Die Nutzung des Körperschaftsvermögens steht zur Debatte
„Eine der Aufgaben der Universität ist es, ihr Körperschaftsvermögen zu erhalten sowie zu vermehren. Und mit den Erträgen sowohl die Wissenschaft und Forschung als auch die Lehre zu unterstützen“, erklärt noch AStA-Vorsitzender und stellvertretender Senatsvorsitzender Thomas Schattschneider. Diese Ziele erhielten bislang auch Priorität durch die Universitätsleitung.
Doch sieht diese noch mehr Potential, das Universitätsvermögen weitaus zweckmäßiger und effektiver nutzen zu können. An Ideen und Vorschlägen mangelt es hierzu nicht. Die Gründung einer Stiftung oder der Verkauf des Eigentums wären Alternativen gegenüber dem weiterführenden Erhalt des Vermögens. Aber nicht alles ist Gold, was glänzt. Vor- und Nachteile sind vom Senat genauestens zu erörtern und abzuwiegen.
Grundstücke, Wald, Gebäude
Insgesamt gehören der Universität land- und forstwirtschaftliche Flächen sowie diverse Gebäude in und um Greifswald von 8.711 Hektar. Nur ein Teil wird von der Hochschule selbst genutzt. Privatpersonen und Einrichtungen mieten und pachten den Rest. Die Acker- und Grünflächen werden komplett von ortsansässigen landwirtschaftlichen Betrieben bewirtschaftet. Anders verhält es sich dagegen beim Waldbestand. Hier lebt die alte Forsttradition der Alma Mater weiter. Bei den Gebäuden außerhalb Greifswalds handelt es sich vor allem um Gutshäuser, von denen die meisten vermietet sind. Innerhalb der Stadt nutzt die Uni ihren Gebäudebestand für eigene Zwecke.
Ein zweiter Haushalt
Die wenigsten Hochschulen in Deutschland besitzen so viele Ländereien wie die Greifswalder Universität. Mit den jährlichen Erträgen, die aus den Forst- und Liegenschaften erzielt werden, verfügt sie über eine zweite Einnahmequelle. Die größte Finanzspritze kommt allerdings vom Schweriner Bildungsministerium, da Bildung Ländersache ist. Beide Geldquellen werden getrennt voneinander geführt. „Wenn die öffentlichen Kassen leer sind, steht die Universität vor einem Problem. Daher ist es hilfreich einen separaten Körperschaftshaushalt zu haben“, konstatiert Wolfgang von Diest, Forstmeister der Universität. Entgegen den seit Jahren steigenden Studentenzahlen erhöhten sich die Zahlungen des Landes Mecklenburg-Vorpommern nur um jährlich 1,5 Prozent. Vereinbart wurde dies zwischen dem damaligen Bildungsminister und vorherigem Greifswalder Rektor Professor Hans-Robert Metelmann und der hiesigen Universitätsleitung. Aber 1,5 Prozent können nur als Inflationsausgleich dienen. Daher kann sich die Hochschule glücklich schätzen, den Körperschaftshaushalt zu besitzen. Diese Einnahmen werden gezielt dort eingesetzt, wo das Land nichts geben kann oder will. Beispielsweise hätte der Umbau der „Kiste“ zum größten Hörsaalgebäude der Hochschule niemals so schnell und flexibel umgesetzt werden können. Trotz aufgetretener Baumängel: Die Raumsituation entspannte sich dank dem Körperschaftshaushalt. Auch die Sanierung des Audimax’ wurde durch die eigenen Mittel ermöglicht.
Prämisse liegt nicht im Verkauf
Die Hochschulleitung ist sich jedoch bewusst, dass bislang durch die Verpachtung und Vermietung nicht die bestmöglichen Erträge und Leistungen aus dem Körperschaftsvermögen erzielt wurden. Ein Verkauf könnte kurzfristig viel Geld einbringen. Diese Forderung ist keineswegs neu. Und nicht nur Forstmeister von Diest plädiert für den kompletten Erhalt des Universitätswaldes. Schon seine Vorgänger mussten sich gegen Verkaufspläne durchsetzen. Denn verkauft ist verkauft. „Teilweise ist die Uni gut beraten, sich von Liegenschaften zu trennen“, schränkt von Diest ein. „Vor allem die Gutshäuser können ihr zukünftig Probleme bereiten.“ Die um 1910 erbauten Gebäude befinden sich überwiegend in einem miserablen Zustand und sind sanierungsbedürftig. Als Mosaiksteine der pommerschen Kulturgeschichte sollte das Betreben darin liegen, diese zu erhalten. „Jedoch fehlen der Universität hier die notwendigen Investitionsgelder. Darüber hinaus ist ihr Kerngeschäft Lehre und Forschung, nicht das Sanieren von Häusern“, stellt von Diest klar.
