Gestern begann die Europameisterschaft. Seit Tagen sieht man in Greifswald Fahrräder, Autos und Balkone mit Deutschlandfahnen. Auch sind immer mehr Menschen im Deutschlandtrikot unterwegs. Man ahnt es schon:
Fußball wird im Juni wieder allgegenwärtig sein.
Das Stadtbild ändert sich zusehends. So auch auf dem Marktplatz. Dort ist mittlerweile der Public-Viewing-Bereich aufgebaut. Des Deutschen liebster Sport kann während der EM, wie schon zur WM 2006, wieder auf einer Großleinwand im Stadtzentrum verfolgt werden. Der Marktplatz wird erneut zum Wohnzimmer für Fußballbegeisterte, Fußballschauen zum Kollektiv-Erlebnis im Freien.
Einzige Änderung zu 2006: Will man in den abgegrenzten Bereich und nicht etwa hinter dem errichteten Zaun seitlich auf die Leinwand schauen, so muss man zukünftig 1 Euro Eintritt bezahlen. “Hintergrund sind die Aufwendungen für die Durchführung des Events”, erklärt der Veranstalter Projektgesellschaft Stadthalle Greifswald mbH.
Beibehalten wurde indes der Preis für einen Sitzplatz auf der etwa 300 Menschen fassenden Tribüne. Eine Karte kostet 3 Euro bzw. 5 Euro bei Deutschlandspielen und dem Finale. Erhältlich sind die Karten an der Abendkasse und in den Vorverkaufsstellen der WVG mbH Greifswald in der Hans-Beimler-Straße 73, bei der Ostseezeitung in der Johann-Sebastian-Bach-Straße und der Touristeninformation im Rathaus.
Übertragen werden auf der Großleinwand alle 31 EM-Spiele. Gestern wurden bereits die Spiele Schweiz gegen Tschechien und, am Abend, Portugal gegen die Türkei gezeigt. Beide Spiele zogen jedoch nur wenige Zuschauer an. Das Deutsche Team bestreitet heute Abend sein erstes Spiel um 20.45 Uhr gegen Polen.
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Übertragen werden auf der Großleinwand alle 31 EM-Spiele. Gestern wurde bereits das Spiel Schweiz gegen Tschechien übertragen, welches jedoch nur wenige Zuschauer anzog. Das Deutsche Team bestreitet heute Abend sein erstes Spiel um 20.45 Uhr gegen Polen.
Sebastian Menk
- Mehr Infos zur Eventfläche auf dem Markt hier.
- Impressionen von der WM 2006 auf dem Marktplatz hier.
*Update / Neu – 10. Juni 08*
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Copyright Bilder: Projektgesellschaft Stadthalle Greifswald mbH – Impressionen der WM 2006
*Update 9 Juni: Zwischen randvoll und fast leer*
War zum EM-Auftakt am Samstag die Anzahl der Zuschauer beim Public-Viewing noch überschaubar klein, so stand man gestern dichtgedrängt auf dem Marktplatz nebeneinander. Das Bier musste durch die Masse balanciert, der Rauch des Nebenmanns fast stoisch inhaliert werden: wie zur WM 2006.
Hier Bilder von der Eröffnungsspiel (Kerstin Zuber):
Warum der Marktplatz Samstag so leer und Sonntag so voll war? Gestern, am Sonntag, startete Deutschland ins Turnier. Fans und Teilzeitfans (jene also, die nur zur WM und EM dabei sind) pilgerten daher zahlreich Richtung Stadtzentrum, um die Partie auf der Großleinwand zu verfolgen.
Sie scheinen bereitwillig für ein Deutschlandspiel die 1 Euro Eintritt zu bezahlen. Anders bei den Spielen ohne deutsche Beteiligung. Gut möglich, dass der – vom Veranstalter sogenannte – „symbolische“ Kostenpunkt von 1 Euro, an den Spielbegegnungen potentiell Interessierte vom Public-Viewing fernhält.
Hier Bilder vom Spiel Deutschland – Polen (Luisa Wetzel):
Zur WM haben sich abends viele schon mal Spiele der anderen Favoriten angesehen. Gewappnet mit Sitzdecke und Bier machten sie es sich gemütlich. Wegen des 1 Euros scheint sich das nun der ein oder andere zu überlegen. Denn das Gros der Zuschauer kommt sicherlich wegen der Stimmung auf den Marktplatz. Doch die fällt weitestgehend weg, wenn Deutschland nicht spielt. Bleibt das Spiel selbst, was man sich eben auch gut und gerne in einer der vielen Lokalitäten ansehen kann. Mit einer weniger grobkörnigen Leinwand womöglich noch.
Ob das Kalkül der Veranstalter aufgeht oder nicht, das wird sich die nächste Zeit zeigen. Gestern zumindest, als Deutschland spielte, war eine grandiose, mitreißende Stimmung – ähnlich wie zur WM. Dafür 1 Euro zu bezahlen ist es allemal wert.
Oh, wie ich diesen Fernseh-Fußball hasse. Und dieses allgegenwärtige Rumgeflagge – schrecklich. Persönliches Highlight: der Schwarz-Rot-Gold-Balkon in der Makkarenko-Str. – inklusive häßlicher Glatzköpfe im Unterhemd, die manchmal (glücklicher Weise) unverständliches durch ein Megafon auf die Straße brüllen.
Wenn der Druck, sich irgendeinem Kollektiv zugehörig zu fühlen, so groß ist, warum dann kein reales Kollektiv? So was wie ein Modelleisenbahnbau-Verein oder eine verdammte politische Partei? Warum muss es ausgerechnet ein fiktives Kollektiv sein, ein Volk, eine Nation? Noch dazu eines, das Menschen ausgrenzt (okay, das machen Modelleisenbahnbau-Vereine auch; aber da könnte ich viel einfacher Mitglied werden als beim deutschen Volk) und auf Basis dieses Ausschluss-Mechanismus in der Vergangenheit bereits des öfteren sein krasses Schadens-Potential gezeigt hat.
Oh, hab‘ noch was ekelhaftes zum Großereignis-Männer-Fernseh-Fußball gefunden:
Die österreichische Bundesfrauenministerin Doris Bueres (SPÖ) ist besorgt darüber, dass „Die Fußballeuropameisterschaft für Frauen aber auch Schattenseiten [hat]. Internationalen Untersuchungen zufolge [keine schöne Quellenangabe, ich weiß] nimmt die Gewalt in Familien während sportlicher Großereignissen um 30 Prozent zu […]. Frustration und Alkohol sind einige der Ursachen dafür.“
Gefunden auf: http://diestandard.at/?url=/?id=1206543560242
Der Name ist, so glaube ich, eine Anspielung auf „der Standard“, eine bürgerlich-liberale Tageszeitung aus Österreich (deutsches Pendante politisch wie Image-mäßig ist in etwa die SZ, würde ich sagen).
Ganz viele coole (bzw. erschreckende/beschämende) Links zu Fußball und Männlichkeit(s-Inszenierung) auf: http://maedchenblog.blogsport.de/2008/05/19/kein-fussball-dem-sexismus/#more-204
EM ???
Oh, WM mir, ich hab schon dreifarbigen Ausschlag !!!
Ruhe, Dreiteufels-Sackleinen !!!
Aber wenigstens… Deutschland kann nicht verlieren.
haben wir ja vor zwei jahren gesehen.
alles gute für die tage!
Dieser Fußballpatriotismus ist absolut überflüssig. Die Leute sollten lieber zum 3.Oktober die Flaggen raushängen und nicht wegen so einem dämlichen Spiel mit doppel-beflaggten Autos durch die Gegend heizen.
Frechheit dafür Geld zu nehmen. Hauptsache die Leute werden das mit zahlreichem Nichterscheinen quittieren!
Ach Leute, zeigt mal lieber ein wenig Patriotismus und Begeisterung anstatt Euch hier unnötig zu echauffieren. Falls Ihr das nicht könnt lautet das Stichwort Toleranz…
auf der einen seite find ich den eintrittspreis gut, da großleinwände aufstellen nicht unbedingt zentrale aufgabe der stadt sein sollte.
andererseits wird vermutlich grad bei den spielen ohne deutsche beteiligung die atmosphäre massiv leiden, weil noch weniger leute kommen. vor zwei jahren, ist man halt abends mit ner decke auf den markt gegangen und hat gemütlich nen spiel geguckt. zu attraktiven spielen werdich sicher mit freunden hingehen (zum beispiel nachher), aber sicher nicht in dem ausmaß wie vor zwei jahren.
Lieber ne günstige Leinwand, als Eintritt zu zahlen. Man muss es nicht exklusiv machen.
Wäre sonst auch hingegangen.
Dito…finde den Eintrittspreis ebenfalls unangebracht!
by the way: Willkommen Sebastian Menk im Team! Schöner erster Artikel!
…..In der Kölnarena können die Spiele wahlweise live auf dem großen LED-Videowürfel im Innenraum der Arena oder auf einer 50-Quadratmeter-Großbildleinwand im Open-Air-Bereich verfolgt werden, wie die Veranstalter berichten. Platz sei für maximal 32.000 Fans pro Spiel. Rund um die Kölnarena seien mehr als 150 Flachbildschirme installiert, damit Besuchern auch in einer Verpflegungspause nichts entgehe. Der Eintritt zu allen Spielen ist den Angaben zufolge frei….
http://www.spiegel.de/reise/europa/0,1518,558193,00.html
so, deutschlandspiel is um, war voll und gute stimmung, wenn auch nicht ganz so wie bei der wm.
was anderes, könnts sein, dass die leinwand ziehmlich mies ist? ich stand ziehmlich seitlich und konnt bei totalen jeden pixel einzeln sehen und auch sonst wars ziehmlicher bildmatsch.
2:0 *jubel*
Wieder viele Autos hupend in der Stadt…
Hat jemand Fotos vom Markt gestern Abend?
Fotos von gestern abend sind doch in dem Artikel online?! Findest du im „update“. Gleich die zweite Galerie…
Fotos von gestern gibt´s auch bei OKF.
Ansonsten: Patriotismus in allen Ehren, aber für meinen Geschmack ists mal wieder zu viel des Guten…
leute mit fahne können ja 5euro zahlen 😀
Also auch heute ist der Markt wieder ziemlich leer! Vielleicht waren dort 40 Leute im eingezäunten Bereich. Aber für eventl. Randale ist gesorgt: Es waren 4 Streifenwagen vor Ort…. 🙁
Das Deutschland-Polen Spiel verfolgten laut dpa Meldung 6000 (!) Fans auf dem Greifswalder Markt:
http://www.ostsee-zeitung.de/online-extras_zusatzinfo.phtml?Param=DB-Beitrag&ID=900156
*update*
Inzwischen gibts den Beitrag auch als Audio-File. Siehe oben unter „Update“! Viel Spaß! Danke an Eric fürs Vorlesen!!
wenn ihr das regelmäßig macht, dann könnt ihr ja ne podcast-adresse einrichten?!
mal abgesehen von der vieldiskutierten geldfrage, die leinwand war nun wirklich qualitativ sehr schlecht! das bild war stellenweise derart grobpixelig, dass man die zeit nicht lesen konnte (je nachdem, wo man stand). außerdem war wohl auch die bildeinspeisung nicht so der hammer. es gab immer wieder leichte schatten von spielern an den bildrändern. ohne sie jetzt für die quali verantwortlich machen zu wollen, vielleicht sollte sich kabel deutschland nicht mehr als sponsor für das event präsentieren. oder etwas für die quali tun 😉 denn dieser aspekt (zusammen mit der grausamen musik) hält mich vom weiteren public viewing auf dem markt ab.
@Phil:
Die Leinwand ist in der Tat nicht die Beste. Genauso wie jene zur WM 2006, würde ich behaupten. Wenn man sich allerdings mittig und etwas weiter hinten postiert, so ist das Bild recht annehmbar, finde ich.
Der Musik entgeht man damit natürlich trotzdem nicht – klar. Die ist, da stimme ich dir vollkommen zu, phänomenal schlecht. Dieses Ballermann-Geträller, dieses deutsche Stimmungsmache-Liedgut ist auch nicht meins. Und wir beide sind sicherlich nicht die einzigen, die das so sehen. 😉 Wegen der guten Stimmung versuche ich mich allerdings weiterhin damit zu arrangieren.
