Die Landesregierung plant für das Jahr 2011 eine Reform der Landkreise. In deren Zuge soll die Anzahl der Landkreise von zwölf auf sechs reduziert werden. Außerdem sollen vier der sechs kreisfreien Städte in die Landkreise eingegliedert werden – unter ihnen auch Greifswald. Nur Schwerin und Rostock sollen in Zukunft kreisfrei bleiben.
Das Vorhaben einer noch radikaleren Reform mit nur noch fünf Landkreisen war vor gut einem Jahr vor dem Landesverfassungsgericht gescheitert. Damals wurde unter anderem argumentiert, die neuen Landkreise wären zu groß. Das soll laut Landesregierung beim neuen Modell mit sechs Landkreisen nicht mehr der Fall sein. Das gescheiterte Reformvorhaben sollte 2009 eingeführt werden.
Neues Kennzeichen: SVP
Greifswald würde nach der Kreisgebietsreform Teil des Landkreises „Südvorpommern“. Dieser umfasst neben dem alten Landkreis Ostvorpommern (OVP) auch den Landkreis Uecker-Randow (UER) ohne Strasburg sowie den Osten des Landkreises Demmin (DM) mit Jarmen und Altentreptow. Vermutlich würde Greifswald als mit Abstand größte Stadt der Region Kreisstadt werden. Da Greifswald aber im äußersten Norden des neuen Kreises liegt, spricht auch einiges gegen Greifswald als Kreisstadt.
Der neue Landkreis hätte dann eine Fläche von 4083 km². Zum Vergleich: Der Landkreis Ostvorpommern hat zurzeit eine Fläche von 1910 km². Südvorpommern wäre damit der zweitgrößte in ganz Deutschland, nur noch übertroffen vom Landkreis Mecklenburgische Seenplatte, der ebenfalls im Zuge der neuen Kreisgebietsreform geschaffen werden soll und über 4500 km² Fläche hätte. Derzeit ist der Landkreis Uckermark (UM) in Brandenburg mit gut 3000 km² Spitzenreiter in der Bundesrepublik.
Ziel der Kreisgebietsreform ist es, die Verwaltungskosten zu reduzieren. Mecklenburg-Vorpommern wird bis 2020 erheblich weniger Zuschüsse vom Bund und der EU bekommen, außerdem wird die Einwohnerzahl voraussichtlich weiter sinken. Ein Ziel der Kreisgebietsreform ist es, dass die Landkreise auch im Jahr 2020 noch über 175.000 Einwohner haben sollen.
Widerstand in Kreisen und Städten
Während es aus der Landesregierung und insbesondere von Inneminister Lorenz Caffier (CDU) heißt, die Gebietsreform sei in trockenen Tüchern, regt sich in der CDU auf Landesebene auch Widerstand gegen das Vorhaben. Aus den Reihen der Landkreise und der Städte hagelt es ohnehin Kritik. Die regionalen und kommunalen Politiker fürchten, dass durch die Reform ihr Einfluss sinken wird.
Die Greifswalder Bürgerschaft hat sich vor längerem bereits gegen die inzwischen gescheiterte erste Variante der Reform ausgesprochen. Bei dieser Variante dürfte es kaum anders aussehen – insbesondere, da der Landkreis Südvorpommern im neuen Modell größer ist als im alten.
Der Innenminister hält der Kritik der Regional- und Kommunal-Politiker feudale Töne entgegen: „Der Kampf einzelner Regionen für eigene Interessen ist legitim, entscheidend ist aber das Landesinteresse“, sagte er gegenüber dem NDR.
Weitere Links:
- Nachrichten und Berichte zum Thema
- Wikipedia-Artikel über die Kreisgebietsreform
- Informationen der Landesregierung
Bilder: Wikipedia
Also ehrlich gesagt sind mir auch die sechs Kreise noch zu groß. Man darf nicht vergessen, dass Mecklenburg-Vorpommern eine katastrophale Infrastruktur bezüglich der öffentlichen Verkehrsmittel hat und es daher für die 75 jährige Omi, aber auch für den 16 jährigen Schüler aus irgend einem 100 Seelen Dorf fast unmöglich sein wird innerhalb von- sagen wir mal- 3 Stunden die Kreisstadt zu erreichen. Eine Auflösung der kreisfreien Städte Greifswald, Stralsund und Neubrandenburg halte ich dagegen für sinnvoll. Auch die Zusammenlegung der Landkreise Rügen und Stralsund. Stralsund und Neubrandenburg würden dann Kreisstädte der jeweiligen Kreise werden. Aufgrund der dezentralen Lage im Kreis würde Greifswald diesen Status verlieren. Aber kreisfreie Städte mit 67000 (Neubrandenburg), 65000 (Stralsund) und 55000 (Greifswald) Einwohner sind auf Dauer tatsächlich zu teuer. Und man darf nicht vergessen, dass Neubrandenburg und Stralsund jährlich über 700 Einwohner verlieren und daher in naher Zukunft unter die 60000 Einwohner- Marke fallen werden. Greifswald hat dagegen ein jährliches Bevölkerungswachstum (wobei auch das bald enden wird, wenn man bedenkt, dass nahezu der gesamte Wohnraum vermietet sein wird und WVG/WGG bisher kein Interesse zeigten, mehr Wohnraum zur Verfügung zu stellen).
