„Vages Erinnern – Präzises Vergessen“ von Roger Willemsen
Sprache macht Spaß, wenn einzelne Formulierungen förmlich danach schreien laut ausgesprochen, gehört zu werden. Fast gerät der Inhalt in Vergessenheit, bis er einen wieder einholt, und das Lesen wieder zum Lesen, das Intellektuelle wieder anstrengend wird.
Denn Roger Willemsen hat in seinen Reden eine unglaubliche Menge an Informationen, Wissen und Anekdoten eingebaut, die bei sich zu behalten unmöglich sind. So klaute die Digitale Versatile Disc dem Dalmatiner Verein Deutschlands eiskalt die Abkürzung. Bei dem Wort DVD verschwendet heute keiner einen Gedanken an die 101 Schwarzgepunkteten. Ob genau diese Information nun zu den wirklich wissenswerten Dingen auf dieser Welt zählt, wer weiß. Einen besonderen Zuwachs an Dummheit bedeuten Willemsens gesammelte Gedanken aber auch nicht gerade. Hängen bleiben Ankedoten, wie die von Helmut Kohls erstem Englandbesuch als Bundeskanzler. „Do you speak Germish?“. fragte er die englische Presse. Peinlich. Aber ein geeigneter Titel für eine Rede.
Insgesamt 18 seiner vorgetragenen Kunstwerke der deutschen Sprache aus den vergangenen 20 Jahren hat der 52-Jährige in „Vages Erinnern – Präzises Vergessen“ zusammengetragen. Es geht nicht darum alles bedingungslos gigantisch und superintelligent zu finden, sondern darüber nachzudenken.
Zwischen Starallüren, dem Verfall des deutschen Mediensystems und der Unfähigkeit eben dieses Systems zur korrekten Nachrichtenberichterstattung, taucht der Name China Keitetsi auf, eine Kindersoldatin aus Afrika. Eine andere Rede hielt er 1999 auf der Jahresversammlung von amnesty international über die Unmenschlichkeit der Todesstrafe.
Seine Standpunkte überraschen keineswegs. Wer nur einmal etwas von ihm gehört hat, und sei es so banal, wie die „Weltgeschichte der Lüge“ aus dem vergangenen Jahr gewesen, weiß ihn ungefähr einzuschätzen. Interessant bleibt die sprachliche Ausführung; zumindest in den meisten Fällen.
Und wenn dann einmal nicht: Das langsame Lesen lernen und die schnöden Stellen überspringen. Chronologie ist nicht zwingend erforderlich.
Geschrieben von Maria Trixa