Die NPD legt in den Kommunalwahlen in M-V zu – und die Wissenschaft ist überfordert, der Journalismus manchmal auch.
Wenn man die Broschüre des Statistik-Amts zur jüngsten Kommunalwahl in Mecklenburg-Vorpommern von hinten aufschlägt, schaut man auf ein Land, dessen braune Flächen sich gegenüber der letzten Kommunalwahl 2004 umgekehrt haben: War die NPD 2004 lediglich in drei Kreisen und einer Stadt mit Kandidaten angetreten, so schaffte sie es dieses Mal bis auf drei Kreise und zwei Städte in allen anderen anzutreten. Mecklenburg-Vorpommern nach der Kommunalwahl 2009 ist braun. In Greifswald stellte die NPD keine Kandidaten auf, dafür aber im umliegenden Landkreis Ostvorpommern gleich neun. Insgesamt 75 Kandidaten der rechtsextremen Partei traten dieses Jahr landesweit zu den Kommunalwahlen an.
Das Kommunalwahlrecht kennt keine Fünf-Prozent-Hürde und begünstigt damit die kleineren Parteien, die auch mit wenig Stimmen einen Abgeordnetensitz erringen können. Ist zusätzlich die Wahlbeteiligung gering, steigen die Chancen nochmals. Und es dürfen auch schon 16-Jährige wählen. Gerade Jugendliche sind eine bevorzugte Zielgruppe der NPD.
Mit einem Gesamtstimmenanteil von 3,2 Prozent landesweit kann die NPD ab sofort 26 Parlamentarier in 13 Kreistage und Stadtparlamente entsenden, dazu kommen weitere Abgeordnete in Gemeindevertretungen. Gegenüber der Kommunalwahl von 2004 legte sie um 2,4 Prozentpunkte zu. In Ostvorpommern und Ludwigslust sitzen seit 2004 NPD-Abgeordnete im Kreistag, in beiden Kreisen konnte die Partei Prozentpunkte zulegen. Im Kreis Müritz und in Stralsund, wo sie ebenfalls seit 2004 in Parlamenten vertreten ist, verlor sie leicht.
So zieht beispielsweise Marianne Pastörs, Frau des NPD-Fraktionsvorsitzenden Udo Pastörs, gemeinsam mit dessen Wahlkreismitarbeiter Andreas Theißen in den Gemeinderat Lübtheen ein. In elf weiteren Gemeinden hat die NPD wohl Mandate erzielt; sie selbst präsentiert auf ihrer Homepage stolz 35 Abgeordnete in Gemeindevertretungen.
Zwischen Schock und Beschwichtigung
Nun sind angesichts dieser Zahlen alle möglichen Reaktionen denkbar, die von Erschrecken über Beschwichtigung bis zu Freude auf Seiten der NPD reichen. Die Amadeu-Antonio-Stiftung äußert sich gegenüber endstation-rechts.de „schockiert“ über die Wahlergebnisse. Die Leiterin des M-V-Landesbüros, Anne-Rose Wergin, analysiert, „dass sich gerade in den Hochburgen der rechtsextremen Szene die Zahl der NPD-Wähler gesteigert hat.“ Die grenznahe Region Uecker-Randow habe beispielsweise mit Abstand die erschreckendsten Wahlergebnisse, so Wergin, die Strategie der „national befreiten Zonen“ sei hier aufgegangen. Dem widerspricht Landeswahlleiter Klaus Hüttebräuker auf endstation-rechts.de. „Sowohl prozentual als auch absolut ist der Rückhalt der NPD in der Bevölkerung gegenüber den Landtagswahlen 2006 deutlich gesunken“, so Hüttebräuker. Das sei vor allem vor dem Hintergrund bemerkenswert, dass die Wahlbeteiligung bei der Kommunalwahl deutlich unter der der Landtagswahl 2006 gelegen habe – was von Wahlforschern eigentlich als Vorteil für die NPD gewertet worden sei. Es bleibt aber fraglich, inwieweit man Kommunal- und Landtagswahlen vergleichen und daraus solche Schlüsse ziehen kann, sowohl die Themen als auch die Kandidaten sind unterschiedlich.
Nun sind Rechtsextremismus und ihm nahe stehende Parteien beileibe kein neues Phänomen in der Bundesrepublik, sie sind seit Gründung der Bundesrepublik mal mehr, mal weniger präsent. Diese Strömungen fallen aus dem Mainstream der politischen Bewegungen dadurch heraus, dass sie die moderne Demokratie mit ihren Freiheits- und Gleichheitsvorstellungen grundsätzlich ablehnen und – wie im Fall der NPD – auch abschaffen wollen. Die Frage, wie „demokratisch“ die Demokratie mit ihren eigenen Feinden umgehen darf, ist in diesem Zusammenhang eine spannende Frage.
Wissenschaftliches Getöse
Die Politische Wissenschaft spielt jedenfalls beim Thema Rechtsextremismus keine sonderlich rühmliche Rolle. Es gibt zwar seit Jahr und Tag eine umfangreiche Forschung zum Thema und es ist auch einigermaßen klar, was der Gegenstand der Forschung ist, aber auf eine gemeinsame Definition des Phänomens Rechtsextremismus konnte man sich bisher nicht einigen. Es werden allerhand sozialwissenschaftliche Methoden bemüht, um Erklärungen zu liefern. Die Frage, welche Faktoren denn nun ausschlaggebend und welche vernachlässigbar seien, füllt Bücher. Und es wird gerne mal aus Berichten des Verfassungsschutzes zitiert, ohne dessen spezifischen Auftrag und Blickwinkel auf das Phänomen zu berücksichtigen.
Auch das Greifswalder Institut für Politik- und Kommunikationswissenschaft publiziert seit 2006 unter der Ägide des Politikprofessors Hubertus Buchstein in unregelmäßigen Abständen Literatur zum Thema. Der Professor für Politische Theorie begleitet eine Forschungsstelle Rechtsextremismus. Im Vorfeld der Landtagswahl 2006 erschien ein 200-Seiten-Werk über die Arbeit der NPD in den kommunalen Parlamenten, in dem mit allerhand methodischen Aufwand versucht wird, die Arbeit der Nationalen nachzuzeichnen. Wohl erstmals in der kommunalen Perspektive, wie die Autoren betonen.
Buchstein selber fiel im Vorfeld der Landtagswahl 2006 durch einige abstruse Medienäußerungen auf. Gegenüber dem NDR erklärte er, dass „die NPD in Mecklenburg-Vorpommern keine Kernwählerschaft hat.“ Zudem seien die Menschen so politikverdrossen, dass sie nicht einmal die NPD wählten. Gegenüber der taz wollte er später dann aber „keine Kiste Bier mehr darauf verwetten, dass die NPD nicht ins Landesparlament kommt.“ Im gleichen Interview meinte er, bezogen auf den Wahlkampfaufwand der NPD, es sei schon „grandios, was die hier alles auf die Reihe kriegen.“ Nach dem Einzug der Nationaldemokraten in das Schweriner Schloss bezeichnete er NPD-Wähler gegenüber dem Focus als eine „Schicht von Modernisierungsverlierern mit der völlig falschen Erwartung, dass die Politik ihnen schnelle Lösungen ihrer Probleme serviert.“ Ob diese Art Medienäußerungen eines Vertreters der politischen Wissenschaft förderlich ist, bleibt trotz aller anderen Bemühungen Buchsteins doch fraglich.
