Die CDU Greifswald erschüttert eine schwere Spendenaffäre.

Alles begann mit dem einflussreichen Greifswalder Bundestagsabgeordneten Ulrich Adam (CDU). Ihm wurde unterstellt 110.000 Euro nicht angegebener Spenden vom dubiosen Geschäftsmann Wilhelm Schelsky erhalten zu haben. Schlesky sitzt seit Februar 2007 in Untersuchungshaft. Adam bestritt dies und gab nur 60.000 Euro zu. Die Süddeutsche deckte am 18. August auf: Es waren sogar 131.000 Euro. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft in Hof gegen den Abgeordneten. Die Greifswalder CDU steht trotzdem weiter hinter Adam.

Danach geriet Oberbürgermeister Dr. Arthur König (CDU) ins Visier. Er soll laut Nürnberger Staatsanwaltschaft 8.000 Euro für seinen Wahlkampf im Jahr 2001 erhalten haben. König streitet derzeit öffentlich ab, davon Kenntnis gehabt zu haben. Dafür meldete König nun eine „steuerliche Nachmeldung“ an. Dies sei, so erklärt König ggü. der Ostsee-Zeitung, keine Selbstanzeige, da dies ja ein Schuldeingeständnis wäre.

Der CDU-Landesverband erklärte 39.000 Euro erhalten zu haben, die in den Rechenschaftsberichten der Partei für 2005 und 2006 ordnungsgemäß veröffentlicht wurden. *

Nun der nächste Schub: Zu den bereits aufgedeckten Spendengeldern, gibt es jetzt neue Zahlen. Die sollen die Spendengelder seit 2001 auflisten. Insgesamt rund 50.000 Euro.

  • 2001: 20.000 DM (damals noch nicht veröffenlichungspflichtig)
  • 2002: 10.000 Euro (veröffentlicht)
  • 2004: 3.000 Euro (nicht veröffentlicht)
  • 2005: 15.000 Euro (veröffentlicht)
  • 2006: 12.000 Euro (veröffentlicht)

Sämtliche Summen stammen von Wilhelm Schelsky, der seit Februar 2007 in Untersuchungshaft sitzt. Das Schelsky-Geld soll aus einem geheimen Siemenstopf in Höhe von 50 Millionen Euro stammen, mit dem der Geschäftsmann eine arbeitgeberfreundliche Gewerkschaft für Siemens aufbaute (die so genannte „unabhängige Arbeinehmervertretung“ – kurz AUB). Die AUB hatte einen ihrer Geschäftssitze in Greifswald „Am Markt 4“. Im gleichen Gebäude sitzt die CDU Greifswald. Das Gebäude als ganzes gehört pikanterweise der GbR Liskow/Mundt. Thomas Mundt ist Vorstand der CDU Bürgerschaftsfraktion, Mitglied des Hauptausschusses und

hat den Vorsitz im Ausschuss für Finanzen und Liegenschaften inne. Ursprünglich waren Mitglieder der GbR Egbert Liskow und T. Mundt. Erst nach den Veröffentlichungen zur Spendenaffäre, tauchte plötzlich die Ehefrau von Liskow als Mitglied der GbR auf und soll, so Egbert Liskows Aussage im NDR-Nordmagazin, mit Schelsky den Mietvertrag und dessen Konditionen verhandelt haben.

Nun dokumentieren die neuen Zahlen an sich keinen Skandal, da rein formell alle veröffenlichungspflichtigen Summen auch veröffentlicht wurden. Man fragt sich jedoch, warum die CDU Greifswald weiterhin nicht einfach alle Karten offen auf den Tisch legt. Erst kürzlich erklärte Egbert Liskow im NDR-Fernsehen – damals noch zur Adam-Affäre – dass man erst über Konsequenzen nachdenken werde, wenn die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft abgeschlossen sind.

Vielleicht lässt sich dies ja so erklären: Bedenkt man die neuen Zahlen könnte auch Liskow von Schelsky profitiert haben. Im Jahr 2005, als sein Kreisverband 12.000 Euro erhielt, führte Liskow selbst Landtagswahlkampf.

CDU-Kreisgeschäftsführer Dirk Bauer, den wir kurzzeitig am späten Abend auf seinem Handy erreichten, wollte weder die neuen Summen noch die Gelder für den Oberbürgermeister bestätigen: „Die Zahlen kann ich jetzt nicht prüfen. Aber die öffentlichen Zahlen können sie alle im Rechenschaftsbericht der Bundespartei nachlesen. Die Nicht-Öffentlichen Zahlen werden wir auch nicht veröffentlichen, da wir damit unsere Spender schützen. Ich kann aber morgen früh die Zahlen für Sie prüfen.“

Bis dahin warten wir gerne.

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Bis dahin werfen wir noch einen kurzen Blick auf die bisher bekannten Informationen über die neu „aufgetauchten“ Spenden des Oberbürgermeisters Arthur König.

