Intrigen, Eifersucht, Herzschmerz – der herbe Beigeschmack des alltäglichen Lebens komprimiert in rasanten 20 Minuten? Ja, es funktioniert! Denn genau das macht sich eine 15-köpfige Crew bestehend aus Rostocker Studenten zur Aufgabe. Einmal im Monat produzieren sie für den Offenen Fernsehkanal Rostocks (rok-tv) eine Folge ihrer selbstentwickelten alternativen Seifenoper namens „Platz der Freundschaft“ – für Beteiligte und Fans nur kurz „PdF“ genannt.

Die No-Budget Produktion umfasst circa zehn Folgen im Jahr. Die Kameras sind von rok-tv geliehen und die Requisiten stammen von den Studenten selbst. Seit 2006 produzieren die jungen Filmemacher das Projekt und mittlerweile läuft die dritte Staffel an.

Und nun dürfen auch wir Greifswalder neugierig und gespannt den Sendeplatz des Lokalsenders „Greifswald TV“ auf der Fernbedienung suchen und einschalten. Platz der Freundschaft läuft seit dem Oktober jeden Tag einmal mit wechselnden Sendezeiten.

Beim ersten Hinschauen mag die Produktion dilettantisch daherkommen: Die Kameraeinstellungen wechseln abrupt, der Ton quiekt und quäkt an manchen Stellen, die Dialoge sind zum Haare raufen und auch die Dramaturgie will sich einem zunächst nicht erschließen.

Fernsehgeschichte wird hier nicht geschrieben. Aber darum geht es ja bekanntlich auch nicht bei Seifenopern. Eher um das detailgetreue Abbild eines ganz normalen Menschen wie du und ich. Regelrecht empathisch soll der Zuschauer vor dem Fernseher sitzen – freudig, grämend, leidend, entzückt, trauernd – ja einfach mitfühlend und in der einen oder anderen Situation sich selbst wiederentdeckend. Das ist es, was die Faszination der Soap-Opera ausmacht. Inwieweit das gehaltvoll ist, sei dahingestellt.

Dessen ist sich auch die Crew um PdF bewusst. Parodieren wollen sie. Die Seifenoper auf die Schippe nehmen. Dem Zuschauer vor Augen führen, wie einfach es ist, auch ohne finanzkräftigen TV-Sender im Rücken, professionellem Kamerateam im Schlepptau, hippen Interieur und coolen Klamottenfundus am Drehset etwas auf die Beine zu stellen, was üblicherweise den Namen „Soap – Opera“ trägt.

Denn so schwer kann es ja nicht sein, sagten sich die Macher vor Drehbeginn. Aber Arbeit steckt dahinter. Eine Menge sogar. Das beginnt mit der gemeinsam entwickelten Story. Die einzelnen Handlungsstränge werden allerdings nur angedeutet. Während der eine fulminant endet, entwickelt sich der andere erst allmählich. Die Laienschauspieler arbeiten ohne herkömmliches Drehbuch, sondern improvisieren.
Man sagt, was eine Indie-Soap ausmache, sei der Entstehungsprozess, nicht unbedingt die abgedrehte Folge.

Alltägliche Geschichten

Es geht um alltägliche Geschichten: Beispielsweise gibt es da Finn. Er hat eine Freundin Neele die zur Rostocker „High-Society“ gehört (ja, so etwas scheint es zu geben). Finn betrügt seine Freundin mit ihrer Schwester Leonie. Letztere wird prompt schwanger. Dumm nur, dass Neele und Finn heiraten wollen. Wird das der Skandal in Rostocks upper class?

Und dann ist da Manu, die in die Fänge einer Sekte gerät und kurz vor dem kollektiven Zwangsselbstmord steht. Wird sie gerettet? Auch die Geschichte um Sébastian ist eigenwillig. Der sympathische Franzose erfährt vom Geheimdienst, er solle die Thronfolge von Absurdistan antreten. Wird er nun den „ Platz der Freundschaft“ verlassen?

Seitensprünge gepaart mit Todesangst und zukünftigen Königen – wer kennt das nicht aus dem eigenen Freundeskreis?! Die Geschichten werden von Staffel zu Staffel bizarrer. Am Anfang griff man vorwiegend die Erlebnisse des Rostocker Umfeldes auf, auch Arbeitslosigkeit, Rassismus oder der G8-Gipfel wurden thematisiert. Der Einfallsreichtum nimmt von Folge zu Folge zu, aber nach wie vor besteht der lokale Bezug. Auch der Umgang mit Kamera, Beleuchtung und Schnitt scheint professioneller und ansehnlicher zu werden.

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Größte Indie-Soap Europas

„Platz der Freundschaft“ ist die mittlerweile größte independent Soap-Opera in ganz Europa. Das Prädikat haben sie sich keineswegs selbst gegeben. Das bescheinigte ihnen der „Focus Campus“ und berichtete in einem mehrseitigen Artikel über das rege Treiben der Rostocker. Auch in der überregionalen Unimagazin „Zeit Campus“ werden sie lobend erwähnt. So ist es keine Überraschung, dass PdF nicht nur in den Offenen Kanälen und Lokalsendern MVs ausgestrahlt wird, sondern das Sendegebiet sich über ganz Deutschland erstreckt und sogar in Liechtenstein und in Österreich die Geschichten um die Rostocker Studenten über die Mattscheibe laufen.