Der Journalismus ist oft unvorbereitet
Auch Journalisten tun sich schwer mit den Rechtsextremen – und das nicht erst seit deren Einzug in den Dresdner Landtag im September 2004 oder in den Schweriner Landtag im September 2006. Selbst vermeintlich gestandene Fernsehmoderatoren gerieten ins Schlingern und mussten erkennen, dass NPD-Parlamentarier anders gestrickt sind als deren Pendants bei den etablierten Parteien. Einzig dem ehemaligen Bild-Chefredakteur Claus Strunz gelang es gemeinsam mit Peter Glotz in seiner Talkshow, den NPD-Funktionär Udo Voigt zu entlarven, indem er ihn ausreden ließ und beharrlich nachfragte.
Handfestere Erfahrungen machte beispielsweise die freie Fernsehjournalistin Andrea Röpke bei ihren Recherchen über die inzwischen verbotene „Heimattreue Deutsche Jugend“. Sie wurde schon mal mit dem Auto bedrängt oder ihrem Kameramann wurde die Kamera von der Schulter gerissen. Erst kürzlich geriet die NPD in die Schlagzeilen, als sie bei ihrem Bundesparteitag Anfang April im Rathaus Berlin-Reinickendorf von Journalisten Namen und Privatadresse verlangte, ansonsten erhielten diese keinen Zugang zu der Veranstaltung.
Berichte über die rechtsextreme Szene verlangen Journalisten also einiges ab, oftmals verweigern, minimieren oder pauschalisieren Redaktionen die Berichterstattung über die NPD. Manchmal mit dem Hinweis, man wolle nicht auch noch Propaganda für deren Politik machen. Die Greifswalder Lokalausgabe der OZ war sich allerdings im Nachgang des Arndt-Beschlusses der Vollversammlung nicht zu schade, den Leserbrief eines vermutlich ehemaligen NPD-Funktionärs abzudrucken.
Ein bemerkenswertes Buch mit vielen O-Tönen
Umso erstaunlicher ist in diesem Zusammenhang das jüngste Buch der beiden Journalisten Christoph Ruf und Olaf Sundermeyer. Beide sind studierte Redakteure – Ruf bei Spiegel Online, Sundermeyer Mitarbeiter der FAZ – und beide sind seit Jahren auf Recherche in der rechtsextremen Szene. Sie legen mit ihrem Buch „In der NPD – Reisen in die national befreite Zone“ eine gelungene Innenansicht der aufstrebenden Partei vor. Und beherrschen dabei ihr Journalistenhandwerk gut, nähern sich dem Milieu „ohne Berührungsängste, aber auch ohne jede Form der Kumpanei“, wie sie schreiben. Was sicher nicht immer ganz einfach ist.
Was sie zutage fördern, ist eine diffuse Parallelgesellschaft. Das Buch wirkt etwas unstrukturiert, was weniger an den Autoren als vielmehr an der heterogenen rechten Szene selbst liegt. Wo es passend erschien, wählten die Autoren verschiedene Stilformen, mal Bericht, mal Interview, mal Reportage. Sie erreichen eine hohe Authentizität und Dichte durch viele O-Töne der Befragten.
Ruf und Sundermeyer analysieren die notorische Finanznot der Partei, besuchen den Klamottendesigner von „Thor Steinar“ und interviewen Jürgen Gansel, Chefideologe der NPD und Erfinder des Begriffs „Dresdner Bombenholocaust“. Sie porträtieren den einflussreichen, sächsischen NPD-Funktionär Holger Apfel und reden mit den Chefs der Jungen Nationaldemokraten in der sächsischen Provinz. Und sie mischen sich auch auf dem Rechtsrock-Konzert irgendwo in Thüringen in das Milieu und tingeln mit dem NPD-Landratskandidaten Andreas Storr durch sächsische Dörfer.
Der diffuse Befund darf aber keinesfalls darüber hinwegtäuschen, dass die NPD-Kader und Sympathisanten fest entschlossen sind, die bestehende Gesellschaftsordnung nach ihren Vorstellungen umzukrempeln. Es fehlt oft nur an Mitgliedern und Sympathisanten. Als Ergänzung zu der gelegentlich etwas trockenen Forschungsliteratur ist das Buch auf jeden Fall zu empfehlen, liefert es doch einen guten Einblick in die Gefühlslage der NPD und ihrer Mitglieder. Und auch die aktuellen Entwicklungen in der rechten Szene, beispielsweise das Überlaufen des hohen NPD-Funktionärs Andreas Molau zur DVU, werden durch das Buch erhellt.
Das Buch „In der NPD – Reisen in die national befreite Zone“ von Christop Ruf und Olaf Sundermeyer ist im C.H. Beck Verlag München erschienen und kostet 12,50 Euro.
- Forschungsstelle Rechtsextremismus am Institut für Politik und Kommunikationswissenschaft
- endstation-rechts.de
- „Europas Radikale Rechte und der Zweite Weltkrieg“ – Tagung im Krupp-Kolleg vom 8. bis 10. Juli
- Buchvorstellung „In der NPD – Reisen in die national befreite Zone“ mit Autor Olaf Sundermeyer und Prof. Hubertus Buchstein im Koeppenhaus am 15. Juli, 20 Uhr
Bildnachweise:
Grafik: Broschüre des Landesamts für Statistik, Landeswahlleiter M-V zur Kommunalwahl 2009; Buchstein: Ulrich Kötter/moritz-Archiv; Cover: (C) C. H. Beck Verlag München, Artikel-Titel: Tobias Mittmann via jugendfotos.de
"Schön, dass es mal nicht um Rechts- vs. Linksextremismus geht und trotzdem so viele Leute kommentieren"^^
Die Hoffnung ist dahin…
hervorragend recherchiert (mal wieder)!!!
Es traten 90 Kandidaten an, die sich um 136 Mandate und zwei Bürgermeisterämter bemühten.
Warum mußt Du eigentlich Buchstein-Bashing (bei diesem Thema) betreiben? Darf man Standpunkte nicht verändern. Die von Dir angesprochene Publikation ist im Übrigen maßgeblich durch Studierende entstanden.
Hallo Uli,
klasse Artikel – freut mich sehr!
hey angenervt…
Buchstein hat vor der Landtagswahl 2006 groß getönt, dass die NPD auf gar keinen Fall in den Landtag kommt… Kurz darauf waren sie drin. Vor dieser Wahl hat Buchstein einen großen Sieg der NPD in den Kommunalwahl vorhergesagt. Tatsächlich fiel das Wahlergebnis der NPD (aus ihrer Perspektive zumindest) ernüchternd aus…
Wenn ein Professor so oft falsch liegt, kann man so was auch mal kritisch anmerken…
Hej Buchstein-Fan (das bin ich im übrigen auch nicht),
es geht mir hier gar nicht so sehr um Buchstein, als um die Tatsache, dass wissenschaftliche Arbeit im Bereich des Rechtsextremismus als ganzes -exemplarisch an den Aussagen Buchsteins- in Frage gestellt wird, ohne die Vielzahl der Ansätze überhaupt zu berücksichtigen.
[Rechtsextremismus gibt es übrigens auch im Ausland 😉 . Mit der Interpretation von Rechtsextremen als "Modernisierungsverlierern" liegt Buchstein sicher auch nicht so falsch.]
Dieser Part des Artikels erweckte in mir nur den Eindruck, dass der Autor mal wieder eine offene Rechnung mit jemandem zu begleichen hat. Das ist -gelinde gesagt- unprofessionell, vorallem wenn man genau dies anderen vorwürft.
Im Gegensatz zu den Wahlanalysen, die bisher hier veröffentlicht wurden, die von hoher fachlicher Qualität zeugten, ist dieser Artikel ein Rückschritt.
Liebe Grüße von angenervt
Meines Erachtens nach ist Deutschland damit doch nur in der langjährigen europäischen Realität angekommen. In nahezu allen (west)europäischen Ländern gibt es seit vielen Jahrzehnten rechte und rechtsextreme wie auch linke und linksextreme Parteien, die mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg auf allen parlamentarischen Ebenen arbeiten und z.T. auch Bürgermeister oder Regionalpolitiker stellen.
Der Unterschied ist, dass in diesen Ländern solche Parteien als zwar unbequemer, aber eben real existierender Teil der demokratischen Kultur betrachtet werden. In Deutschland wendet sich der Blick angesichts solcher Parteien reflexartig in die Geschichte der vergangenen Jahrhunderts. Mit der fatalen Folge, dass ein entspannter Umgang mit den politischen Rändern sofort unmöglich wird, ohne dass damit aber diese politischen Ränder verschwinden würden. Nein, ganz im Gegenteil, die laufende Ausgrenzung stärkt diese Ränder. Unsere Nachbarn sehen das in der Regel viel entspannter.
Nachtrag: Ein sehr differenzierte Beitrag übrigens. Glückwunsch! Was man zu lesen bekommt, ist übrigens kein Buchstein-Bashing. Politiker werden haarklein beim Wort genommen und daran gemessen. Gerade bei Wissenschaftlern muss dies ebenfalls erlaubt sein.
Selten so viel Schwachsinn gelesen… Erstmal ist die Gleichsetzung von links- und rechts unsinnig und und impliziert nur die Existenz einer normative Mitte, dass diese Mitte dann wohl die großen VP (in De CDU und SPD) sein müssen, sei nur am Rande bemerkt – sie hatten 60 Jahre Zeit um mittels entsprechender Gehirnwäsche ein Mainstreamdenken zu verankern, nur muss Mainstream noch lange nicht die Mitte sein. Von der Existenz einer Mittezu reden, wäre nur in einem entsprechenden Spektrum politischer Wege möglich, die Mitte in diesem politischen System ist aber maximal die Mitte einer Schafherde, welche ihre Selbstdefinition aus der quantitativen Anzahl der Schafen in der Horde bezieht. Die sogenannten bürgerlichen Parteien stehen für den gleichen Scheuklappenweg des "weiter so", dann gibt es auf der rechten Seite das "Zurück in die Vergangenheit" mit den Vertretern der braunen Parteien und der Kirche. Im sogenannten linken Spektrum gibt es eine Vielzahl von Ideen und Wegen, wenn es also eine Mitte gibt, kann sich diese maximal in dem so genannten linken Lager befinden, was den Schluss begründet, dass sämtliche bürgerliche Parteien rechts sind.
Was fangen wir jetzt unter diesem Gesichtspunkt mit deiner Analyse an?
Ausser einer Rechtfertigung von Holocaustleugnern liefert sie dann anscheind eine Aussagemenge, die gegen Null tangiert.
@ angenervt: Stimmt, die 75 Kandidaten beziehen sich nur auf die Kreistage und Stadtparlamente, doppelte Kandidaturen nur einmal gezählt. Gemeindevertretungen sind dabei nicht berücksichtigt. Entschuldigung!
Zum Thema Buchstein möge jeder selbst entscheiden, wie er seine Zitate einschätzt. Er mag ja inzwischen andere Dinge sagen, das ist ja auch alles schon rund 3 Jahre her. Ich glaube, dass es wenig Sinn macht, Menschen als "politikverdrossen" oder "Modernisierungsverlierer" zu bezeichnen, ganz gleich ob ich sie als Wissenschaftler so einschätze oder nicht. Die Frage ist ja, was die Uni den Menschen um Greifswald und in M-V zu sagen hat, und ob die Menschen sich ernst genommen fühlen oder nicht. Auch NPD-Wähler sollten ernst genommen werden.
Die Kritik zur Rechtsextremismusforschung sollte nur kurz angerissen werden. Es bleibt festzuhalten, dass auch der größte Forschungsaufwand wenig nützt, wenn die Methode ungeeignet und/oder das Phänomen nicht klar umrissen ist. Für beide Probleme gibt es Anhaltspunkte, die von den beteiligten Wissenschaftlern auch selbst gesehen werden. Die Tagung im Krupp-Kolleg diese Woche (siehe "Mehr zum Thema") macht auf mich jedenfalls einen guten Eindruck, was die Forschungsrichtungen angeht. Wobei dort wohl niemand vom Greifswalder Institut vertreten ist, wenn ich das richtig gelesen habe.
Es ist immer wieder schön, wie linksradikale/extremisten es schaffen sich selber so darzustellen als hätten sie a.) Die Mehrheit der Bevölkerung hinter sich b.) Sind die einzigen progressiven, guten und regierungsfähigen Parteien und c.) sind regierungsfähig 😉
Nach deinem Modell sieht das ganze ja so aus:
Rückschritt (Rechts) – Stillstand (Mitte) – Fortschritt (Links).
Auch die Aussage über eine angebliche Homogenität auf der rechten Seite ist Spitze von Rechtsextrem, rechtsradikal über konservativ zu mitte-rechts wollen ja alle das gleiche…
Gleich mit Holocaustleugnung um sich zu werfen ist dann der krönende Abschluss…
Spannend, unvoreingenommen, distanziert und thesenreich. So geht Journalismus! Alle ein Beispiel daran nehmen!