Wie toll…ein Podcast!!!! Klasse Idee!!!!!! Danke, dass ihr solche Dinge macht… bin begeistert…
Glückwunsch!!
Mehr davon….
Sonnige Grüße
Mal ne ganz andere frage… welche vollpfosten meinten sich eigentlich nach dem spiel auf der Wolgaster straße zu versammeln und erst ne art kindergarten-straßenblockade zu veranstalten und dann auf einmal anfangen zu pogen?
aber hauptsache die polizei kontroliert 30m weiter alles und jeden… ist natürlich wichtiger.
ihr regt euch auf über die groszpixeligkeit einer blöden leinwand auf. hat aber irgendwer schon einmal ernsthaft diesen deutschlandwahn hinterfragt der z.z. tobt? wenn ich an deutschland denke, denke ich automatisch an rostock lichtenhagen, mölln, solingen und die rassistischen abschiebegesetze die mensch aufgrund des günstigen zeitpunktes gleich mal hinterhergeschoben hat. und wenn deutschland und seine bevölkerung so toll ist, wo war sie denn damals??? und gleich kommt die nächste kritik hinterhergeschoben: nicht das ich nicht auch liebend gerne fuszball schauen würde aber ich lasse es gelegentlich lieber. nämlich spätestens dann, wenn solch verinnerlichte sexistische strukturen zum vorscheinkommen wie eben beim fuszball. ich sage nur MÄNNER-fuszballeuropameisterschaft.
@ sebastian:
das selbst du dich auf ein derartiges niveau herunterbegiebst und die dinge die hiergeschehen nicht einmal ernsthaft hinterfragst ist traurig.
„erinnerst du dich noch an rostock lichtenhagen, da tobten echte deutsche und das für mehrere tage. danach warn sie die opfer und begannen laut zu flennen, darum sag ich deutschland muss brennen!“
– egotronic, 2007, lustprinzip, audiolith records
es gibt theorien die sehen in den interlektuellen geselschaftsschichten das revolutionäre subjekt. die greifswalder studentenschaft ist wohl das beste gegenbeispiel, denn sie hinterfragt einfach gar nichts. ihr motto: immer schön mainstream und mitschwimmen
@ sir arthur harris
Was willst du sagen? Was haben deine Ausführungen mit dem Fussball zutun?
Also ich freue mich, dass es mal wieder etwas mehr Patriotismus gibt !!!
SCHLAAAAAAAND !!!
@ arthur harris:
mir ist im moment auch nicht ganz klar, was du meinst. dürfen wir deutschen jetzt unsere nationalmannschaft nicht mehr anfeuern und müssen bei der nationalhymne verstummen? mir ist natürlich klar, dass sich manch deutscher während der spiele nicht auf dem höchsten intellektuellen niveau begibt, doch warum ist es nicht erlaubt, sich für sein land zu freuen? oder habe ich dich jetzt ganz falsch verstanden?
ich finde, dass man sich in diesem beitrag auch einmal über kleinere technische details des public viewing austauschen kann und es nicht gleich wieder in eine politische diskussion führen muss. ich denke, dass wir in diesem blog dafür noch genug gelegenheit haben werden 😉
phil
p.s.: ich habe übrigens sehr interessiert die frauen-wm verfolgt, welche von den öffentlich-rechtlichen übertragen wurden. gute spiele…
@ bomber – harris
versuch es mal mit johannes-kraut, soll eine beruhigende wirkung haben. denke ich an deutschland, fallen mir zuerst andere dinge ein. verstehe aber, dass es einige fanatische ideologen gibt, die lieber ihrem kruden intoleranten weltbild frönen, sich für den nabel der welt halten und andere einstellungen ablehnen und attackieren. das sie sich damit selbst ins abseits stellen……
es ist doch gar nicht schlimm, sich für guten fussball und eine mannschaft zu interessieren. jedoch ist mir diese nationale uniformität auch suspekt. das sei aber jedem selbst überlassen, wie man damit umgeht. man braucht nicht zu erwarten, dass er dfb und fifa auch nur jemals einen politischen aspekt aufnehmen würden.
was das viewing angeht: ich finde, man sollte die spiele, an denen deutschland nicht beteiligt ist, kostenfrei anbieten. ich bin nicht bereit, geld zu zahlen, wenn ich nicht die stimmung habe bei der übertragung, wie ich sie bei d-spielen habe.
