Mindestens ein Fall von Fahrraddiebstahl in Greifswald könnte seit gestern als aufgeklärt bezeichnet werden. Starfleet-Captain Archer brauchte eines, um das Universum zu retten. Und schuld an solch extremen Maßnahmen war wieder einmal Q.

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v.l.n.r.:Stefan Tennigkeit (Jonathan Archer), Falko Goerres (Jean Luc Picard), Patrick Welby (Q), Christine Kossatz (Kathryn Janeway), Alex Scheffler (Benjamin Sisko) - Foto: Arik Platzek

Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit im Cinestar Greifswald stand gestern die Vorpremiere des elften Teils der Star-Trek-Filmreihe. Die herausragende Besonderheit des Abends bildete der Vorfilm von „Star Trek: To the Res-Q“, der ersten in Greifswald entstandenen Fan-Produktion: Fünf bekannte Captains der Sternenflotte werden von Q in Greifswald versammelt, um das Universum vor dem Untergang und sich selber vor dem Vergessen zu retten.  Dass Q wie so oft hier nur ein perfides Eigeninteresse verfolgt, liegt in der Natur seiner Erscheinung. Aber wie immer geht es am Ende ganz anders aus, als es selbst Q erwartet hatte.

Unter maßgeblicher Leitung von Dr. Anette Brauer (Institut für Amerikanistik) bildete die Vorführung von „Res-Q“ den Schlußstein eines vor über einem Jahr gestarteten studentischen Medienprojekts. Auf dem Wort Medienprojekt muss die Betonung liegen, denn eigentlich ist es kein „echter“ Fan-Film. Christine Kossatz, welche ihrem filmischem Vorbild Captain Janeway im Erscheinungsbild und auch im Umgang mit heißem, duftenden Kaffee eindeutig am nächsten kommt, hatte bis gestern abend noch nie einen Star Trek Film gesehen. Anette Brauer erklärt, dass zwar lange nicht alle der über 30 Projektteilnehmer eingefleischte Trekkies sind, dafür seien sie alle völlig neu im Filmgeschäft.

„Die Idee ist aus der Star-Trek-Ringvorlesung im Wintersemester 2007/2008 heraus entstanden“, begründet sie die Frage nach deren Usprung. Star Trek Fan Falko Görres (alias Jean Luc Picard und stolzer Besitzer aller Serien auf DVD) fügt hinzu: „Im Juni ’08 waren wir mit den Arbeiten am Trailer fertig. Im letzten Wintersemester haben wir den Film produziert und geschnitten wurde bis vor zwei Tagen.“ Cutter Marius Bathe lacht: „Ja, das war viel Arbeit. Eine Woche Dreh, zwei Monate Schnitt.“ Und das alles mit allgemein erhältlicher Software, wie er betont. Nicht die einzige Herausforderung: ein Budget gab es nicht und gefilmt wurde mit einem Standardvideocamcorder mitten im eisig-windigen Greifswald. „Der Stoff der Uniformen ist verdammt dünn“, grinst Stefan Tennigkeit (Jonathan Archer). Cinestar-Leiter René Römer hatte sich schließlich bereit erklärt, statt der obligatorischen Werbung das Medienprojekt als Vorfilm in seinem Kino zu zeigen. Und freute sich schließlich über rund 240 verkaufte Plätze, nur knapp zwei Dutzend Sitze blieben frei.

Der Vorfilm zur gestrigen Vorpremiere des elften Star Trek Films hatte seine eigene Premiere allerdings schon früher: Auf der 18. Fedcon in Bonn vom 1. bis zum 3. Mai 2009.  Drei Fedcons hat Anette Brauer deshalb besucht: „Eine zur Vorbereitung der Ringvorlesung, die nächste zur Vorbereitung des Filmprojekts und auf der letzten haben wir nun unseren Film vorgestellt.“ Die Meinung des eingefleischte Sci-Fi-Publikums beurteilt sie so: „Wir mussten ganz viele Fotos machen und die Zuschauer haben alle an den richtigen Stellen geklatscht.“ Fedcon-Besucher Christian Pippig meint: „Die Story war Geschmackssache, aber die Effekte waren wirklich super gemacht.“

Noch drei kaufbare DVD’s von „Res-Q“ sind erhältlich: Wer Interesse hat, meldet sich einfach bei Anette Brauer unter startrek-projekt@uni-greifswald.de!

Am Ende bleibt die Frage, warum Jonathan Archer nun ein Fahrrad klaut? Das erfahrt ihr in „Star Trek: To the Res-Q“, der hier in wenigen Tagen online zu sehen sein wird.

Foto: Arik Platzek



Macht das Universum runder

Star Trek 11: „Star Trek“, von J. J. Abrams (Kinostart. 7. Mai 2009)

Das Erscheinen des elften Teil der längsten Sciencefiction-Filmreihe der Welt und größten Sciene-Fiction-Serie der Welt wurde genauso lang erwartet wie oft bezweifelt. Der vorherige Film „Star Trek: Nemesis“ war kommerziell wenig erfolgreich und auch das letzte Spin-off, die Serie „Star Trek: Enterpreise“ wurde nach vier Staffeln eingestellt. Dass ein Abgesang auf „Star Trek“ trotz solcher Zeichen aber reine Spekulation ist, hatten schon die Entstehungsgeschichten der originalen Serie „Raumschiff Enterprise“ und des ersten Star Trek Kinofilms bewiesen.

Ein mulmiges Gefühl für alte Fans

Nicht ohne ein mulmiges Gefühl gingen trotzdem viele Besucher des neuesten Star Trek in die Vorstellung. J.J. Abrams, Erschaffer von populären Serien wie ‚Lost‘ oder ‚Alias‘, war mit der Produktion betraut und übernahm schließlich auch noch die Regie. Bedenklich, schließlich könnte das action- und dynamiklastige und von Special Effects geprägte bisherige Schaffen von Abrams den Geist von „Star Trek“ gänzlich zum Untergang bringen.

Ein Geist, der maßgeblich vom bekennenden Humanisten Gene Roddenberry geprägt wurde und auf humanistischen Ideen und Prinzipien basierte, die sich häufig im moralischen Impetus vieler Filme und Serien ausdrückten. So bestand die Brückenbesatzung der in den 1960ern entstanden ersten Serie „Raumschiff Enterprise“ aus einem us-amerikansichen Raumschiffcaptain, einem russischen Navigator, einem japanischen Waffenoffizier und einer farbigen Kommunikationsoffizierin. Besonders Nichelle Nichols alias Kommunikationsoffizierin Uhura setzte zwei Meilensteine in der Fernsehgeschichte der USA: Zum einen trat sie als erste farbige Frau in einer Serie in einer leitenden, also nicht für Farbige typischen, Rolle auf. Und hatte in derselben Serie als erste farbige Frau der TV-Geschichte mit einen weißen Mann (James T. Kirk) eine Kusszene. Was gesellschaftliche Entrüstung hervorruf und  einige Fernsehsender im Süden der USA dazu brachte, die Ausstrahlung dieser Folge zu verweigern. Bürgerrechtler Martin Luther King überredete sie trotz der Schwierigkeiten, weiterhin als Vorbild zu dienen.

Auch in den Filmen fand sich das wieder: Der vierte Star Trek Film „Zurück in die Gegenwart“ machte die Ausrottung der Wale im 20. Jahrhundert zum zentralen Thema des Films. Noch in Roddenberrys Todesjahr setzte der sechste Teil, „Star Trek: Das unentdeckte Land“, ein filmisches Gleichnis zum Fallen des Eisernen Vorhangs.

Seit dem siebten Teil ließ sich trotz der Regie von u.a. Jonathan Frakes („Commander Riker“ aus Enterprise: Die nächste Generation) eine Entwicklung erkennen, die auf einen uninspirierten Geist bei der Schaffung und die Hinwendung zu möglichst breitentauglichen Actionabenteuern schließen ließ. So war es nun J.J. Abrams, welcher gerade nach Ende der Dreharbeiten zum Mission Impossible 3 die Produktion des neuesten Star Trek übernahm. Im Interview mit Spiegel online erklärte Abrams: „Einen Bond-Film hätte ich niemals gedreht, weil die 007-Reihe schon so viele Klassiker hervorbrachte, dass ich garantiert nichts Besseres hinzufügen könnte. Bei „Star Trek“ lag die Latte niedriger. Allerdings war ich nie ein ernsthafter Fan oder gar Trekker.“

Der elfte Star Trek orientiert somit zuerst einmal am populären Trend, ein Prequel zu vorhandenen Produktionen zu verfilmen. Schon bei der Serie „Star Trek: Enterprise“ hatte man sich entschieden, die Geschichte am Anfang neu zu schreiben, statt sie am Ende weiterzuspinnen. Der Film setzt in der fiktiven Chronologie also nach „Star Trek: Enterprise“ ein und spielt vor der Zeit von „Raumschiff Enterprise“. Die Vereinigte Föderation der Planeten ist schon gegründet, die Sternenflotte ist aber noch jung. Die erste Enterprise 1701 verlässt in diesem Film ihr Dock.

Inhaltliches

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Junger Kirk und junger Spock (Bild: Paramount Pictures)

Am Beginn des Films steht zuerst die Zerstörung der „U.S.S. Kelvin“, auf der ein gewisser George Kirk als Erster Offizier dient. Als sie von einem übermächtigen romulanischen Schiff angegriffen werden, liegt seine Frau in den Geburtswehen auf der Krankenstation. Der Captain des Schiffs, Richard Robau (Faran Tahir) fliegt zu Waffenstillstandsverhandlungen an Bord des romulanischen Schiffs und wird dort umgebracht. Nun ist George Kirk Captain und die einzige Möglichkeit, die in Rettungsshuttles fliehende Besatzung zu retten, lautet: Kollisionskurs. Als die „Kelvin“ vernichtet wird, hört George Kirk die ersten Schreie seines Sohnes: James Tiberius Kirk. Der Grund für den Angriff der aus der Zukunft gekommenen Romulaner: Spock.

Der junge Kirk wächst in der durch das Eingreifen der Romulaner erzeugten alternativen Zeitlinie nun als  Taugenichts und Draufgänger bei einem herrischen Ziehvater auf.  Bei einer Barschlägerei trifft Pike auf George Kirks Sohn und überredet ihn, der Sternenflotte beizutreten, um ihn in die Fußstapfen dessen Vaters treten zu lassen. Mit der Zeit trifft Kirk all die bekannten Charaktere auf der Akademie: Spock (Zachary Quinto), McCoy (Karl Urban) und Uhura (Zoë Saldaña). Auch Pavel Chekov (Anton Yelchin), Chefingenieur Scott (Simon Pegg) und Hikaru Sulu (John Cho) finden sich später an Bord der Enterprise wieder, die von Captain Pike in einer Flotte wegen eines Notrufs nach Vulkan beordert wurde. Dort treffen sie auf alte Gegner.

Pathetisch sind Anfang und Ende des neuesten Star Trek, hier soll ein Eindruck eines Neubeginns verdeutlicht werden. Nur welcher? Mit viel Action, Dynamik, schnellen Schnitten und ausgefeilten Spezialeffekten ist der Film versehen, an denen wirklich nicht gespart wurde. Die Handschrift Abrams spiegelt sich hier deutlich wieder, was dem Fan aus Roddenberrys Universum das mulmige Bauchgefühl zu Bauchschmerzen werden lassen kann. Als am Ende des Films der Aufbruch in neue Welten, zu unbekannten Zivilisation und neuen Herausforderungen verkündet wird, fällt die Frage, wo diese im Film selbst umgesetzt wurden. Inhaltlich hevorstechenste Besonderheit: Nicht humanoide Alienspezies gehören nun zur  Raumschiffbesatzung. Ein klarer Bruch mit Traditionen, der einen eher an Star Wars denken lässt und der für Streit in der Fangemeinschaft sorgen dürfte.  Ob Roddenberry mit diesem Star Trek glücklich wäre, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. Leonard Nimoy (der „alte“ Spock), der auch einen kurzen Auftritt hat, war vom neuen Film jedenfalls angeblich begeistert.

Gewissensfrage

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Die junge Crew der Enterprise. Werden wir diese Gesichter wiedersehen? (Bild: Paramount Pictures)

Kann dieser Star Trek noch wirklich zu Star Trek gehören? Oder ist es nicht einfach ein weiterer auf Hochglanz politierter Sciencefiction-Actionkracher? Es lässt sich feststellen: Markttauglich ist der Film. Nicht nur wegen seiner zahlreichen jungen Darsteller hat er das Potential, die Fangemeinde neu zu nähren. Abrams wählte den denkbar einfachsten Weg, in dem er dafür auf Action und Hochglanz den Schwerpunkt legte. Mit dem elften Teil könnte so der erste Schritt in eine neue Dekade aus Filmen gelegt worden sein.

Die zukünftige Fangemeinde von Star Trek und das breite Publikum wurde nun erstmal einmal bedient. Im nächsten Teil, der angeblich schon in Vorbereitung ist, muss aber auch wieder die ursprüngliche Inspiration einen Eingang in die Handlung und Ereignisse finden. Wenn nicht, wird Roddenberry sich im Grab umdrehen. Und mancher hartgesottene Star Trek Fan könnte sich wünschen, Abrams hätte nie gelebt.

Abgerundetes Universum

Ob das Universum rund ist, ist ungewiss. Der neue Star Trek macht auf jeden Fall das „Star Trek Universum“ ein wenig runder. Dem alten Trekker bleibt trotzdem der Zweifel an der Zukunft die Freude, das Star Trek Universum um zahlreiche Details ergänzt zu sehen und bekannte Details filmisch schön umgesetzt wiederzufinden. Die ursprünglichen Charaktere der alten Enterprise finden in den Darstellern, ihren Worten und ihrer Gestik schöne und authentische Ähnlichkeiten. Insbesondere die Wortwahl von McCoy und Scott wie auch der Dialekt des jungen Chekov fallen angenehm auf.