Ein Verkauf an Privatpersonen oder öffentliche Einrichtungen könnte den Verfall dieser Kulturhistorie unterbinden. Auch im Zuge der Neugestaltung des Hochschulkomplexes mit der Konzentration der geisteswissenschaftlichen Fächer in der Rubenow- und Domstraße sowie in der Friedrich-Loeffler-Straße und der naturwissenschaftlichen und medizinischen Fachbereiche am Beitz-Platz hat sich die Universität in jüngster Zeit zunehmend für den Verkauf zahlreicher Gebäude entschieden. Peter Rief, Leiter des Dezernat Planung und Personalmanagement, kündigt an: „Es gibt die Absicht, weitere Gebäude zu verkaufen. Welche Gebäude dies sind, hängt von der Realisierung unserer Bauplanungen ab.“ Grundsätzlich liegt die Prämisse aber nicht im Verkauf, sondern im Erhalt des Hochschuleigentums. Gegner der Verkaufspläne weisen daraufhin: „Das Veräußern des Besitzes ist der sichere Weg, dass überkommene Erbe zu verlieren, mit dem die Universität auf engste verknüpft ist.“ Da die Universität Greifswald ein Großteil ihres Vermögens während ihres 552jährigen Bestehens durch Schenkungen erworben hat, würde im Verkauf ein mangelndes Verantwortungsbewusstsein gegenüber der eigenen Geschichte liegen. „Zudem besteht hier die Gefahr, mit dem Geld nur kurzfristig etwaige Löcher stopfen zu wollen“, gibt der Forstmeister zu bedenken. Die Erlöse können nur einmal verwendet werden und die Garantie, dass das an der richtigen Stelle passiert, kann niemand geben.
Auch Stiftung ist keine Lösung
Eine weitere Idee ist es seit längerem einen Teil des Körperschaftsvermögens, insbesondere den Waldbesitz, in eine Stiftung zu überführen. Rektor Professor Rainer Westermann verdeutlicht: „Stiftungen unterschiedlicher Art sind für Universitäten ein Thema, das in Zukunft noch an Relevanz gewinnen wird.“ Generell stehen einer Hochschule verschiedene Möglichkeiten offen, dem Stiftungsgedanken nachzugehen. Zum einen können ganze Hochschulen – wie in Niedersachsen und Hessen geschehen – in eine Stiftung des öffentlichen Rechts überführt werden. Ziel war eine größere Eigenverantwortung zu erlangen, denn Hochschulen wissen besser, was für sie gut ist, als Beamte in den fernen Landeshauptstädten. Zum anderen kann die Universität als Körperschaft selbst eine privatrechtliche Stiftung gründen. Letzteres wurde auch für Greifwald überlegt. „Die Möglichkeit wäre gewesen einerseits den Wald zu veräußern und das erworbene Geld in eine Stiftung einzubringen.
Andererseits hätte man auch den gesamten Wald überführen und hier durch die jährlichen Einnahmen für die Stiftung nutzbaren Gewinn erzielen können“, erklärt Hochschulpolitiker Thomas Schattscheider. Solch eine privatrechtliche Stiftung wäre für von Diest wenig attraktiv: „Eine Stiftung hat ihre Reize, vor allem weil sie das Stiftungsvermögen schützt. Jedoch bringt sie auch Nachteile für die Universität mit sich. Und ihre Einnahmen zielgerichtet für bestimmte universitäre Zwecke einsetzen, kann sie bereits jetzt.“ Da die Stiftungsorgane eine eigene juristische Person bilden würde der Senat seine Entscheidungskompetenz über das eingebrachte Hochschuleigentum verlieren. Aus diesem Grund sieht er in einer Stiftung nicht den richtigen Lösungsweg und der Rektor fügt hinzu: „Schon allein aus steuerlichen Gründen könnte es wenig ratsam sein, Grundbesitz der Universität in eine Stiftung einzubringen.“
Nun bleibt es abzuwarten, wo das Rektorat neue Wege sieht, dass Universitätseigentum effektiver zu nutzen und wie der Senat diese Vorschläge aufnehmen wird. Vorerst werden die Gespräche aber weiterhin unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Bis Juni soll jedoch ein erstes Konzept vom Rektorat und der Verwaltung vorgelegt werden, das sich neben einer umfassenden Auflistung des Universitätsvermögens bis dahin nochmals intensiv mit der Neuordnung des Körperschaftsvermögens auseinander gesetzt haben wird.
Geschrieben von Cornelia Bengsch