Den Ostseeraum hat der Nordische Klang bereits seit Jahren mit im Blick. Ganz besonders zeigt sich dies an den Kammermusikkonzerten. Für die diesjährige Spielzeit beauftragten die Festivalmacher die Stralsunder Cellistin Friederike Fechner mit der Erarbeitung eines skandinavisch-baltischen Programms für ein Konzert in der prächtigen Aula der Greifswalder Universität.
Ein besonderes Augenmerk lag dabei auf dem „schwedischen Mozart“. Zu Unrecht gehört der elf Jahre lang in Stockholm wirkende Joseph Martin Kraus (1756 – 1792) heute zu den fast vergessenen Komponisten. Gerade dann, wenn die Quartette des gebürtigen Odenwälders und des vom schwedischen König Gustav III. Geförderten einst mit denen von Joseph Haydn und Wolfgang Amadeus Mozart verglichen wurden. Gemeinsam mit David Movsiyan (Geige), Tigran Mikaelyan (Geige) und Daniel Thieme (Bratsche) eröffnete Friederike Fechner als Baltica Quartett am vergangenen Montagabend mit Kraus „Schottischen Quartett“ in G-Dur den anregenden Festivalbeitrag mit den wohlklingenden Spezialitäten aus dem Ostseeraum. Weich, dicht und fließend bot das Baltica Quartett dessen fein gesponnen Streichersatz dar. Gelang ihnen zudem beim Andante maestoso eine tänzerische Festlichkeit, so fehlte in der Gänze hier und da eine ganz kleine Prise jener Leichtigkeit, unter der ein originaler Mozart vollends jubiliert.
Mit dem einzigen Streichquartett von Nikolaus Konstantin Ciurlionis (1875 – 1911) leuchtete ein neuer Aspekt des künstlerischen Schaffens des Balten im diesjährigen Programm des Nordischen Klangs auf. Stellte der Organist Prof. Matthias Schneider im vergangenen Jahr dessen Orgelstücke im Rahmen des Greifswalder Festivals an der Gristower Orgel vor, so begeisterte das Baltica Quartett vorgestern mit Ciurlionis Streichquartett in c-Moll. Leider nur dreisätzig. Denn dem zwischen 1901 und 1902 in Leipzig entstandenen Werk ging der letzte Satz vor der Drucklegung verloren. Schicksalhaft und ganz dem Beethovens Pathos verschrieben ließen die Aufführenden das Allegro moderato hervorpreschen. Dem schloss sich das Andante mit einem herrlich eingesponnen Moldau-Anklang wie aus der Feder des Tschechen Bedrich Smetanas an bevor der dritte Satz mit dem galanten Menuett den tänzerischen Kehraus machte.
Richtig erschien, das Klarinettenquartett von Bernhard Henrik Crusell (1775 – 1838) als kulminierenden Schlusspunkt zu wählen. Zusammen mit der Deutsch-Skandinavischen-Jugend-Philharmonie unter der Leitung Andreas Peer Kähler brachte die Greifswalder Klarinettistin Annette Fischer bereits vor sieben Jahren in der Greifswalder Jacobikirche mit „Introduction et Air suedois varié“ ein Werk des gebürtigen Finnen und lange Zeit in der schwedischen Hauptstadt wirkenden Klarinettisten und Komponisten zu Gehör. Schwungvoll startete das Baltica Quartett mit Annette Fischer in das Poco Adagio Allegro des ersten Satzes des Klarinettenquartetts op. 2 in Es-Dur und sie erfreuten dank ihr mit eleganter Gelöstheit bis das Allegro vivace des vierten Satzes hinein. Bestechend zudem, weil die Klarinettistin mit ihrer weit ausholenden Kantilene über den größtenteils stützenden, gelegentlich miteinander ins Zwiegespräch tretenden Streicherlinien förmlich schwebte.