Die Aussichtsplattform des Doms St. Nikolai mit seinem phantastischen Panoramablick über Greifswald und das Umland hat rechtzeitig zum Beginn des ausklingenden Sommers wieder geöffnet.
Als erst im vergangenen Oktober ein Mann und kurz darauf im Januar diesen Jahres eine junge Frau das leicht überwindbare Geländer der Aussichtsplattform als Gelegenheit nutzen, ihr Leben durch einen Sprung in die Tiefe zu beenden, beschloss die Stadt kurzerhand, die in 60 Meter Höhe gelegene Aussichtsplattform zu schließen. Nachdem auch Auffangnetze als Sicherungsmöglichkeit diskutiert wurden, entschied man sich letztlich für ein schwer überwindbares Absperrgitter, welches vor dem vorhandenen Geländer aufgebaut worden ist.
Die Aussichtsplattform ist nun wieder täglich von Montags bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Dabei wurde aber augenscheinlich nicht der Aspekt der Refinanzierung des Absperrgitters aus den Augen verloren. Betrugen die Eintrittspreise für die Dombesteigung vorher 1,50 Euro (ermäßigt: 1 Euro), werden nun 3 Euro (ermäßigt: 1,50 Euro) für den vergitterten Blick auf das Panorama fällig. Zum Vergleich: Die Auffahrt mit dem Fahrstuhl auf die 82 Meter hohe Plattform des St. Michaelis in Hamburg kostet genauso viel, nur der ermäßigte Eintrittspreis ist in Greifswald geringer.
Ein kleines Trostpflaster könnte sein, dass die Maschen des Gitters weit genug sind, um eine Digitalkamera hindurchzustecken. So ergibt sich die ungetrübte Freude dann wenigstens bei der späteren Fotobetrachtung am heimischen Bildschirm.
Nachtrag vom 2. September: Die Ursache der Preiserhöhung liegt daran, dass die Kirchengemeinde das Absperrgitter ohne zusätzliche Förderung oder Zuschüsse finanzieren mußte. Ohne Absperrgitter hätte der Domturm nicht wieder geöffnet werden dürfen.
Das Gitter sind, finde ich, keine gute Idee. Sieht hässlich aus.
Die Leute werden nun notfalls woanders runterspringen oder sich auf die Schienen legen. Ob das besser ist?
Hätte ich einen öffentlich begehbaren Turm, würd ich auch nicht wollen, dass sich von ihm Menschen in den Tod stürzen und bauliche Maßnahmen dagegen ergreifen. Und die Frage, ob ich suiziderschwerende Maßnahmen durchführen darf, weil ich dadurch Menschen zu weniger (?) sozialverträglichen Suizidarten wie dem Schienensuizid treibe, finde ich unstellbar und fast schon böse.
Stimmt, ptr. Die Kirchengemeinde konnte kaum anders handeln, denn der Vorwurf der Untätigkeit hätte bei einem neuen Selbstmord zu schwer auf dieser gelastet, wenn sie nichts unternommen hätte. Warum aber nur diese unerhörte Preiserhöhung? Derweil scheint es mir, dass dieselbe Absperrung aus Plexiglas oder entspiegeltem Glas eine bessere Hürde gewesen wäre. Auf das Gitter kann man schon raufklettern, wenn man es will…
Ein Dank an die Selbstmörder, dass ich mich nun, wenn ich zum ersten Mal den Dom besteigen will, mich wie im Gefängnis fühlen kann.. zum doppelten Preis! :blink:
Warum denken einige das unsere Gesellschaft verantwortlich ist jedes Individium vor sich selbst zu beschützen… Mir ist völlig unklar warum hier so stur geradeaus geschaut wird und kaum kritische Stimmen zu vernehmen sind… Frei dem Motto :“ Hauptsache vor meiner Haustür stirbt keiner…! “ Was vor der Haustür des Nachbarn geschieht wird verdrängt…
Hallo liebe Kirchengemeinde, wenn sich jemand das Leben nehmen möchte so wird er das wohl weiterhin machen können… und Euer Absperrgitter auf dem Domturm hat dem nächsten Selbstmörder dann wenig bis garnicht geholfen…
Viele Grüße an Scheinheiligkeit und Doppelmoral…
Mein Vorschlag: läutet die Kirchenglocken wenn sich wieder jemand auf die Gleise legt oder einen Suizid im Wasser vollzieht… Und freut Euch dabei liebe Kirchengemeinde, Euer Dach bleibt garantiert unberührt…
Ich wüsste nicht, was das eine mit dem anderen großartig zu tun hat. Es ist in meinen Augen eine Sache, an einen Turm baulich einen Suizid zumindest zu erschweren, eine andere, mich generell gegen ein Recht auf Suizid oder derartiges auszusprechen. Ich spreche mich (wie oben geschehen) eindeutig dafür aus, dass das Gitter gebaut wurde, und halte Turmsturzsuizide (ähnlich wie Schienensuizide) für recht rücksichtslos seinen (ehemaligen) Mitmenschen gegenüber. Eine Leiche auf dem Pflaster vor dem Dom kann durchaus traumatisierend wirken. Das Gitter ist aber keine Maßnahme generell gegen Suizide (was auch keiner behauptet), worüber ich im gewissen Sinne froh bin, da ich – durchaus lange und recht gründlich mit mir und anderen Menschen bedacht – einem Menschen generell die Selbsttötung nicht verbiete.