„Die Stadt ist hell erleuchtet.
Hörst du die Schreie auf den Strassen.
Die Menge wie sie tobt,
den Jubel in den Gassen.
Sie strahlt in allen Farben.
Die Fahnen die sie schwenken.
Siehst du sie hüpfen, springen, tanzen
wie sie uns das Fieber schenken.“
(Christina Stürmer, „Fieber“, offizieller EM 2008-Song der ÖFB)
na, wenn da kein deutscher einen blick in die geschichte wirft: stadt ist hell erleuchtet, schreie auf den straßen, die fahnen, die sie schwenken, uns das „fieber“ schenken. 😀 ach sagt mir doch nicht, dass dieser blinde patriotismus nicht an nationalismus grenzt oder dem zumindest großen spielraum gibt…
@ sir arthur harris
Was bitte ist revolutionär daran sein eigenes Land zu verachten oder die Menschen die in diesem leben?
@ 31
da haben wir den ultimativen beweis, fussballfans im deutschsprachigen raum sind allesamt faschisten.
“Die Stadt ist hell erleuchtet.
Hörst du die Schreie auf den Strassen.
Die Menge wie sie tobt,
den Jubel in den Gassen.
Sie strahlt in allen Farben.
Die Fahnen die sie schwenken.
Siehst du sie hüpfen, springen, tanzen
wie sie uns das Fieber schenken.”
(Christina Stürmer, “Fieber”, offizieller EM 2008-Song der ÖFB)
der titel ist auch nur geklaut. ein bekannter ns-dichter schrieb ihn kurz nach der reichspogromnacht.
antifaschisten aller länder vereinigt euch. beim nächsten spiel der deutschen mannschaft auf zum greifswalder markt. besetzt ihn, schwenkt rote fahnen und begleitet die aktionen der kroaten lautstark. wer hat bringe sein megafon mit, die anderen kommen mit trillerpfeifen. treffpunkt an der post. eine stunde vor spielbeginn. kein fussbreit den nationalisten und faschisten.
sorry, war ne scheißidee. bei den kroaten gab es ja auch mal die ustascha. dann eben beim nächsten spiel der deutschen. sollten die aber gegen die schweizer spielen müssen, gibt es das nächste problem. die schweizer nennen ihre mannschaft liebevoll nazi. oder war es nati? phonetisch macht es keinen unterschied. hat einer ne andere idee?
Moin Phil,
Also, ich glaub, dass ich mich Harris anschließen kann – inclusive des Egotronic-Zitats.
Mir geht es auch gar nicht darum, „uns deutschen“ zu verbieten, sich für „unsere“ Mann-schaft freuen.
Ich würde ein Level abstrakter ansetzen, und fragen, was ein Volk, eine Nation überhaupt sein soll. Also: mir geht das Rumgeflagge nicht deshalb auf den Senkel, weil ich schwarz-rot-gold so häßlich finde, sondern weil ich die Konzepte „Volk“ bzw. „Nation“ allgemein für äußerst fragwürdig halte.
Dass es biologische Merkmale gibt, die für meine Zugehörigkeit zur deutsche Nation/zum deutschen Volk sorgen, halte ich für ausgeschlossen. Das mit der Rassen-Lehre, mit den Herrenvölkern und so weiter behauptet ja glücklicher Weise auch niemand mehr ernsthaft. Auch kulturell befinde ich mich mit deutlich mehr Leuten, z.B. aus Kanada, Spanien, dem Iran, Bolivien, der Türkei, Korea oder Israel auf einer Länge (Leute die von poststrukturalistischer Theorie oder Bourdieu fasziniert sind, Filme von Jim Jarmusch gut finden, stundenlang zu Drum’n’Bass-Mucke tanzen oder die Weakerthans hören) als mit den meisten meiner Landsleute.