Ganz allgemein zum Thema: So wenig ich die NPD auch schätze, man wird sie vorerst nicht wegschweigen können. Links der SPD gibt es die Linkspartei und die Grünen. Rechts der CDU gibt es im demokratischen Spektrum (!!) momentan nichts Ernstzunehmendes. Dies ist in den meisten europäischen Ländern anders. Jedoch ist die NPD keine (rechts-)demokratische Partei, insofern ist da ein politisches Vakuum zwischen CDU und NPD, welches in den meisten anderen Ländern (siehe Österreich, Dänemark, Frankreich, Holland) durch eine rechtsdemokratische Partei abgedeckt wird. Ich halte die These für diskutierbar, dass eine rechtsdemokratische Partei in Deutschland der NPD viel wahrscheinlicher das Wasser abgraben würde, als es sämtliche Kampagnen und Ausgrenzungsversuche bisher vermochten. In Österreich hat das rechtsdemokratische Lager einen Stimmenanteil von 30%, komplettiert durch die bürgerlich-konservative ÖVP sowie die linken Grüne/SPÖ. Eine wirklich verfassungsfeindliche, offen neonazistische Partei gibt es dort nicht.
Ich denke mit dem Schlagwort Moderniersierungsverlierer beschreibt schon sehr gut ein Teilproblem des Aufwindes von gewissen Extremistischen Parteien, die zwar sehr gut sind Fehler aufzuzeigen und dagegen Terz machen – um damit eben diese anzulocken -, selbst aber keine wirkliche Lösungen anbieten kann und sich deswegen auf eine diffuse Mischung von gescheiterten Ideologien und Propaganda gegen den Westen/USA/Imperialismus/Nationalismus/Kapitalismus rettet.
Es gibt nun einmal leider relativ viele Menschen aus der sogenannten Unterschicht, bei denen versäumt wurde sie durch bessere Bildung und Begleitung in die moderne mitzunehmen. Die klassischen Hilfsarbeiterjobs sind ja nun einmal zu großen Teilen durch die fortschreitende Technisierung überflüssig geworden. [Ich will keineswegs diese Jobs oder die Menschen dahinter abwerten (!)]
Erstmal ist deine Einleitung schon eine Frechheit da Unterstellung "linksextremistisch" und somit ein Beweis für die Richtigkeit meiner Aussage.
Zu a) habe ich gerade gesagt, dass es auf die Ideenvielfalt und nicht auf die Größe der Schafherde ankommt
zu b) ja ich denke in der Tat, dass in den anderen Lagern wenig progressive Denker gibt und ich habe in keiner Weise von linken Parteien gesprochen, in meinem Verständnis kann eine Partei nicht links sein, da sie von der Struktur schon systemaffirmativ ist
Zu c) Ich habe im Gegensatz zu dir gar nicht den Anspruch der Regierungsfähigkeit, da ich Regierungen für ein Relikt der Vergangenheit halte
Im Übrigen hast du meine Aussage richtig gedeutet und darfst jetzt mal dein Gehirn einschalten und drüber nachdenken…
Ergänzung:
Da du mich unbedingt in eine Schublade schieben willst, will ich dir helfen, dies zu tun.
Ja ich bin links, dazu stehe ich auch, allerdings nicht im parteipolitischen Sinne, die Begründung siehe oben.
Meine Ansichten sind radikal, zumindest aus philosophischer Sicht, da ich ich mit einer über 2.000 Jahre alten Kultur breche. Wie du das aus politischer Sicht einschätzt, ist mir ziemlich egal, da die politische Sicht ohnehin nur eine Momentaufnahme ist, die in 100 Jahren vergessen sein wird.
Und ja ich stehe auch für eine Denkrichtung, die ich aber nicht per Regierungserlass verordnen sondern als Angebot zum Mitmachen unterbreiten will. Und ich habe auch Vorstellungen, wie die Welt in 50 Jahren aussehen könnte, wenn wir die Welt als Lebensraum für die Menschheit erhalten wollen, diese Vorstellungen könnnen unter dem Begriff "Libertärer Kommunismus" zusammengefasst werden, komm mir also nicht mit irgendwelchen Bolschewismusvergleichen, damit hat dies nichts zu tun.
Nachtrag 2:
Ausserdem empfinde ich als Bürgerrechtler es als eine Schande, dass SPD und CDU den Begriff bürgerlich für sich pachten.
"Linksextremismus ist ein Sammelbegriff für verschiedene Strömungen und Ideologien innerhalb der politischen Linken, die die parlamentarische Demokratie und den Kapitalismus ablehnen und durch eine egalitäre Gesellschaft ersetzen wollen."
Das bist du ja nach deinen eigenen Aussagen sehr wohl (Auch wenn ich zugebe, dass der Extremismusbegriff auch gerne mal mit Steinewerfern gleichgesetzt wird…), also erklär mir mal wo ich etwas unterstelle bzw. du dich bestätigt siehst…
Dennoch, wieder einmal der häufig anzutreffende Post-Kommunismus, der die Freiheit in der Freiheit von allem propagiert und sich dabei etwas jenseits der Realität befindet. Dann streiche eben politisch und setze realistisch.
Wo ich dir mit dem Bolschewisten/Stalinisten komme zeig mir mal… Kommunist bist du trotzdem (Ist das jetzt auch schon ein wertender Begriff?).
Stichwort 4. Partei. Insbesondere da sich die CDU von Mitte-Rechts gen Mitte bewegt hat, sollte eigentlich genug 'Platz' sein, ohne Gefahr zu laufen in irgendwelchen post-Nazismus abzugleiten (Auch wenn CDU und NPD ja dafür bekannt sind die Landschaft zwischen sich abzugrasen).
Dvu?
Rechtsdemokratisch ist ein falscher Begriff!
Um rechtsextreme Parteien abzugrenzen, werden andere "rechtsdemokratische" Parteien rechtspopulistisch genannt. Diese meinst du wohl.
ÖVP hat nämlich nichts mit rechtsdemokratisch zu tun!
Nachtrag 3:
Noch mal zu den "Mehrheiten"
Natürlich finde ich es schade, dass sich meine philosophische Denkrichtung nur langsam ausbreitet, in Deutschland sind es wenige Tausend, die so denken wie ich, weil nichts hasst dieses System so sehr wie die Freiheit des Geistes und nichts bekämpft es so sehr. In Russland, wo die deutsche Regierung gern gesehen ist, werden Leute, die so denken wie ich fast monatlich von Nazis ermordet und der Staat schaut händereibend zu. Weltweit denken vielleicht 100 Millionen Menschen so wie ich, doch es kommen jeden Tag einige tausend dazu. Ich bin überzeugt, dass das alte System dem Ende entgegen geht und sich nur noch mit militärischer Gewalt auf längere Zeit halten kann. Doch die Geschicht lässt sich nicht aufhalten. Die Menschen sehnen sich nach Freiheit und dem Ende der Unterdrückung…
Noch eine Ergänzung: Prof. Buchstein sieht die Dinge inzwischen etwas differenzierter als 2006:
http://jungle-world.com/artikel/2009/25/35299.htm…
(Danke an Peter für den Hinweis)
Linksextremismus ist in erster Linie ein Begriff des Verfassungschutzes, womit die Verfolgung Andersdenkender gerechtfertigt wird und dieser basiert auf den Vorstellungen des Bolschewismus. Deshalb der der Bezug.
