, kann sie auch nicht mehr diesen Namen tragen. Bei der Beschilderung könnte man das einfacher lösen, indem man den Namen überkleben würde. Was ja einige übereifrigen Studenten bereits getan haben (sie haben sozusagen Vandalismus betrieben, dank der Kampagne der Namensgegner…)
Nenne mir mal eine Umbenennung (also einer Institution), die nichts gekostet hat. Ich bin gespannt… 🙂
Man kann es doch auch andersherum machen: Erst tauscht man nach und nach alle vorkommenden Namen und Logos aus (Schilder, Briefköpfe, Homepage). Und wenn schließlich alles "Arndt-frei" ist, kann man sich immer noch offiziell umbenennen. Ich glaube nicht, dass gesetzlich vorgeschrieben ist, was in einen Briefkopf darf und was nicht. Das ist immer noch die Freiheit der Person (in diesem Falle einer juristischen).
Gesetzlich vorgeschrieben ist nur, dass bei hoheitlichem Handeln erkennbar sein muss, wem es zuzurechnen ist. Ein Brief muss also hinreichend bestimmt sein, sodass man weiß, an wen man sich wenden muss, wenn man Kontakt sucht. Da es in Greifswald nur eine Universität gibt, ist es logisch, dass ein Brief, dessen Briefkopf "Universität Greifswald" lautet, der EMAU zuzurechnen ist. Der Verzicht auf den Namenspatron würde also nicht gegen das Bestunntheitsgebot verstoßen, man könnte so Kosten sparen.
Dass die Umbenennung kostenlos ist, behaupten wir ja gar nicht. Wir finden, dass man schon ein bisschen Geld ausgeben sollte, um den Namen zu entfernen. Gleichzeitig sollte man aber darauf achten, dass es nicht zu viel wird. Natürlich müsste man erst mal alles durchrechnen, aber die Behauptung, es würde Hunderttausende Euro kosten, ist genauso aus der Luft gegriffen wie die, dass es kostenlos sei.
[polldaddy 1776734 http://answers.polldaddy.com/poll/1776734/ polldaddy]
🙂
Ich würde die Option Enthaltung auch mit einbauen.
Natürlich kann mensch daraus einen Vorwurf machen, denn solche Einteilungen waren durchaus nicht bei allen Persönlichkeiten "üblich". Zeige mir bitte entsprechende Äußerungen bei Humboldt, der ist im gleichen Jahr (1769) wie EMA geboren.
Zum 2. Update: Ich kann keine Argumente erkennen, die für den Namen an sich (!=für die Beibehaltung) sprechen. Alle Argumente, die ich bisher gehört habe, richten sich lediglich gegen eine Umbennung. Wirkliche Gründe, die Uni guten Gewissens nach Arndt zu benennen habe ich noch nicht gehört. Insofern müsste die Debate eher "Umbenennung ja oder nein" und nicht "Arndt ja oder nein" lauten.
genau richtig. Meine Kritik wäre aber noch fundamentaler.
hier mein Leserbrief an die Ostsee-Zeitung, ob er wohl abgedruckt wird?:
Wenn Herr Sebastian Ratjen sagt, dass er die Kernvorwürfe gegen Arndt nicht kenne und Dr. Irmfried Garbe uns Demagogie vorwirft, hat das beides zwei einfache Gründe: Wir – die studentischen Initiatoren der Debatte – durften bis heute in der Ostsee-Zeitung unsere Argumente nicht darlegen. Kein Wunder das niemand unsere Argumente kennt. Nur von Zeit zu Zeit können wir in kurzen Leserbriefen die vorgetragenen Angriffe mit Mühe und Not "abwehren". Wer sich für unsere Argumente interessiert hat aber inzwischen auf "www.uni-ohne-arndt.de" die Möglichkeit unsere Position nachzulesen und auch mit uns im Forum ins Gespräch zu kommen. Zur Kritik: Unsere Argumente gegen Arndt basieren nicht nur auf unseren eigenen Leseerfahrungen, sondern auf dem von Garbe offenbar negiertem wissenschaftlichen Kolloquium aus dem Jahre 2001. Damals haben sieben renommierte Wissenschaftler aus Deutschland und Greifswald in bis heute unwidersprochenen Texten die rassistischen, antisemitischen und völkisch-nationalen Tendenzen Arndts klar dargestellt. Abgesehen von wissenschaftlichen Argumenten bleibt es aber dabei, dass es Greifswalder Bürger waren, die die Polizei wegen "öffentlicher Volksverhetzung" anriefen, als wir einfach nur Arndt-Texte (nicht Zitate!) vor der Mensa vorlasen. Wenn Herr Garbe sagt, dass man, um Arndt-Texte zu verstehen, "exegetische Sorgfalt" und "solider Kenntnisse des geistigen Wurzelgrundes" bedürfe, möchte ich folgende provokative Frage stellen: Wenn die Studenten, die sich eben u.a. über ihre Medien schon seit drei Jahren mit Arndt beschäftigen, noch nicht zu dieser offenbar notwendigen "exegetischen Sorgfalt" gelangt sind, wie sollen dies Touristen oder internationale Studenten aus Frankreich, Israel oder den USA schaffen? Die Universität wurde 1933 von Herrmann Göring nach Arndt benannt. Wir sollten zur Tradition zurückkehren und uns wieder so nennen, wie vor 1933: Nämlich einfach nur Universität Greifswald.
Dieser Nazi Name muss weg. Leute wie Arndt und ihresgleichen haben doch direkt nach Auschwitz geführt.
Ich finde es allerdings völlig unfassbar das die Studentischen Medien immer noch nach Arndt benannt sind. Oder woher kommt der Name Moritz?
Hier sehe ich dringenden Handlungsbedarf. Warum benennt ihr euch nicht um? Oder seid ihr etwa für diesen Nazi und Hetzer?
Obwohl ich mich schwer tue, auf einen solchen Kommentar zu antworten lege ich die die Antwort auf diese Frage im webMoritz-Forum ans Herz: http://www.webmoritz.de/forum/ideen-kritik-fur-de…
Und für weitere Kommentare würde ich dich bitten, dich etwas zu mäßigen…
Wieviel Arndt hast du eigentlich gelesen? Ein oder zwei zusammenhängende Sätze? Wieviele Werke kennst du, dass du dir selbst ein Bild über ihm machen kannst?
ich habe nichts von Arndt gelesen, wie alle anderen wohl auch. Ich kenne nur die Zitate aus dem "Moritz".
Wir sollten unsere Uni reinhalten von irgendwelchen Nazis. Arndt war Nazi. Daher muss er mit Stumpf und Stiel weg. Auch Moritz.
Für sebstbestimmtes lernen in einer freien Gesellschaft.
So sehr ich auch Deine Empörung über Arndt nachvollziehen kann und teile, finde ich die Argumentation hanebüchend. Arndt war kein Nazi und konnte auch nie Nazi sein, weil der Faschismus ein Produkt des 20. Jh. ist!
Beim Faschismus handelt es sich um eine reaktionäre, bürgerliche Option gegen die erstarkte ArbeiterInnenbewegung nach 1917, mit dem Ziel diese zu demoralisieren, zu terrorisieren und zu zerschlagen (siehe u.a. Italien, Deutschland, Bulgarien, Polen, Litauen, Lettland, Estland, Spanien, Portugal). In etlichen der genannten Länder ist das ja auch ganz gut "gelungen".
Arndt war völkischer Nationalist, der in rassistischen Konstrukten argumentierte.
Arndt war Antisemit, übrigens einer der ersten, die den Übergang vom Antijudaismus (des Feudalismus) hin zum Antisemitismus (des bürgerlichen Klassenstaats) vollzogen.
Arndt war ein Feind der bürgerlichen Aufklärung und des Republikanismus, die aus Frankreich kommend schnell Einzug nach Deutschland fanden. Einem Monarchisten wie Arndt schmeckte so etwas natürlich nicht.
Dazu kommt sein (franzosen)bluttriefendes Pathos, mit der die von deutscher Seite ausgerufene "Erbfeindschaft" mit Frankreich (d.h. der Kampf um die Hegemonie in Kontinentaleuropa) literarisch flankiert wurde.
http://de.wikipedia.org/wiki/Erbfeindschaft
Ich komme aus der Pfalz. Wir wissen was wir an den Franzosen haben. Du hast ja mal gar keine Ahnung du Melac.
Das hier wohl Arndt als Symbol des Bürgertums von Linksradikalen bekämpft wird scheint mir offensichtlich. Ich finde den Typ auch schwierig, aber gleich die Uni umzubenennen, nanaj.
Du irrst, wenn Du mir unterstellst, ich sähe in Arndt ein "Symbol des Bürgertums". Ich sehe in Arndt vielmehr ein Symbol der deutschnationalen Reaktion, die sich vehement gegen das damals revolutionäre Bürgertum gestellt und daher die AnhängerInnen der französischen Revolutionswelle bekämpft hat. Selbst 1848/49 hat Arndt noch dem preußischen König die Kaiserkrone der Paulskirchenversammlung wie Sauerbier angeboten und sich stets abfällig über den Republikanismus geäußert.
Der von Dir zitierte Wikipedia-Artikel wird übrigens wie folgt eingeleitet:
"Dieser Artikel oder Abschnitt ist nicht hinreichend mit Belegen (Literatur, Webseiten oder Einzelnachweisen) ausgestattet. Die fraglichen Angaben werden daher möglicherweise demnächst gelöscht. Hilf Wikipedia, indem du die Angaben recherchierst und gute Belege einfügst. Bitte entferne zuletzt diese Warnmarkierung." – Keine wirklich gute Quelle.
Naja, mich mit Mélac zu vergleichen, da hinkt doch gewaltig was, denn ich habe weder das Heidelberger Schloß gesprengt noch die Heidelberger noch Mannheimer Altstadt in Brand gesteckt.
Oder wolltest Du Mélac als neuen Namenspatron ins Spiel bringen. 😉
Arndt als Symbol des Bürgertums? Naja…so richtig passt das nicht zur Person Ernst-Moritz Arndts.
Denn jemand, der nach Meinung des Vorsitzenden der Ernst-Moritz Arndt Gesellschaft (und er ist gewiss der Letzte, der Arndt in ein schlechtes Licht rücken will), in ihm nur "im weitesten Sinne einen Demokraten" sieht, ist wohl eher ein schlechtes Symbol des Bürgertums.
Ich denke, dass sich das Bürgertum viel eher auf Humboldt, Lessing und Blum als Symbolfiguren beziehen kann.
Lass mich mal die Frage umdrehen. Mag es sein, dass Arndt durchaus ein Symbol des Bürgertums ist, aber das Bürgertum, so wie es in unserer Vorstellung existiert, in Wirklichkeit nur eine Suggestion ist, da es selbst nicht mehr oder weniger als eine Normierung unserer Wahrnehmung der exitierenden Herrschaftslogik ist?
… bzw. darstellt?
Arndt kann durchaus als Symbol des Bürgertums herhalten. Die Frage ist nur, welchen Bürgertums. Schlussendlich gibt es ja nicht DAS Bürgertum.
Vielmehr gehört Arndt in das Lager des konservativen/ reaktionären Bürgertums, kaum in das des fortschrittlich-republikanischen Bürgertums
Das hat natürlich nicht deine Frage beantwortet. 😉
Weil deine Frage eigentlich- so habe ich sie zumindest verstanden- mehr eine Feststellung ist.
Das Bürgertum ist (nach neuzeitlicher Einteilung) ein Begriff, dem eine bestimmte Theorie des gesellschaftlichen Zusammenlebens zugrunde liegt. Und Theorien sind wiederum auch nur von Menschen geschaffene Modelle, die Welt zu erklären, sodass es sich bei einer Theorie um die Nachahmung der Wirklichkeit handelt, aber nicht die Wirklichkeit selbst ist und somit auch das Bürgertum eher eine Suggestion als die Wirklichkeit darstellt.
Ob eine historische Persönlichkeit Identifikationsfigur ist oder nicht, hängt maßgeblich von den gesellschaftlichen Verhältnissen und den Wertvorstellungen und den ihnen zugrunde liegenden Theorien des menschlichen Zusammenlebens in dieser Gesellschaft ab.
Der Artikel sollte demnächst wieder offline sein. Es waren sehr massive Fehler drin. Sowohl historisch, als auch falsche (so nicht freigegebene) Zitate. Der ganze Artikel zwar ganz gut und zeigte letzlich recht klar das Problem, er war jedoch etwas zu sehr Jabbusch-bezogen.
Kommt weil ich mit dem Herrn telefoniert hab… keine Ahnung…
Nicht nur kleinen Medien berichten nun über die Debatte und die Initiative.
Die Namensdebatte und Mitinitiator Sebastian Jabbusch gehen nun über den lokalen Medienbereich hinaus und lassen sich nun auch auf SPIEGEL ONLINE (Unispiegel) finden:
http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,6… (Artikel)
http://www.spiegel.de/fotostrecke/fotostrecke-444… (Fotostrecke, Carsten Schönebeck arbeitet jetzt für SpOn 😉
Paste&Copy ist schon schwer – verzeiht den doppelten Post:
http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,6…
http://www.spiegel.de/fotostrecke/fotostrecke-444…
Eine Kommentierung des Spiegel Artikels findet ihr auf der Initiativseite in den news…
w <a href="http://www.uni-ohne-arndt.de/“ target=“_blank“>www.uni-ohne-arndt.de/
Eine Kommentierung des Spiegel Artikels findet ihr auf der Initiativseite in den news…
http://www.uni-ohne-arndt.de/
Eine Kommentierung des Spiegel Artikels findet ihr auf der Initiativseite in den news…
http://www.uni-ohne-arndt.de/
Tremendous writing..
That was a frankly joy of a blog!