Deutscher bin ich bloß, weil es in meinem Pass steht. Und es steht in meinem Pass, weil ich zufällig an einem Ort geboren worden bin, der zu diesem Zeitpunkt der Körperschaft BRD zugehörig war. Dass die Grenzen solcher Gebietsköperschaften ziemlich beliebig sind, lässt sich gerade am Beispiel Deutschlands schön zeigen (sagen wir: von 1246 bis jetzt; witzig: erst geht es bis runter nach Italien, zwischen 1806 und 1871 ist es dann völlig verschwunden, krasse Ausdehnung 1943, dann wieder weg, etc.). Na jedenfalls hatte ich keinerlei Einfluss darauf, ob ich als Deutscher geboren werde oder als, sagen wir, Kongolese.
Dafür, dass Mensche diesen Kollektiven „Volk/Nation“ ungefragt und nur durch den Zufall ihrer Geburt angehören, ist es eine krass mächtige Kategorie. Sie sorgt dafür, ob ein Mensch gute Chancen auf eine behütete Kindheit hat, oder im Kriegszustand aufwächst; sie ist gr.t. dafür verantwortlich, ob ich ohne zu hungern ins bett gehen kann und einen relativ freien zugang zu bildungs-Angeboten (z.B. in form von öff. bibliotheken oder dem Internet) habe, oder eben nicht. Die Kategorie „Deutsch“ schließt aus, einerseits, indem wegen ihr vielen Leuten den örtlichen Zugang zum gute Leben verweigert wird (die BRD hat z. zt. eine negative Aufnahmequote – es werden mehr Aufenthalts-/Niederlassungserlaunisse/Flüchtlingsanerkennungen widerrufen als positiv beschieden) und andererseits, indem durch sie Leuten, die örtlich am guten Leben teilhaben könnten, eingetrichtert wird, sie seien „kulturell“ irgendwie defizitär (Stichwort: „Leitkultur“; ist auch ein schöner Egotronic-Song…). Oder einfach, weil sie auf Grund der falschen Zugehörigkeit eingesperrt werden (die Schlagworte: Abschiebehaft und Residenzpflicht).
Also: mir ist schleierhaft, auf welchem vernünftigem Kriterium die Zuordnung zu einem Kollektiv „Volk/Nation“ beruhen soll. Ergo ist es Beliebigkeit. Mich über die mir so durch die Geburtslotterie zugeteilte Kollektiv-Zugehörigkeit zu freuen oder mich gar dafür auf zu opfern (nennen wir das mal Patriotismus), dafür kann ich keinen Grund ausmachen. Ganz im Gegenteil: die Tatsache, dass im derzeit herrschenden Verständnis jeder Mensch eine solche Kollektiv-Zuordnung braucht, und diese Zuordnung krass repressiv und ausschließend wirkt (vor allem für Leute, die bei der Geburtslotterie verloren haben, und im unterschied zu mir nicht genau dort leben dürfen, wo sie gerne wollen – nämlich in greifswald), macht mich auf das Konzept „Volk/Nation“ im allgemeinen wütend.
Yeah, deswegen: Mensch muss Mensch bleiben, überall und egal was in seinem Pass steht; also Grenzen weg (oder auf für alle). Nationalstaaten und deren Flaggen sind uncool, mit Verwaltungseinheiten kann ich mich u.U. anfreunden.
@ 35:
das ist natürlich ein ordentlicher gedanke. deine argumente sind auf jeden fall nachvollziehbar. in diese richtung habe ich auch schon mal nachgedacht. also stört dich im allgemeinen das schwenken der fahnen und die dadurch dargestellte abgrenzung der menschen bzw. die selbsternennung der fußball-fans zum „deutschen“ volk? (mist, jetzt ist es doch wieder eine politische diskussion geworden 😉 )
ich muss in jedem fall sagen, dass man sich mit deinen ideen und meinungen entscheidend besser auseinandersetzen kann als mit anderen kommentaren, die mir hier ein bisschen fehl am platz erscheinen. aber dafür ist ein blog ja da.
Hi Phil,
So ist es. Wäre ich gerade in Polen auf einem Marktplatz, mit polnische Flaggen an den Autos, fände ich das auch nicht schön (zugegeben: aus historischen gründen finde ich es in deutschland schon noch etwas schlimmer als anderswo, aber nicht im prinzip).
Und was sich beim Fußballspiel nur symbolisch vollzieht (die Konstitution des deutschen Volkes aus einander vollkommen fremden Individuen und damit die Ausgenzung anderer Menschen, die nicht deutsch genug „sind“ – mit den Anführungszeichen will ich zum Ausdruck bringen, dass niemand deutsch „sein“ kann, da es nichts im engeren Sinne essentiell deutsches gibt, das mich von einem Kongolesen unterscheidet; nur das Los bei der Geburtslotterie) hat halt auch eine materielle, eine tatsächliche Komponente – die zeigt sich z.B. wenn du gerade in den Nord-Irak oder nach Nord-Afganistan abgeschoben wirst.
es geht nicht um Deutschland sondern den FC Deutschland.
public viewing? das wort wird aber etwas verdreht. public = öffentlich, dachte ich… ist hier auf keinsten der Fall. Die versuchen nur das „WM-Gefühl“ heraufzubeschwören. Mit Kommerz geht das aber nicht.
Wobei der Eintrittspreis völlig egal ist, es geht um das Getränkeverbot (ausgeschlossen 0,2 Tetrapaks). Find ich irgendwie peinlich, andere Städte schaffen das auch und müssen sich nicht mit Sicherheitsvorkehrungen rausreden!
Ich wünsche mir das die Betreiberfirma pleite geht. Aus vollem Herzen!
gerade habe ich meinen gsv04-schal verbrannt, wies er mich doch als vertreter eines deutschen, noch dazu vorpommerschen kollektivs aus, dem ich nur zufällig angehöre. zum relegationsspiel am sonntag nehme ich meinen schal von besiktas istanbul mit ins volksstadion. oder doch lieber den von spartak moskau? den namen des stadions werde ich künftig auch nicht mehr gebrauchen. ist nach meinung einiger sicher auch nicht politisch korrekt. die hamburger haben es den greifswaldern vorgemacht. das volkspark-stadion heißt jetzt colorline-arena. klingt jedenfalls nach multikulti und dürfte deshalb opportun sein.
haltet einfach mal den ball flach und seht euch die übertragungen der em an. was seht ihr da? vertreter aller nationen sind, je nach geschmack mehr oder weniger , mit einer art nationalen kriegsbemalung versehen und in ihre nationalflaggen gehüllt. sind das jetzt alles nationalisten? oder einfach nur fans ein stinknormalen fussballmanschaft wie man sie jedes wochenende auf allen fussballplätzen der republik erleben kann. menschen, egal welcher nationalität, die sich hinter eine mannschaft stellen, weil sie von dieser mannschaft und deren qualitäten überzeugt sind. vermutlich sind es aber alles europäer die sich fussballspiele der deutschen ligen ansehen. damit gehören sie auch wieder einem kollektiv an. was für ein scheiß. bleibt nur der boykott sämtlicher fußballspiele auf europäischem boden. überzeugen wir die fußballfans europas über die schändlichkeit ihres nationalistischen treibens. wenn dies gelungen ist, nehmen wir uns die fußballfans der anderen kontinente vor. die idioten, die als speerspitze eines nationalismus dem runden leder hinterherjagen, sollen bemerken, dass das volk oder wer auch immer, diesem tumben treiben nicht auf den leim geht.
finds krass, wie die leute zu sonem event die hosen runter lassen.
nicht nur auf dem markt…
arme gesellschaft imho.
Sorry…aber wenn ich das Ganze hier lese…wird mir schlecht!
Das geht garnich…Habt ihr keine anderen Probleme?
@ 39
Klare Zustimmung!
@33. Ohjeohje, wer mal ein spiel in der kroatischen liga besucht kann sich vor faschisten kaum retten. so einen dummen vorschlag hab ich selten gehört: die kroaten anfeuern weil die deutschen ja faschisten sind, dann musst du beim spiel china-türkei für die chinesen sein, weil die türken ja die menschenrechte überhaupt nicht achten.
@ 42
zu post 33 gehört unzweifelhaft post 34 ;-). ironie ist aber auch nicht jedermanns sache.
http://de.euro2008.uefa.com/countries/organisation/socialproject/againstracism/index.html
na ich glaub heute hat sich der eine Euro für den Marktplatz gelohnt :biggrin:
was wird der marktplatz wohl mit dem einen euro anfangen? 😉