Ein Kommentar von Carsten Schönebeck

Frustriert – das ist wohl der treffendste Ausdruck für den Großteil der Gesichter, die sich am Mittwoch früh gegen ein  Uhr im Mittendrin versammeln. Fünf Stunden StuPa-Sitzung liegen hinter den meisten der Anwesenden und der traditionelle Ausklang machte schon mal einen beschwingteren Eindruck. Schlimmer noch, stellenweise spürt man eisiges Schweigen und hört lauten Streit.

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AStA-Vorsitzende Scarlett Faisst stellte sich zu Wiederwahl - nach quälend langer Fragerunde bekam sie eine knappe Mehrheit

Besonders bei den noch anwesenden AStA-Referenten ist die Stimmung gedrückt. Als wichtigste Sitzung des Jahres angekündigt, mit 20 Bewerbungen auf Ämter gesegnet, wurden gerade einmal drei Referate im neuen Allgemeinen Studierendenausschuss besetzt. Für den stellvertretenden Vorsitz und das Referat für politische Bildung wurden zwar Wahlen abgehalten, doch keine Mehrheiten gefunden.

Von sorgfältiger Arbeit sprechen einige, wenn auch mit trübem Blick – von Handlungsunfähigkeit des Parlaments andere, diese wiederum um so energischer. Unbestreitbar ist aber, dass es Startschwierigkeiten in der neuen Legislatur gibt und das sich einige StuPisten (neue wie alte) bis dato nicht mit Ruhm bekleckern.

„Darauf hätte ich keine Lust“ – Anwesenheit im StuPa

Da ist zum ersten das Problem Anwesenheit. Ein Viertel der Parlamentarier war am vergangenen Dienstag gar nicht gesehen und das, obwohl mit den AStA-Wahlen wohl tatsächlich die wichtigste Aufgabe des Jahres anstand. Ironischerweise ist die Abwesenheit gerade bei den so wichtigen Wahlen nicht nur ein moralisches Problem: Ein Kandidat braucht die Hälfte aller möglichen Stimmen, jeder Nicht-Anwesende stimmt also prinzipiell gegen den Bewerber.

Zu den von vornherein Fehlenden gesellte sich irgendwann auch Sebastian Jabbusch, der die Sitzung gegen 22:30 verließ, und auch mit Ausnahme des Antrags um die Aufwandsentschädigung der Medien, kaum Interesse an den Vorgängen zeigte. In einem Kommentar auf dem webMoritz schreibt er unter anderem: „der Ticker deutet auf den gleichen Selbstdarstellungs-Zirkus mancher StuPa-Mitglieder wie im letzten Jahr hin – darauf hätte ich keine Lust…“.

Hoffen wir nicht, dass sich dieser Ansatz zur demokratischen Arbeit an der Universität verbreitet, denn auch Jusos und Neuparlamentarier David Stoffel machte seinem Bedürfnis nach erhöhter Aufmerksamkeit, wie auch in den vorherigen Sitzungen, Luft. Lautstark verließ er erneut die Sitzung um kurz nach Mitternacht. Nicht ohne vorher das Präsidium zu bitten, seinen Abgang auf Punkt 0:00 Uhr rückzudatieren. Er sei grundsätzlich nicht bereit, länger zu tagen. Und da sage noch einer, Politiker hätten keine Prinzipien.

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Sitzung am 12. Mai - von links nach rechts: Maik Jablonowsky, Erik von Malottki, David Noack, David Stoffel, Christian Bäz

Die vier Altvorderen

Zum zweiten gibt es im Parlament augenscheinlich zwei Ansätze zum politischen Diskurs. Während einige sich in fast schon eisiges Schweigen hüllen und Anträge ohne Wortbeitrag abnicken oder -lehnen wollen, glauben andere offenbar, der StuPist mit den meisten Wortbeiträgen (unabhängig vom Inhalt) bekäme am Ende der Legislatur einen Sonderpreis.

Erik von Malottki beispielsweise ist sich nicht zu schade, gebetsmühlenartig mehr Geld für die Medien zu fordern, solange er dies nur populistisch-angehaucht auf dem webMoritz tun kann. Auffälligerweise erhielt aber gerade die Erhöhung der Aufwandsentschädigungen in der letzten Sitzung von ihm keine Zustimmung. Warum? Er jedenfalls sah keinen Grund sich in der Debatte zum Antrag zu äußern.

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Frederic Beeskow, Christian Bäz, Thomas Schattschneider, Alexander Schulz-Klingauf(v.l.o.n.r.u.)

So lassen sich fast sämtliche Debatten auf das hochschulpolitisch erfahrene Quartett Bäz, Beeskow, Schattschneider und Schulz-Klingauf zurückführen. Laut eigenen Aussagen ist ihr Ziel auch nicht die eigene Profilierung, sondern das Wachrütteln der übrigen 25 – oft scheint es jedoch, dass sie ihre Kollegen eher einschläfern als wecken.

Immerhin, die Beiträge der vier sind fast immer geprägt von großem Sachverstand und Erfahrung. Unqualifizierte oder unangemessene Fragen, z.B. nach dem Privat- und Liebesleben von AStA-Referenten, jedenfalls, kommen von anderen. Vielleicht aber auch nur ein verzweifelter Versuch eines Befreiungsschlages aus dem autoritären Würgegriff der vier Altvorderen?

Quo vadis?

Fest steht: Das Parlament hat sich mit dem Hickhack um das eigene Präsidium bereits blamiert. Sollte es in der außerordentlichen Sitzung am kommenden Mittwoch erneut daran scheitern einen handlungsfähigen AStA aufzustellen, muss es sich Fragen nach eigenem Sinn und Zweck gefallen lassen.

Und wo liegt die Lösung? Erste und oberste Priorität des Parlaments muss nun sein, AStA und Medien handlungsfähig zu besetzen. Alles andere muss hinten an treten – vor allem auch ohne im Parlament geführte Diskussion darüber ob das nun wirklich so sein muss…

Für die Rechenschaftsberichte, die regelmäßig bis zu zwei Stunden der Tagungszeit kosten, muss eine andere Lösung gefunden werden. Moderne Kommunikationsmittel, AStA- und Redaktionssitzungen bieten Gelegenheit Fragen zu stellen und sich allgemein zu informieren. Auf die Sitzung gehören, aktuelle Ergänzungen, vielleicht ein oder zwei Verständnisfragen. Dabei werden sich einige StuPisten von einem hohen Ross herab begeben müssen um „ihre“ „Angestellten“ nicht nur zum Rapport einzubestellen, sondern sich auch auf sie zu zu bewegen.

Ist das Gelungen, kann man dem Neu-StuPisten und Präsidenten Korbinian Geiger nur eine glückliche(re) Hand in der Sitzungsleitung wünschen. Erfahrung kommt schon per Definition nicht über Nacht und Korbinian genießt Sympathie und Anerkennung quer durch alle studentischen Gremien. Auch wenn noch nicht alles rund läuft, muss er damit leben, für die studentische Selbstverwaltung derzeit das Freudenfeuer am Ende eines langen Tunnels zu sein.

Bilder:

Stupa 12. Mai – Arik Platzeck

Scarlett Faisst – Carsten Schönebeck

Beeskow, Bäz, Schattschneider, Schulz-Klingauf – Wahlmoritz

Bild Startseite – Herkie via flickr