Wer in diesen Tagen die Internetseite der Greifswalder Universität besucht, kann den neuen Höhepunkt Vorpommerscher Forschung kaum übersehen: Überall finden sich Links zu den Ergebnissen einer kürzlich abgeschlossenen mikrobiologischen Studie die sich mit der Haltbarkeit von Reetdächern beschäftigt.
Und während böse Zungen schon über die Relevanz dieses Forschungsthemas spotten, bereitet laut Ostseezeitung (3. Februar) ein Reet-Händler aus Bad Oldesloe eine Sammelklage gegen die Universität vor.
Doch worum geht es in der Studie: Seit einigen Jahren erreichen einige der traditionsreichen norddeutschen Reetdächer nicht mehr ihre übliche Lebensdauer. Bereits nach wenigen Jahren verrottet das pflanzliche Material. In einem circa 120.000 Euro teuren Projekt fanden Greifswalder Wissenschaftler einen möglichen Grund dafür: Schuld könnten so genannte Weißfäulepilze sein, die das Reet bei optimalen Bedingungen in nur wenigen Wochen zersetzen können. Laut Prof. Dr. Frieder Schauer kämen diese Pilze jedoch in vielen, auch den haltbaren, Reetdächern vor. Die Zersetzung sei vermutlich abhängig von den klimatischen Bedingungen, der Qualität des Baumaterials und der Konstruktion des Daches. Für konkrete Ergebnisse müsse zunächst weiter geforscht werden, heißt es in der Pressemitteilung der Universität.
Tom Hiss, Reet-Händler in alter Familientradition will die Forscher nun verklagen. In der Ostseezeitung heißt es dazu:
„Hiss will Forscher der Uni Greifswald verklagen, weil sie seiner Ansicht nach falsche Schlüsse aus einer Studie über Reetdächer ziehen. (…) Lediglich auf einem einzigen Dach in Brandenburg entdeckten die Forscher einen Weißfäulepilz, der das Material angegriffen hatte. „In der Pressemitteilung der Uni wurde es aber so dargestellt, als ob dieser Pilze eine Gefahr für alle Reetdächer wäre. Das ist aber falsch“, sagt Hiss. Zum einen liege das betroffene Haus in einem Wald, was grundsätzlich schlecht für Reet sei, und zum anderen komme der Pilz in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen gar nicht vor.“
Hiss befürchtet Umsatzeinbußen für Produzenten, Händler und Dachdeckerbetriebe. Er will sich den leichten Aufwind in der Branche nicht durch negative Presse zerstören lassen. Viele Kollegen hätten bereits Unterstützung angekündigt.
Laut Auskunft der Univeritäts-Pressestelle gegenüber dem webMoritz sieht die Uni einer möglichen Klage gelassen entgegen: Die Studie sei wissenschaftlich fundiert und von der Reetdachdeckerinnung selbst in Auftrag gegeben. Auch diese will die Vorgänge nicht näher kommentieren. Laut telefonischer Auskunft hält man die Bestrebungen von Herrn Hiss ohnehin „für eine Totgeburt“.
Genaue Informationen zum Forschungsprojekt findet ihr auf ZEIT ONLINE (dank an „Zeitleser“)
Quellen:
Pressemeldung der Universität Greifswald
Klage gegen Uni Greifswald: Rechtsstreit um das Reet – Ostseezeitung 3. Februar 2009
Mal ganz ehrlich: die Reetdachforschung als Aufmacher auf der Uni Website – das bestaetigt leider wieder einmal den provinziellen Charakter unserer Alma Mater. Aber wenigstens wird damit ja der Forschungsschwerpunkt Ostseeraum bedient 😀
Ich halte Reetdach-Forschung nicht für provinziell, ganz Norddeutschland ist doch reetgedeckt. Überleg mal den Schaden, bzw. das Kostenvolumen, wenn zig tausend Häuser neu gedeckt werden müssen…
Welchen hochtrabenden Relevanzkriterien muss ein wissenschaftliches Forschungsthema nach Meinung des Autors denn genügen, um auf den Seiten der Universität publiziert werden zu dürfen? Muss der Pilz beispielsweise internationale Reputation und Auszeichnungen mitbringen?