Also ich muss sagen, das wir da schon etwas entspannter sein sollten manchmal.
Als ich in Australien war, sollten die Landkreise im Bundesstaat Queensland zusammengelegt werden. Darunter waren drei Landkreise, die sich beschwert haben. Ihre Argumentation: Wenn ihre drei Landkreise fusioniert werden, haben sie zusammen mehr Fläche als Großbritannien! Die Kreisstadt wäre dann nur noch per Flugzeug erreichbar gewesen…
Allerdings muss man fairerweise auch erwähnen, dass im gesamten Gebiet der drei Kreise insgesamt ca. 5700 Einwohner lebten.
Trotzdem: Manchmal wünschte ich mir mehr Ruhe bei der ewigen Debatte um die Kreisgebietreform…
Das sehe ich auch so. Erstmal ruhig Blut und ne Runde Tee!
Gerade eingetroffen:
Statement des Greifswalder Oberbürgermeisters Dr. Arthur König zur geplanten Kreisgebietsreform:
„Es ist schwer, Vorschläge zu bewerten, die im Detail noch nicht bekannt sind. Eine Funktional- und Gebietsreform ist sicherlich nötig und sinnvoll für das Land Mecklenburg-Vorpommern, wenn es gelingt, die angestrebten Einspareffekte tatsächlich zu erreichen. Meiner Einschätzung nach kann das Land nur durch starke Zentren zukunftsfähig gemacht werden.
Die Kreisgebietsreform allein löst nicht die Entwicklungsprobleme des Landes. Zusätzlich sind beispielsweise noch Fragen hinsichtlich des kommunalen Finanzausgleichs offen, die nur beantwortet werden können, wenn zuvor klar ist, wer zukünftig welche Aufgaben wahrnimmt. Hierbei muss auch geklärt werden, wie die Stadt-Umland-Problematik gelöst werden soll.“
Ich frag mich jedesmal, welche Experten das ausbrüten. Prof. Dr. Klüter vom Geographischen Institut ist Spezialist für Regionalentwicklung in Vorpommern und erzählt uns fast jede Vorlesung, wieso die Reform gerade den Osten MVs nicht stärkt, sondern nur den westlichen Teil des Landes. Die Teilung des Oberzentrums Stralsund-Greifswald in zwei verschiedene Kreise ist hier nur ein Punkt, den er anführt und der ziemlich einleuchtend ist. Ich fürchte, da wird noch viel zu viel Rücksicht auf die Politiker genommen, als daß wirtschaftlicher und regionaler Sachverstand beachtet werden.
Erzähl mal grob was du mit Greifswald / Stralsund meinst…
Stefan hat das hier schon sehr gut geschildert.
Von der Regionalplanung sollen Stralsund und Greifswald ein gemeinsames Oberzentrum bilden, weil die Städte für sich genommen zu klein für ein Oberzentrum sind. Das steht aber nur auf dem Papier, denn natürlich teilen sich die beiden Städte die Aufgaben nicht, sondern machen beide ein Vollangebot.
Ausnahme ist das Theater, welches im Moment von den beiden Hansestädten und zu einem kleinen Teil (wegen Putbus) vom Landkreis Rügen getragen wird. Das wird voraussichtlich problematisch werden. Mit der Einkreisung von Stralsund und Greifswald, also dem Verlust der Kreisfreiheit, sinkt die Finanzausstattung der Städte, die zudem noch Kreisumlage an den Landkreis zahlen müssen. Träger des Theaters müssten also die beiden neuen Landkreise werden. Und ob sich die Abgeordneten aus Pasewalk oder Ribnitz-Damgarten für ein Theater in Stralsund und Greifswald interessieren, ist ziemlich fraglich.
Die Politik ist aber in einem Dilemma. Stralsund und Greifswald in einen Landkreis zu stecken (und Uecker-Randow Neubrandenburg zuzuschlagen, wohin es auch von der wirtschaftlichen Ausrichtung her gehört), würde die Frage der Kreisstadt natürlich sehr schwierig machen. Wir können nur hoffen, dass Greifswald im Landkreis Südvorpommern auch Kreisstadt wird. Wegen unserer Randlage droht Anklam. Über den Sitz der Kreisverwaltung entscheidet der neue Kreistag, und darin werden ein Haufen leute sitzen, denen Anklam näher und lieber ist.