Jazz besitzt in Skandinavien eine gute Tradition. Bis heute. Eindrucksvoll bewies dies der diesjährige 17. Nordische Klang mit der sonntäglichen Jazznacht im Theater Vorpommern.
Erstmals außerhalb ihres Heimatlandes traten die schwedischen Sänger Viktoria Tolstoy und Svante Thuresson als Duo im großen Saal auf. Mit der Urenkelin des Schriftstellers Lew Tolstoy und dem Grand Old Man des schwedischen Jazzgesangs gelang dem größten außerskandinavischen Festival ein Coup: das Zusammentreffen zweier Stimmengiganten mit einem Altersunterschied von 37 Jahren zwischen dem Hip Man und der Prinzessin. Kurz und gut: Ein Gipfeltreffen von Angehörigen verschiedenster Generationen der schwedischen Jazzszene. Das geschmeidig begleitende Claes Crona Trio einmal mitgerechnet.
Zuhörer reisten extra dafür aus Finnland, Belgien, Schweden und der Schweiz an. Neben Stammgästen und Freunden des Nordischen Klangs füllten Kurzentschlossene und Tagesgäste der Universitäts- und Hansestadt den gut gefüllten Musentempel. Ein letztlich für den Veranstalter zufrieden stellendes Ergebnis. Denn vergleichsweise zurückhaltend fiel die Werbung vor Ort für den diesjährigen Hauptact des Festivalprogramms aus. Trotz des maßgeschneiderten Swingabends im gedämpften Rampenlicht.
Für Victoria Tolstoy war das Greifswalder Gastspiel ein besonderer Tourstopp während ihrer derzeitigen Deutschlandtournee. Förmlich an den Lippen hingen die Zuhörer der vorerst solo am Mikrofon mit „I thought about you“ startenden Schwedin. Geschmackvoll zog sie im cremefarbenen Kleid ihren wohltemperierten Bogen von „The Nearness of You“, „Caravan“ mit einem über „What a Difference“ bis hin zu „Round Midnight“. Ihr, bei aller Professionalität, letztes Quäntchen Anspannung brach vollends mit dem im dunklen Anzug auftretenden Svante Thuresson entzwei und wandelte sich in ausgelassene Lässigkeit. Ergreifend ungezwungen und fast im Plauderton sangen beide miteinander. Gebührend ließ das Duo mit einander zugewandtem Blick am Ende der gemeinsamen Songs ihr Stimmenvolumen und ihren Tonumfang noch einmal golden aufleuchten. Immer bestens gestützt vom Claes Crona Trio, das vor vier Jahren am gleichen Ort zusammen mit Georgie Fame für großes Aufsehen sorgte.
Mit „Alone Togehter“, Bill Evans „Walz for Debbie“, Quincy Jones „Stockholm, Sweden“ und des mit einem schwedischen Text unterlegten „Bluesette“ bewegte Svante Thuresson nach einer kurzen Pause als Entertainer der guten alten Schule und mitgestaltender Musiker einer Zeit, in der Jazz in Skandinavien zu seiner eigenen Stimme fand. „Bluesette“ diente Thuresson als ein gesungener musikgeschichtlicher Hinweis auf die Tradition, Standards mit Lyrics in eigener Landessprache und zugleich mit neuen Inhalten aufzupeppen. Gerade für diese Reminiszenz auf die fünfziger Jahre wird das Duo Tolstoy-Thuresson mit ihren Programmen in Schweden verehrt und geliebt. Für Greifwald und trotz des Nordischen Klangs hielten sie sich leider lieber an die Originale. Auch wenn sie für die Einladung in die Universitäts- und Hansestadt eine exklusive Setlist im Vorfeld aufstellten. Natürlich durfte Duke Ellington dabei nicht fehlen. Dessen „Don´t get around“ und „It don´t mean a thing“ bildeten den Schlusspunkt des kunstvoll zelebrierten Abends. Geschrieben von Uwe Roßner