Mit dem Geld von Schelsky sollen 2001 für den Bürgermeisterwahlkampf 1500 Plakate und 40.000 Handzettel mit dem Bild des Bürgermeisters und der Aufschrift „Dr. Arthur König Oberbürgermeisterwahl“ gedruckt sein. König behauptet nie auf sein how to get an annulmentww.sueddeutsche.de/wirtschaft/782/306740/text/4/“ target=“_blank“>Wahlkampfkonto Einsicht gehabt zu haben und Schelsky erst 2002 auf einer Veranstaltung der AUB kennen gelernt zu haben. Private Spenden habe er nie angenommen.

Liskow wiederum hat nach Informationen des Neuen Deutschland vom 22.8. (Titel „Schelsky und der König von Greifswald“) erklärt, dass die fraglichen 8.000 Euro nicht durch die Bücher die Greisfwalder CDU geflossen seien. Nur wo sind sie dann?, fragt die Opposition

Der Kreisverband von Bündnis 90/Grüne spekuliert bereits über „schwarze Kassen“ in der CDu:

„Immerhin 40.000 Handzettel und 1500 Plakate können nicht einmal so ohne weiteres in einer Schublade untergebracht werden. Eine solche Lieferung hätte auffallen müssen. Denn Sachwerte in Höhe von 8000 Euro sind auch bei einem sicherlich großzügigen Wahlkampfetat wie bei der CDU keine Peanuts. Von Aufträgen, Rechnungen und Lieferscheinen einmal abgesehen.“

Bis auf die CDU legten alle Bürgermeister-Kandidaten 2008 ihre Spenderquellen offen. Der Lehrer Peter Multhauf, Mitglied der Greifswalder Bürgerschaft für die Linkspartei, fühlt sich durch die Erkenntnisse zunehmend bestätigt. Er hatte bereits kurz nach der Wahl am 14.6. gefordert (hier lesen), auch König müsse seine Spender nennen. Seine kleine Anfrage, umfasste auch die Frage, ob König 2001 von Schelsky unterstützt wurde. König lehnte damals eine Auskunft ab. Erst jetzt – durch den öffentlichen Druck der bundesweiten Medien – reagiert das Stadtoberhaupt.

Bereits am 5.5. hatte Multhauf in einer Bürgerschaftssitzung eine ironisch gemeinte Urkunde übergeben wollen („Greifswalder Kulis auf Schwarzem Filz“ – siehe oben), auf der eine Verbindung von Schelsky, Liskow und König zum Audruck kommt. Der Präsident der Bürgerschaft – Egbert Liskow – verwies den Abgeordneten der Opposition daraufhin wegen „persönlicher Beleidigung“ des Saales (wir berichteten).

Gegenüber dem webmoritz erklärt Multhauf: „Das Verweis des Saales war eine persönliche Beleidigung mir gegenüber. Zumal sich jetzt meine Vermutungen bestätigt haben“.

Am vergangenen Samstag fand übrigens die öffentlich nicht angekündigte König-Wahlkampfspender-Dankes-Party im St. Spiritus statt. Wir waren leider nicht vor Ort.

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Last but not least haben wir mal einen Blick in die Spenden-Rechenschaftsberichte der CDU geworfen. In den Jahren 2005 und 2006 fanden wir einmal 23.000 und einmal 24.000 Euro.

Rechnet man dies zusammen, wären das 47.000 Euro und nicht 39.000 wie der CDU-Landesverband sagte. Trotzdem kann die Zahl des Landesverbandes richtig sein, da er sich möglicherweise nur auf Mecklenburg-Vorpommern bezog, während die Rechenschaftsberichte der CDU das gesamte Bundesgebiet umfassen.

Die anderen Jahre zu überprüfen war uns bisher aufgrund der aufwendigen Recherche noch nicht möglich.

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Abschließend schreibt die Süddeutsche:

unter dem Titel „Greifswalder Netzwerk“ (19.8.):

„Arthur König ist offenbar kein Einzelfall. Nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft […] soll Schelsky in weit größerem Umfang als bislang bekannt CDU-Politiker in Mecklenburg-Vorpommern gesponsort haben. […] Im Jahr seiner Festnahme im Februar 2007 hatte er sich aber in Greifswald nahe der Ostsee ein dichtes geschäftliches, privates und verbandspolitisches Netzwerk geknüpft“.

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Übrigens: Seit circa einer Woche sind alle Pressemitteilungen der CDU von ihrer Homepage verschwunden. Auch die, in denen man sich mit Adam solidarisch erklärte. Eine Fehlermeldung wird nicht angezeigt und alle anderen Seiten der CDU-Greifswald Website funktionieren nach wie vor.

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Den Beitrag jetzt hören:

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* Update 27.8. 11 Uhr*

Auch die OZ meldete heute die Zahl 50.000 € in einem Artikel des Landesteils.

[Wir entschuldigen uns bei unseren Lesern, die mehr studentische Themen lesen wollen. Wir hoffen, dies bald wieder tun zu können!]

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