Ich habe mich in dem Artikel gar nicht zur Relevanz geäußert, lediglich angemerkt, dass "böse Zungen spotten". Wenn du nach meiner Meinung fragst: rein persönlich halte ich das Thema in der Tat für relativ unspektakulär (weil ich es a (rein persönlich!) nicht sonderlich interessant finde und b nicht davon betroffen bin), was nicht heißt das die Forschungsergebnisse für einzelne nicht hoch brisant sind. Das sieht man ja auch an der Reaktion von Herrn Hiss. Ich finde es auch richtig, wenn die Uni eine solche Forschungsarbeit bewirbt!
Allerdings kann ich den Spott schon ein wenig nachvollziehen, wenn eine Studie über Reetdächer, die ja effektiv noch gar kein endgültiges Ergebniss vorweist über Wochen die Top-Position der Uni-Website schmückt. ("Die Zersetzung sei vermutlich abhängig von den klimatischen Bedingungen, der Qualität des Baumaterials und der Konstruktion des Daches. Für konkrete Ergebnisse müsse zunächst weiter geforscht werden.").
@alex, [ Edit Moderator: bitte keine Beleidigungen ! ]
und es heißt schilfdach!!!!
Die Geschichte ist ein alter Hut. Siehe http://www.zeit.de/2007/32/T-Reetdach?page=all
Danke für den Link. Werde ihn in den Artikel einbauen, über die angestrebte Klage steht da allerdings nichts.
Hmm – der Artikel dreht sich ja mehr um die Klage gegen die Universität als um das bundesdeutsche Medienfeedback. Davon gibt es wohlgemerkt dutzende (!) Links zu Zeitungsartikeln, die über die Entdeckung des Pilz berichtet haben.
Trotzdem find ich den Link gut – danke! 🙂
Wenn ich sage, dass er nicht heulen soll, ist das keine beleidigung….blinder aktionismus manchmal …………..,.
Aus dem OZ Beitrag vom 12.02.09:
– Reet-Streit: Dachdecker stützen Greifswalder Forscher-,
hier für Abonnenten zu finden:
http://www.ostsee-zeitung.de/archiv/index.phtml?P…
ist zu entnehmen, dass Herr Hiss, wenn er nicht schon die weiße Fahne "gehisst" hat, zumindest die Friedenspfeife angeboten hat. Zitat: Beide Seiten seien sich völlig darin einig, dass Feuchtigkeit ein ganz entscheidender Faktor für die Verrottung von Reetdächern sei. Im Grunde genommen sei die Branche mit der heutigen Kenntnis über das mysteriöse Reetdachsterben so gut wie nie zuvor aufgestellt, um Kunden ein schönes und lange Zeit haltendes Rohrdach anzubieten.
hallo – wir haben ein Reetdach neu decken lassen und 8 Wochen später einen explosionsartigen Befall von Staubläusen aussen und ebenfalls im Innenbereich.
Wir sind sehr verzweifelt und suchen dringendst Tips dagegen bzw Hausbesitzer mit ähnlichem Problem zum Bekämpfungsaustausch. Wir haben mittlerweile null Freude an unserem restgedeckten Haus, da dieses Ungeziefer zu tausenden herumschwirrt.
Über irgendeinen Kommentar bzw Hilfestellungen wären wir unendlich dankbar.
meine Emailadresse ist
uschic51@googlemail.com
Hallo,
Wir haben unser Reetdach im Mai 2017 neu decken lassen.
Auch wir haben nach kurzer Zeit einen Befall von Staubläusen.
Der Schädlingsbekämpfer hat geraten, den Winter abzuwarten, weil sie Insekten womöglich im Winter absterben können.
Die Trocknung mit Trocknern der Innenräume und auch der Winter hat nichts gebracht.
Die Staubläuse sind seit einsetzen der warmen Temperaturen wieder da.
Habt ihr inzwischen eine Lösung oder einen Tipp für uns?
Viele Grüße Conny Asmus
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