Hallo Ulrich!
Was mich eigentlich stört: Was wolltest Du uns jetzt mit dem Artikel sagen? Er hinterläßt in erster Linie ein diffuses Bild von den Zielen des Autors (sprich: Dir), nicht der der NPD.
Gerade in den letzten Jahren ist doch eine Menge im Bereich Rechtsextremismusforschung passiert. Dies läßt sich schon an der Vielzahl der Publikationen erkennen. Diese operieren mit einer Vielzahl von Ansätzen, von ideengeschichtlichen bis hin zu soziologischen und psychologischen (denen ich auch die größte Erklärungskraft für rechtsextremes Wahlverhalten zuschreibe). Das Prof. Buchstein von den Medien als lokaler Rechtsextremismusexperte hingestellt wird, liegt wohl eher am Mangel an Alternativen. Er weist sich sicher nicht als solcher aus. Ist er doch Ideengeschichtler und als solcher auch nicht in der Lage fundierte Wahlprognosen abzugeben (was selbst Wahlforschern siehe BTW 2005 ja nicht immer gelingt :D), warum also diese harsche Kritik an der Wissenschaft als Ganzes, ohne überhaupt nur eine halbwegs vernünftigen Ausschnitt aus dem aktuellen Kenntnisstand zu bringen. Und -wie schon oben geschrieben- die im übrigen sehr gute qualitative Arbeit der Studierenden zur NPD in den Gemeindevertretungen und Kreistagen watscht Du mal eben mit ab. Was ist also das Ziel dieses Teils des Artikels? Was wolltest Du uns sagen?
Bye, bye…
Ja richtig, die böse BRD und ihr kapitalistischer Imperialismus stecken hinter allem…
Das klingt nun schon wieder bolschewistisch, oder gar wie die üblichen Phrasen der anderen Seite…
Ja? Erklär mal, was dies mit Stalin und Lenins führender Rolle der Partei zu tun hat bzw. insbesondere mit Lasalle, der in meinen Augen der geistige Vater des Bolschewismus ist.
1. Na, da sage mal noch einer, die Reflexe würden nicht mehr funktionieren. 🙂
2. "Libertärer Kommunismus" klingt wie "menschlicher Stalinismus" oder "gütiger Totalitarismus". Darf ich schon mal aus Erfahrung von 21 Jahren "wunderprima Sozialismus" meinen Verzicht darauf erklären? 😉
Nur das der Begriff des "libertären Kommunismus" schon älter ist als die Stalin-Herrschaft in der Sowjetunion und zu Zeiten dieser sich "libertäre Kommunisten" in Opposition zu Stalin fanden und dessen Sowjetunion ablehnten.
"…werden Leute, die so denken wie ich fast monatlich von Nazis ermordet und der Staat schaut händereibend zu…"
Und wenn einer mal krank ist lässt er sich halt nächsten Monat wieder ermorden 😉
Wenn ich mir den ganzen Sermon unter diesem Kommentar anschaue, dann gruselt es mich schon ein bißchen. 😉
* Da werfen die einen mit "Extremismustheorien" um sich – wissen aber nicht wirklich was über Herkunft und Intention dieser "Theorien". (Entstanden ist dieser "Forschungsansatz" im Kalten Krieg aus der bürgerlichen "Totalitarismustheorie", 1973 wurde die "Extremismustheorie" vom Verfassungsschutz übernommen, um die propagandistische Gleichsetzung "rot = braun" mit pseudowissenschaftlichen, empirisch nicht verifizierbaren Ansätzen zu "untermauern", siehe Backes und Jesse.)
* Die anderen erklären gleich den Bruch mit "2000 Jahre Kultur" – da möchte ich doch mal gerne wissen, wie das gehen soll. Alter Falter, vielleicht auch noch gleich den "Bruch mit 2000 Jahre Geschichte"??
* Dann wieder erklären sich einige zu "libertären KommunistInnen" (also Anarcho-Kommunismus a la Kropotkin/Landauer/Mühsam), was ja voll okay wäre, wenn die Betreffenden auch die dahinterstehende Ideologie kennten. Das scheint aber, angesichts der gelinde gesagt wirren Argumentation nicht der Fall zu sein.
* Dann wird in den Raum gestellt, daß Parteien per se nicht links wären. (Schon mal was von sozialistischen, sozialdemokratischen oder kommunistischen Parteien gehört? Gibt es seit bekanntlich seit 1848!)
* Da wird Ferdinand Lassalle zum "Vater des Bolschewismus" erklärt. (Lassalle ist jedoch der Gründer des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins, also dem Vorläufer der deutschen Gewerkschaftsbewegung; er verstarb 1864. Die russische Sozialdemokratische Partei wurde erst 1898 in Minsk gegründet, 1903 kam es in ihr zum Bruch zwischen Bolschewiki und Menschewiki.)
* Auch daß hier etliche die (seit der Nationalversammlung zu Frankfurt 1848 existierende) gar nicht so unwesentliche Unterscheidung zwischen Links (Progressive) vs. Rechts (Reaktion) offenbar nicht kennen oder nicht gelernt haben, läßt schon Schlimmes erahnen. – Das ist doch eigentlich Schulstoff der Oberstufe.
In Deutschland gibt es doch die CDU/CSU als "rechtsdemokratische" Parteien – halt zwei konservative Parteien.
Die Parteien, die Du als "rechtsdemokratisch" bezeichnest, in Österreich (FPÖ und BZÖ), Frankreich (Front National und Abspaltungen), in Holland (Partij voor de Vrijheid), sollten wohl ehrlicherweise als rechtsextrem bezeichnet werden.
Freut mich aber, daß Du Dich gegen die NPD abgrenzt.
Na mein lieber ret, dass du eine andere Meinung zu Extremismustheorie hast, als zB ich ist ja klar.
Was man bei 2000 Jahren Kultur/Geschichte brechen will weiß ich auch nicht? Jesus? Das spätrömische Reich? Die Hermannschlacht? Die Einführung der Ehepflicht in Rom?
der doch auf der anderen Seite der Welt? Die Han-Dynastie und ihre Garten-Kultur?
Fragen über Fragen 😉
Trotzdem streiche Reaktionär und setze konservativ/wertorientiert/etc…
Wobei die Einteilung ja doch etwas älter ist und aus Frankreich stammt (Nationalversammlung 1789) 😉
Naja, korrekterweise muss man das Konglomerat CDU/CSU auf Bundesebene faktisch als eine Partei ansehen. Und wie gesagt handelt es sich bei beiden um konservative Parteien nicht rechte.
Dennoch wäre mir noch eine Partei zwischen CDU und NPD lieber, als dass durch eine fehlende Alternative mehr Leute zur NPD gehen.
