Am vergangenen Sonntag wurde im Greifswalder Dom, aus Anlaß des 70. Jahrestages der Reichspogromnacht, der deutschen Stummfilm „Der Golem, wie er in die Welt kam“ gezeigt. Der Film bedient in seiner Darstellung der Juden viele der Vorurteile, die erst zu diesem schrecklichen Ereignis führten.

1920 von Paul Wegener und Carl Boese gedreht, behandelt der Film die Sage um den Prager Golem und gilt als Meisterwerk des expressionistischen Films. Paul Wegener wurde, neben seiner künstlerischen Karriere, später auch durch seinen Widerstand gegen das NS-Regime bekannt.

Filmszene - Quelle: dragonladyslc via flickr

Ende des 16. Jahrhunderts liest Rabbi Löw in den Sternen, dass Unheil für die Juden bevorsteht. Aus Lehm erschafft er die Figur des Golem, der mittels eines magischen Sternes auf der Brust zum Leben erweckt wird. Als das Unheil in Form eines kaiserlichen Dekrets zur Räumung der Judenstadt eintritt, kann der Rabbi beim Rosenfest des Kaisers die Rücknahme erwirken, als durch magische Kräfte das Schloß einzustürzen droht und der Golem die Decke des Thronsaales abstützt. Zurück im Judenviertel entfernt er den lebensgebenden Stern, da veränderte Sternenstellungen den Golem zu Raserei anstiften könnten. Der Golem wird jedoch vom Diener des Rabbi wiedererweckt. In seiner Raserei setzt der Golem das Haus des Rabbi in Brand und geht schließlich aus der Stadt hinaus, wo ein kleines Mädchen seinen Stern abnimmt und ihn so besiegt.

Der Film beeindruckt besonders durch die Filmarchitektur von Hans Poelzig sowie die damals revolutionäre  Tricktechnik. So erscheint zum Beispiel in einer Szene ein rauchender Geisterkopf. Die Musik, live aufgeführt durch Solisten des Theater Vorpommern unter Leitung von Kirchenmusikdirektor Frank Dittmer, war bei dieser Vorstellung die 1997 komponierte Begleitmusik der jüdischen Komponistin Betty Olivero. Sie begleitet in einer Mischung aus jüdischer Klezmer-(Volks)Musik und barocken Elementen den Film größtenteils passend und unaufdringlich, schien aber an einigen Stellen nicht ganz synchron und wies längere Pausen auf. Die Darbietung durch die fünf Musiker war jedoch durchweg sehr gut.

Was weniger passend erscheint, ist dagegen die Positionierung des Filmes als Beitrag zu Gedenkveranstaltungen des 9. Novembers. Es mag sich um einen kulturhistorisch bedeutsamen Film handeln, der eine jüdische Sage behandelt. Das Judenbild, dass der Film zeichnet ist allerdings durchweg jenes, das in Europa bis 1945 vorherrschte.

Stereotype Darstellungen des Juden mit Hakennase und Spitzhut werden ebenso benutzt wie die Assoziation des Rabbi mit Hexerei und schwarzer Magie. Sicher findet sich insbesondere in der Person des Kaisers eine antisemitische Position. Das von ihm angeprangerte Beherrschen von schwarzer Magie, ist es letztendlich auch, womit der Rabbi die Rücknahme des Dekretes erwirkt.

Es ist eine typische Vorstellung von jüdischen Menschen, wie sie 1580 herrschte, und sie wurde 1920 so übernommen. In Anbetracht der Ereignisse vor 70 Jahren, welche unter anderem aus dieser mittelalterlichen Vorstellung entstanden, ist eine Vorführung des Films an einem solchen Datum, wie geschehen ohne jeglichen Kommentar bzw. anschließende Diskussion, wohl kaum angebracht.

Ein Gastbeitrag von Matthias Müller.

(Quelle Titelbild Startseite: themarina via flickr)