Ein Artikel und Veranstaltungshinweis von Sascha vom Koeppenhaus
Am 10. Mai 1933 brennen in ganz Deutschland die Bücher von Schriftstellern und Wissenschaftlern. Hinter dieser barbarischen Aktion steht der ‚Dachverband aller Studierenden in Deutschland‘. In einem Rundschreiben am 6. April 1933 ruft dieser alle Studenten zu Aktionen ‚Wider den undeutschen Geist‘ vom 12. April bis zum 10. Mai 1933 auf. Auch die Greifswalder Studierendenschaft – schon lange auf NSDAP-Parteilinie – organisiert eine Bücherverbrennung.
„Wir deutschen Studenten der Universität Greifswald rufen hiermit die Volksgenossen unserer Universität auf zur tätigen Mitarbeit an unserer großen Aufgabe. Reinigt eure Bücherbretter von diesen Feinden deutschen Geistes! Bringts sie uns in unser Studentenhaus. Wir wollen am 10. Mai in einer öffentlichen Kundgebung ‚Wider den undeutschen Geist‘ eine symbolische Verbrennung dieser Bücher auf dem Markt vornehmen. Beteiligt euch an dieser Aktion zum Zeichen der Verbundenheit der Volksgemeinschaft. Auch an die Greifswalder Buchandlungen und Büchereien ergeht unser Ruf.“ (In: Greifswalder Universitätszeitung, 10. Mai 1933, S. 32)
Nach einem vorhergehenden Fackelumzug verbrennen Studenten, Burschenschaftler und SA mit Beteiligung der Bevölkerung auf dem Greifswalder Marktplatz die Werke von Heinrich Mann, Alfred Döblin, Erich Kästner, Franz Kafka, Heinrich Heine, Bertolt Brecht, Else Lasker-Schüler, Siegmund Freud, Elias Canetti, Ernest Hemingway, Karl Marx, Jack London, Emile Zola, Anna Seghers und vielen anderen. Für die Autoren ist es das letzte Zeichen der einsetzenden Verfolgung. Manchen gelingt die Emigration, andere werden in den Konzentrationslagern umgebracht. Heinrich Heine schrieb lange vor diesen Ereignissen in seiner Tragödie ‚Almansor‘ (1820): „Das war ein Vorspiel nur, wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen.“ Leider sollte er Recht bekommen.
Aber auch Beispiele von Verweigerung gab es. In Greifswald war es unter anderem die Buchhandlung Dalmayer, die Bücher verfemter Autoren nicht aussortierte, wie ein Polizeibericht verrät.
An diesem Samstag, zum 75. Jahrestag der Bücherverbrennung, wird eine öffentliche Erinnerrungsaktion in Greifswald stattfinden. Jeder kann mitmachen und die Namen der Autoren auf die Straße schreiben – sie so dem Vergessen entreißen. Ein Infostand des Koeppenhauses befindet sich von 11-13 Uhr am Fischmarkt. Hier wird es auch ein Flugblatt mit allen Autorennamen und ausreichend Kreide geben. Spontane Lesungen sind entlang der Langen Straße geplant.
Mehr Infos zu dieser Veranstaltung hier.
schöne aktion, viele leute auf der straße, viele die fragten und ich hab mich fast überfahren lassen beim schreiben.
Man sah ja kaum noch Straße zwischen den Namen. War eine tolle Aktion. Auch die Buchhändler hatten extra ihre Schaufenster dekoriert.
http://cyborgantifa.blogsport.de/2008/05/12/wider-das-vergessen-gedenkveranstaltung-zum-tag-der-buecherverbrennung-in-greifswald/
cool – danke für den Link!
Schönes Bild !
Die Kreidenamen waren und sind wirklich überall zu lesen gewesen. Vielleicht eine effektive Alternative zu Aufklebern und Postern?