Am vergangenen Samstag war es zum ersten Mal seit 2000 wieder soweit, dass das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik seine Tore komplett öffnete. Dieses Jahr ist der beste Zeitpunkt zum Besichtigen des IPPs, da die Module für das Wendelstein 7-X-Experiment im Aufbau sind und man einmalige Einblicke gewährt bekommt in die hier stattfindende Grundlagenforschung. Auch außerhalb eines Tags der offenen Tür werden Gruppenführungen durch das Institut durchgeführt. Dazu mehr im Artikel.

Einen Überblick über den Aufbau und Zweck der einzelnen Bauteile lieferte ein beeindruckender 3D-Film und in Vorträgen zu verschiedenen Themen wurde vertiefend eingegangen auf Kernfusion, Montage, Aufheizen des Plasmas auf 100 Mio Grad etc. Danach hat man einen ungefähren Eindruck, wie das Experiment einmal ablaufen wird, nachdem die am Ende 750t schwere Anlage militmetergenau montiert ist.

Schon beim Betreten des Geländes wird der Besucher begrüßt mit einer Skulptur aus einer sog. nicht-planaren Spule. 50 von diesen supraleitenden Magnetfeldspuren umgeben das Plasmagefäß und erzeugen einen „besonders stabilen und wärmeisolierenden Magnetkäfig für das Plasma“. Die Spulen wurden nicht im IPP gefertigt, sondern von einem deutsch-italienischen Konsortium.

Weiter geht es ins Foyer, wo Mitarbeiter Infomaterial verteilten und Hilfestellung gaben. Nicht übersehen sollte man den Namensgeber des Instituts.

Während einer Führung konnte man auch sehr nahe an WEGA herankommen (Wendelstein Experiment in Greifswald für die Ausbildung), eine kleine Ausgabe des großen Experiments, das sich aufgrund der einfacheren Kontrollierbarkeit besser zum Studium des Plasmas eignet. Da das in größerem Maßstab äußerst schwierig ist, wird es wahrscheinlich noch bis Mitte dieses Jahrtausends dauern, bis Kernfusion zur Stromerzeugung genutzt werden kann.

Danach geht es endlich in die Montagehalle, wo die fünf Module des Plasmagefäßes zusammengebaut werden. Die fünf baugleichen Module sind ebenfalls komplex gebogen, da sie der dreidimensionalen Form des Plasmas folgen. Da kleinste Abweichungen die Stablität des Plasmas beeinflussen müssen die 200 Edelstahlringe ganz genau zusammengeschweißt werden.

Um die engen Toleranzbereiche einzuhalten, werden die Gefäße mit einem Lasertrackingsystem überprüft. Wie der Blick in die Montagehalle verrät, war der Tag der offenen Tür gut besucht. Frau Kemnitz (Öffentlichkeitsarbeit) teilte mit, dass es genau 1308 Besucher waren. Das sind im Vergleich zu 2000, als etwa 5000 kamen, wesentlich weniger, aber auch so kam es zu Wartezeiten bei den Führungen und viel mehr Besucher hätten es nicht sein dürfen.

Aufgrund des hohen Andrangs konnte meine Gruppe z.B. die Kryoanlage nicht ansehen, wo das Helium für den Kryostaten gelagert wird. Mit flüssigem Helium werden die Spulen auf 4 Kelvin (-269°C) heruntergekühlt, damit die Spulen nach dem Einschalten kaum Energie verbraucht.

Die Kryoanlage kann leider auch nicht bei Gruppenführungen angesehen werden, von daher war dieser Tag der offenen Tür eine einmalige Gelegenheit. Gruppen ab zehn Personen können individuelle Besuche vereinbaren (s. Besucherservice), die ebenfalls eine Einführung beeinhaltet und eine nach Möglichkeit angepasste Führung (z.B. für Schulklassen oder Ingenieursstudenten).

Neben der eigentlichen Experimentanlage konnten auch die Hochspannungsgleichstromversorgungsanlage (HGV) und die Elektronen-Zyklotron-Resonanz-Heizung (mit Mikrowellensender).

Die HGV verfügt über eine 110-kV- und eine 20-kV-Einspeisung und ein Umspannwerk. Sie versorgen die drei Heizungen, d.h. u.a. die zehn Gyrotons (Mikrowellensender) der Elektronen-Zyklotron-Resonanz-Heizung. Zurzeit ist die HGV bis zu acht Stunden täglich im Einsatz.

Ein Gyrotron (Mikrowellensender) hat eine Ausgangsleistung von 1 Megawatt, d.h. das Tausendfache einer normalen Mikrowelle. Das bedeutet, dass wenn eine Küchenmikrowelle eine Viertelstunde für das Erhitzen eines Hühnchen benötigt, so kann ein solches Gyrotron einen Elefanten in einer Sekunde aufheizen. Auch ein solcher Gyrotron ist von einem supraleitenden Magneten umgeben, der mit flüssigem Helium gekühlt wird. An der am schlechtesten isolierten Stelle entsteht dadurch ein Eisballen (s. Bildmitte), der jedoch den Betrieb nicht beeinflusst.

Wer also am Samstag aufgrund des schönen Wetters oder sonstiger Umstände den Tag der offenen Tür am IPP verpasst hat, sollte eine Schar Interessierter zusammensuchen und eine Gruppenführung buchen. Es lohnt sich!

Technische Details: ausliegendes Infomaterial
Fotos: Textautorin