Spaßvereine wie DVU oder REPs kann man ja gott sei dank nicht ernst nehmen. Die Schillpartei war mal ja ganz interessant, ging aber an ihrem Expandierungsdrang und den Allüren ihres Chefs unter…
Reaktion waren in der bürgerlichen Revolution 1789 ff. alle, die für das Ancient Regime einstanden, also die MonarchistInnen, die Konservativen und natürlich Klerus und Adel selbst. Die Revolutionäre bestanden aus Liberalen, DemokratInnen, FrühsozialistInnen etc., also dem Dritten Stand, bestehend aus Bourgeoisie, BäuerInnen und anderen unterdrückten Klassen.
Die Bezeichnung "Reaktion" geht darauf zurück, daß die Progressiven (also Vorwärtsschreitenden) zuerst in Aktion traten (nämlich das alte System abzuschaffen), während die Reaktion auf diese Angriffe reagierte, also das Ancient Regime mit Krallen und Klauen verteidigte. Konservativ (= bewahrend) ist also per definitionem schon reaktionär. Das, was Du als "konservativ/wertorientiert/etc… " bezeichnest, läuft ergo aus obigem Grunde unter dem Begriff Reaktion.
Die Begriffe Links bzw. Rechts stammen nicht primär aus der französischen Revolution und dem Nationalkonvent. Die Übernahme von Rechts vs. Links stammt im Grunde vom britischen Parlament, wo die Monarchisten rechts vom Speaker saßen und die Liberalen links. Diese Tradition hat dann (über Frankreich) auch in die Nationalversammlung zu Frankfurt Einzug gefunden, wo rechts die Konservativen saßen, in der Mitte die Liberalen (aufgeteilt in rechte und linke Liberale) und links die linken Demokraten und Frühsozialisten.
Bei "Extremismustheorien" geht es wohl weniger um Deine oder meine Meinung, sondern um die Frage, wie bzw. ob diese Theorien auch wissenschaftlich haltbar sind. Bei der besagten "Extremismustheorie" (wie auch bei der "Totalitarismustheorie") wird die Inhaltsseite ausgeblendet und sich allein an der Form abgearbeitet. Die Formseite als Betrachtungsgegenstand zu wählen, führt unweigerlich auf Abwege, die wissenschaftlich nicht haltbar sind.
Bedenklich bei allen "Extremismustheorien" ist zudem, daß der Bezugspunkt ("die Mitte") völlig arbiträr gewählt wird. Dem Begriff der "politischen Mitte" liegt keinerlei wissenschaftliche Analyse zugrunde, sondern er wird nach subjektiven (partei-)politischen Erwägungen etikettiert.
Wie ich oben schon erläuterte, sind CDU und CSU selbstverständlich rechte Parteien, eben bürgerlich-konservative Parteien.
Die politischen Streitereien zwischen CDU und CSU zeigen ja ganz gut, daß mensch nicht von "faktisch als eine Partei" sprechen kann.
Falls die CSU zur Bundestagswahl landesweit ihre 45% verpassen sollte, wäre schnell klar, daß es sich um zwei Parteien handelt und die CSU auch mal die bundesweite 5%-Hürde verfehlen könnte.
Du musst bei deinen Betrachtungen und Begrifflichkeiten schon sauber trennen!
1.) Ja, in der Ständeversammlung stimmt deine Aussage, da saßen rechts die Monarchisten des Ancien Regimes,die später die Reaktion leiteten.
Das im dt. Paulskirchenparlament rechts nur/überhaupt Reaktionäre saßen ist dagegen hanebüchen. Café Milani hatte sicher wert- und strukturkonservativere Ansichten als die anderen Clubs, war aber sicher nicht reaktioniär…
Damit passt deine erste Aussage eben nicht.
2.) Reaktionär ungleich konservativ!
Das sind zwei äußerst unterschiedliche politische Richtungen, insbesondere zur Zeit der französischen und (fast) deutschen Revolution. Heute ist das noch einmal ein ganz anderer Schuh.
Richtig ist, dass Reaktion vor allem die Beseitigung der Auswirkungen und Werte der Revolution darstellt. Sprich Rückkehr zum absolutistischen System und weg von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. Diese Kräfte gab es in den demokratischen Bewegungen in Frankreich (Außer am Anfang) und Deutschland faktisch nicht. Wertkonservative Kräfte sehr wohl. Grundsätzlich waren diese dann eher evolutionär den revolutionär.
3.) Die Rechts-Links Orientierung wie wir sie kennen stammt definitiv aus der Zeit der französischen Revolution bzw. der Ständeversammlungen davor, wobei dann deine Erläuterung analog anzuwenden ist.
In der Wendezeit des 17./18. Jahrhunderts war es so, dass man anfing die Regierungskräfte rechts vom Sprecher und den Rest links zu setzen. Das ist dann sicher entsprechend nach Frankreich übergeschwappt, aber ausgebrütet haben es die Franzosen erst richtig. (Gab ja vorher nicht wirklich liberale oder Revolutionäre in diesen Einrichtungen…)
Die sind faktisch nicht schlimmer als wenn sich in der SPD mal wieder Netzwerker, Seeheimer und die Linken ordentlich vertikal fetzen und die einzelnen Landesverbände und die bundesbene horizontal streiten.
Faktisch ist die CSU aber nur ein erweiterter Landesverband der CDU, der halt den störrischen und föderalen Bayern ein ordentliches Stückchen entgegen kommt. Die Zeiten von Franz Josef und dem Aktionsplan Vierte Partei sind schon lange vorbei.
Selbst wenn der CSU dies passieren würde, wird sie definitiv über ihre Direktmandate in den Bundestag einziehen. Dann würde sich zeigen, ob sie noch mehr Anhängsel der CDU wird, oder sich selbst versucht neu zu definieren.
Nein, hier geht es im übertragenen Sinne darum, dass von der eher linken Seite nun schon seit einigen Jahren versucht wird diese Extremismustheorie bzw. die Totalitätstheorie zu demontieren, damit man sich nicht mehr mit moralischen Altlasten herumschleppen muss, bzw. nicht mehr von den "ungemochten herrschenden Kräften" darüber auf eine Stufe mit den rechten Extremisten gestellt wird.
Dabei ist man jedoch inkonsequent und verwendet die Begrifflichkeiten/Merkmale für die Gegenseite gerne weiter.
Auf deine Ansammlung von politischen Hülsen gehe ich jetzt nicht mehr ein, man verzeihe es mir, aber es ist spät 😉
I. Wir sprechen über den (revolutionären) Übergang vom Feudalismus zur bourgeoisen Klassenherrschaft. Da gab es zum einen die AnhängerInnen des Feudalismus, zum anderen das Bürgertum, das die Macht erobern wollte, drittens die übrigen unterdrückten Klassen (Bauernstand, Proletariat etc.).