Insofern geht es mir mit der Befürwortung des Gitters zum einen darum, dass ich die Form des Suizids ablehne, und zum anderen darum, dass ich es jedem Turmeigentümer zuspreche, nicht zu wollen, dass sich von seinem Turm Leute in den Tod fallen lassen. So etwas ist zweifelsohne auch eine psychische Last für den Turmbetreiber. Es geht mir nicht darum, dass ich das Gitter für eine Maßnahme der Reduzierung von Suiziden halte oder darum, die Tatsache, dass sich Menschen selbst töten, aus der öffentlichen Wahrnehmung zu verdrängen.
Es geht in gewisser Weise auch um Konsequenz… letzte Nacht hat sich laut OZ vom 10.09.2008 wieder jemand in den Tod gestürzt… Diesmal vom 5. Stock, aus der Wohnung eines Freundes…
Ob das traumatisierend für Wohnungsinhaber und Anwohner ist..? Dann sind sicher auch alle einverstanden wenn jetzt Balkone und Fenster mit Sicherheitsgittern versehen werden und das natürlich auf eigene Kosten… Und wenn wir schon dabei sind bauen wir einen schönen Käfig um den Ryck….
So feiert das Abspergitter am Dom mit seinen Befürwortern heute einen ersten Erfolg auch was die öffentliche Wahrnehmung betrifft… Der Artikel in der OZ hat nicht mehr das Seite1 Format wie bei den unglücklichen Vorfällen am Dom sondern garniert als kleine Randmeldung Berichte um Theaterfusion und freie Fahrt in der Grimmer Strasse… War ja auch nur ein fünfter Stock unter unzähligen Plattenbauwohnungen…
Nein, ich halte das für den falschen Weg… Tod und Sterben werden aktiv aus dem Bewusstsein der Gesellschaft verdrängt… Ein ehrlicher Umgang mit Menschen (auch mit Suizidabsicht) sieht anders aus…
Denn eine Massnahme gegen Suizide kann wie auch immer geartet kaum wirksam sein…
Eine Gesetzesänderung die Menschen mit der Absicht in den Freitod zu gehen unterstützt und entsprechende Stellen die diesen Weg begleiten halte ich für ehrlich und notwendig… Schliesslich sterben im Durchschnitt in Deutschland jährlich zwischen 11.000 und 12.000 Menschen durch Suizid , wobei zusätzlich von einer hohen Dunkelziffer auszugehen ist. Diese Zahl entspricht ca. 1,3 Prozent aller Todesfälle und übersteigt damit die Anzahl der Verkehrstoten. (Quelle Wikipedia)
Cool down, um die Uhrzeit war der Dom sowieso nicht geöffnet. 😎
Hinzu kommt: Ein Selbstmord ist immer eine private Angelegenheit (womit ich Deine Meinung aufgreife und unterstütze), sollte deshalb aber bitteschön auch so privat wie möglich ausgeführt werden. Daher war das Gitter leider unumgänglich. Wozu allerdings ein Selbstmord auf Seite 1 gehören sollte, erschließt sich mir aber auch nach mehrmaligem Lesen nicht.
nein ,… es ging um den Erfolg des Gitters Freitode aus der öffentlichen Wahrnehmung zu drängen… So es es fast egal wer stirbt, der Ort ist entscheidend… Wenn ich Verleger wäre würde ich nur über Personen aus dem öffentlichen Leben berichten, bezogen auf den Suizid derselben…
Insgesamt sehe ich die Sache auch eher entspannt, ist ja auch niemandem was passiert der es nicht wollte…
…freu mich auf Sonntag: Gitterbesichtigung…habs doch echt bisher nur von unten gesehen… :sleeping: