Am 31. März 2009 hat das Bundesinnenministerium die rechtsextremistische Jugendorganisation „Heimattreue Deutsche Jugend – Bund zum Schutz für Umwelt, Mitwelt und Heimat e.V.“ (HDJ) verboten.

Laut Innenministerium verbreitete die HDJ rassistisches und nationalsozialistisches Gedankengut. Weiter heißt es in der Verbotsbegründung:

In speziellen Schulungen werden bereits Kinder im Grundschulalter gezielt in „Rassenkunde“ unterrichtet. Sie werden dazu angehalten, für die „Blutreinheit“ und das „Fortbestehen des deutschen Volkes“ einzutreten. „Ausländer“ und „Juden“ werden als Bedrohung für „das deutsche Volk“ dargestellt.

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HDJ-Zeltlager. Quelle: www.recherche-nord.com

Die HDJ bestand bundesweit aus schätzungsweise 400 Mitgliedern und hatte in Greifswald ihre Leitstelle Nord. Der Greifswalder Biologie-Student Ragnar Dam war Chef der HDJ-Einheit Mecklenburg-Pommern und „Führer“ der HDJ-Leitstelle Nord. Weitere prominente Kader der HDJ in Greifswald waren Lutz Giesen und Frank Klawitter. Klawitter und Dam wurden 2008 auf Grund ihrer rechtsextremen Gesinnung aus dem örtlichen Technischen Hilfswerk (THW) ausgeschlossen.

Warnungen vor Organisation seit 2007

Die Journalistin Andrea Röpke hatte 2007 mit ihrem Buch „Ferien im Führerbunker“ die vor der Gesellschaft versteckt abgehaltenen Aktivitäten der HDJ dokumentiert und somit einen gesamtgesellschaftlichen Diskurs angestossen (siehe dazu auch im webMoritz „Ferien im Füherbunker“ – Vortrag über die HDJ). Nach Erscheinen des Buches wurde erst vielen Menschen in Greifswald klar, dass die Stadt ein Hauptquartier der rechtsextremen Jugendorganisation ist.

Aufgeschreckt durch den gesellschaftlichen Diskurs fanden erstmals im Mai 2008 Durchsuchungen bei Mitgliedern der HDJ in Berlin, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern (so auch in Greifswald bei Ragnar Dam) statt.  Nachdem im August 2008 ein Zeltlager der HDJ im Landkreis Güstrow aufgelöst wurde, stellten dann im Bundestag FDP und Bündnis90/Die Grünen einen Verbotsantrag. Im Oktober 2008 fand im inzwischen eingeleiteten vereinsrechtlichen Ermittlungsverfahren eine bundesweite Razzia bei Kadern der HDJ statt. Die HDJ hatte also über ein halbes Jahr Zeit, sich auf ein mögliches Verbot vorzubereiten. Damit verpuffe die Wirkung einer Zerschlagung, so der Berliner Journalist Maik Baumgärtner.

Verbot schwächt die Strukturen

Baumgärtner beschäftigt sich seit Jahren mit dem Thema Rechtsextremismus und speziell mit rechtsextremer und völkischer Jugendarbeit. Er lehnt Verbote ab, da sie keine gesellschaftlichen Probleme lösen. Stattdessen sei es Aufgabe der Zivilgesellschaft, schon im Kindergarten Werte wie Toleranz zu vermitteln, damit neonazistische Ideologien garnicht erst angenommen werden. Allerdings begrüßt er das Verbot, da es die Strukturen schwächt. Durch den Verlust des Vereinsstatus entfallen für die HDJ Möglichkeiten, Zeltplätze oder Veranstaltungsräume zu mieten. Die Mitglieder können allerdings als Privatpersonen ohne Uniform weitermachen. Mit dem Verbot werden also nicht die Mitglieder verschwinden, das nazistische Gedankengut bleibt weiter vorhanden und findet eventuell den Weg in andere Gruppen.

Am wahrscheinlichsten erscheint, dass sich bisherige HDJ-Mitglieder in bestehende Strukturen integrieren. Die Gründung einer offiziellen Nachfolgeorganisation würde ein erneutes Verbot nach sich ziehen.  Auch ist es denkbar, dass erstmal im Freundeskreis oder bei Familientreffen mit der Verbreitung des neonazistischen Gedankenguts weitergemacht wird. Für dieses Vorgehen sprechen auch Kommentare auf der rechten Internetseite altermedia zu diesem Thema (hier zitiert im Fleischervorstadt-Blog zu finden).

Die HDJ lief am 14. Februar 2009 bei der Demonstration tausender Rechtsextremer in Dresden zu großen Teilen im Block der „Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland (JLO)“ aktiv mit. In Sachsen könnten sich nach Meinung Baumgärtners die HDJ-Mitglieder der JLO anschliessen. In Mecklenburg-Vorpommern sei ein Anschluss an das „Soziale und Nationale Bündnis Pommern (SNBP)“ denkbar.

HDJ ist nur die Speerspitze politisch rechter Jugendorganisationen

Auch könnten bisher nicht durch politische Kontakte zur NPD aufgefallene Familien zu völkisch orientierten oder neurechten Ausweichorganisationen wie „Der Freibund – Bund Heimattreuer Jugend e.V.“ oder „Sturmvogel – deutscher Jugendbund“ wechseln. Die HDJ war die Speerspitze der politisch rechten Jugendorganisationen, aber es gibt schon seit teilweise über 40 Jahren andere völkische Jugendgruppen. 1990 spaltete sich die HDJ vom Freibund ab.

Für den Sprecher der Projektgruppe „Gegen Rechtsextremismus“ des Parteivorstandes der SPD, Niels Annen, MdB und der Vorsitzende des Innenausschusses des Deutschen Bundestages, Sebastian Edathy, MdB unterstreicht das HDJ-Verbot auf Grund der zahlreichen Verflechtungen zwischen NPD und HDJ eindeutig die Verfassungsfeindlichkeit der NPD. Es bleibt abzuwarten, ob das HDJ-Verbot also weitere Konsequenzen für die rechte Szene wie ein NPD-Verbot zur Folge hat.