II. Als das Bürgertum die Macht erobert hatte (z.B. in Frankreich), fing der rechte Flügel gemeinsam mit den MonarchistInnen und Konservativen an, die revolutionäre Bewegung abzuwürgen, nicht zuletzt auch aus Angst vor dem "Pöbel" (also den weiterhin unterdrückten Klassen), die das Rad weiterdrehen wollten. Die Konservativen taten sich also mit den MonarchistInnen und anderen AnhängerInnen des alten Systems zusammen, um den Umwälzungsprozeß gemeinsam zum Halten zu bringen. Und solch ein Vorgehen nennt mensch gemeinhin Reaktion.
In Deutschland war dies 1848/49 noch viel offensichtlicher, wo die Rechten (u.a. der allseits bekannte Arndt) dem Preußenkönig eine bürgerliche Kaiserkrone wie Sauerbier anboten – absurder geht es wohl kaum.
III. Rechts waren traditionell also die MonarchistInnen, die Konservativen, links die Liberalen und die (Früh-)SozialistInnen. Erst mit der Festigung der bürgerlichen Herrschaft und dem entfalteten Kapitalismus kam es zu einer neuerlichen Verschiebung der Lager. Mit der "sozialen Frage" (in Deutschland im Grunde ab 1870ern) und dem Erstarken der (revolutionären) Sozialdemokratie rückten auch die Liberalen zunehmend ins rechte Lager, weil sie ihre Klassenherrschaft bedroht sahen.
Das ist eigentlich ein ganz typischer Vorgang, der bei allen fundamentalen gesellschaftlichen Umwälzungen beobachtet werden kann.
Warum sperrst Du Dich dermaßen gegen die Kategorisierung?
Zitat Ret Marut über Anarchismus vs. Marxismus
"Die Trennung ist dann von beiden Lagern geradezu zelebriert worden, mit der Oktoberrevolution und dem ersten sozialistischen Staatsversuch wird das dann vollends zur politischen (?) Glaubensfrage." …
weiter über anarchistische Theorie…
"Mir ist ehrlich gesagt kein Werk bekannt, wo über dubiose "freiwirtschaftliche" (Gesell), subsistenzwirtschaftliche, kollektivistisch-genossenschaftliche oder vulgärmarxistische Aussagen hinaus irgendetwas zu dem Thema gesagt wurde. "
… und die gleiche Person meint dann kaum 2 Wochen später äußern zu müssen "…was ja voll okay wäre, wenn die Betreffenden auch die dahinterstehende Ideologie kennten. Das scheint aber, angesichts der gelinde gesagt wirren Argumentation nicht der Fall zu sein."
Lieber ret marut, ich habe deine Äußerungen bisher immer sehr geschätzt, aber jetzt muss ich dir mal einfach sagen, du hast gerade ins Klo gegriffen, setze dich lieber hin und lern deine Geschichtszahlen, damit kannst du zumindestens Eindruck schinden.
Ich habe mich hier an etlichen Stellen von aus meiner Sicht extremistischen Parteien wie NPD und Linkspartei distanziert. SPD/FDP/CDU/CSU sehe ich eher in der Mitte, halt Mittelinks und Mitterechts. Der Raum zwischen CDU/CSU und NPD ist das sogenannte rechtsdemokratische (etwas polemisch auch rechtspopulistische) Spektrum, dem u.a. die österreichische FPÖ, die Dansk Folkeparti in Dänemark, die PiS in Polen und diverse ähnliche Parteien in den meisten anderen europäischen Ländern gehören. Eine vergleichbare rechte und demokratische, d.h. nicht rechtsextrem/verfassungsfeindliche, Partei gibt es in Deutschland nicht. Eine solche könnte aber aus meiner Sicht sowohl die Parteienlandschaft bereichern als auch der NPD das Wasser abgraben. Jedenfalls mehr als es sämtliche Kampagnen in den letzten Jahrzehnten geschafft haben.
PS: Natürlich bleibe ich auch dann in der wunderbaren CSU verankert :-D.
Kleine Korrektur zur Amadeu Antonio Stiftung: In der Pressemitteilung auf die sich endstation rechts bezieht hat der Stiftungskoordinator der Amadeu Antonio Stiftung die NPD-Wahlertgebnisse bezogen auf einige Regionen in MV schockierend genannt, aber nicht die absolute Höhe der NPD-Wahlergbnisse. Dennoch bestätigen die Wahlergebnisse erneut, dass es der NPD gelungen ist, Wählerinnen und Wähler dauerhaft an sich zu binden: Die NPD ist dort stark, wo sie kontinuierlich vor Ort arbeitet. Neben mehrere Regionen in MV sind dies vor allem Regionen in Sachsen. Dort hat die NPD zwar ihr Wahlziel verfehlt (2,3 Prozent), hat aber die Anzahl der Sitze in den Kommunalparlamenten – wo sie schon länger arbeitet – fast verdreifacht. In Sachsen-Anhalt, Thüringen und im Saarland feiert die NPD gerade in denjenigen Regionen Achtungserfolge, wo sie schon mehrere Jahre präsent ist und gut mit den freien Kräften zusammenarbeitet, beispielsweise in Eisenach und im Kyffhäuserkreis (Thüringen) sowie in Saarbrücken und in Völklingen (Saarland).
Kleine Korrektur zur Amadeu Antonio Stiftung: In der Pressemitteilung auf die sich endstation rechts bezieht hat der Stiftungskoordinator der Amadeu Antonio Stiftung die NPD-Wahlertgebnisse bezogen auf einige Regionen in MV schockierend genannt, aber nicht die absolute Höhe der NPD-Wahlergbnisse. Dennoch bestätigen die Wahlergebnisse erneut, dass es der NPD gelungen ist, Wählerinnen und Wähler dauerhaft an sich zu binden: Die NPD ist dort stark, wo sie kontinuierlich vor Ort arbeitet. Neben mehrere Regionen in MV sind dies vor allem Regionen in Sachsen. Dort hat die NPD zwar ihr Wahlziel verfehlt (2,3 Prozent), hat aber die Anzahl der Sitze in den Kommunalparlamenten – wo sie schon länger arbeitet – fast verdreifacht. In Sachsen-Anhalt, Thüringen und im Saarland feiert die NPD gerade in denjenigen Regionen Achtungserfolge, wo sie schon mehrere Jahre präsent ist und gut mit den freien Kräften zusammenarbeitet, beispielsweise in Eisenach und im Kyffhäuserkreis (Thüringen) sowie in Saarbrücken und in Völklingen (Saarland).
Naja hier wird einfach ret matuts leninistisches Blickwinkel deutlich, es reicht eben nicht Leninrezeptionen der DKP zu studieren, um inhaltlich fundierte Aussagen tätigen zu können. Wer dies als Informationsbasis nimmt, wird natürlich nicht erkennen, dass Lenin den den staatssozialistischen Gedanken eben nicht von Marx -wie häufig suggeriert- sondern von Lassalle übernommen hat. Erst auf Grund dessen wurde die Bais für Lenins Irrlehre überhaupt geschaffen, nur auf Grund dessen wurde die Bolschewiki zu einer menschenrechtsverletzenden Verbrecherbande, dies ist der Grund warum der Begriff des Kommunismus mit soviel Schund überladen werden konnte.
Dies ist ja auch der Grund warum der Bolschewismus eine sozialdemokratische und keine kommunistische Ideologie ist, dies nachzuweisen, wäre vielleicht mal ein interessantes Forschungsprojekt. 😉
Ich bin sicher der letzte, der Begrifflichkeiten der "Extremismustheorie" verwendet.
Mir ist kein wissenschaftlicher Ansatz bekannt, mit dem diese "Theorien" empirisch gestützt werden könnten und mit dem die bestehende Kritik entkräftet werden könnte.
Eine fundierte Kritik an der "Extremismusforschung" liefert Wolfgang Wippermann, z.B. in seinem kurzen Text "Extreme Radikale" (in: Jungle World v. 05.03.2009): http://jungle-world.com/artikel/2009/10/32822.htm…
Zu all dem ideologischen Tünnes von Backes, Jesse et al. kommt stehts der historische Verweis (der offenbar bei den VertreterInnen totalitaristischer Ansichten nie fehlen darf), daß die Weimarer Republik "zwischen den Extremen von links und rechts zerdrückt" wurde.
Es waren aber nicht die – ach so bösen – KommunistInnen, die zum Untergang der Weimarer Republik geführt haben, sondern bürgerliche Regierungen, die mit dem Art. 48 der WRV Ende der 1920er Jahre das Parlament regelmäßig ausgeschaltet und mit Notverordnungen gearbeitet haben. Und es waren eben die bürgerlichen Parteien, die im März 1933 geschlossen im Parlament dem Ermächtigungsgesetz (und damit der abschließenden Machtübertragung an die Nazis) zugestimmt haben – nicht etwa die Abgeordneten der SPD oder KPD. Auch die Finanzierung der Nazi-Partei (und ihrer kostenaufwendigen Wahlkämpfe) ist ab 1928 durch führende Kreise der Finanz- und Industriemagnaten finanziert worden, die in der Diktion der "Extremismusforschung" wohl als "politische Mitte" zu bezeichnen wären; der deutschnationale Medienzar Hugenberg hat den Nazis zudem kostenlos Raum in seinen Blättern eingeräumt und damit quasi die Nazi-Hetze erstmals in die "Mainstream"-Medien eingeführt.
Und wo soll da der besagte "Griff ins Klo" sein? – Was stimmt denn konkret an meinen Aussagen zum Anarchismus nicht?
Der Anarchismus als utopische Sozialismusvorstellung dreht sich nunmal tendenziell im Kreise, weil ein wirkliches theoretisches Fundament fehlt. Wer sein/ihr ganzes Theoriegerüst auf das Dogma der "Herrschaftsfreiheit" gründet, wird nie eine echte Gesellschaftsanalyse aufstellen können. In dem Text, aus dem Du zitierst, habe ich versucht, dies darzulegen.
[Es wäre übrigens sinnvoll, auch auf die entsprechende Quelle zu verweisen, denn für Außenstehende werden solche Zitate, zumal aus dem Zusammenhang gerissen, nicht wirklich was bringen. – Du bist aber gerne eingeladen, in besagtem Forum zu dem Thema mit mir und anderen zu diskutieren.]
PS: Deine Argumente bzgl. "libertärem Kommunismus" (ergo Anarcho-Kommunismus, d.h. kollektivistischer Anarchismus, aufgepeppt mit ein bißchen Vulgärmarxismus) waren hier im Kommentarbereich bisher ziemlich wirr und unausgegoren. Ich empfehle in der Tat, mal gründlicher Kropotkin zu lesen. Wie gesagt, ich habe nichts gegen AnarchistInnen, aber deren Theorie ist ziemlicher Murks. (Was ja bei Utopismen, also idealistischen Weltanschauungen, auch nicht wirklich verwundert.)
Lenin war bekanntlich Anhänger von Marx und Engels und nicht von Lassalle. Ich finde es daher einen recht abwegigen Gedanken, hier eine direkte Traditionslinie zwischen Lassalle und Lenin herzustellen. Kannst Du diese These vielleicht irgendwie untermauern?
Wieso sollen denn die Bolschewiki eine "menschenrechtsverletzende[n] Verbrecherbande" gewesen sein? Etwa weil sie die Produktionsmittel sozialisiert haben und die bürgerliche Klassenherrschaft beendet haben? Oder weil sie feudale Strukturen aufgelöst und die Bauern von der Adelsknute befreit haben? Oder weil sie die bäuerliche und proletarische Klasse aus der Unwissenheit und dem Analphabetentum befreit haben? Oder weil sie sich 1917-1923 erfolgreich gegen dutzende weiße Interventionsarmeen gewehrt haben?
Nun, dann bin ich in Deinen Augen halt ein Anhänger von Marx und Lenins "Irrlehre"… 😉 – kann ich auch mit leben.
Ich empfehle Dir übrigens die Lektüre des "Manifest der Kommunistischen Partei", übrigens von Marx geschrieben, nicht von Lenin. Vielleicht werden dann einige Verbindungslinien klarer.
Über die Grundmandatsklausel (also Verfehlen der 5%-Hürde, aber mind. 3 Direktmandate) zöge die CSU aber formal nicht als Fraktion, sondern lediglich als Gruppe ein. Ist zwar für die CSU rechnerisch ziemlich unerheblich (die kommen ja eh in der gemeinsamen CDU/CSU-Fraktion unter), aber würde doch das Gewicht der CSU in der kommenden schwarz-gelben Koalition mindern. Es wird ja schon jetzt das Fell des Bären verteilt, obwohl die Bundestagswahl noch nicht mal offiziell begonnen hat; die CSU will Außen-, Landwirtschafts- und Wirtschaftsministerium haben; die FDP hat kürzlich schon kolportiert, sie warte eigentlich nur darauf, daß die CSU auch noch Anspruch auf die Kanzlerschaft einfordere. 😉
Ich denke wir brauchen nicht darüber diskutieren, dass Marx zwei Schaffensperioden hatte. Der frühe Marx war Revolutionär und der späte Marx Analytiker. Das kommunistische Manifest entstand direkt in der Umbruchphase, da war er gerade 30 Jahre alt. Im Jahr zuvor war der Bruch mit Proudhon, was sich in der Schrift "Das Elend der Philosophie" äußerte. Was in der heutigen Zeit von Bedeutung ist, ist gerade nicht das kommunistische Manifest, welches ich übrigens sehr wohl gelesen habe, sondern die Kritik der poltischen Ökonomie. Nicht das Manifest schuf die Basis für die Frankfurter Schule, sondern die spätere Analyse der ökonomischen Abläufe im Kapitalismus.
Bezüglich des zweiten Absatzes möchte ich nur an den Einmarsch Trotzkis in der Ukraine errinnern und die Niederschlagung der Machno-Bewegung erinnern…