Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident hat am Wochenende mit einem Interview in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS) für Wirbel gesorgt. In dem Interview hat er unter anderem gesagt, er verwahre sich dagegen „die DDR als den totalen Unrechtsstaat zu verdammen.“ Der Koalitionspartner CDU und auch die übrigen demokratischen Parteien des Schweriner Landtags kritisierten Sellerings Aussagen umgehend.
CDU-Fraktionsvorsitzender Harry Glawe sagte dem NDR, es handle sich wohl um ein „Wahlkampfmanöver“ Sellerings und mutmaßte, er wolle Sympathiepunkte bei der Bevölkerung sammeln. Gleichzeitig nahm der Koalitionär „seinen“ Ministerpräsidenten aber auch in Schutz: Daran, dass die DDR ein Unrechtsstaat gewesen sei, herrsche wohl bei niemandem ein Zweifel.
Das geht aus den Aussagen Sellerings auch halbwegs eindeutig hervor. Der Vollständigkeit halber geben wir Sellerings Äußerungen hier im Zusammenhang der Fragen wieder:
War die DDR eine Diktatur?
Sie war gewiss kein Rechtsstaat. Ich verwahre mich aber dagegen, die DDR als den totalen Unrechtsstaat zu verdammen, in dem es nicht das kleinste bisschen Gutes gab. Allerdings stimmt: Der Staat machte vielfach, was er wollte. Es gab keine Kontrolle durch unabhängige Gerichte. Insofern hat zur DDR immer auch ein Schuss Willkür und Abhängigkeit gehört.
Ein Schuss Willkür? Das klingt sehr verharmlosend.
Zu verharmlosen liegt mir fern. Aber wir leben heute in einem Staat zusammen. Deswegen habe ich Bedenken vor Diskussionen, die sich nur auf die DDR beziehen. Es ist ja nicht so, dass ein idealer Staat auf einen verdammenswerten Unrechtsstaat stieß. Die alte Bundesrepublik hatte auch Schwächen, die DDR auch Stärken.
Das um einige Fragen gekürzte Interview kann man hier nachlesen.
Kommentar von Gabriel Kords:
Ist Erwin Sellering nur ein Opfer der skandalwütigen Medien? Keine Frage, die Journalisten fallen derzeit auf altbekannte Weise über den Ministerpräsidenten her und machen seine Äußerungen gern auch schlimmer als sie sind (z.B. bei welt.de – „findet viel gutes an der DDR“). Aber ganz so leicht kommt Sellering nicht davon.
Denn zur DDR gehörte mehr als ein Schuss Wilkür. Es klingt, da haben die Interviewer recht, wirklich verharmlosend, wenn Sellering vor sich hinplaudert und Dinge sagt wie: „Der Staat machte vielfach, was er wollte.“ Falsch ist das Wörtchen „vielfach“. Der Rest stimmt.
Der Rest stimmt aber auch in den übrigen Fragen des Interviews. Sellering warnt schon am Anfang, dass er Probleme mit dem Thema DDR hat: „Für mich ist das ein schwieriges Thema, weil ich nicht in der DDR gelebt habe.“ Auch einen Satz wie „Das eine war nicht völlig schwarz, das andere ist nicht völlig weiß“, kann man durchaus sagen.
Seine Haltung zur DDR sollte Sellering allerdings ebenso noch einmal überdenken wie die Frage, wie er als Ost-Ministerpräsident mit seiner West-Vergangenheit umgeht. Da wirkt er nämlich ziemlich verkrampft.
Gerade von Erwin Sellering als Ministerpräsident und damit einem hohen Repräsentanten der bundesdeutschen Demokratie hätte man des Weiteren ein klareres Bekenntnis zum Rechtsstaat und zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung erwartet, als man es in dem Interview wiederfinden kann. Dort sagt Sellering lediglich, er sei „überzeugter Anhänger unseres sozialen Rechtsstaates“. Dass Sellering dennoch Demokrat und gewiss kein Sozialist ist, muss trotzdem nicht bezweifelt werden.
Den Interviewer Frank Pergande kennen ältere Greifswalder übrigens noch als Mitgründer des „Greifswalder Tageblatts“. Schade, dass er nicht vor Ort geblieben ist und den hiesigen Lokalpolitikern derartig kritische Fragen stellt. Denn das tun vor Ort leider nur allzu wenige Medienvertreter…
Bild: Erwin-Sellering.de
Es wurde zwei mal demonstriert. Das erste mal war ein Erfolg. Da hätte man schon sagen können:Ok, wir lassen das. Die Opposition (Demonstranten) haben einen Gegenvorschlag ausgebreitet. Dieser wurde im Landtag erst gar nicht diskutiert. Wo bleibt die Volksnähe? Wo bleibt da die Demokratie?
Und dann stellt sich Herr Brodkorb noch hin und sagt sinngemäß, dass die Landesregierung nicht für das Wohl der Landeskinder zuständig sei. Ach nee. Für wen denn dann? Zum Selbstzweck?
Dies ist nur ein Beispiel dafür, warum gerade im Osten das Vertrauen in die Regierungen (nicht zwangsläufig in die Demokratie) gesunken ist. Und da kommt es eben dazu, dass viele (sinngemäß) sagen: "In der DDR wussten wir, woran wir waren. Da hatten wir wenigstens die soziale Sicherheit."
"Die meisten der befragten Ostdeutschen hätten "immer noch keinen Bezug zu Freiheit und Demokratie", resümierte Schröder.""
Nur weil sie die DDR verklärend sehen, weil sie ein höheres Maß an sozialer Sicherheit hatten, resultiert nicht daraus, das sie keinen Bezug zu Freiheit und Demokratie hätten. Nur in Zeiten immer größer werdender sozialer Unsicherheit, in Zeiten, in denen die Angst vor einem Verlust des Arbeitsplatzes immer größer wird, ist es doch nur zu logisch, das man sich in Zeiten größerer sozialer Sicherheit zurück wünscht. Dafür würden viele dann auch ein zentralistisches System in Kauf nehmen…
Es ändert sich also nichts an der Tatsache, dass die Regierungen für das Volk regieren müssen und nicht wie z.B.: ein Herr Merz für seine was weiß ich wie vielen Vorstände in den Unternehmen…
Und an meiner Aussage kannst Du (ich meine jetzt Gabriel) noch ein weiteres Problem erkennen:
Das Vertrauen in die Regierungen nimmt ab. Denn Du weißt selbst, das ich mit meiner Meinung nicht alleine da stehe. Und es ist sehr wohl Aufgabe der Regierungen, dafür zu sorgen, dass, egal ob man die Regierungspartei(en) gewählt hat oder nicht, trotzdem Vertrauen in diese Regierung gewährleistet wird.
Ich möchte hier nur mal an die Politik in M-V erinnern. Von Seiten der SPD hieß es: Es wird keine Studiengebühren geben. Nun gibt es Studiengebühren durch die Hintertür. Die Mehrheit der Bürger ist gegen die Erhebung von Studiengebühren. Wie kann es dann sein, dass sich im Parlament eine Mehrheit für Studiengebühren findet, wenn das Volk zur Mehrheit dagegen ist??? Kann ja eigentlich nicht sein, wenn die Volksvertreter das Volk vertreten würden. Oder?